VERWALTUNGSGERICHT TRIER
Az.: 6 L 1123/01.TR
Beschluss vom 28.08.2001
In dem Verwaltungsrechtsstreit wegen Sozialhilfe (Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer
Schwierigkeiten) hier: Antrag nach § 123 VwGO hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier aufgrund der Beratung vom 28. August 2001 beschlossen:
1) Der Antrag wird abgelehnt.
2) Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
3) Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe:
Der Antrag des Antragstellers, mit dem er begehrt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm zur Beschaffung einer Wohnungseinrichtung sowie für Bekleidung und einmalige Beihilfe in Höhe von 8.000,- DM als Hilfe zur Überwindung besonderer Schwierigkeiten nach § 72 BSHG zu gewähren, kann keinen Erfolg haben.
Als Rechtsgrundlage für den begehrten Erlass der einstweiligen Anordnung kommt vorliegend allein § 123 der, Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – in Betracht. Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Bestimmung kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher‘ Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus‘ anderen Gründen notwendig erscheint. Lässt allerdings die im Eilverfahren notwendige summarische Prüfung bereits erkennen, dass das von dem Antragsteller behauptete Recht zu seinen Gunsten nicht besteht, so ist auch nach der zuletzt genannten Bestimmung eine einstweilige Anordnung nicht möglich, weil dann eine sicherungsfähige und sicherungswürdige Rechtsposition fehlt.
Dabei ist zusätzlich zu beachten, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung regelmäßig weder die Hauptsache des Rechtsstreits vorwegnehmen noch die Rechtsstellung des Antragstellers erweitern, sondern lediglich die. behaupteten und nach dem, Sach- und Streitstand nicht ausgeschlossenen Rechtspositionen in einer Weise sichern darf, dass der Antragsteller bei einem Obsiegen in der Hauptsache seine, Rechte noch ausreichend wahrnehmen kann. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist mit Rücksicht auf den in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes – GG – gewährleisteten effektiven Rechtsschutz ausnahmsweise nur dann möglich, wenn die drohenden Nachteile unzumutbar, die geltend gemachten Ansprüche hinreichend wahrscheinlich (vgl. Kopp/Schenk Kommentar zur VwGO 12. Aufl. 2000, § 123 Rdn. 13 f.) und von den Antragstellern glaubhaft gemacht sind (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Diese zusätzlichen Voraussetzungen sind dadurch gerechtfertigt, dass die einstweilige Anordnung – wie oben dargelegt – in der Regel nur einen vorläufigen Inhalt haben kann und die Vorwegnahme der Hauptsache wegen der fraglichen Durchsetzbarkeit von Ersatzansprüchen in derartigen Fällen meist nicht mehr rückgängig zu machen ist.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze kann der Antrag des Antragsteller auf Gewährung einer einmaligen Beihilfe nach § 72 BSHG weder für eine Wohnungseinrichtung, noch für Bekleidung oder Renovierungskosten Erfolg haben, weil der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihm ein derartiger Anspruch gegenüber dem Antragsgegner zustehen könnte.
Gemäß § 72 Abs. 1 BSHG ist Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, Hilfe zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu gewähren, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Nach § 1 der Verordnung zur Durchführung des §. 72 BSHG sind Personen i.S.d. § 72 Abs. 1 Satz 1 BSHG Hilfesuchende, deren besondere Lebensverhältnisse zu sozialen Schwierigkeiten, vor allem in der Familie, in der Nachbarschaft oder am Arbeitsplatz führen, so dass eine Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft nicht möglich oder erheblich beeinträchtigt ist, und die diese Schwierigkeiten aus eigenen Kosten nicht überwinden können. Gemäß § 1 Abs. 2 der oben genannten Verordnung können solche besonderen Lebensverhältnisse insbesondere bei aus Freiheitsentziehung Entlassenen bestehen. Hierbei handelt es sich nach.§ 5 der Verordnung um Personen, die aus einer richterlich angeordneten Freiheitsentziehung in ungesicherte Lebensverhältnisse entlassen werden oder entlassen worden sind. Derartige ungesicherte Lebensverhältnisse liegen nach den dem Gericht. vorliegenden Erkenntnissen im Falle des Antragstellers nicht vor. So ist der Antragsteller laut Entlassungsschein der Justizvollzugsanstalt xxx am 13. Juli 2001 mit ausreichend eigener Kleidung in ausreichendem Zustand und einem Entlassungsgeld von 2.485,93 DM zur Überbrückung erster materieller Schwierigkeiten in seinem Leben in Freiheit entlassen worden. Der Antragsteller hat auch bereits mit seiner Ehefrau eine Wohnung angemietet, in der er mit ihr leben will. Zudem steht ihm ein Arbeitslosengeld von 788,37 DM und seiner Ehefrau ein Arbeitseinkommen von ca. 900,- DM monatlich zur Verfügung. Der Antragsteller ist somit sowohl in persönlicher als auch in materieller Hinsicht für ein Leben in Freiheit ausreichend ausgestattet worden. Wenn er – wie er vorträgt – unmittelbar nach seiner Haftentlassung von dem ihm zur Überbrückung materieller Schwierigkeiten bei seiner Wiedereingliederung in die Gesellschaft gewährten Entlassungsgeld 2.000,- DM an Schulden so kann dies nicht dazu führen, dass ihm deshalb ein weitere finanzielle Hilfe zur Überbrückung besonderer aus resultierender Schwierigkeiten zusteht, da er das bereits Überbrückungsgeld der Haftanstalt primär hätte dazu verwenden müssen, seine eigenen Lebensverhältnisse zu sichern und sich die hierzu unabdingbar erforderlichen Gegenstände anzuschaffen. Hierbei kann es nicht Aufgabe der Sozialhilfebehörde seinm Gelder die für einen bestimmten Zweck – nämlich Eingliederung in das Leben in Freiheit – gewährt werden, dafür aber nicht verwandt werden, erneut zu leisten. Zudem verkennt der Antragsteller auch, dass zur Schaffung gesicherter Lebensverhältnisse nicht eine komplette Wohnungseinrichtung mit Fernsehen, Satellitenempfänger, Waschmaschine und Trockner gehört, sondern dass es einer jungen Familie auch durchaus zuzumuten ist, sich eine komplette Wohnungseinrichtung mit einem bescheidenen finanziellen Einkommen nach und nach anzuschaffen. Für die unabdingbar erforderlichen Einrichtungsgegenstande – wie etwa Betten, Tisch, Schrank und Kochgelegenheit – war das dem Antragsteller gewährte Geld jedenfalls ausreichend, um ihn in gesicherte finanzielle Verhältnisse zu entlassen. Ein auf Eingliederungshilfe nach § 72 BSHG steht dem Antragsteller somit nicht zu. Ob er u.U. einen Anspruch gegen die Verbandsgemeinde auf Gewährung von Sozialhilfe als einmalige Beihilfe haben kann, ist im nicht zu prüfen.
Nach alledem musste der Antrag mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abgelehnt werden. Ebenso musste der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt werden, da diese nur dann gewährt werden kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussichten auf Erfolg verspricht. An dieser Voraussetzungen fehlt es jedoch, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 Satz 2 VwGO).