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Sittenwidriger Werkvertrag bei Wasserschadensanierung

Ein Wasserschaden im eigenen Haus ist für viele Eigentümer eine absolute Horrorvorstellung, die schnelles Handeln verlangt. Doch was, wenn die dringend benötigte Sanierung danach in einer Rechnung mündet, deren verlangter Preis den üblichen Wert um ein Vielfaches übersteigt? Genau diese Frage stand im Zentrum einer gerichtlichen Auseinandersetzung vor dem Landgericht Aachen. Das Urteil beleuchtet eindrücklich, wann überhöhte Forderungen im Handwerk rechtlich unzulässig werden können.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 10 O 74/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Aachen
  • Datum: 02.07.2024
  • Aktenzeichen: 10 O 74/22
  • Verfahrensart: Zivilprozess
  • Rechtsbereiche: Werkvertragsrecht, Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB), Ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Firma, die unter der Bezeichnung „B. S.“ in der Wasserschadensanierung und Gebäudetrocknung tätig ist. Sie forderte restlichen Werklohn für Sanierungsarbeiten und behauptete, die abgerechneten Arbeiten seien durchgeführt und die Preise angemessen gewesen.
  • Beklagte: Der Eigentümer eines Einfamilienhauses, der die Klägerin nach einem Wasserschaden beauftragt hatte. Er bestritt die Angemessenheit und Ortsüblichkeit der Kosten und behauptete, keine Preisliste erhalten zu haben.
  • Streithelferin (Gebäudeversicherer des Beklagten): Sie unterstützte die Argumentation des Beklagten und führte an, dass Rechnungspositionen überhöht oder nicht erforderlich seien.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Die Klägerin, eine Firma für Wasserschadensanierung, wurde vom Beklagten nach Wasserschäden an dessen Einfamilienhaus beauftragt. Ein Vertrag über Sanierungsarbeiten wurde unterzeichnet und die Klägerin stellte Rechnungen. Der Beklagte zahlte nur einen Teil der Forderungen.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob der Klägerin ein Anspruch auf restlichen Werklohn für Wasserschadensanierungen zusteht. Zentral war dabei, ob der zugrundeliegende Werkvertrag wegen eines sittenwidrigen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung nichtig ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage der Klägerin wurde abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten der Streithilfe, trägt die Klägerin.
  • Begründung: Das Gericht befand den Werkvertrag gemäß § 138 Abs. 1 BGB für nichtig, da ein auffälliges Missverhältnis zwischen der vereinbarten Vergütung und der tatsächlichen Leistung bestand. Die Klägerin verlangte das 3,17-fache der üblichen Vergütung. Eine darüberhinausgehende Prüfung der subjektiven Voraussetzungen war aufgrund dieses groben Missverhältnisses nicht erforderlich.
  • Folgen: Da der Werkvertrag nichtig ist, hat die Klägerin keinen Anspruch auf weiteren Werklohn. Da der Beklagte bereits mehr als die übliche Vergütung gezahlt hat, stehen der Klägerin keine zusätzlichen Forderungen zu, auch nicht für Inkassokosten.

Der Fall vor Gericht


Wenn der Handwerkerpreis den Rahmen sprengt: Ein Urteil zur Wasserschadensanierung

Ein Wasserschaden im eigenen Haus – für viele eine absolute Horrorvorstellung. Schnell muss gehandelt werden, um Schlimmeres zu verhindern. Doch was, wenn die Rechnung für die Beseitigung des Schadens unerwartet hoch ausfällt? Genau mit dieser Frage musste sich das Landgericht Aachen beschäftigen. Es ging darum, ob ein Unternehmen für Wasserschadensanierung einen überhöhten Preis verlangt hatte und der zugrundeliegende Vertrag deshalb vielleicht sogar ungültig war.

Der Wasserschaden und der Auftrag zur Sanierung

Am 6. September 2019 entdeckte ein Hauseigentümer (im Folgenden „der Beklagte“) Wasserschäden in seinem Einfamilienhaus.

Feuchter Kellerraum mit Streit zwischen Hausbesitzer und Handwerker wegen Wasserschaden und Rechnung
Überhöhte Sanierungskosten für Wasserschaden im Keller: Hausbesitzer widerspricht unangemessener Rechnung. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Er kontaktierte daraufhin ein Unternehmen, das auf Wasserschadensanierung und Gebäudetrocknung spezialisiert ist (im Folgenden „die Klägerin“). Der Kontakt kam über die Gebäudeversicherung des Hauseigentümers (im Folgenden „die Streithelferin“) zustande, mit der der Hauseigentümer schon einmal einen Schadensfall abgewickelt hatte. Noch am selben Tag erschien die Klägerin vor Ort und begann mit den Arbeiten. Es stellte sich heraus, dass eine defekte Wasseruhr im Keller über längere Zeit unbemerkt Wasser austreten ließ, was zu Nässe im Wand- und Bodenbereich des Kellers geführt hatte.

Vier Tage später, am 10. September 2019, unterzeichnete der Beklagte ein Formular der Klägerin mit der Überschrift „Vertrag und Schadenanzeige“. Dieser Vertrag umfasste den Auftrag zur Beseitigung des Gebäudeschadens. Als Leistung war ein „Komplettservice mit Instandsetzungsgewerken als Generalunternehmer“ vereinbart. Das bedeutet, die Klägerin sollte sich um alles kümmern. Als Zahlungsart wurde eine sogenannte Sicherungsabtretung gewählt. Das bedeutet, der Hauseigentümer trat seine Ansprüche gegen seine Versicherung sicherheitshalber an das Sanierungsunternehmen ab. Die Streithelferin wurde als Versicherungsunternehmen mit Versicherungsscheinnummer und der Höhe einer Selbstbeteiligung eingetragen. Mit einer gesonderten Unterschrift bestätigte der Beklagte, die Geschäftsbedingungen und die Preisliste der Klägerin erhalten zu haben.

Die Rechnungen und der Streit ums Geld

Kurz darauf, am 12. September 2019, stellte die Klägerin dem Beklagten eine erste Rechnung über 8.472,92 Euro brutto für Arbeiten zur Erstversorgung für den Zeitraum vom 6. September bis zum 1. Oktober 2019. Als Zahlungsziel war „Vorschussanforderung gern. VVG (D)“ angegeben. Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) regelt die Rechte und Pflichten aus einem Versicherungsvertrag. Am 8. November 2019 folgte eine zweite Rechnung über 5.150,32 Euro. Diese Summe war für eine notwendige Verlängerung der Trocknungsmaßnahmen im Hobbyraum (bis 10. Oktober 2019) und in weiteren Kellerräumen für 25 Tage. Beide Rechnungen basierten auf Einheitspreisen gemäß der Preisliste der Klägerin. Ein Einheitspreis ist ein Preis, der pro Mengeneinheit einer bestimmten Leistung (z.B. pro Quadratmeter Trocknung) festgelegt wird.

Der Beklagte zahlte zunächst am 23. Dezember 2019 einen Betrag von 3.000 Euro und im März 2020 weitere 4.247,10 Euro, also insgesamt 7.247,10 Euro. Die Klägerin forderte jedoch mehr. Mit einem Schreiben vom 16. Februar 2020 verlangte sie vom Beklagten die Zahlung eines Restbetrages von 10.623,24 Euro. Dieser Betrag berücksichtigte zwar die erste Teilzahlung, ging aber von leicht abweichenden Rechnungsbeträgen aus. Der Beklagte widersprach dieser Forderung. Daraufhin beauftragte die Klägerin ein Inkassounternehmen, die I. Y. GmbH, das den Beklagten ebenfalls erfolglos zur Zahlung aufforderte. Für diese Tätigkeit stellte das Inkassounternehmen der Klägerin 101,15 Euro in Rechnung.

Der Fall vor Gericht: Wer hat Recht?

Die Klägerin zog schließlich vor Gericht. Sie verrechnete die bereits erhaltenen Zahlungen auf die erste Rechnung vom 12. September 2019 und forderte nun den daraus noch offenen Restbetrag von 1.225,82 Euro sowie den vollen Betrag der zweiten Rechnung vom 8. November 2019 in Höhe von 5.150,32 Euro. Hinzu kamen die Inkassokosten von 101,15 Euro. Insgesamt verlangte die Klägerin also 6.376,14 Euro plus Zinsen.

Vor Gericht behauptete die Klägerin, alle abgerechneten Arbeiten seien durchgeführt worden, notwendig gewesen und die Preise angemessen. Sie argumentierte auch, eine Verlängerung der Trocknung sei bis zum 25. Oktober 2019 erforderlich gewesen. Der Beklagte hingegen gab an, ihm sei nie eine Preisliste vorgelegt worden. Zudem seien die abgerechneten Kosten nicht angemessen oder ortsüblich, sondern deutlich zu hoch. Die Streithelferin, also die Versicherung des Beklagten, unterstützte diese Ansicht. Sie führte an, dass einzelne Rechnungspositionen bereits in anderen enthalten seien, manche gar nicht notwendig gewesen wären und die Einheitspreise überhöht seien. Sie vermutete, der Versicherungsfall solle auf Kosten des Versicherers oder des Hauseigentümers unnötig aufgebauscht werden.

Um Licht ins Dunkel zu bringen, hörte das Gericht mehrere Zeugen an, darunter auch den Vorstand der Klägerin, Herrn W. C. Außerdem holte es ein Gutachten von einem Sachverständigen, Herrn O., ein. Ein Sachverständiger ist ein Experte auf einem bestimmten Gebiet, der dem Gericht hilft, Fachfragen zu klären.

Die Entscheidung des Gerichts: Die Klage wird abgewiesen

Das Landgericht Aachen wies die Klage der Sanierungsfirma vollständig ab. Das bedeutet, der Hauseigentümer musste die geforderte Restsumme nicht bezahlen. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits, einschließlich der Kosten, die der Versicherung als Streithelferin entstanden waren, musste die Klägerin tragen.

Die Begründung: Warum entschied das Gericht so?

Das Gericht begründete seine Entscheidung ausführlich. Zunächst stellte es fest, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten am 10. September 2019 tatsächlich ein schriftlicher Werkvertrag geschlossen wurde. Ein Werkvertrag ist ein Vertrag, bei dem ein Unternehmer (hier die Klägerin) verspricht, ein bestimmtes Arbeitsergebnis (ein „Werk“, hier die Sanierung) zu liefern, und der Besteller (hier der Beklagte) dafür eine Vergütung zahlt. Dies ist in § 631 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Entgegen der Behauptung des Beklagten ging das Gericht auch davon aus, dass die Preisliste der Klägerin Vertragsbestandteil geworden war, da der Beklagte deren Erhalt auf dem Vertragsformular separat unterschrieben hatte.

Auch dass die abgerechneten Arbeiten tatsächlich durchgeführt wurden, stand für das Gericht nach der Beweisaufnahme (also der Vernehmung von Zeugen und der Prüfung von Unterlagen wie Messprotokollen und Fotos) fest. Es war überzeugt, dass es Schimmel im Keller gab und die Klägerin daraufhin verschiedene Maßnahmen wie Feuchtigkeitsmessungen, Reparaturen an Rohren, Ursachenfeststellung und den Aufbau von Trocknungsgeräten vorgenommen hatte.

Der Knackpunkt: Ein sittenwidriger Vertrag

Obwohl also ein Vertrag bestand und Arbeiten ausgeführt wurden, hatte die Klägerin nach Ansicht des Gerichts keinen Anspruch auf weiteres Geld. Der Grund: Der Werkvertrag war laut Gericht nach § 138 Absatz 1 BGB sittenwidrig und damit nichtig. Aber was bedeutet das? Dieser Paragraph besagt, dass ein Rechtsgeschäft – also auch ein Vertrag – von Anfang an ungültig ist, wenn es gegen die „guten Sitten“ verstößt. Man könnte es vergleichen mit einem Geschäft, das so unfair ist, dass es gesellschaftlich einfach nicht akzeptabel ist.

Ein wichtiger Anhaltspunkt für eine solche Sittenwidrigkeit ist ein auffälliges Missverhältnis zwischen der vereinbarten Vergütung (dem Preis) und der dafür zu erbringenden Leistung (der Arbeit). Wenn dann noch weitere unfaire Umstände hinzukommen, wie etwa die Ausnutzung einer Zwangslage oder der Unerfahrenheit des Vertragspartners, um einen übermäßigen Gewinn zu erzielen, kann ein Vertrag als sittenwidrig eingestuft werden.

Der Preisvergleich: Deutlich zu teuer

Genau ein solches auffälliges Missverhältnis sah das Gericht hier als gegeben an. Der Sachverständige O. hatte in seinem Gutachten ermittelt, dass die übliche und angemessene Vergütung für die von der Klägerin erbrachten Leistungen lediglich 4.311,07 Euro betragen hätte. Die Klägerin hatte aber insgesamt 13.623,24 Euro gefordert (die Summe aus den beiden Rechnungen). Sie verlangte also mehr als das Dreifache (genau das 3,17-fache) des üblichen Preises! Das Gericht wertete dies als ein besonders grobes Missverhältnis. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (des höchsten deutschen Zivilgerichts) liegt ein solches bereits vor, wenn der geforderte Preis den Wert der Leistung um rund 100 % übersteigt, also etwa doppelt so hoch ist.

Die Klägerin hatte zwar Einwände gegen das Gutachten des Sachverständigen, dieser konnte sie aber in seiner Anhörung vor Gericht überzeugend entkräften. Der Sachverständige erklärte detailliert, warum er zu seiner Einschätzung kam:

  1. Unnötige Leistungen: Einige der abgerechneten Posten waren laut Sachverständigem für die Schadensbeseitigung gar nicht erforderlich.
    • Bestimmte Tests zur Raumluft und Bioaktivität seien bei Frischwasserschäden unüblich. Eine einfache Abschottung des Kellerbereichs hätte genügt.
    • Der Einsatz eines speziellen Mikrowellen-Messgeräts zur Feuchtemessung habe keinen Mehrwert geboten, da die Ursache des Wassereintritts bereits klar war.
    • Maßnahmen zur Keimreduzierung in Dämmschichten und das Vernebeln von Räumen (Raumfogging) seien bei einem Frischwasserschaden nicht notwendig.
    • Die Bereitstellung einer speziellen Messzelle für Starkstrom (400 Volt) sei unnötig gewesen, da die Trocknungsgeräte mit normalem Haushaltsstrom (230 Volt) liefen.
  2. Überhöhte Einheitspreise: Viele der Einzelpreise waren laut Sachverständigem nicht ortsüblich und angemessen.
    • Für die vorläufige Abdichtung eines Leitungssystems veranschlagte die Klägerin 128 Euro, üblich wären rund 45 Euro gewesen.
    • Für eine Druckprobe waren marktübliche Kosten etwa 75 Euro, die Klägerin rechnete höhere Pauschalen ab.
    • Für das beschädigungsfreie Ablösen von Fliesen rechnete die Klägerin eine Grundpauschale plus eine Pauschale pro Fliese ab; marktüblich wären ca. 25 Euro pro Fliese gewesen.
    • Auch für eine Folienabtrennwand, HEPA-Filter (spezielle Luftfilter) und die mechanische Oberflächenreinigung seien die Preise deutlich überhöht gewesen.
      Der Sachverständige begründete seine Preisermittlung mit seiner langjährigen Erfahrung, Marktkenntnissen und Preisanfragen bei anderen Unternehmen.
  3. Nicht gesondert abrechenbare Positionen: Einige Leistungen werden üblicherweise gar nicht separat in Rechnung gestellt, sondern sind in anderen Pauschalen enthalten.
    • Dazu zählten laut Sachverständigem Kosten für Personenschutz, Volumenfeuchtemessung, Untergrundscanning, eine weitere Messzelle (diesmal für 230 Volt) und Fahrtkosten. Diese seien normalerweise in den Diagnostik- und Trocknungspositionen enthalten.
    • Auch die Tagessätze für die Verlängerung der Trocknungszeit seien unüblich. Üblich seien prozentuale Zuschläge zur Pauschale für die Grundtrocknungszeit.

Ausnutzung einer Zwangslage?

Wenn der Wert der Leistung den der Gegenleistung um mehr als 100 % übersteigt, geht die Rechtsprechung davon aus, dass eine verwerfliche Gesinnung des Anbieters vorliegt – er also die Situation bewusst ausnutzen wollte. Eine weitere Prüfung ist dann oft nicht mehr nötig. Das Gericht ergänzte aber, dass die Klägerin beim Hauseigentümer durch die Übergabe einer Preisliste, die ohne Kenntnis der abzurechnenden Einzelpositionen wenig aussagekräftig war, und die Angabe „Sicherungsabtretung“ den Eindruck erweckt haben könnte, es würden keine direkten Kosten auf ihn zukommen. Dies sei in einer Ausnahmesituation des Beklagten geschehen, der plötzlich mit einem Wasserschaden konfrontiert war und schnelles Handeln für nötig hielt. All dies zusammen führte das Gericht zu dem Schluss, dass der Vertrag sittenwidrig und damit von Anfang an ungültig (nichtig) war.

Was passiert mit dem bereits gezahlten Geld?

Da der Werkvertrag ungültig war, hatte die Klägerin keinen Anspruch auf den vereinbarten Werklohn. Sie könnte aber einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung haben. Dies ist in § 812 Absatz 1 Satz 1 Alternative 1 BGB geregelt. Das bedeutet, wenn jemand etwas ohne rechtlichen Grund erhalten hat (hier die Arbeitsleistung der Klägerin), muss er dessen Wert ersetzen. Die Klägerin könnte also nur die übliche Vergütung für ihre Arbeit verlangen. Diese lag laut Sachverständigem bei 4.311,07 Euro. Da der Beklagte aber bereits 7.247,10 Euro gezahlt hatte, also deutlich mehr als den tatsächlichen Wert der erbrachten Leistungen, standen der Klägerin keine weiteren Ansprüche zu. Folglich musste der Beklagte auch die geltend gemachten Inkassokosten nicht zahlen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil des Landgerichts Aachen zeigt deutlich, dass Verbraucher auch in Notfallsituationen vor überhöhten Preisen geschützt sind – selbst wenn sie einen Vertrag unterschrieben haben. Wenn Handwerker oder Sanierungsunternehmen bei Wasserschäden oder anderen Notfällen das Dreifache oder mehr der üblichen Marktpreise verlangen, kann der gesamte Vertrag ungültig werden. Das Gericht stellte klar, dass bereits gezahltes Geld, das über den angemessenen Wert der Arbeiten hinausgeht, nicht durch weitere Zahlungen ergänzt werden muss. Die Entscheidung stärkt die Position von Hausbesitzern, die in Stresssituationen schnell handeln müssen und dabei vor Preistreiberei geschützt werden sollen.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet es, wenn ein Werkvertrag wegen überhöhter Preise ungültig ist?

Wenn ein Werkvertrag wegen überhöhter Preise ungültig ist, bedeutet das, dass dieser Vertrag von Anfang an als nicht existent betrachtet wird. Juristisch spricht man davon, dass der Vertrag nichtig ist. Das hat weitreichende Folgen für beide Seiten, denn die ursprünglich vereinbarten Rechte und Pflichten bestehen dann nicht.

Wann ist ein Vertrag wegen überhöhter Preise ungültig?

Ein Vertrag kann wegen überhöhter Preise ungültig sein, wenn die Preisgestaltung gegen die guten Sitten verstößt. Dies wird als Sittenwidrigkeit bezeichnet und ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), konkret in § 138 BGB, geregelt. Es geht dabei nicht um jeden beliebigen hohen Preis, sondern um eine extreme Abweichung, die als unfair oder gar ausbeuterisch empfunden wird.

Zwei wesentliche Punkte sind hier entscheidend:

  • Auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Preis: Das bedeutet, dass der vereinbarte Preis für die erbrachte Leistung (z.B. eine Reparatur, eine Bauarbeit oder eine Dienstleistung) so hoch ist, dass er in keinem angemessenen Verhältnis zum tatsächlichen Wert der Leistung steht. Stellen Sie sich vor, Sie zahlen für eine einfache Reparatur, die normalerweise 100 Euro kostet, plötzlich 1.000 Euro. Ein solches Missverhältnis muss besonders deutlich sein. Die Rechtsprechung nimmt dies oft an, wenn der Preis den marktüblichen Preis um das Doppelte oder mehr übersteigt.
  • Ausnutzung einer Notlage: Zusätzlich zum auffälligen Missverhältnis muss oft noch hinzukommen, dass der Auftragnehmer eine bestimmte Schwäche des Auftraggebers ausnutzt. Das kann eine Zwangslage sein (z.B. ein dringender Notfall, bei dem Sie sofort Hilfe brauchen und keine Zeit haben, Preise zu vergleichen), Unerfahrenheit, ein Mangel an Urteilsvermögen oder eine erhebliche Willensschwäche. Für Sie bedeutet das, dass nicht nur der Preis überhöht sein muss, sondern auch, dass der Dienstleister Ihre besondere Situation bewusst ausgenutzt hat, um diesen überzogenen Preis durchzusetzen.

Was sind die Folgen der Ungültigkeit (Nichtigkeit)?

Ist ein Werkvertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig, hat das konkrete Auswirkungen:

  • Kein Anspruch auf Zahlung: Der Auftragnehmer kann die vereinbarte überhöhte Bezahlung nicht fordern. Da der Vertrag von Anfang an nichtig ist, gab es keine wirksame Grundlage für die Zahlungsforderung.
  • Rückforderung von Zahlungen: Falls Sie bereits Zahlungen auf diesen ungültigen Vertrag geleistet haben, können Sie diese zurückfordern. Juristisch spricht man hier von Bereicherungsrecht (§ 812 BGB). Der Auftragnehmer hätte das Geld ohne rechtlichen Grund erhalten.
  • Wertersatz für die Leistung: Auch wenn der Vertrag nichtig ist, hat der Auftragnehmer oft eine Leistung erbracht, die Ihnen zugutekam. Für diese tatsächlich erbrachte und von Ihnen genutzte Leistung kann der Auftragnehmer unter bestimmten Umständen einen Wertersatz verlangen. Dieser Wertersatz orientiert sich am tatsächlichen Wert der Leistung, nicht am überhöhten, ursprünglich vereinbarten Preis. Es wird also der faire, übliche Preis für die erbrachte Arbeit ermittelt und muss dann gegebenenfalls bezahlt werden, falls keine Rückabwicklung der Leistung selbst möglich ist (z.B. eine erbrachte Reparatur kann nicht einfach rückgängig gemacht werden).
  • Keine weiteren Pflichten: Beide Seiten sind von den ursprünglich vereinbarten Pflichten aus dem ungültigen Vertrag befreit.

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Wie kann ich mich vor überzogenen Preisen bei Notfallreparaturen schützen?

Gerade in einer Notfallsituation, wie einem Wasserschaden oder einer zugefallenen Tür, ist schnelles Handeln gefragt. Dennoch ist es wichtig, auch unter Zeitdruck besonnen vorzugehen, um sich vor überhöhten Forderungen zu schützen.

Vor der Beauftragung aktiv werden

Auch wenn die Zeit drängt, kann es sich auszahlen, kurz innezuhalten. Versuchen Sie, wenn möglich, mehrere Anbieter zu kontaktieren. Dies kann auch eine schnelle Online-Recherche nach Bewertungen und Erfahrungen anderer Kunden umfassen. Fragen Sie sofort nach den Anfahrtskosten und den Kosten für den ersten angefangenen Arbeitsabschnitt. Seriöse Betriebe können diese Informationen in der Regel telefonisch oder über ihre Webseite transparent machen. Bestehen Sie vor Beginn der Arbeiten auf einer klaren Preisabsprache oder zumindest einer realistischen Schätzung. Klären Sie, wie die Abrechnung erfolgt: Wird nach Stunden, nach Pauschalen oder nach Material- und Arbeitszeitaufwand abgerechnet? Fragen Sie nach möglichen Notdienstzuschlägen für Abend-, Wochenend- oder Feiertagsarbeiten. Diese Zuschläge sind unter bestimmten Umständen zulässig, müssen aber transparent kommuniziert werden.

Was Sie während der Reparatur beachten sollten

Lassen Sie sich bei einer komplexeren Reparatur oder einem längeren Einsatz einen schriftlichen Kostenvoranschlag aushändigen. Dieser sollte detailliert sein und alle voraussichtlichen Positionen (Material, Arbeitszeit, Anfahrt) aufführen. Auch wenn ein Kostenvoranschlag meist nicht kostenlos ist, bietet er eine wichtige Grundlage. Behalten Sie den Überblick über die geleistete Arbeit. Notieren Sie sich die Ankunfts- und Abfahrtszeit des Handwerkers und die Art der durchgeführten Tätigkeiten.

Nach der Reparatur: Zahlung und Rechnungsprüfung

Verlangen Sie nach Abschluss der Arbeiten immer eine detaillierte Rechnung. Diese sollte alle einzelnen Posten – wie Materialkosten, Arbeitszeit, Anfahrtskosten und etwaige Zuschläge – klar und nachvollziehbar auflisten. Eine Rechnung, die nur einen Gesamtbetrag nennt, ist in der Regel nicht ausreichend. Bargeldzahlungen sind kritisch zu prüfen. Wenn Sie bar bezahlen, bestehen Sie unbedingt auf eine Quittung, die alle Details der erbrachten Leistung und des gezahlten Betrags enthält. Im Falle von späteren Streitigkeiten ist eine solche Quittung essenziell.

Sollte der geforderte Preis aus Ihrer Sicht unverhältnismäßig hoch erscheinen und die Leistung nicht rechtfertigen, müssen Sie diesen nicht bedingungslos akzeptieren. Im deutschen Recht gibt es Regelungen, die vor sittenwidrig überhöhten Preisen schützen. Ein überhöhter Preis kann beispielsweise dann als sittenwidrig (geregelt in § 138 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) angesehen werden, wenn er im krassen Missverhältnis zur tatsächlichen Leistung steht und zusätzlich eine Notlage ausgenutzt wird. In einem solchen Fall kann die gesamte Preisvereinbarung ungültig sein, und es wäre lediglich die übliche Vergütung für die erbrachte Leistung zu zahlen (§ 632 Abs. 2 BGB).

Die Rolle der Gebäudeversicherung

Bei bestimmten Notfällen, wie einem Rohrbruch oder einem Sturmschaden, kann Ihre Gebäudeversicherung für die Reparaturkosten aufkommen. Es ist sinnvoll, frühzeitig Kontakt mit Ihrer Versicherung aufzunehmen. Die Versicherung kann Ihnen möglicherweise auch Empfehlungen für seriöse Fachbetriebe geben und den Umfang der Kostenübernahme klären. Dies kann Ihnen nicht nur finanzielle Sicherheit bieten, sondern auch helfen, schnell einen vertrauenswürdigen Dienstleister zu finden.

Selbst in Stresssituationen hilft es, die genannten Punkte im Hinterkopf zu behalten. So können Sie Ihre Rechte als Verbraucher wahren und sich vor unfairen Praktiken schützen.


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Woran erkenne ich, dass ein Handwerkerpreis für eine Sanierung zu hoch ist?

Um eine erste Einschätzung zu bekommen, ob ein Handwerkerpreis für eine Sanierung überhöht sein könnte, können Sie auf verschiedene Anzeichen achten. Zentral ist dabei das Konzept des ortsüblichen und angemessenen Preises. Das bedeutet, der Preis sollte dem entsprechen, was in Ihrer Region für vergleichbare Leistungen und Materialien unter ähnlichen Bedingungen üblich ist.

Vergleich und Transparenz als erste Indikatoren

Ein starkes Indiz für einen möglicherweise zu hohen Preis ist das Fehlen von Vergleichsmöglichkeiten oder mangelnde Transparenz im Angebot.

  • Fehlende Vergleichsangebote: Wenn Ihnen nur ein einziges Angebot vorliegt, haben Sie keine Bezugsgröße. Holen Sie immer mehrere schriftliche Angebote von verschiedenen Handwerkern ein. So können Sie die Kostenpositionen vergleichen und erhalten ein Gefühl für marktübliche Preise.
  • Undurchsichtige Pauschalpreise: Ein Angebot sollte detailliert aufgeschlüsselt sein. Vage Pauschalpreise ohne genaue Auflistung von Material, Arbeitsstunden und Einzelleistungen können ein Warnsignal sein. Für Sie ist es wichtig zu sehen, wofür genau Sie bezahlen. Wenn ein Handwerker keine detaillierte Aufschlüsselung bereitstellt, ist es schwierig nachzuvollziehen, wie der Preis zustande kommt.

Auffälligkeiten bei Stundensätzen und Materialkosten

Die einzelnen Kostenpositionen im Angebot geben weitere Hinweise.

  • Auffällige Stundensätze: Informieren Sie sich über die branchenüblichen Stundensätze für Handwerker in Ihrer Region. Wenn der angebotene Stundensatz deutlich darüber liegt, ohne dass dies durch besondere Qualifikationen oder Spezialausrüstung gerechtfertigt wird, könnte der Preis zu hoch sein. Bedenken Sie, dass der Stundensatz nicht nur den Lohn, sondern auch Betriebskosten und Gewinnanteile des Handwerkers umfasst.
  • Überhöhte Materialkosten: Prüfen Sie die Preise für verwendete Materialien. Es ist normal, dass Handwerker auf Materialeinkaufspreise einen Aufschlag erheben. Dieser Aufschlag sollte jedoch angemessen sein und nicht übermäßig hoch ausfallen. Bei Standardmaterialien wie Fliesen, Sanitärartikeln oder Dämmstoffen können Sie oft selbst online oder im Fachhandel die ungefähren Marktpreise recherchieren, um eine Vorstellung zu bekommen.
  • Abrechnung von unnötigen oder bereits enthaltenen Leistungen: Achten Sie darauf, ob Leistungen abgerechnet werden, die offensichtlich nicht notwendig waren oder die bereits in anderen Posten des Angebots enthalten sein sollten (z.B. separate Abrechnung für „Anfahrtspauschale“, obwohl dies bereits im Stundensatz kalkuliert sein könnte, oder doppelte Berechnungen für Rüstzeiten und Arbeitszeit).

Indizien für fehlende Angemessenheit

Das deutsche Recht (§ 632 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) sieht vor, dass eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Höhe der Vergütung nicht explizit bestimmt ist und der Werkvertrag nur gegen Vergütung zu erwarten war. In diesem Fall ist die übliche Vergütung zu entrichten.

  • Mangelnde Transparenz über Zusatzkosten: Klären Sie im Vorfeld, welche Leistungen im Angebot enthalten sind und welche nicht. Zusätzliche Kosten für Entsorgung, Anfahrt oder spezielle Werkzeuge sollten klar benannt sein. Unerwartete „Nachforderungen“ nach Beginn der Arbeiten können ein Zeichen dafür sein, dass der ursprüngliche Preis unvollständig kalkuliert war.
  • Vorsicht bei „Schnäppchen“: Ein Preis, der extrem günstig erscheint, kann ebenfalls ein Warnsignal sein. Oft werden dann Leistungen minderer Qualität erbracht, es fallen unerwartete Zusatzkosten an oder es kommt zu Verzögerungen.

Indem Sie diese Punkte beachten und sich vorab gründlich informieren, können Sie besser einschätzen, ob ein angebotener Handwerkerpreis für Ihre Sanierung im Rahmen des Üblichen liegt.


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Was passiert mit dem bereits gezahlten Geld, wenn ein Vertrag für Sanierungsarbeiten ungültig wird?

Wenn ein Vertrag für Sanierungsarbeiten aus bestimmten Gründen ungültig wird (zum Beispiel wegen Formfehlern oder Sittenwidrigkeit), bedeutet dies, dass es von Anfang an keine wirksame rechtliche Grundlage für die erbrachten Leistungen oder die geleisteten Zahlungen gab. Dennoch ist die Situation nicht so, dass Sie Ihr bereits gezahltes Geld einfach vollständig zurückbekommen und der Handwerker leer ausgeht, wenn er bereits gearbeitet hat. Hier kommt der Grundsatz der ungerechtfertigten Bereicherung ins Spiel.

Was bedeutet „ungerechtfertigte Bereicherung“?

Das Gesetz regelt, dass jemand, der etwas ohne rechtlichen Grund erhalten hat, dies zurückgeben muss. Dies ist die ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 BGB). Wenn ein Vertrag ungültig ist, fehlt dieser rechtliche Grund für die Zahlung. Allerdings hat der Handwerker möglicherweise schon gearbeitet und somit einen Wert für Sie geschaffen.

Für Sie bedeutet das: Der Handwerker hat zwar zu Unrecht Geld erhalten, aber er hat auch Leistungen erbracht, die möglicherweise nützlich und werthaltig für Ihr Eigentum sind. In diesem Fall muss der Handwerker nicht das gesamte gezahlte Geld zurückgeben, sondern kann einen Anspruch auf den tatsächlichen Wert der von ihm erbrachten und für Sie nützlichen sowie notwendigen Leistungen geltend machen. Man spricht hier vom „Wert der Wertersatzleistungen“.

Was können Sie zurückfordern?

Sie können das Geld zurückfordern, das Sie zuviel gezahlt haben. Das ist der Betrag, der über den tatsächlichen Wert der vom Handwerker erbrachten, nützlichen und notwendigen Leistungen hinausgeht.

  • Der Handwerker hat Anspruch auf den Wert der nützlichen Arbeiten: Selbst wenn der Vertrag ungültig ist, hat der Handwerker einen Anspruch auf Bezahlung für die Arbeiten, die er tatsächlich durchgeführt hat und die für Ihr Eigentum nutzbar und erforderlich waren. Der Wert dieser Arbeiten bemisst sich am üblichen Marktpreis für solche Leistungen und Materialien, nicht unbedingt am ursprünglich vereinbarten, nun ungültigen Vertragspreis.
  • Sie können die Differenz zurückverlangen: Wenn Sie bereits mehr Geld bezahlt haben, als dem tatsächlichen Wert der nützlichen und notwendigen Leistungen entspricht, dann können Sie diese Differenz als ungerechtfertigte Bereicherung vom Handwerker zurückfordern.

Stellen Sie sich vor, der Handwerker hat Arbeiten im Wert von 5.000 Euro nachgewiesen, die auch nützlich waren, Sie haben aber bereits 7.000 Euro gezahlt. Dann können Sie die überzahlten 2.000 Euro zurückverlangen. Umgekehrt: Haben Sie 3.000 Euro gezahlt, und der Wert der nützlichen Arbeit beträgt 5.000 Euro, muss der Handwerker nichts zurückzahlen, und Sie könnten theoretisch noch für den Restbetrag in Anspruch genommen werden. Arbeiten, die mangelhaft sind oder die Sie gar nicht in Auftrag gegeben hätten, mindern den Wertanspruch des Handwerkers oder können ihn sogar ganz entfallen lassen.


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Welche Schritte sollte ich unternehmen, wenn ich eine überhöhte Rechnung erhalten habe?

Wenn Sie eine Rechnung erhalten, die Ihnen überhöht erscheint, ist es wichtig, sorgfältig und strukturiert vorzugehen. Die ersten Schritte dienen dazu, die Rechnung zu prüfen und bei begründeten Zweifeln den Sachverhalt festzuhalten.

Die Rechnung genau prüfen

Zunächst ist eine detaillierte Überprüfung der Rechnung unerlässlich. Vergleichen Sie die aufgeführten Leistungen und Preise mit den ursprünglichen Absprachen, Angeboten oder Verträgen. Achten Sie auf folgende Punkte:

  • Vereinbarte Leistungen: Wurden alle aufgeführten Leistungen tatsächlich erbracht? Entsprechen sie der Qualität und dem Umfang, die besprochen wurden?
  • Preisabsprachen: Stimmen die berechneten Preise mit einem Festpreis, einem Kostenvoranschlag oder Stundensätzen überein, die vorab vereinbart wurden? Prüfen Sie, ob es Abweichungen von diesen Absprachen gibt.
  • Positionsgenauigkeit: Ist jede Position in der Rechnung klar und nachvollziehbar beschrieben? Überhöhte Rechnungen enthalten oft vage oder pauschale Angaben, die eine genaue Zuordnung erschweren.
  • Vergleich mit Marktüblichkeit: Auch wenn kein Festpreis vereinbart wurde, kann eine Rechnung überhöht sein, wenn die Preise für vergleichbare Leistungen deutlich über dem liegen, was am Markt üblich und angemessen ist. Dies ist jedoch eine Einschätzung, die einer genauen Prüfung bedarf.

Der Widerspruch: So gehen Sie vor

Stellen Sie nach der Prüfung fest, dass die Rechnung tatsächlich überhöht ist oder Leistungen enthält, die nicht vereinbart waren, ist ein unverzüglicher und begründeter Widerspruch wichtig.

  • Schriftform wählen: Es empfiehlt sich dringend, den Widerspruch schriftlich zu verfassen. Dies kann per E-Mail oder – für den Nachweis des Zugangs – per Einschreiben mit Rückschein erfolgen.
  • Konkrete Begründung: Erläutern Sie im Widerspruch präzise, welche Punkte der Rechnung Sie bestreiten und warum. Beziehen Sie sich dabei auf Ihre Prüfungsergebnisse. Nennen Sie beispielsweise konkrete Positionen, die nicht vereinbart waren, oder Preisabweichungen zu einem Angebot.
  • Zahlung des unstreitigen Teils: Eine vollständige Zahlungsverweigerung kann dazu führen, dass Sie für den unstreitigen Teil der Rechnung in Verzug geraten. Ist nur ein Teil der Rechnung strittig, ist es ratsam, den unstreitigen Teil fristgerecht zu zahlen. Den überhöhten oder nicht gerechtfertigten Teil können Sie unter Vorbehalt bestreiten und die Zahlung dieses Teils zurückhalten. Machen Sie in Ihrem Widerspruch deutlich, dass Sie den unstreitigen Teil zahlen und den Rest nicht anerkennen.

Die Bedeutung der Dokumentation

Ein Schlüssel zur Klärung bei überhöhten Rechnungen ist eine lückenlose Dokumentation. Sammeln und bewahren Sie alle Unterlagen auf, die mit der Leistung und der Rechnung zusammenhängen:

  • Angebote und Kostenvoranschläge: Diese sind der Ausgangspunkt für Preisabsprachen.
  • Verträge und Vereinbarungen: Schriftliche oder sogar mündliche Absprachen, sofern nachweisbar.
  • Kommunikation: E-Mails, Briefe, Protokolle von Telefonaten oder Besprechungen. Halten Sie wichtige Gesprächsinhalte fest, Datum, Uhrzeit und beteiligte Personen.
  • Leistungsnachweise: Fotos, Dokumentationen der erbrachten Arbeit, Arbeitsberichte, die den tatsächlichen Umfang der Leistung belegen.
  • Zahlungsnachweise: Quittungen oder Überweisungsbelege, insbesondere für den unstreitigen Teil der Rechnung.

Eine solide Dokumentation Ihrer Argumente und der relevanten Faktenlage ist entscheidend, um Ihren Standpunkt klar darlegen zu können. Sie dient als Grundlage für weitere Schritte und hilft, den Sachverhalt objektiv zu beurteilen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Sicherungsabtretung

Eine Sicherungsabtretung ist eine Vereinbarung, bei der eine Person (hier der Hauseigentümer) ihre Forderungen gegenüber einem Dritten (zum Beispiel der Gebäudeversicherung) an einen Gläubiger (hier das Sanierungsunternehmen) abtritt, um den Gläubiger abzusichern. Das bedeutet, dass das Sanierungsunternehmen die Ansprüche des Hauseigentümers gegen die Versicherung direkt geltend machen oder daraus Zahlungen erhalten kann. Dies dient als Sicherheit für das Sanierungsunternehmen, damit es seine Rechnung bezahlt bekommt. Im Alltag kann man sich das so vorstellen, als würden Sie einem Handwerker erlauben, Ihr Geld direkt von Ihrer Versicherung einzufordern, damit Sie selbst nicht in Vorleistung treten müssen.


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Werkvertrag

Ein Werkvertrag ist ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Besteller, bei dem der Unternehmer die Herstellung eines bestimmten Ergebnisses, also eines „Werkes“, schuldet, und der Besteller dafür eine Vergütung zahlt. Im Fall der Wasserschadensanierung bedeutet das, dass das Unternehmen verpflichtet ist, die Sanierung des Schadens fertigzustellen, und der Hauseigentümer oder eine Versicherung bezahlt den vereinbarten Preis. Die rechtlichen Grundlagen für den Werkvertrag finden sich in § 631 BGB. Anders als bei einem Dienstvertrag steht beim Werkvertrag das konkrete Ergebnis (z. B. trockene Wände) im Vordergrund, nicht nur die reine Arbeitsleistung.


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Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB)

Sittenwidrigkeit bezeichnet eine Rechtswidrigkeit eines Vertrags oder einer Vereinbarung, wenn diese gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (§ 138 Absatz 1 BGB). Ein Vertrag ist sittenwidrig und damit von Anfang an ungültig, wenn er zum Beispiel eine extrem unfaire Preisgestaltung enthält, die ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zeigt, oder wenn eine Partei in einer Notlage ausgenutzt wird. Im vorliegenden Fall führte ein mehr als dreifacher Preisvergleich zum marktüblichen Wert zusammen mit der Ausnutzung der Notlage des Hauseigentümers zur Feststellung der Sittenwidrigkeit.

Beispiel: Wenn ein Handwerker für eine kleine Reparatur, die normalerweise 100 Euro kostet, plötzlich 500 Euro verlangt und der Kunde keine andere Wahl hat, da es einen Notfall gibt, kann der Vertrag sittenwidrig sein.


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Ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 BGB)

Die ungerechtfertigte Bereicherung liegt vor, wenn jemand etwas erhält, ohne dafür einen rechtlichen Grund zu haben, und deshalb verpflichtet ist, das Erlangte zurückzugeben. Nach § 812 Absatz 1 Satz 1 BGB muss der, der ohne Rechtsgrund etwas erlangt hat (z. B. Zahlungen aus einem ungültigen Vertrag), den Wert zurückerstatten. Im Fall des Wasserschadens bedeutet das: Obwohl der Werkvertrag nichtig war, hat das Sanierungsunternehmen Leistungen erbracht. Es darf daher nur den tatsächlichen Wert dieser Leistungen verlangen, nicht den überhöhten vereinbarten Preis. Hat der Hauseigentümer schon mehr bezahlt, kann er den überschüssigen Betrag zurückfordern.


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Sachverständiger

Ein Sachverständiger ist eine fachlich besonders qualifizierte Person, die bei Gerichtsverfahren hinzugezogen wird, um komplexe, fachliche Fragen zu beurteilen und dem Gericht zu helfen, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Er erstellt Gutachten und bewertet zum Beispiel technische oder preisliche Aspekte eines Streitfalls. Im konkreten Fall hat der Sachverständige die ortsüblichen Preise und die Notwendigkeit der Sanierungsarbeiten geprüft und festgestellt, dass die Rechnung der Klägerin deutlich überhöht war. Ein Sachverständiger ist damit eine Art „Fachgutachter“, der Sachverhalte für das Gericht verständlich macht.

Beispiel: Bei einem Streit über Baumängel wird oft ein Bausachverständiger hinzugezogen, der prüft, ob und in welchem Umfang Mängel vorliegen und was deren Behebung kosten müsste.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 138 Absatz 1 BGB (Sittenwidrigkeit): Dieses Gesetz stellt klar, dass Verträge, die gegen die guten Sitten verstoßen, von Anfang an nichtig sind. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sowie die Ausnutzung einer Zwangslage können zu einer solchen Nichtigkeit führen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat den Werkvertrag wegen eines extrem überhöhten Preises und Ausnutzung der Notlage des Beklagten als sittenwidrig eingestuft und somit für nichtig erklärt.
  • § 631 Absatz 1 BGB (Werkvertrag): Regelt den Vertragstyp, bei dem der Unternehmer ein Werk gegen Vergütung herzustellen hat. Die Leistung muss vertragsgemäß erbracht werden, und der Besteller zahlt dafür. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Zwischen Klägerin und Beklagtem lag ein Werkvertrag über die Wasserschadensanierung vor, dessen Wirksamkeit jedoch wegen Sittenwidrigkeit grundsätzlich infrage stand.
  • § 812 Absatz 1 Satz 1 Alternative 1 BGB (Ungerechtfertigte Bereicherung): Verpflichtet zur Rückgabe dessen, was ohne rechtlichen Grund erlangt wurde. Wer durch Leistung ohne gültigen Vertrag etwas erhält, muss dessen Wert ersetzen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Vertrag nichtig war, konnte die Klägerin nur den objektiven Wert der tatsächlich erbrachten Leistungen verlangen und nicht den überhöhten Preis.
  • Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Regelt das Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer, einschließlich Schaden regulierungen und Pflichten nach Eintritt eines Versicherungsfalls. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Sicherungsabtretung und die Rolle der Gebäudeversicherung sind hier relevant, da die Versicherung als Streithelferin den Beklagten unterstützt und der Vertrag mit Verweis auf VVG-Vorschriften verknüpft war.
  • Grundsatz der Angemessenheit/Klarheit bei Preisangaben: Obwohl kein einzelnes Gesetz dies kodifiziert, verlangt die Rechtsprechung, dass Preise verständlich, angemessen und marktüblich sein müssen; überhöhte Preise rechtfertigen eine Beanstandung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die deutliche Überschreitung der marktüblichen Preise und intransparente Abrechnung führten zum Verdacht des sittenwidrigen Vertrags.
  • Grundsätze des Beweisrechts: Die Gerichtsentscheidung stützt sich auf die Beweisaufnahme einschließlich Zeugenaussagen und dem Sachverständigengutachten, das den Wert der tatsächlich erbrachten Leistung ermittelte und die Unangemessenheit der Forderungen belegte. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht konnte anhand der Beweise prüfen, ob die Leistung ordnungsgemäß erbracht und die Preise sachgerecht waren, was maßgeblich für die Entscheidung war.

Das vorliegende Urteil


Landgericht Aachen – Az.: 10 O 74/22 – Urteil vom 02.07.2024


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