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Sondervergütung – Anspruch hierauf nach Kündigung?

Arbeitsgericht Frankfurt am Main

Az: 4 Ca 2612/01

Verkündet am 30.10.2001


In dem Rechtsstreit hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main Kammer 4 auf die mündliche Verhandlung vom 30.10.01 für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 62 % und die Beklagte 38 % aus einem Gesamtstreitwert in Höhe von DM 32.500.-

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 20.000,00 festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten noch über die Zahlung einer Sondervergütung.

Der Kläger war mit Arbeitsvertrag vom 16.08.1994, wegen dessen Inhalt auf BI. 7 bis 11 d. A. Bezug genommen wird, seit dem 01.09.1994 bei der Beklagten beschäftigt. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate zum Quartal. Der Kläger erhielt zuletzt eine monatliche Vergütung in Höhe von DM 14.125,00 brutto.

Mit Schreiben vom 21.03.2000 teilte die Beklagte dem Kläger u. a. Folgendes mit (vgl. BI. 13 d. A.):

„Sehr geehrter Herr

Im abgelaufenen Geschäftsjahr haben sich die Corporate-Finance-Aktivitäten Ihres Teams erfreulich entwickelt. An den erfolgreichen Transaktionen hatten Sie einen maßgeblichen Anteil. Hierfür sprechen wir Ihnen unsere Anerkennung aus und bekräftigen diese mit einer einmaligen Sondervergütung für das vergangene Geschäftsjahr – ohne Rechtsanspruch für die Folgejahre – von DM 120.000,00 brutto.

Die Sonderzahlung wird in zwei Teilbeträgen ausbezahlt und zwar DM 100.000,00 im April dieses Jahres und DM 20.000,00 im April des folgenden Jahres.

Die Sonderzahlung steht mit Ihrem Jahresgehalt in keinem Zusammenhang und nur denjenigen Mitarbeitern zu, die im April des jeweiligen Auszahlungsjahres in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen.

Die Beklagte zahlte an den Kläger im April 2000 den Teilbetrag in Höhe von DM 100.000,00 aus.

Mit Schreiben vom 10.05.00 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis ordentlich. Auf Wunsch des Klägers wurde das Arbeitsverhältnis sodann einvernehmlich vorzeitig zum 14.07.00 beendet.

Mit am 09.04.01 der Beklagten zugestellter Klageschrift hat der Kläger einen Bonus und die restliche Sondervergütung eingeklagt. Den Bonusanspruch hat die Beklagte anerkannt, weshalb am 10.05.01 ein Teilanerkenntnisurteil ergangen ist.

Der Kläger ist der Ansicht, ihm stünde auch die restliche Sondervergütung in Höhe von DM 20.000,00 zu. Es handele sich dabei um eine Sondervergütung mit reinem Entgeltcharakter, durch welche eine bereits erbrachte Leistung vergütet werden solle. Jedenfalls sei die Bindung bis April 2001 zu lang und mit den Grundsätzen, wie sie vom Bundesarbeitsgericht im Rahmen der Gratifikationsrechtsprechung entwickelt worden sind, nicht vereinbar.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 20.000,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskontüberleitungsgesetz, nämlich in der Höhe von derzeit 9,26 % Zinsen, seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte ist der Ansicht, bei der zugesagten Sondervergütung handele es sich um eine Vergütung mit Mischcharakter, auf die die Rechtsprechung zur Gratifikation nicht anwendbar sei. Falls diese Rechtsprechung gleichwohl angewendet würde, sei zu berücksichtigen, dass der Kläger bei einer Sondervergütung in der Gesamthöhe von DM 120.000,00 lediglich 16,6 % dann nicht erhalte, wenn er im April 2001 nicht in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehe. Eine solche Bindung müsse zulässig sein.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist hinsichtlich der Sondervergütung in Höhe von DM 20.000,00 nicht begründet. Denn der Kläger befand sich im Monat April des Auszahlungsjahres 2001 nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten.

Bei der von der Beklagten zugesagten Sondervergütung in Höhe von insgesamt DM 120.000,00 handelt es sich um eine Vergütung mit Mischcharakter, was sich aus dem Zusageschreiben vom 21.03.2000 ergibt. In diesem Schreiben wird zwar einerseits dem Kläger für die erfolgreichen Transaktionen im abgelaufenen Geschäftsjahr gedankt und in diesem Zusammenhang als Belohnung eine Sondervergütung in Höhe von DM 120.000,00 zugesagt. Die Beklagte hat es jedoch nicht bei dieser Zusage, die auf eine Vergütung im engeren Sinn für bereits erbrachte Arbeitsleistung gewertet werden könnte, belassen, sondern zusätzlich geregelt, dass die Sonderzahlung in Höhe von DM 100.000,00 nur derjenige Arbeitnehmer erhalten soll, der im Monat April 2000 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht, und DM 20.000,00 nur derjenige Arbeitnehmer, der im Monat April 2001 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht. Damit hat die Beklagte deutlich zu erkennen gegeben, dass sie mit dieser Sonderzahlung die Arbeitnehmer bis April 2000 bzw. April 2001 zuzüglich der entsprechenden ordentlichen Kündigungsfrist an sich binden will. Daraus folgt, dass die Sondervergütung erkennbar auch den fortdauernden Bestand des Arbeitsverhältnisses belohnen will. Die Monate April 2000 und April 2001 sind nicht lediglich Fälligkeitsdaten.

Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei Sonderzahlungen in Form etwa einer Abschlussvergütung solche Arbeitnehmer, die vor einem Stichtag ausgeschieden sind oder sich am Stichtag in gekündigter Stellung befinden, von der Zahlung ausgenommen werden dürfen (BAG 21.02.1974 – 5 AZR 302/73 -). Auf derartige Sondervergütungen, die in der Zukunft bei ungekündigtem Bestand des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt werden sollen, ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Gratifikationen jedenfalls nicht ohne weiteres übertragbar, da anders als bei : der Weihnachtsgratifikation nicht etwa ein Geldbetrag bereits zur Auszahlung gelangt und sodann im Falle der Kündigung wieder zurückgefordert werden kann, sondern lediglich ein künftiger Anspruch geschaffen wird, ohne dass der Arbeitnehmer über diesen Geldbetrag bereits verfügen könnte.

Doch selbst wenn man davon ausgeht, dass jedenfalls die Grundgedanken der Gratifikationsrechtsprechung auf derartige Sonderzahlungen übertragen werden können und geprüft werden muss, ob nicht auch durch erst künftig auszuzahlende Geldbeträge eine zu starke Bindung des Arbeitnehmers und eine Behinderung seiner Mobilität auf dem Arbeitsmarkt geschaffen wird, steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Gratifikationszahlungen kann der Arbeitnehmer mit einer Gratifikation in Höhe eines vollen Monatsgehalts, die etwa im Dezember eines Jahres zur Auszahlung kommt, bei einer Kündigungsmöglichkeit bis zum 31.03. des Folgejahres bis zum 30.06. des Folgejahres an den Betrieb gebunden werden mit der Folge, dass der Arbeitnehmer bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Gratifikation zurückzahlen muss. Bei einer Gratifikation von mehr als einem Monatsgehalt bis zu einem zweifachen Monatsgehalt kann der Arbeitnehmer auch noch über den 30.06. des Folgejahres an den Betrieb gebunden werden (BAG 12.12.1962 AP Nr. 25 zu § 611 BGB Gratifikation; BAG 27.10.1978 AP Nr. 99 zu § 611 BGB Gratifikation). Diese Beispiele machen deutlich, dass die Rechtsprechung eine gewisse Bindung zulässt: Wird dem Arbeitnehmer im Januar eines Jahres eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsgehalts versprochen, so kann damit eine Rückzahlungsklausel mit entsprechender Bindungswirkung bis zum 30.06. des Folgejahres verbunden werden. Der im Januar eines Jahres vereinbarte Gratifikationsanspruch führt mithin zu einer faktischen Bindung von 1 ‚/z Jahren. Bei einer Gratifikation von deutlich über einem Monatsgehalt kann diese faktische Bindung entsprechend verlängert werden.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass nicht nur die Bindungswirkung bezüglich der ersten Rate der Sondervergütung in Höhe von DM 100.000,00 nicht zu beanstanden war, da insoweit eine faktische Bindung von einem Monat ab Zusage der Sonderzahlung zuzüglich der sechsmonatigen Kündigungsfrist erzielt wurde, sondern auch die Bindung bezüglich der zweiten Rate in Höhe von DM 20.000,00 zulässig ist: Diese Rate übersteigt deutlich ein volles Monatseinkommen des Klägers. Mit dieser zweiten Rate wurde eine faktische Bindungswirkung zunächst bis zum Auszahlungsmonat April 2001 und sodann, da das Arbeitsverhältnis im April 2001 ungekündigt bestehen muss, bis zum 31.12.01, d. h. von 1 3/4 Jahren erzeugt. Bei einer so erheblichen Sonderzahlung, wie sie dem Kläger von der Beklagten zugesagt wurde und die zusätzlich zu einer bereits deutlich überdurchschnittlichen monatlichen Vergütung gezahlt wird, ist eine Bindungsdauer von 1 3/4 Jahren unschädlich.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien entsprechend dem Maße ihres Obsiegens bzw. Unterliegens im Teilanerkenntnis- und Schlussurteil gem. § 92 ZPO anteilig.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.

 

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