KG Berlin
Az: 18 WF 431/03
Beschluss vom 22.11.2003
In dem Prozesskostenhilfeverfahren hat der 18. Zivilsenat – Senat für Familiensachen – des Kammergerichts am 22. November 2003 beschlossen:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 16. September 2003 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Der im Juni 1983 geborene Antragsteller lebt bei seiner Mutter. Von August 2000 bis August 2003 wurde er bei der Wohnungsbaugesellschaft T mbH in T zum Fachinformatiker ausgebildet. Ab Januar 2001 nahm er am Unterricht in einer Fahrschule teil; im Juni 2001 erhielt er die Fahrerlaubnis in Klasse B. Hierfür sind Kosten in Höhe von insgesamt 2.124,60 DM entstanden. Er ist der Auffassung, dass die Fahrerlaubnis seine Chancen am Arbeitsmarkt deutlich erhöht und weist darauf hin, dass er u.a. mittels der dadurch erlangten Mobilität vielfach Aufträge seines Ausbildungsbetriebes zur Wahrnehmung von Terminen (Wohnungsbesichtigungen und dergl.) wahrnehmen konnte.
Im zweiten Halbjahr 2000 korrespondierten die für den Antragsteller seinerzeit allein sorge- und vertretungsberechtigte Mutter und der Antragsgegner über die Höhe des von letzterem während der Ausbildung zu zahlenden Unterhalts. Schon damals machte die Mutter des Antragstellers bei der Berechnung des monatlichen Bedarfs die Kosten für die Erlangung eines Führerscheins geltend, konnte sich bei der Festlegung des Unterhaltsbetrages damit aber nicht durchsetzen,
Mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 24. Juni 2003 forderte der Antragsteller den Antragsgegner auf, wegen des „Sonderbedarfs“ für die Erlangung der Fahrerlaubnis an ihn die Hälfte des aufgewandten Betrages, also 543,15 EUR (1.062,30 DM) zu zahlen. Nachdem der Antragsgegner dies abgelehnt hat, begehrt der Antragsteller Prozesskostenhilfe für eine entsprechende Klage.
Das Amtsgericht hat das Prozesskostenhilfegesuch zurückgewiesen und zur Begründung angeführt, der Klage fehle es an hinreichender Erfolgsaussicht, weil Kosten für die Teilnahme an einer Fahrschule nicht als Sonderbedarf im Sinne des § 1613 Abs. 2 BGB anzusehen seien.
Die hiergegen rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§ 127 Abs. 2 ZPO), hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht angenommen, dass die beabsichtigte Klage nicht die nach § 114 ZPO notwendige hinreichende Erfolgsaussicht bietet.
Der Antragsteller kann (anteilige) Erstattung der Kosten für die Erlangung der Fahrerlaubnis nur verlangen, wenn es sich um Sonderbedarf gemäß § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB handelt. Es müsste sich also um einen unregelmäßigen außergewöhnlichen Bedarf handeln oder mit den Worten des Bundesgerichtshofs (FamRZ 2001, 1603 <1605>) um einen überraschend auftretenden und der Höhe nach nicht abschätzbaren Bedarf, der bei der Bedarfsplanung und der Bemessung des laufenden Unterhalts wegen der fehlenden Voraussehbarkeit nicht berücksichtigt werden kann. Es kommt demnach nicht darauf an, ob der Besuch der Fahrschule Teil der angemessenen Ausbildung des Antragstellers ist, was bei der Bemessung des Unterhalts zu berücksichtigen wäre (§ 1610 Abs. 2 BGB). Dieser Mehrbedarf ist, wenn er voraussehbar ist, nicht mit Sonderbedarf nach § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB gleichzusetzen (Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., § 2 Rdnr. 138).
Der Besuch der Fahrschule begründet keinen Sonderbedarf. Es kann dahinstehen, ob dies generell so ist, weil viele junge Erwachsene Fahrunterricht nehmen (so Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 8. Aufl., Rdnr. 282). Für den Antragsteller war der Aufwand jedenfalls nicht überraschend. Er hatte ihn schon bei Beginn des Ausbildungsverhältnisses vorausgesehen. Von vornherein strebte er den Erwerb einer Fahrerlaubnis an. Er und seine damalige gesetzliche Vertreterin, seine Mutter, konnten auch die Höhe der zu erwartenden Kosten einschätzen. So wies die Mutter den Antragsgegner bereits in der Korrespondenz seit Ende 2000 auf die Notwendigkeit eines Führerscheins hin und stellte Berechnungen über die Kosten der Berufsausbildung auf, in der die Fahrschulkosten mit 200,00 DM monatlich berücksichtigt waren.
Der Umstand, dass der Antragsteller bzw. seine Mutter sich bei der Festlegung des vom Antragsgegner zu zahlenden Ausbildungsunterhalts mit dem Standpunkt hinsichtlich der Kosten für den Führerschein nicht durchsetzen konnten, rechtfertigt keine andere Betrachtung dieser Tatfrage.