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Souterrainwohnung Schadensersatz aus Vertragsrückabwicklung

 BUNDESGERICHTSHOF

Az.: VII ZR 493/00

Urteil vom 21.03.2002


Leitsätze:

Eine vom Bauträger gestellte Klausel, die vorsieht, dass der Bauträger erst haftet, wenn der Erwerber sich erfolglos bemüht hat, die ihm abgetretenen Gewährleistungsansprüche des Bauträgers gegen die anderen am Bau Beteiligten durchzusetzen, ist gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGB-Gesetz unwirksam.


In dem Rechtsstreit hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2002 für Recht erkannt:

Auf die Revision wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 4. Mai 2000 insoweit aufgehoben, als der Beklagte zu 1 zur Zahlung von mehr als 124.787,49 DM nebst Zinsen verurteilt worden ist.

Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

I.

Der Kläger verlangt von dem beklagten Bauträger, dem Beklagten zu 1 (zukünftig: Beklagter), im Wege des großen Schadensersatzes nach § 635 BGB die Rückabwicklung eines Vertrages über den Erwerb einer Souterrainwohnung.

II.

Im Juni 1995 schlossen die Parteien einen notariell beurkundeten als „Kaufvertrag“ bezeichneten Vertrag über den Erwerb und die Errichtung einer Souterrainwohnung eines Mehrfamilienhauses. Die vereinbarte Gesamtvergütung betrug 119.000 DM.

Die Gewährleistung des Beklagten ist in dem Vertrag wie folgt geregelt:

„X. Übergabe

Mit der Übergabe des Kaufobjektes tritt der Verkäufer seine vertraglichen und gesetzlichen Gewährleistungsansprüche gegen die am Bau Beteiligten, insbesondere Bauunternehmer, Lieferanten und Sonderfachleute, wie z.B. Architekten, Statiker usw. an den Käufer ab. Der Käufer nimmt die Abtretung an. Der Verkäufer haftet dem Käufer gegenüber in dem Umfang, wie ihm gegenüber die am Bau Beteiligten haften. Der Verkäufer sichert zu, dass er mit den am Bau Beteiligten die Gewährleistungsfristen des BGB vereinbaren wird, … .

Eigene Gewährleistung des Verkäufers ist also in jedem Fall insoweit ausgeschlossen, als solche Gewährleistungsansprüche gegen die vorgenannten Beteiligten bestehen und geltend gemacht werden können.

Der Verkäufer haftet im Rahmen der Gewährleistung nur für die Beseitigung des zu Recht gerügten Mangels, in Fällen schuldhafter Verletzung des Vertrages nur auf Ersatz des unmittelbaren Schadens.

…“.

Die subsidiäre Eigenhaftung des Beklagten sieht die Klausel unter anderem dann vor, wenn „es dem Käufer nicht gelingt, Gewährleistungsansprüche gegen am Bau Beteiligte innerhalb angemessener Frist außergerichtlich durchzusetzen, obwohl er alle ihm zumutbaren Bemühungen insoweit unternommen hat.“

In Nr. XIII. „Gewährleistung“ heißt es unter anderem:

„Die Haftung des Verkäufers für bauliche Leistungen richtet sich nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zum Werkvertrag …“.

Die Wohnung wurde im Mai 1996 erstmals von einem Mieter des Klägers bezogen. Der Mieter kündigte das Mietverhältnis unter Hinweis auf Feuchtigkeitserscheinungen und machte gegen den Kläger Schadensersatzansprüche geltend. Die Nachmieterin kündigte das Mietverhältnis 1997 ebenfalls fristlos und machte gegen den Kläger Schadensersatzansprüche wegen Feuchtigkeitsschäden geltend.

Der Kläger forderte die Beklagten daraufhin unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung zur fachgerechten und dauerhaften Beseitigung der Feuchtigkeit auf. Die Beklagten wiesen diese Aufforderung zur Mängelbeseitigung zurück und erklärten, nach einem von ihnen eingeholten Gutachten seien lediglich Baurestfeuchte und mangelhaftes Nutzungsverhalten Ursache der aufgetretenen Feuchtigkeitsprobleme.

Der Kläger beantragte ein selbständiges Beweissicherungsverfahren.

Der in diesem Verfahren beauftragte Gutachter stellte fest, dass die Schimmelpilz- und Stockfleckbildung in der Wohnung auf Tauwasserausfall und überhöhte Luftfeuchte zurückzuführen sei. Da die Wohnung nur auf einer Seite mit Fenstern versehen sei, sei die erforderliche Durchlüftung weder durch eine Querlüftung noch durch eine Lüftung über Eck zu erreichen.

Der Kläger verlangt Zug um Zug gegen Rückübereignung des Wohnungseigentums Zahlung von insgesamt 152.432,11 DM sowie die Feststellung der Ersatzpflicht wegen sämtlicher weiterer Schäden.

III.

Das Landgericht hat die gegen beide Beklagten gerichtete Klage abgewiesen.

Auf die nur gegen den Beklagten zu 1 durchgeführte Berufung hat das Oberlandesgericht der Klage ihm gegenüber stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten zu 1 und seines Streithelfers, des Architekten der Wohnungseigentumsanlage.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Revision hat nur insoweit Erfolg, als der Beklagte zur Zahlung von mehr als 124.787,49 DM mit Zinsen verurteilt worden ist. Hinsichtlich des Differenzbetrages in Höhe von 27.644,62 DM nebst Zinsen ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Auf das Schuldverhältnis sind das Bürgerliche Gesetzbuch und das AGB-Gesetz in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

II.

1.

Das Berufungsgericht meint, der Kläger sei berechtigt, den Beklagten unmittelbar in Anspruch zu nehmen, ohne dass er zuvor die ihm abgetretenen Ansprüche gegen andere am Bau Beteiligte durchzusetzen versucht habe.

a) Die Vertragsklauseln im Erwerbervertrag bezüglich der Gewährleistungshaftung des Beklagten seien widersprüchlich und nicht eindeutig. Die Regelung über die Abtretung der Gewährleistungsansprüche sei in der Nr. X unter der Überschrift Übergabe des Vertrages, einer mehrseitigen und unübersichtlichen Regelung, enthalten. In der Nr. XIII des Vertrages befinde sich unter der Überschrift „Gewährleistung“ eine Klausel, die vorsehe, dass die Haftung des Verkäufers sich nach den werkvertraglichen Gewährleistungsregeln des BGB richtet. Die Auslegung des Vertrages führe zu dem Ergebnis, dass der Kläger unmittelbar gegen den Beklagten vorgehen könne.

b) Würde der Vertrag abweichend im Sinne des Beklagten ausgelegt, ändere das nichts für das Ergebnis des Rechtsstreites, unabhängig davon, ob es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele:

(1) Für den Charakter der Vertragsklauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen spreche der Umstand, dass der Beklagte den Vertragsentwurf gestellt habe. Außerdem sei der Vertrag für die fünf Wohnungen der Eigentumswohnanlage verwandt worden. Der Umstand, dass der Vertrag erstmals beim Vertragsabschluß mit dem Kläger verwandt worden sei, stehe der Einordnung der Vertragsklauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht entgegen.

(2) Nach der Unklarheitenregel des § 5 des AGB-Gesetzes sei die Klausel dahingehend auszulegen, dass für die Gewährleistungsansprüche des Erwerbers ausschließlich die Nr. XIII des Vertrages gelte. Folglich könne es dahinstehen, ob die Klausel der Nr. X einer Inhaltskontrolle standhalte.

(3) Falls es sich um eine Individualvereinbarung handele, gelte die Unklarheitenregel entsprechend.

2.

Diese Erwägungen sind im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der Kläger kann die ihm zustehenden Gewährleistungsansprüche unmittelbar und uneingeschränkt gegen den Beklagten geltend machen.

a) Die Gewährleistungsregeln in Nr. X des Vertrages unterliegen einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz, weil es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 1 Abs. 1 des AGB-Gesetzes handelt, die der Beklagte gestellt hat.

Vertragsbedingungen sind bereits dann für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist (BGH, Urteil vom 27. September 2001 – VII ZR 388/00, ZfBR 2002, 63 = BauR 2002, 83).

Der Beklagte hat eine Eigentumswohnanlage mit fünf Wohnungen auf seinem Grundstück in der Absicht gebaut, diese zu veräußern. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist das Vertragsformular für alle fünf Wohnungen verwandt worden.

b) Die Vertragsklausel der Nr. X, in der geregelt ist, dass dem Erwerber nur insoweit Gewährleistungsansprüche zustehen, als die anderen am Bau Beteiligten … aufgrund ihrer Verträge mit dem Bauträger haften, ist unwirksam.

Maßgeblich für die Beurteilung der Haftung ist die Klausel Nr. XIII, die vorsieht, dass der Bauträger dem Erwerber bezüglich der Bauleistung nach den Gewährleistungsregeln des Werkvertrags des BGB haftet.

Auf die Frage, ob die Klausel in Nr. X unwirksam ist, weil sie den Erwerber unangemessen benachteiligt, kommt es nicht an, weil sie nach § 5 AGB-Gesetz unbeachtlich ist.

(1) Enthalten Allgemeine Geschäftsbedingungen gleichrangige, sich widersprechende Klauseln, dann ist die Klausel unbeachtlich, die sich für den Klauselgegner typischerweise ungünstiger auswirken kann (Ulmer, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 5 Rdn. 28).

(2) Die Voraussetzungen der Unklarheitenregel des § 5 AGB-Gesetz liegen vor.

Die Gewährleistungsregeln der Nr. X und der Nr. XIII widersprechen sich.

Der Vertrag enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass eine der Klauseln als speziellere Regelung Vorrang vor der anderen Klausel hat. Die Klausel der Nr. X, die für die Gewährleistungsansprüche des Erwerbers gegen den Bauträger dem Grunde und der Höhe nach auf die Verträge des Bauträgers mit seinen Subunternehmern verweist, ist dem Erwerber ungünstiger, als die Regelung der Nr. XIII. Sie begründet selbst dann das Risiko einer Haftungsbeschränkung im Vergleich zu den werkvertraglichen Gewährleistungsansprüchen des Erwerbers aus dem Erwerbervertrag, wenn der Bauträger entsprechend seiner Zusicherung in Nr. X mit seinen Subunternehmern die Gewährleistungsfristen des BGB vereinbart hat.

Eine derartige Vereinbarung gewährleistet nicht, dass die Gewährleistungsansprüche des Erwerbers gegen den Bauträger erst fünf Jahre nach der Abnahme des Bauwerks im Vertragsverhältnis zum Bauträger verjähren. Nimmt der Bauträger das Werk eines Subunternehmers vor der Abnahme seines Werkes durch den Erwerber ab, dann beginnt die Verjährung im Verhältnis des Bauträgers zu dem Subunternehmer vor dem Verjährungsbeginn im Verhältnis des Bauträgers zu dem Erwerber. Da der Ablauf der Gewährleistungsfrist im Vertragsverhältnis des Bauträgers zu dem Subunternehmer aufgrund der Klausel auch für den Erwerbervertrag maßgeblich sein soll, wird die Gewährleistungsfrist in diesem Vertragsverhältnis verkürzt.

Nr. X benachteiligt den Erwerber gegenüber der gesetzlichen Regelung auch insoweit, als der Bauträger dem Erwerber nur in dem Umfang haften will, wie ihm gegenüber die am Bau Beteiligten haften. Damit wird die Haftung für ein eigenes vertragswidriges Verhalten ausgeschlossen. Im übrigen würden die abweichend vom Gesetz mit den am Bau Beteiligten vereinbarten Haftungsbeschränkungen zum Nachteil des Erwerbers gelten.

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c) Die Unbeachtlichkeit der genannten Klausel hat nicht zur Folge, dass die darin enthaltene Subsidiaritätsklausel ebenfalls nach § 5 AGB-Gesetz unbeachtlich ist. Die Subsidiaritätsklausel ist nicht unklar gefasst und nicht widersprüchlich.

Sie regelt die subsidiäre Haftung des Bauträgers gegenüber dem Erwerber.

d) Diese Klausel, wonach eine Gewährleistung des Verkäufers also in jedem Fall insoweit ausgeschlossen ist, als solche Gewährleistungsansprüche gegen die vorgenannten Beteiligten bestehen und geltend gemacht werden können, ist deshalb unwirksam, weil sie einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGB-Gesetz nicht standhält:

(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Subsidiaritätsklausel in einem Bauträgervertrag wirksam sein, wenn sie weder von dem Erwerber die gerichtliche Verfolgung der abgetretenen Ansprüche verlangt, noch ihm aufgrund ihrer sprachlichen Fassung den Eindruck vermittelt, er müsse die anderen am Bau Beteiligten gerichtlich ohne Erfolg in Anspruch genommen haben, bevor der Bauträger haftet (BGH, Urteil vom 6. April 1995 – VII ZR 73/94, BauR 1995, 542 = ZfBR 1995, 202; Urteil vom 4. Dezember 1997 – VII ZR 6/97, BauR 1998, 335 = ZfBR 1998, 143).

Daran gemessen wäre eine Klausel, welche den Erwerber auf zumutbare Bemühungen um eine außergerichtliche Durchsetzung der abgetretenen Ansprüche gegen die Bauhandwerker verweist, nicht zu beanstanden.

(2) An dieser Rechtsprechung hält der Bundesgerichtshof nicht fest. Die Subsidiaritätsklausel benachteiligt den Erwerber entgegen Treu und Glauben nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGB-Gesetz unangemessen.

Nach dieser Regelung sind Vertragsklauseln unwirksam, wenn sie wesentliche Rechte und Pflichten des Klauselgegners, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränken, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Die Subsidiaritätsklausel erfüllt diese Voraussetzungen.

Der Vertrag über den Erwerb vom Bauträger wird im Unterschied zu einer Bauerrichtung aufgrund mehrerer Verträge mit am Bau Beteiligten dadurch bestimmt, dass der Erwerber einen Vertrag mit einem Generalunternehmer abschließt.

Damit soll die Durchführung und Abwicklung des Vertrages durch einen Vertragspartner des Erwerbers gewährleistet sein. Diese Vertragsgestaltung und die damit für den Erwerber verbundenen Vorteile werden durch die Subsidiaritätsklausel für den Zeitraum, in dem der Erwerber sich um die Durchsetzung gegenüber den anderen am Bau Beteiligten bemühen muss, zu seinen Lasten weitgehend aufgehoben.

Die Klausel begründet für den Erwerber die Unsicherheit, in welchem Umfang er sich darum bemühen muss, etwaige Ansprüche gegen andere am Bau Beteiligte geltend zu machen. Ihm obliegt es, aufgrund der Verträge des Bauträgers mit den einzelnen Unternehmern zu prüfen, welche Ansprüche gegen sie bestehen und wann sie verjähren. Für den Erwerber besteht das Risiko, dass er in Auseinandersetzungen mit dem Bauträger über die Frage verwickelt wird, ob er sich angemessen um die außergerichtliche Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen gegenüber den anderen am Bau Beteiligten bemüht hat.

Der Erwerber wird gezwungen, etwaige Mangelerscheinungen konkreten Mangelursachen zuzuordnen, damit er den Unternehmer in Anspruch nehmen kann, der für die Mängel verantwortlich ist. Unter Umständen wird er erst mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens in der Lage sein, die Verantwortlichkeit eines bestimmten Unternehmers zu klären. Das widerspräche dem Sinn und Zweck des vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsatzes, dass der Besteller sich gegenüber seinem Vertragspartner darauf beschränken kann, die Symptome eines Mangels zu rügen und vorzutragen, und dass er nicht verpflichtet ist, die Mängelursachen durch ein Sachverständigengutachten klären zu lassen.

Diese Grundsätze zum notwendigen und hinreichenden Sachvortrag sollen dem Besteller die Durchsetzung seiner Gewährleistungsansprüche außergerichtlich und im Prozess erleichtern (st. Rspr. vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. Januar 2002 – VII ZR 488/00, zur Veröffentlichung bestimmt; Urteil vom 7. Juni 2001 – VII ZR 471/99, BauR 2001, 1414 = ZfBR 2001, 457; Urteil vom 28. Oktober 1999 – VII ZR 115/97 = BauR 2000, 261 = ZfBR 2000, 116; Urteil vom 3. Dezember 1998 – VII ZR 405/97 = BauR 1999, 391 = ZfBR 1999, 135).

Lassen sich die Symptome nicht zweifelsfrei zuordnen, besteht für den Erwerber die Gefahr, dass er sich mit erheblichem Zeitaufwand vergeblich bemüht, seine Ansprüche durchzusetzen, weil die Unternehmer jeweils ihre Verantwortlichkeit bestreiten und auf andere Unternehmer verweisen. Der dafür erforderliche Zeitaufwand verschlechtert die Beweislage des Erwerbers und

begründet für ihn das Risiko, dass der Bauträger zahlungsunfähig oder insolvent wird.

III.

1.

Das Berufungsgericht hat den Schadensersatzanspruch des Klägers mit folgenden Erwägungen als dem Grunde nach für gerechtfertigt angesehen:

a) Ursächlich für die vom Kläger gerügten Mängel sei neben möglichen Bauausführungsfehlern ein Planungsfehler des Architekten.

b) Der Anspruch aus § 635 BGB stehe dem Kläger zu, obwohl er den Beklagten nicht unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert habe.

Die Fristsetzung sei nach § 634 Abs. 2 BGB entbehrlich gewesen. Der Beklagte habe seine Haftung nicht nur mit dem Einwand bestritten, der Kläger hätte erst andere am Bau Beteiligte in Anspruch nehmen müssen, er habe seine Gewährleistungsverpflichtung schlechthin bestritten.

c) Dem Kläger stehe bei einem Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB grundsätzlich das Recht zu, den kleinen oder den großen Schadensersatz zu wählen. Lediglich bei geringfügigen Mängeln sei er nach Treu und Glauben daran gehindert, den großen Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Da die unzureichende Belüftungsmöglichkeit der Wohnung derart schwerwiegend sei, sei die Wahl des Klägers nicht treuwidrig.

d) Der Mangel bestehe darin, dass die Lüftungsverhältnisse nicht den Anforderungen genügten, die der Beklagte als Erfüllung des Vertrages geschuldet habe. Nach allen drei Gutachten seien die Lüftungsmöglichkeiten der Wohnung unzureichend, weil aufgrund der Anordnung der Fenster eine Quer- oder Ecklüftung nicht möglich sei. Eine ausreichende Lüftung sei nur dadurch zu gewährleisten, dass Lüftungskanäle nachträglich eingebaut würden.

e) Danach sei die Wohnung mit einem nicht geringfügigen Mangel behaftet.

Der Einbau von Lüftungskanälen sowie die Entlüftung der Küche würden keinen besonderen hohen Aufwand erfordern, die Kosten seien jedoch nicht unerheblich. Auch nach Vornahme der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen werde die Wohnung besondere Anforderungen an die Lüftung und Heizung stellen. Dadurch seien der Wert und die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung im Hinblick auf die vereinbarte und vorausgesetzte Beschaffenheit der Sache herabgesetzt.

f) Da es nach der Lebenserfahrung üblich sei, Appartements mit einer Wohnfläche von 40 qm häufig an allein stehende berufstätige Personen zu vermieten, die tagsüber und an Wochenenden oft nicht anwesend seien, gehöre es zur vertragsgemäßen Beschaffenheit der Wohnung, dass sie auch unter diesen Bedingungen nutzbar sei.

2.

Diese Erwägungen halten jedenfalls im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Voraussetzungen des großen Schadensersatzanspruches nach § 635 BGB liegen vor.

a) Die in Nr. X des Vertrages geregelte Beschränkung der Haftung auf den unmittelbaren Schaden für schuldhafte Vertragsverletzungen verstößt gegen § 11 Nr. 7 AGB-Gesetz, weil die Klausel die Haftungsbeschränkung auf den unmittelbaren Schaden auch für die Fälle vorsieht, in denen der Klauselverwender grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat.

b) Die Wohnung ist mangelhaft, weil ihr ein Beschaffenheitsmerkmal fehlt, das für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch erforderlich ist.

Da die Parteien die für eine ausreichende Lüftung der Wohnung erforderliche zweimalige Stoßlüftung und den erforderlichen erhöhten Heizungsaufwand als Beschaffenheit und eine entsprechende Gebrauchstauglichkeit nicht vereinbart haben, schuldet der Beklagte die Beschaffenheit und die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung, die der Kläger nach der Verkehrssitte erwarten durfte. Das Berufungsgericht hat den Vertrag rechtsfehlerfrei dahingehend

ausgelegt, dass der Beklagte vertraglich eine Gebrauchstauglichkeit der Wohnung schuldete, die besondere Lüftungsmaßnahmen des Erwerbers und einen erhöhten Heizaufwand nicht erfordert.

c) Die Voraussetzungen des § 634 Abs. 1 BGB liegen vor. Der Kläger hat dem Beklagten durch Schreiben vom 22. September 1997 eine Frist zur Nachbesserung mit Ablehnungsandrohung bis zum 24. Oktober 1997 gesetzt. Der Beklagte ist der Aufforderung zur Nachbesserung nicht nachgekommen.

d) Der Kläger ist berechtigt, den großen Schadensersatz zu verlangen.

Dem Besteller steht es grundsätzlich frei, zwischen dem großen und dem kleinen Schadensersatz zu wählen. Es verstößt nicht gegen Treu und Glauben, dass der Kläger den Anspruch auf großen Schadensersatz geltend macht. Der Mangel der Wohnung ist nicht geringfügig. Die erhöhten Anforderungen an die Lüftung der Wohnung und an die Beheizung beeinträchtigen die Gebrauchstauglichkeit erheblich. Die überhöhte Raumfeuchtigkeit hat dazu geführt, dass Möbel der Mieter beschädigt worden sind und zwei Mieter die Miete gemindert und die Mietverträge gekündigt haben.

IV.

1.

Das Berufungsgericht hat zu Umfang und Höhe des Schadens folgendes ausgeführt:

a) Der Beklagte schulde neben der Rückzahlung des Kaufpreises den Ersatz der Folgeschäden. Der Kläger habe seinen Anspruch schlüssig dargelegt, der Beklagte habe die einzelnen Schadenspositionen nur pauschal und nicht substantiiert bestritten.

b) Nach der Beweisaufnahme in erster Instanz stehe fest, dass die Mieter von dem Kläger Schadensersatz gefordert und erhalten hätten. Die Nebenkosten seien durch die eingereichten Unterlagen belegt, der Beklagte könne als Verwalter der Wohnungseigentumsanlage die Wohnkosten nicht mit Nichtwissen bestreiten. Seine Einwendungen hinsichtlich der Grunderwerbssteuer seien unerheblich. Es stehe nicht fest, dass der Steuerbescheid nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 des Grunderwerbssteuergesetzes aufgehoben und der gezahlte Betrag erstattet werde.

2.

Diese Erwägungen halten mit Ausnahme zweier vom Kläger geforderten Schadenspositionen einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

a) Der Beklagte schuldet über die Rückzahlung der vom Kläger gezahlten Vergütung hinaus den Ersatz der Folgeschäden.

(1) Zu den ersatzfähigen Folgeschäden gehören auch die Kosten für die gerichtliche und außergerichtliche Auseinandersetzung des Klägers mit den beiden Mietern sowie der Schadensersatz, den der Kläger an die Mieter hat zahlen müssen. Aufgrund der Beweisaufnahme steht fest, dass beide Mieter die Wohnung gekündigt haben, weil die Wohnung eine zu hohe Luftfeuchtigkeit aufgewiesen hat.

(2) Der Kläger kann auch die Heiz- und Stromkosten während der Zeit des Leerstandes der Wohnung nach dem Auszug des ersten Mieters ersetzt verlangen. Die vorzeitige Kündigung durch den ersten Mieter, die den zeitweiligen Leerstand zur Folge hatte, beruht auf der Mangelhaftigkeit der Wohnung.

b) Von den beanspruchten Folgeschäden hat das Berufungsgericht zwei Positionen dem Kläger zu Unrecht zuerkannt:

(1) Der von dem Kläger verlangte Ersatz von Zinszahlungen in Höhe von 25.264,62 DM steht dem Kläger nach dem derzeitigen Streitstand nicht zu. Der Beklagte hat die Zahlung dieser Zinsen bestritten. Der Kläger hat die Zinszahlungen nicht durch Belege nachgewiesen.

(2) Die von dem Kläger gezahlte Grunderwerbssteuer in Höhe von 2.380 DM hat das Berufungsgericht dem Kläger zu Unrecht als Schadensposition zuerkannt. Ob der Kläger die gezahlte Grunderwerbssteuer vom Finanzamt zurückerhält, ist ungeklärt, so dass es derzeit offen ist, ob die gezahlte Grunderwerbssteuer ein ersatzfähiger Schaden ist.

 

 

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