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Sittenwidrigkeit eines Darlehensvertrags

Ein Sonnenstudio-Gründer kämpft gegen horrende Kreditzinsen und der Bundesgerichtshof zieht eine klare Grenze: Ab wann sind Zinsen für Existenzgründer sittenwidrig? Ein wegweisendes Urteil sorgt für Aufsehen und setzt neue Maßstäbe für die Kreditvergabe an junge Unternehmen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der BGH hat eine neue Schwelle für sittenwidrige Zinsen bei Existenzgründerkrediten definiert.
  • Ein Zinssatz gilt als sittenwidrig, wenn er den marktüblichen Satz um 100 % oder mehr übersteigt.
  • Das Urteil berücksichtigt das erhöhte Risiko für Banken bei Neugründungen.
  • Es schafft Rechtssicherheit und ermöglicht Gründern weiterhin Zugang zu Krediten.
  • Für Gründer bedeutet dies, dass sie mit höheren Zinsen rechnen müssen.
  • Die Schwelle von 100 % über dem Marktzins gibt ihnen jedoch eine klare Obergrenze.
  • Banken erhalten mehr Spielraum bei der Zinsgestaltung für Existenzgründerkredite.
  • Kreditnehmer sind vor unangemessen hohen Zinsen geschützt.
  • Die Entscheidung wurde in der Fachwelt kontrovers diskutiert.
  • Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Finanzplanung bei Existenzgründungen.

Urteil zur Sittenwidrigkeit von Darlehensverträgen: Fallanalyse und Konsequenzen

Darlehen sind im Alltag weit verbreitet. Ob für die Anschaffung eines neuen Autos, die Renovierung der Wohnung oder einfach für den Notfall – Kredite helfen, finanzielle Engpässe zu überbrücken. Doch nicht alle Darlehen sind rechtlich einwandfrei. In einigen Fällen kann ein Darlehensvertrag sittenwidrig sein und somit unwirksam. Aber wann genau ist ein Darlehensvertrag sittenwidrig?

Die Sittenwidrigkeit eines Darlehensvertrags hängt von mehreren Faktoren ab. Zum Beispiel kann der Zins, die Höhe der Darlehenssumme oder die Laufzeit unzumutbar hoch sein. Auch die Art und Weise, wie das Darlehen abgeschlossen wurde, kann sittenwidrig sein. So kann beispielsweise ein Darlehen sittenwidrig sein, wenn der Kreditnehmer aufgrund seiner wirtschaftlichen Lage in einer Notlage war und der Kreditgeber diese Situation ausgenutzt hat, um ihm überhöhte Zinsen oder andere unzumutbare Bedingungen aufzuzwingen.

Wir wollen uns im Folgenden einen Fall genauer ansehen, der vor Gericht verhandelt wurde und in dem es um die Sittenwidrigkeit eines Darlehensvertrags ging.

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Der Fall vor Gericht


Sittenwidrige Zinsen bei Kredit für Existenzgründer

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem wegweisenden Urteil die Grenzen der Zulässigkeit von Kreditzinsen für Existenzgründer neu definiert. Der Fall betraf einen Unternehmer, der für die Gründung eines Sonnenstudios ein Darlehen aufgenommen hatte und später die Zinshöhe als sittenwidrig anfocht.

Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein Kredit über 100.000 Euro, den der Kläger im Jahr 2010 von einer Bank erhielt. Der effektive Jahreszins betrug 12,4 Prozent. Dies lag deutlich über dem marktüblichen Zinssatz, der zu diesem Zeitpunkt bei etwa 5,5 Prozent für vergleichbare Kredite lag. Der Kreditnehmer argumentierte, dass dieser hohe Zinssatz sittenwidrig sei und gegen die guten Sitten verstoße.

Die Bank rechtfertigte den erhöhten Zinssatz mit dem besonderen Risiko, das mit der Finanzierung einer Existenzgründung verbunden sei. Sie verwies darauf, dass Neugründungen statistisch gesehen ein höheres Ausfallrisiko aufweisen als etablierte Unternehmen. Zudem argumentierte die Bank, dass der Kreditnehmer als Existenzgründer besonders sorgfältig beraten worden sei und sich der Konditionen bewusst gewesen sei.

Bewertung des Zinsabstands durch den BGH

Der BGH musste in diesem Fall abwägen, ab welcher Zinshöhe von Sittenwidrigkeit gesprochen werden kann. Das Gericht stellte fest, dass bei Existenzgründerkrediten ein Zinssatz erst dann als sittenwidrig gilt, wenn er den marktüblichen Zinssatz um 100 Prozent oder mehr übersteigt. Diese Schwelle ist deutlich höher als bei normalen Verbraucherkrediten, bei denen bereits eine Überschreitung um relativ 12 Prozentpunkte als sittenwidrig angesehen wird.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit der besonderen Situation von Existenzgründern. Sie erkannten an, dass Banken bei der Kreditvergabe an Neugründer ein erhöhtes Risiko eingehen und dieses durch höhere Zinsen kompensieren dürfen. Gleichzeitig betonten sie, dass auch Existenzgründer vor unangemessen hohen Zinsen geschützt werden müssen.

Konsequenzen für Kreditnehmer und Banken

Das Urteil des BGH hat weitreichende Folgen für Existenzgründer und Kreditinstitute. Für Gründer bedeutet es, dass sie mit deutlich höheren Zinsen rechnen müssen als etablierte Unternehmen oder Privatpersonen. Die Schwelle von 100 Prozent über dem Marktzins gibt ihnen jedoch eine klare Obergrenze, ab der sie sich rechtlich wehren können.

Banken erhalten durch das Urteil mehr Spielraum bei der Zinsgestaltung für Existenzgründerkredite. Sie können das erhöhte Risiko nun stärker in ihre Kalkulation einbeziehen, ohne befürchten zu müssen, dass die Zinsen als sittenwidrig eingestuft werden. Allerdings müssen sie weiterhin transparent agieren und dürfen die 100-Prozent-Grenze nicht überschreiten.

Rechtliche Einordnung und Kritik am Urteil

Die Entscheidung des BGH wurde in der Fachwelt kontrovers diskutiert. Befürworter sehen darin eine realistische Anpassung an die wirtschaftlichen Gegebenheiten bei Existenzgründungen. Sie argumentieren, dass ohne diese Flexibilität bei der Zinsgestaltung viele Gründer gar keinen Kredit erhalten würden.

Kritiker hingegen bemängeln, dass die hohe Schwelle von 100 Prozent Gründer einem zu großen finanziellen Risiko aussetzt. Sie befürchten, dass einige Banken die neue Regelung ausnutzen könnten, um unangemessen hohe Zinsen zu verlangen. Zudem wird argumentiert, dass eine derart hohe Zinslast die Erfolgsaussichten von Neugründungen verringern und somit kontraproduktiv für die Wirtschaft sein könnte.

Unabhängig von der Bewertung schafft das Urteil Rechtssicherheit in einem bisher umstrittenen Bereich. Es gibt sowohl Kreditnehmern als auch Banken einen klaren Rahmen für die Gestaltung von Existenzgründerkrediten. Für zukünftige Gründer ist es wichtiger denn je, die Kreditkonditionen genau zu prüfen und gegebenenfalls verschiedene Angebote einzuholen.

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Finanzplanung bei Existenzgründungen. Gründer sollten sich bewusst sein, dass höhere Zinsen Teil des unternehmerischen Risikos sein können. Gleichzeitig haben sie nun ein Instrument an der Hand, um sich gegen tatsächlich sittenwidrige Zinsbelastungen zu wehren.

Für die Kreditwirtschaft bedeutet das Urteil eine Aufforderung zur Differenzierung. Banken müssen ihre Zinspolitik für Existenzgründer neu justieren und dabei die vom BGH gesetzte Obergrenze beachten. Es ist zu erwarten, dass Kreditinstitute ihre Risikobeurteilung für Gründerkredite weiter verfeinern werden, um innerhalb des rechtlichen Rahmens wettbewerbsfähige Angebote machen zu können.

Die Entscheidung des BGH zeigt, dass das deutsche Rechtssystem bemüht ist, einen Ausgleich zwischen dem Schutz von Kreditnehmern und den wirtschaftlichen Realitäten zu finden. Sie reflektiert die Erkenntnis, dass Existenzgründungen besondere Herausforderungen mit sich bringen, die auch in der rechtlichen Beurteilung von Kreditverträgen Berücksichtigung finden müssen.

Für die Zukunft bleibt abzuwarten, wie sich diese Rechtsprechung auf den Markt für Existenzgründerkredite auswirken wird. Es ist denkbar, dass spezialisierte Finanzierungsmodelle für Gründer an Bedeutung gewinnen werden, die alternative Wege zur klassischen Kreditfinanzierung aufzeigen. Auch könnten staatliche Förderprogramme für Existenzgründer eine noch wichtigere Rolle spielen, um die Finanzierungsbedingungen für Neugründungen zu verbessern.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das BGH-Urteil definiert eine neue Schwelle für sittenwidrige Zinsen bei Existenzgründerkrediten. Ein Zinssatz gilt erst als sittenwidrig, wenn er den marktüblichen Satz um 100% oder mehr übersteigt. Dies berücksichtigt das erhöhte Risiko für Banken bei Neugründungen, schafft Rechtssicherheit und ermöglicht Gründern weiterhin Zugang zu Krediten. Gleichzeitig setzt es eine klare Obergrenze zum Schutz der Kreditnehmer vor unangemessen hohen Zinsen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie als Existenzgründer einen Kredit aufgenommen haben, gibt Ihnen dieses Urteil wichtige Orientierung. Ihre Zinsen dürfen deutlich höher sein als bei normalen Krediten, ohne gleich als sittenwidrig zu gelten. Konkret: Erst wenn Ihr Zinssatz den üblichen Marktzins um mehr als das Doppelte übersteigt, können Sie rechtlich dagegen vorgehen. Das heißt, bei einem marktüblichen Zins von 5% wären Zinsen bis zu 10% noch zulässig. Prüfen Sie also Ihren Vertrag genau. Liegen Ihre Zinsen unter dieser 100%-Grenze, ist der Vertrag wahrscheinlich rechtens. Überschreiten sie diese Schwelle deutlich, sollten Sie sich rechtlichen Rat einholen. Bedenken Sie aber: Höhere Zinsen bedeuten nicht automatisch Sittenwidrigkeit bei Gründerkrediten.


FAQ – Häufige Fragen

Sie wollen sich über die rechtlichen Aspekte von Darlehen informieren? Sittenwidrigkeit von Darlehen ist ein komplexes Thema, das viele Fragen aufwirft. In unseren FAQs finden Sie hilfreiche Antworten auf häufig gestellte Fragen zu diesem Thema.


Was macht einen Darlehensvertrag sittenwidrig?

Ein Darlehensvertrag gilt als sittenwidrig, wenn er gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Der Gesetzgeber hat diese allgemeine Regel in § 138 BGB verankert.

Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Darlehensvertrags spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Ein wichtiger Aspekt ist die finanzielle Überforderung des Darlehensnehmers. Wenn die Bank erkennen kann, dass der Kreditnehmer durch die Rückzahlungsverpflichtungen in eine existenzbedrohende Lage geraten würde, kann dies zur Sittenwidrigkeit führen.

Ein anschauliches Beispiel hierfür liefert ein Fall, den das Oberlandesgericht Oldenburg kürzlich entschieden hat: Eine junge Frau mit einem Nettoeinkommen von etwa 1.300 Euro unterschrieb einen Darlehensvertrag über 90.000 Euro mit einer monatlichen Rate von rund 1.000 Euro. Das Gericht bewertete diese Konstellation als sittenwidrig, da die krasse finanzielle Überforderung für die Bank offensichtlich war.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Ausbeutung einer Zwangslage oder der Unerfahrenheit des Darlehensnehmers. Wenn eine Bank die emotionale Verbundenheit oder die mangelnde Geschäftserfahrung eines Kreditnehmers ausnutzt, um ihn zu einer Unterschrift zu bewegen, kann dies ebenfalls zur Sittenwidrigkeit führen.

Auch die Gesamtumstände des Vertragsabschlusses sind relevant. Wenn beispielsweise ein Ehepartner oder Lebensgefährte zur Mithaftung gedrängt wird, obwohl er kein eigenes Interesse am Darlehen hat und finanziell überfordert wäre, kann dies sittenwidrig sein. In solchen Fällen spricht man von einer einseitig belastenden Vertragsabrede.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Sittenwidrigkeit nicht nur vom objektiven Inhalt des Vertrages abhängt, sondern auch subjektive Elemente eine Rolle spielen. Die Rechtsprechung verlangt, dass derjenige, der sittenwidrig handelt, Kenntnis von den Umständen hatte, die zur Sittenwidrigkeit führen. Bei grob fahrlässiger Unkenntnis wird diese Kenntnis vermutet.

Die Folgen einer festgestellten Sittenwidrigkeit sind gravierend: Der Vertrag ist von Anfang an nichtig. Das bedeutet, er entfaltet keinerlei Rechtswirkungen. Weder kann die Bank die Rückzahlung des Darlehens verlangen, noch muss der Darlehensnehmer Zinsen zahlen.

Die Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit von Darlehensverträgen entwickelt sich ständig weiter. Gerichte berücksichtigen dabei die sich wandelnden gesellschaftlichen Vorstellungen von Anstand und Fairness im Geschäftsverkehr. Daher ist es für Verbraucher ratsam, bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit eines Darlehensvertrags die aktuelle Rechtslage zu prüfen.

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Welche Zinsen gelten als überhöht und sittenwidrig?

Zinsen gelten als überhöht und sittenwidrig, wenn sie in einem auffälligen Missverhältnis zur marktüblichen Verzinsung stehen. Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit von Zinsen spielen sowohl objektive als auch subjektive Faktoren eine Rolle.

Für normale Verbraucherkredite gilt in der Rechtsprechung die Faustregel, dass Zinsen dann als sittenwidrig eingestuft werden, wenn sie den marktüblichen Zinssatz um mehr als 100 Prozent übersteigen. Der marktübliche Zinssatz wird dabei anhand von Statistiken der Deutschen Bundesbank ermittelt. Liegt der durchschnittliche Marktzins beispielsweise bei 5 Prozent, wären Zinsen ab 10 Prozent potenziell sittenwidrig.

Bei Existenzgründungskrediten gelten aufgrund des höheren Risikos für Kreditgeber andere Maßstäbe. Hier werden Zinsen in der Regel erst dann als sittenwidrig betrachtet, wenn sie den Marktzins um mehr als 150 Prozent übersteigen. Ein Existenzgründungskredit mit 15 Prozent Zinsen wäre demnach bei einem Marktzins von 5 Prozent noch nicht automatisch sittenwidrig.

Es ist wichtig zu betonen, dass die reine Überschreitung dieser Schwellenwerte nicht automatisch zur Sittenwidrigkeit führt. Gerichte berücksichtigen stets den Einzelfall und prüfen weitere Faktoren. Dazu gehören etwa die Laufzeit des Kredits, zusätzliche Gebühren und Nebenkosten sowie die konkrete finanzielle Situation des Kreditnehmers.

Ein weiterer relevanter Aspekt ist die Frage, ob der Kreditgeber die Zwangslage, die Unerfahrenheit oder eine erhebliche Willensschwäche des Kreditnehmers ausgenutzt hat. Solche subjektiven Faktoren können dazu führen, dass auch Zinssätze unterhalb der genannten Schwellenwerte als sittenwidrig eingestuft werden.

Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit wird zudem der effektive Jahreszins herangezogen, nicht der nominale Zinssatz. Der effektive Jahreszins berücksichtigt neben den reinen Zinsen auch alle anderen mit dem Kredit verbundenen Kosten und gibt somit ein umfassenderes Bild der tatsächlichen finanziellen Belastung.

Für Dispositionskredite und geduldete Kontoüberziehungen gelten besondere Regelungen. Hier werden Zinssätze von bis zu 15 Prozent in der Regel noch als zulässig erachtet, obwohl sie deutlich über den Zinsen für normale Ratenkredite liegen. Dies wird mit dem erhöhten Risiko und der flexiblen Nutzungsmöglichkeit dieser Kreditformen begründet.

Es ist zu beachten, dass die Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit von Zinsen einem stetigen Wandel unterliegt und sich an veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen anpasst. In Zeiten niedriger Marktzinsen können bereits geringere absolute Zinssätze als sittenwidrig eingestuft werden als in Hochzinsphasen.

Die Feststellung der Sittenwidrigkeit von Zinsen hat weitreichende Konsequenzen. Ein als sittenwidrig eingestufter Kreditvertrag ist in der Regel nichtig. Dies bedeutet, dass der Kreditnehmer lediglich zur Rückzahlung des tatsächlich erhaltenen Kreditbetrags verpflichtet ist, nicht jedoch zur Zahlung der vereinbarten Zinsen.

Um sich vor überhöhten Zinsen zu schützen, empfiehlt es sich für Kreditnehmer, vor Vertragsabschluss verschiedene Angebote zu vergleichen und den effektiven Jahreszins als Vergleichsgrundlage heranzuziehen. Besondere Vorsicht ist bei Krediten geboten, die ohne Bonitätsprüfung oder mit sehr kurzen Laufzeiten angeboten werden, da hier oft besonders hohe Zinsen verlangt werden.

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Was kann ich tun, wenn ich glaube, dass mein Darlehensvertrag sittenwidrig ist?

Bei einem Verdacht auf Sittenwidrigkeit eines Darlehensvertrags stehen dem Betroffenen verschiedene Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Zunächst ist es ratsam, den Vertrag gründlich zu prüfen und alle relevanten Unterlagen zusammenzustellen. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Zinssätze, Gebühren und sonstigen Vertragsbedingungen gelegt werden.

Ein wichtiger Schritt ist die Einholung einer fachkundigen Einschätzung zur rechtlichen Situation. Hierbei können spezialisierte Juristen oder Verbraucherschutzorganisationen wertvolle Unterstützung leisten. Sie können beurteilen, ob tatsächlich Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit vorliegen.

Erhärtet sich der Verdacht, kann der Darlehensnehmer die Nichtigkeit des Vertrags geltend machen. Dies geschieht in der Regel durch ein Schreiben an die Bank, in dem die Gründe für die angenommene Sittenwidrigkeit dargelegt werden. Es empfiehlt sich, dieses Schreiben förmlich zuzustellen und eine Frist zur Stellungnahme zu setzen.

Reagiert die Bank nicht oder weist sie die Vorwürfe zurück, kann der Weg über die außergerichtliche Streitbeilegung erwogen werden. Viele Banken und Sparkassen haben sich einem Schlichtungsverfahren angeschlossen. Dieses Verfahren ist für den Verbraucher kostenfrei und kann helfen, eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Führt auch dies nicht zum gewünschten Ergebnis, bleibt als letzter Ausweg der Gang vor Gericht. Hier kann auf Feststellung der Nichtigkeit des Vertrags geklagt werden. Im Erfolgsfall würde dies zur Rückabwicklung des Darlehens führen. Der Darlehensnehmer müsste dann nur noch den tatsächlich erhaltenen Betrag zurückzahlen, ohne Zinsen oder sonstige Kosten.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Beweislast für die Sittenwidrigkeit beim Darlehensnehmer liegt. Er muss darlegen und beweisen, dass die Voraussetzungen für eine Sittenwidrigkeit erfüllt sind. Dazu gehört insbesondere der Nachweis eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung sowie die Ausnutzung einer Zwangslage oder der Unerfahrenheit des Darlehensnehmers durch die Bank.

In der Praxis wird oft auf den Vergleich mit marktüblichen Konditionen abgestellt. Übersteigt der vereinbarte Zinssatz den marktüblichen Zinssatz um mehr als 100 Prozent oder liegt er absolut mehr als 12 Prozentpunkte darüber, kann dies ein Indiz für Sittenwidrigkeit sein. Allerdings ist jeder Fall individuell zu betrachten, und es gibt keine festen Grenzen.

Während des gesamten Prozesses ist es ratsam, die laufenden Zahlungen unter Vorbehalt fortzuführen, um nicht in Verzug zu geraten. Dies kann durch einen entsprechenden Vermerk bei der Überweisung kenntlich gemacht werden.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die rechtliche Beurteilung von Darlehensverträgen komplex ist und sich die Rechtsprechung stetig weiterentwickelt. Aktuelle Urteile haben die Rechte von Darlehensnehmern in vielen Fällen gestärkt, sodass eine Überprüfung älterer Verträge durchaus lohnenswert sein kann.

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Welche besonderen Regelungen gelten für Existenzgründerdarlehen?

Existenzgründerdarlehen unterliegen besonderen Regelungen, die darauf abzielen, Unternehmensgründungen zu erleichtern und zu fördern. Ein zentrales Element ist der ERP-Gründerkredit – StartGeld der KfW-Bankengruppe. Dieses Förderprogramm ermöglicht Darlehen von bis zu 125.000 Euro für Investitionen und Betriebsmittel.

Ein wesentlicher Vorteil dieser Darlehen liegt in den günstigen Zinssätzen. Diese sind in der Regel deutlich niedriger als bei herkömmlichen Bankkrediten. Die genauen Konditionen werden regelmäßig angepasst und sind abhängig von der Bonität des Antragstellers sowie der Besicherung des Kredits.

Eine Besonderheit des ERP-Gründerkredits ist die Möglichkeit der vollständigen Fremdfinanzierung. Anders als bei vielen anderen Kreditformen ist hier kein Eigenkapital erforderlich. Dies erleichtert den Zugang zu Kapital gerade für Gründer, die über begrenzte finanzielle Mittel verfügen.

Die Laufzeiten dieser Darlehen sind flexibel gestaltet. Sie können bis zu 10 Jahre betragen, wobei häufig tilgungsfreie Anlaufjahre gewährt werden. In dieser Zeit müssen lediglich die Zinsen gezahlt werden, was die finanzielle Belastung in der kritischen Startphase reduziert.

Ein weiterer Vorteil ist die vereinfachte Risikoprüfung. Bei Kreditsummen bis 30.000 Euro verzichtet die KfW auf eine eigene Bonitätsprüfung und übernimmt stattdessen die Einschätzung der Hausbank. Dies beschleunigt den Bewilligungsprozess erheblich.

Existenzgründerdarlehen zeichnen sich zudem durch eine hohe Flexibilität bei der Mittelverwendung aus. Die Gelder können sowohl für Investitionen als auch für Betriebsmittel eingesetzt werden. Dies umfasst beispielsweise den Kauf von Maschinen, die Anmietung von Geschäftsräumen oder die Finanzierung von Wareneinkäufen.

Eine wichtige rechtliche Rahmenbedingung ist die Zweckbindung der Mittel. Die Verwendung muss dem im Antrag angegebenen Zweck entsprechen. Eine zweckfremde Nutzung kann zur Kündigung des Darlehens führen.

Existenzgründerdarlehen unterliegen zudem oft beihilferechtlichen Bestimmungen. Insbesondere die De-minimis-Verordnung der EU spielt hier eine Rolle. Sie legt fest, dass die Gesamtsumme der einem Unternehmen gewährten De-minimis-Beihilfen in einem Zeitraum von drei Steuerjahren 200.000 Euro nicht übersteigen darf.

Ein weiterer rechtlicher Aspekt betrifft die Haftung. Obwohl die KfW bei vielen Programmen einen Teil des Kreditrisikos übernimmt, bleibt der Darlehensnehmer in der Regel persönlich für die Rückzahlung verantwortlich. Dies gilt auch bei einer Insolvenz des gegründeten Unternehmens.

Schließlich ist zu beachten, dass Existenzgründerdarlehen oft an bestimmte Voraussetzungen geknüpft sind. Dazu gehören in der Regel ein tragfähiges Geschäftskonzept, ausreichende fachliche und kaufmännische Qualifikationen des Gründers sowie die Erfüllung bestimmter Altersgrenzen oder Zeiträume seit der Unternehmensgründung.

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Wie kann ich feststellen, ob mein Darlehensvertrag fair ist?

Die Fairness eines Darlehensvertrags lässt sich anhand verschiedener Kriterien beurteilen. Ein wichtiger Aspekt ist der vereinbarte Zinssatz. Dieser sollte in einem angemessenen Verhältnis zum aktuellen Marktzinsniveau stehen. Als Faustregel gilt: Liegt der effektive Jahreszins mehr als doppelt so hoch wie der marktübliche Zinssatz für vergleichbare Kredite, könnte dies auf unangemessene Konditionen hindeuten.

Ein weiterer Indikator für die Fairness sind die Vertragsklauseln. Diese sollten klar formuliert und für den Darlehensnehmer verständlich sein. Besonders wichtig sind hierbei Regelungen zu Rückzahlungsmodalitäten, Kündigungsfristen und etwaigen Sondertilgungen. Faire Verträge ermöglichen in der Regel eine vorzeitige Rückzahlung ohne übermäßige Strafzahlungen.

Die Transparenz der Gesamtkosten ist ebenfalls ein wesentliches Merkmal eines fairen Darlehensvertrags. Alle mit dem Kredit verbundenen Kosten, wie Bearbeitungsgebühren, Provisionen oder Versicherungsprämien, müssen klar ausgewiesen sein. Versteckte Kosten oder unklare Formulierungen können auf unfaire Vertragsbedingungen hindeuten.

Bei der Beurteilung der Fairness spielt auch die individuelle finanzielle Situation des Darlehensnehmers eine Rolle. Ein fairer Vertrag berücksichtigt die Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers und überfordert ihn nicht. Die monatliche Rate sollte in einem angemessenen Verhältnis zum verfügbaren Einkommen stehen.

Es ist ratsam, die Konditionen verschiedener Anbieter zu vergleichen. Weichen die Bedingungen eines Vertrags erheblich von denen anderer Anbieter ab, sollte man besonders aufmerksam sein. Auch die Reputation des Darlehensgebers kann Aufschluss über die Fairness der Vertragsgestaltung geben.

Bei Verbraucherdarlehen gelten besondere gesetzliche Schutzvorschriften. Dazu gehört beispielsweise das Widerrufsrecht, das es dem Darlehensnehmer ermöglicht, innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss vom Vertrag zurückzutreten. Ein fairer Vertrag informiert deutlich über dieses Recht.

Die Flexibilität des Vertrags ist ein weiterer Aspekt der Fairness. Faire Verträge bieten Möglichkeiten zur Anpassung an veränderte Lebensumstände, etwa durch Stundungsoptionen oder die Möglichkeit zur Ratenänderung.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Vertrag eine Restschuldversicherung vorsieht. Diese kann die Kreditkosten erheblich erhöhen und ist oft nicht im besten Interesse des Darlehensnehmers. Ein fairer Vertrag macht deutlich, dass der Abschluss einer solchen Versicherung freiwillig ist und nicht Voraussetzung für die Kreditvergabe.

Bei der Prüfung der Fairness sollte auch auf mögliche Kopplungsgeschäfte geachtet werden. Faire Verträge machen die Kreditvergabe nicht von dem Abschluss weiterer Produkte oder Dienstleistungen abhängig, es sei denn, diese stehen in einem direkten Zusammenhang mit dem Kredit.

Ein weiteres Indiz für die Fairness eines Darlehensvertrags ist die Art und Weise, wie mit möglichen Zahlungsschwierigkeiten umgegangen wird. Faire Verträge sehen angemessene Fristen und Mahngebühren vor und bieten Möglichkeiten zur gütlichen Einigung im Falle von Zahlungsverzug.

Letztlich ist die Fairness eines Darlehensvertrags eine Gesamtbetrachtung aller Vertragsbedingungen im Kontext der individuellen Situation des Darlehensnehmers. Ein fairer Vertrag zeichnet sich durch Transparenz, Angemessenheit und Ausgewogenheit aus und berücksichtigt die Interessen beider Vertragsparteien in angemessener Weise.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Sittenwidrigkeit: Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn ein Rechtsgeschäft gegen die grundlegenden moralischen und ethischen Werte der Gesellschaft verstößt. Im Kontext eines Darlehensvertrags bedeutet dies, dass die Vertragsbedingungen so gestaltet sind, dass sie den Kreditnehmer unangemessen benachteiligen. Ein Beispiel wäre ein extrem hoher Zinssatz, der weit über dem marktüblichen Niveau liegt.
  • Effektiver Jahreszins: Der effektive Jahreszins gibt die tatsächlichen Kosten eines Kredits an, inklusive aller Nebenkosten. Er ermöglicht einen Vergleich verschiedener Kreditangebote. Wenn der effektive Jahreszins wesentlich höher ist als der marktübliche Zinssatz, könnte dies ein Hinweis auf eine sittenwidrige Vereinbarung sein.
  • Marktüblicher Zinssatz: Der marktübliche Zinssatz ist der Zinssatz, der im Durchschnitt von Banken für vergleichbare Kredite verlangt wird. Er dient als Referenzpunkt, um zu bestimmen, ob ein angebotener Zinssatz überhöht ist. Ein Darlehensvertrag kann sittenwidrig sein, wenn der vereinbarte Zinssatz den marktüblichen Zinssatz um mehr als das Doppelte übersteigt.
  • Existenzgründung: Eine Existenzgründung ist der Prozess, ein neues Unternehmen zu starten. Existenzgründer haben oft besondere finanzielle Risiken und benötigen spezielle Darlehen. Banken können für diese Kredite höhere Zinsen verlangen, um das höhere Ausfallrisiko zu kompensieren. Dennoch müssen diese Zinsen im rechtlich zulässigen Rahmen bleiben.
  • Wucher: Wucher liegt vor, wenn jemand die Notlage oder Unerfahrenheit eines anderen ausnutzt, um ihm übermäßig hohe Leistungen oder Zinsen abzunötigen. In diesem Fall könnte ein überhöhter Zinssatz als wucherisch angesehen werden, wenn er in einem auffälligen Missverhältnis zu den üblichen Marktbedingungen steht und die Bank die schwache Position des Kreditnehmers ausgenutzt hat.
  • AGB-Kontrolle: Die AGB-Kontrolle überprüft vorformulierte Vertragsbedingungen auf ihre Angemessenheit. Allgemeine Geschäftsbedingungen dürfen keine überraschenden oder unangemessenen Klauseln enthalten, die den Verbraucher benachteiligen. Wenn die Kreditbedingungen der Bank unfair sind, könnten sie durch die AGB-Kontrolle als unwirksam eingestuft werden.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 138 Abs. 1 BGB (Sittenwidrigkeit): Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. Die guten Sitten sind die grundlegenden moralischen und ethischen Werte der Gesellschaft. Im vorliegenden Fall könnte der hohe Zinssatz des Kredits als sittenwidrig angesehen werden, da er den Kreditnehmer unangemessen benachteiligt.
  • § 307 ff. BGB (AGB-Kontrolle): Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Partei der anderen bei Vertragsabschluss stellt. Sie unterliegen einer besonderen Kontrolle, um Verbraucher und Unternehmer vor unangemessenen Benachteiligungen zu schützen. Im vorliegenden Fall könnten die Kreditbedingungen der Bank als AGB angesehen werden und auf ihre Angemessenheit überprüft werden.
  • § 491 Abs. 1 BGB (Wucher): Wucher liegt vor, wenn jemand die Zwangslage, die Unerfahrenheit, den Mangel an Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche eines anderen ausbeutet, um sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile zu versprechen oder gewähren zu lassen, die in einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung stehen. Im vorliegenden Fall könnte der hohe Zinssatz als wucherisch angesehen werden, wenn die Bank die besondere Situation des Existenzgründers ausgenutzt hat.
  • § 242 BGB (Treu und Glauben): Jeder Vertragspartner ist verpflichtet, sich nach Treu und Glauben zu verhalten und die berechtigten Interessen des anderen zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall könnte die Bank gegen Treu und Glauben verstoßen haben, wenn sie den Existenzgründer nicht ausreichend über die Risiken des Kredits aufgeklärt hat.
  • Art. 101 AEUV (Kartellverbot): Das Kartellverbot verbietet Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die den Wettbewerb beschränken oder verfälschen. Im vorliegenden Fall könnte die Bank gegen das Kartellverbot verstoßen haben, wenn sie sich mit anderen Banken abgesprochen hat, um überhöhte Zinsen für Existenzgründerkredite zu verlangen.

Das vorliegende Urteil

LG Köln – Az.: 15 O 143/15 – Urteil vom 29.10.2015


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.05.2015 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Beklagte war Alleingesellschafter und Geschäftsführer der S, die später in die S GmbH umgewandelt wurde. Die Klägerin gewährte der Gesellschaft mit Vertrag vom 08.06.2011 einen Kontokorrentkredit bis zu einem Höchstbetrag von 20.000,00 EUR. Der Zinssatz betrug 12,3 % p.a., für die Überschreitung des eingeräumten Kreditrahmens 18% p.a. Am 18.08.2011 verbürgte sich der Beklagte für Ansprüche aus dem Kontokorrent bis zu einer Höhe von 20.000,00 EUR. Am 28.11.2011 folgte eine weitere Höchstbetragsbürgschaft über 60.000,00 EUR. Im Herbst 2012 offenbarte die Gesellschaft der Klägerin gegenüber ihre Zahlungsunfähigkeit. Ein Insolvenzverfahren wurde mangels Masse nicht durchgeführt. Mit Schreiben vom 30.11.2012 erklärte die Klägerin die Kündigung des Kredits und stellte 87.786,57 EUR zur Rückzahlung fällig. Mit Schreiben vom gleichen Tag forderte sie den Beklagten als Bürgen zur Zahlung auf. Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Die Klägerin nimmt den Beklagten vorrangig aus der Bürgschaft vom 18.08.2011 in Anspruch, nachrangig in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages aus der Bürgschaft vom 28.11.2011.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 20.000,00 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.05.2015.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, damals sei ein Zinssatz von 4-8% marktüblich gewesen. Er sei wirtschaftlich nicht in der Lage gewesen, die gesicherten Forderungen zu erfüllen. Er habe sich aufgrund seiner Unerfahrenheit und eines Schufa-Eintrages in einer Zwangslage befunden. Die Beklagte habe gewusst, dass sich die Hauptschuldnerin in einer wirtschaftlichen Notlage befunden habe, weil Großkunden auszufallen drohten. Als er Bedenken angemeldet habe, ob er einen Betrag von 80.000,00 EUR zügig werde zurückführen können, habe der Mitarbeiter der Klägerin ihm Ende November 2011 versichert, es werde sich eine akzeptable Lösung für die Rückzahlung finden lassen. Es sei vereinbart gewesen, dass der Darlehensvertrag durch die Ausschüttung von KfW-Mitteln aufschiebend bedingt sein solle. Die Bürgschaft habe nur bis zur Bewilligung der KfW-Mittel bestehen sollen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 765 BGB wegen der Bürgschaft vom 18.08.2011 in Höhe von 20.000,00 EUR.

Der Darlehensvertrag ist nicht nach § 138 BGB nichtig, weshalb dahinstehen kann, ob die Bürgschaft für diesen Fall Ansprüche aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB besicherte (offen gelassen in BGH NJW 2001, 1859, 1860). In der Regel ist von einem auffälligen Missverhältnis auszugehen, wenn der Vertragszins vom marktüblichen Zins um 100% oder 12 Prozentpunkte abweicht (Palandt-Ellenberger, 74. Aufl., 2015, § 138 Rn. 27). Eine Gesamtwürdigung aller Umstände kann zur Annahme der Sittenwidrigkeit bei einer niedrigeren Grenze führen (Palandt a.a.O. Rn. 28), wobei Werte um 80% in der Regel unzureichend sind (Palandt a.a.O. Rn. 29). Der Beklagte behauptet, seinerzeit seien Zinssätze von 4-8% marktüblich gewesen, wofür er Sachverständigenbeweis anbietet. Dabei trägt der Beklagte bereits nicht vor, für welche Art von Kredit ein Zins von 4-8% üblich gewesen sein soll. Die Zinshöhe unterscheidet sich je nach Laufzeit und Ausgestaltung des Darlehens. Unabhängig davon bedarf der Vortrag zur marktüblichen Zinshöhe keines Beweises, weil diese offenkundig ist, § 291 ZPO. In den Zinsstatistiken der Deutschen Bundesbank ist in der Rubrik „Revolvierende Kredite und Überziehungskredite, Kreditkartenkredite“ für den Monat Juni 2011 ein Durchschnittszins von 10,36 % ausgewiesen. Selbst der für eine Überschreitung des Kreditrahmens vorgesehene Zins von 18% p.a. liegt nur knapp 74% über dem marktüblichen Zins und damit außerhalb der Sittenwidrigkeitsgrenzen.

Die Bürgschaft ist nicht wegen krasser finanzieller Überforderung des Beklagten nach § 138 BGB nichtig. Die Rechtsprechung des BGH zur Sittenwidrigkeit von Bürgschaften naher Angehöriger ist auf Bürgschaften von Alleingesellschaftern und Geschäftsführern einer GmbH für die Schulden der Gesellschaft nicht übertragbar.

Die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft ergibt sich auch nicht aus anderen Umständen, wie etwa der unlauteren Beeinflussung der Entschließungsfreiheit des Bürgen durch den Gläubiger (vgl. allg. zu dieser Möglichkeit Grüneberg, WM-Sonderbeilage Nr. 2/2010, S. 8). Der Vortrag des Beklagten hierzu ist unzureichend. Dass der Beklagte bereits einen Schufa-Eintrag hatte und dass die Hauptschuldnerin wegen des drohenden Ausfalls einiger Großkunden einen dringenden Finanzierungsbedarf hatte, führt auch in Kombination mit der behaupteten Erfahrungslosigkeit nicht dazu, dass der Beklagte in seiner Entschließungsfreiheit dermaßen eingeschränkt war, dass das Verhalten der Klägerin als anstößig zu bewerten wäre. Immerhin war der Beklagte unternehmerisch tätig und hatte als Alleingesellschafter der Hauptschuldnerin ein unmittelbares, eigenes Interesse an der Kreditierung. Soweit der Beklagte verharmlosende Äußerungen des Mitarbeiters der Klägerin behauptet, kann dahinstehen, ob diese ausreichend wären, um eine unlautere Beeinflussung anzunehmen. Jedenfalls betrafen diese lediglich die zweite, im November 2011 abgeschlossene Bürgschaft, nicht hingegen den bereits im August 2011 geschlossenen Vertrag.

Die Bürgschaft und/oder der Darlehensvertrag sind auch nicht wegen des Nichteintritts einer aufschiebenden Bedingung oder des Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam, § 158 BGB. Der Vortrag des Beklagten ist schon in sich widersprüchlich. In der Klageerwiderung heißt es, „die Entstehung der Kreditverträge“ habe aufgrund einer mündlichen Abrede unter der aufschiebenden Bedingung der Ausschüttung von KfW-Fördergeldern gestanden. In der Duplik heißt es dann, die Bürgschaft habe nur bis zur Auszahlung der KfW-Mittel bestehen sollen. Damit hätte die Bürgschaft also nur bis zur Entstehung der Hauptforderung Bestand haben sollen, was keinen Sinn ergibt, weil eine Bürgschaft erst nach Entstehung der Hauptforderung zum Tragen kommen kann. Selbst wenn es eine Vereinbarung gegeben haben sollte, dass die Entstehung der Kreditverträge durch die Bewilligung von KfW-Mitteln aufschiebend bedingt sein sollte, wäre dies unerheblich. Zu einer Bewilligung von KfW-Mitteln ist es unstreitig nie gekommen. Die GmbH hat die Kreditmittel in Kenntnis der nicht erfolgten Bewilligung seitens der KfW abgerufen. Damit wäre eine entgegenstehende mündliche Abrede konkludent aufgehoben worden. Weil der Beklagte in Person nicht nur Bürge, sondern auch Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Hauptschuldnerin ist, kann er sich auch nicht darauf berufen, dass der Haftungsumfang ohne sein Zutun erweitert worden wäre. Auch der Vortrag, die Bürgschaft habe nur bis zur Bewilligung der KfW-Mittel bestehen sollen, ist unerheblich, weil die auflösende Bedingung nicht eingetreten ist. Der Vortrag des Beklagten reicht auch nicht für die Annahme aus, die Klägerin habe den Bedingungseintritt treuwidrig vereitelt, § 162 BGB. Dem Vortrag des Beklagten lässt sich nicht entnehmen, dass die formellen und materiellen Bewilligungsvoraussetzungen vorgelegen hätten und dass die Klägerin deren Fehlen zu verantworten hätte.

Die Forderung ist bei einer Kündigung im Jahr 2012 nach §§ 195, 199 BGB auch noch nicht verjährt.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 20.000,00 EUR


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