OLG Frankfurt – Az.: 22 U 205/14 – Urteil vom 12.05.2016
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 22.07.2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert der Berufungsinstanz wird auf 5.020,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Zahlung einer Vertragsstrafe.
Der Kläger bot im … 2013 über eBay seinen Pkw Marke …, Erstzulassung 01.01.2007, zum Kauf an. In der Beschreibung hieß es: „TÜV/AU neu“. Der Termin für die nächste Haupt- und Abgasuntersuchung wurde mit 01.2015 angegeben, der Kilometerstand mit 128.500 km. Das Fahrzeug wurde als „taschentuch-gepflegt“, „fehlerfrei“ und „Marke …-Scheckheft-gepflegt“ beschrieben. Unter der detaillierten Ausstattungsbeschreibung waren folgende Hinweise aufgelistet (Bl. 9 der Akte):
Keine Nachverhandlung
Spaßbieter zahlen 20% des KP
Probefahrt in Stadt1, nicht für JEDEN
Bilder http://www….de
Fragen? …
Die Auktion war am …05.2013 um 19.32 Uhr beendet, wobei der Beklagte mit einem Gebot in Höhe von 25.100,- € Höchstbietender war.
Danach stellte der Kläger das Fahrzeug beim TÜV vor. In dem Prüfbericht dieser letzten TÜV/AU-Untersuchung heißt es: „geringe Mängel“ und „Motor/Antrieb/Kühlsystem, Umweltbelastung: Getriebe Öl feucht (GM)“ (Bl. 23 der Akte). Der Kläger übersandte dem Beklagten den TÜV-Bericht, ohne auf diese Mängel gesondert hinzuweisen.
Die Parteien vereinbarten die Abholung des Fahrzeugs am …06.2013 in Stadt1. Der Beklagte traf Vorbereitungen zur Abholung, u. a. ließ er sich die Anschrift zur Abholung geben (Bl. 12 der Akte).
Der Kläger übersandte dem Beklagten ein Foto des Tachos, der einen Kilometerstand von 129.121 km anzeigte (Bl. 22 der Akte).
Der Beklagte teilte per „WhatsApp“ mit, dass er vom Kaufvertrag zurücktrete, weil das Fahrzeug nach der Auktion noch ca. 650 km gefahren worden sei und die TÜV-Untersuchung „mit Mängeln sei“ (Bl. 12 der Akte).
Mit Anwaltsschreiben vom 25.07.2013 forderte der Kläger den Beklagten zur Zahlung der Vertragsstrafe in Höhe von 5.020,- € bis zum 09.08.2013 auf (Bl. 13 f. der Akte). Mit Anwaltsschreiben vom 07.08.2013 lehnte der Beklagte die Zahlung ab (Bl. 15 der Akte).
Der Kläger hat behauptet, das Fahrzeug weise keine Mängel auf.
Er ist der Ansicht, er habe einen Anspruch aus § 339 Satz 1 BGB, da die Parteien wirksam eine Vertragsstrafe vereinbart hätten, die verwirkt sei. Der Beklagte habe keinen rechtlichen Grund für seinen Rücktritt und müsse sich als „Spaßbieter“ behandeln lassen.
Der um ca. 600 km abweichende Kilometerstand sei bei dem Gesamtkilometerstand nicht erheblich. Die Aussagen zu TÜV und AU seien zutreffend und nicht irreführend. Er habe nicht angegeben, dass die Untersuchung ohne Mängel erfolgt sei, und es sei jedem bekannt, dass die Plaketten auch mit geringen Mängeln zugeteilt werden könnten. Aus der Angabe „TÜV/AU neu“ könne nicht abgeleitet werden, dass die Plakette ohne Mängel erteilt worden sei. Eine Qualitätszusage sei mit dieser Aussage nicht verbunden.
Der Beklagte hat behauptet, das Fahrzeug sei mangelhaft gewesen, da der Kilometerstand nicht gestimmt hätte und die Bezeichnung „TÜV/AU neu“ irreführend sei, weil sie den Eindruck erwecke, dass diese Untersuchungen ohne Mängel verlaufen seien.
Er ist der Ansicht, die Parteien hätten keine Vertragsstrafe vereinbart, auf diese sei zu versteckt hingewiesen. Er sei kein Spaßbieter, sondern habe einen Rücktrittsgrund gehabt, weil das Fahrzeug mangelhaft gewesen sei. Eine Nachfristsetzung sei entbehrlich gewesen. Er könne auch wegen arglistiger Täuschung anfechten.
Im Übrigen wird wegen der Feststellungen und der erstinstanzlich gestellten Anträge auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 35 ff. der Akte) verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Es hat ausgeführt, der Beklagte sei kein „Spaßbieter“ gewesen, sondern habe Vertragsbindungswillen gehabt. Der Kläger hätte die Abnahme des Fahrzeugs verlangen und einklagen können, was er nicht getan habe. Außerdem handele es sich bei der Regelung zur Vertragsstrafe gemäß § 305 c BGB um eine überraschende Klausel. Diese sei nicht wirksam einbezogen, da sie nicht hervorgehoben sei und nicht klar sei, was ein „Spaßbieter“ sein solle. Es komme zwar nicht darauf an, aber der Beklagte sei auch zum Rücktritt berechtigt gewesen, weil die Undichtigkeit bzgl. des Getriebeöls eine offenbarungspflichtige Tatsache sei, auf die – jedenfalls nach der Hauptuntersuchung – hingewiesen hätte werden müssen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seinen erstinstanzlichen Anspruch weiterverfolgt. Die Vertragsstrafe knüpfe nicht an das Nichtzustandekommen eines Vertrages, sondern in diesem Fall an die Nichtabnahme und Nichtbezahlung des verkauften Pkws nach Abschluss des Vertrages an. Der ordnungsgemäße Vertragsschluss sei gerade Tatbestandsvoraussetzung. Die Vertragsstrafe diene der Sicherung eines vertragskonformen Verhaltens. Ein „Spaßbieter“ sei ein Bieter, der tatsächlich nicht bereit sei, kaufvertragliche Pflichten zu erfüllen. Wegen der Einzelheiten seines Vortrages wird auf die Berufungsbegründung vom 27. Oktober 2014 (Bl. 59 ff. der Akte) sowie auf seinen Schriftsatz vom 14. April 2016 (Bl. 111 f. der Akte) verwiesen.
Der Kläger beantragt, das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 22. Juli 2014 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 5.020,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08. August 2013 zu zahlen, sowie den Beklagten zu verurteilen, den Kläger von seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber den Rechtsanwälten … in Höhe von 546,69 € für die außergerichtliche Tätigkeit freizustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger hat unter mehreren Gesichtspunkten keinen Anspruch nach § 339 BGB auf die geltend gemachte Vertragsstrafe.
1. Die „Spaßbieterklausel“ in dem eBay-Angebot des Klägers – „Spaßbieter zahlen 20 % des KP“ – ist als Vertragsstrafe im Sinne des § 339 BGB auszulegen.
Die Vertragsstrafe ist eine meist in Geld bestehende Leistung, die der Schuldner für den Fall der Nichterfüllung oder der nicht gehörigen Erfüllung einer Verbindlichkeit verspricht (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Auflage, § 339 Rdnr. 1). Sie hat eine doppelte Zielrichtung: Sie soll einmal als Druckmittel den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erbringung seiner versprochenen Leistung anhalten; zum anderen soll sie dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung ohne Einzelnachweis eröffnen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 1988, Az.:VII ZR 117/87, BGHZ 105, 24-33, Rdnr. 22).
Genau das ist hier beabsichtigt. Mit der Klausel sollen Kaufinteressenten dazu angehalten werden, nur ernstgemeinte Angebote abzugeben und sich an den aufgrund dieser Angebote zustande gekommenen Vertrag zu halten. Gleichzeitig kann der Verkäufer aufgrund dieser Klausel von einem vertragsreuigen Käufer den Betrag in Höhe von 20 % des Kaufpreises verlangen, ohne dass er einen entsprechenden Schaden darlegen müsste.
2. Um Ansprüchen aus dieser Vertragsstrafe nach § 339 BGB überhaupt ausgesetzt sein zu können, muss der Beklagte zunächst den streitgegenständlichen Pkw ersteigert haben, was hier der Fall war.
Durch das Höchstgebot des Beklagten während der Internetversteigerung bei eBay ist über das Fahrzeug ein Kaufvertrag wirksam zustande gekommen. Bei einer Versteigerung im Internet geht in der Regel das Angebot vom Verkäufer aus. Es richtet sich an den, der innerhalb der Laufzeit der Auktion das höchste Gebot abgibt. Die Festsetzung der Laufzeit ist eine Fristbestimmung zur Annahme i. S. d. § 148 BGB. Die Annahme erfolgt durch die Willenserklärung dessen, der innerhalb der Laufzeit der Versteigerung das höchste Gebot abgibt (BGH, Urteil vom 03. November 2004, Az.: VIII ZR 375/03, NJW 2005, 53 f.).
3. Allerdings ist die „Spaßbieterklausel“ in diesem Vertrag nicht wirksam vereinbart worden.
a) Dabei kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass die eBay-Annonce als allgemeine Geschäftsbedingung qualifiziert werden kann (so aber LG Wiesbaden, Beschluss vom 26. Februar 2014 und Beschluss vom 05. Mai 2014, Az.: 1 S 38/13, zitiert nach juris; AG Waiblingen, Urteil vom 11. Dezember 2008, Az.: 9 C 1000/08, zitiert nach juris; gegen das Vorliegen von AGB: AG Essen, Urteil vom 19.04.2007, Az.: 24 C 357/06, Beck-RS 2008-01456; AG Bremen, Urteil vom 20. Oktober 2005, Az.: 16 C 168/05, Rdnr. 14, zitiert nach juris; AG Wittmund, Urteil vom 28. August 2008, Az.: 4 C 183/08, Rdnr. 24, zitiert nach juris).
Gemäß § 305 Abs.1 Satz 1 BGB sind allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt.
Hier wollte der Kläger aber nur den einen streitgegenständlichen Pkw mittels eines einzigen Kaufvertrages verkaufen. Dafür, dass er beabsichtigte, die „Spaßbieterklausel“ in mehreren Kaufverträgen zu verwenden, ist nichts vorgetragen und ersichtlich. Allein aus dem Angebot ergibt sich nicht, dass der Kläger gewerblich oder regelmäßig mit Fahrzeugen oder anderen Gegenständen handelt und dabei regelmäßig diese Klausel verwendet.
Die Klausel richtet sich auch nicht deswegen an eine unbestimmte Vielzahl von Vertragspartnern bzw. Partnern von vertragsähnlichen Schuldverhältnissen, weil sie sich nicht nur an denjenigen wendet, der später aufgrund des Zuschlages Vertragspartner des Verkäufers wird, sondern an alle potenziellen Bieter, die im Rahmen der Auktion, vor Zustandekommen des endgültigen Vertrages, ein Gebot abgeben (so aber AG Waiblingen, Urteil vom 11. Dezember 2008, Az.: 9 C 1000/08, zitiert nach juris). Hiergegen spricht vor allem, dass mit diesen Bietern, die Gebote abgegeben haben, aber am Ende der Auktionslaufzeit nicht Höchstbietender sind, unter keinen Umständen ein Vertrag mit dem Verkäufer zustande kommt. Das gilt selbst dann, wenn der Höchstbietende mit einem „berechtigten Grund“ sein Gebot zurücknimmt, da auch dann nach § 6 Ziffer 7 der eBay-AGB kein Vertrag zwischen dem Verkäufer und dem nach der Gebotsrücknahme wieder Höchstbietenden zustande kommt.
Außerdem würde eine solche Auslegung dazu führen, dass möglicherweise die Vertragsstrafe von mehreren Bietern, die im Laufe der Auktion zu irgendeinem Zeitpunkt mitgeboten haben, verwirkt werden würde oder dass sie von Bietern verlangt werden könnte, obwohl die Auktion gar nicht mit einem Vertragsschluss beendet wurde, weil z. B. eine berechtigte Gebotsrücknahme im Sinne des § 6 Ziffer 7 eBay-AGB vorlag oder der Verkäufer die Auktion durch eine berechtigte Angebotsrücknahme (vgl. § 6 Ziffer 6 eBay-AGB) beendet hat.
Diese Ergebnisse erscheinen nicht sachgerecht. Der Senat geht deshalb davon aus, dass sich die „Spaßbieterklausel“ nur an den letztendlich Höchstbietenden richtet, mit dem der Vertrag zustande kommt.
b) Auch wenn danach die eBay-Annonce formal keine allgemeinen Geschäftsbedingungen darstellt, ist es dennoch geboten, die Wertungen der §§ 305 ff. BGB, insbesondere die Wertung des § 305 c Abs. 2 BGB, hier entsprechend heranzuziehen (vgl. auch AG Wiesbaden, Urteil vom 15.10.2013, Az.: 91 C 2145/13, zitiert nach juris).
Die Klausel richtet sich zwar nicht an alle potentiellen Bieter, gleichzeitig steht bei Erstellung der Annonce der zukünftige Vertragspartner aber auch noch nicht konkret fest. Im Gegenteil ist der Kreis der möglichen Vertragspartner angesichts des Angebotes über das Internet ausgesprochen groß und nicht überschaubar. Entscheidend kommt hinzu, dass ein Bieter und damit auch der zukünftige Vertragspartner keine Möglichkeit hat, die Bedingungen des Angebotes nach seinen Wünschen zu verändern. Er kann nur entweder mitbieten und das Angebot als Ganzes akzeptieren oder sich an der Auktion nicht beteiligen. Ein individueller Kontakt zwischen Verkäufer und Käufer ist zwar möglich, ein Aushandeln einzelner Bedingungen aber grundsätzlich ausgeschlossen.
Diese Situation ist derjenigen bei Vorliegen von AGB jedenfalls derart vergleichbar, dass eine analoge Anwendung der Vorschriften möglich erscheint.
In Bezug auf § 305 c Abs. 2 BGB ist im Übrigen anerkannt, dass diese Bestimmung entsprechend auf Willenserklärungen anzuwenden ist, die – wie hier – mittels moderner Kommunikationstechnik abgegeben werden und sich wie allgemeine Geschäftsbedingungen an einen unbestimmten Kreis potentieller Kunden richten (Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Auflage, § 133 Rdnr. 23, MüKo/Busche, BGB, § 133 Rdnr. 24).
c) Ein Verstoß gegen § 305 c Abs. 2 BGB ist vorliegend anzunehmen, weil der Begriff „Spaßbieter“ unterschiedlich verstanden werden kann und damit mehrdeutig in diesem Sinne ist.
So könnte als „Spaßbieter“ (nur) ein Bieter gemeint sein, der ein Gebot abgibt, obwohl er den Gegenstand gar nicht kaufen will; so ist die Auffassung des Landgerichts. Nicht erfasst könnte aber ein Käufer sein, der den Gegenstand zunächst tatsächlich erwerben will, den dann aber Vertragsreue überfällt oder der aus rechtlich nicht anerkannten Gründen den Vertrag nicht einhalten will. Ein solcher hätte – jedenfalls könnte man das so verstehen – nicht zum Spaß geboten, sondern würde lediglich im Nachhinein am Vertrag, aus unterschiedlich denkbaren Gründen, nicht mehr festhalten.
Nach dem Verständnis des Klägers sind jedoch alle Personen als Spaßbieter anzusehen, die sich unbegründet nicht an den Vertrag halten wollen, so dass unter „Spaßbieter“ auch Personen fallen, die zunächst ernsthaft geboten haben, dann aber keinen – ausreichenden – rechtlichen Grund für einen Rücktritt bzw. für die Verweigerung der Abnahme haben (so auch AG Essen, Urteil vom 19. April 2007, Az.: 24 C 357/06, BeckRS 2008, 01456). Dabei ist aus dem Wortlaut der Klausel auch nicht eindeutig zu entnehmen, unter welchen Umständen Einwendungen z. B. betreffend die Gewährleistung als begründet anzusehen sind oder nicht. Es bleibt vielmehr völlig offen, welche Kriterien und welche Sichtweise dafür zugrunde zu legen sind. Diese Überlegungen machen deutlich, wie viele Auslegungen des Begriffs möglich sind. Eine eindeutige objektive Herleitung ist auch bei Berücksichtigung der Interessenlage des Verkäufers nur eingeschränkt möglich. Wenn selbst die zur Auslegung berufenen Gerichte unterschiedlicher Meinung hinsichtlich der Wirkungen der Klausel sind, sind die Voraussetzungen des § 305c BGB hier zu bejahen.
4. Der Anspruch des Klägers ist aber auch unter weiteren Aspekten unbegründet. Selbst wenn man von einer eindeutigen Formulierung und damit einer wirksamen Vereinbarung der Vertragsstrafe ausgeht, scheitert eine Zahlungsverpflichtung des Beklagten hier daran, dass dieser kein „Spaßbieter“ war.
Als ein solcher ist eindeutig ein Käufer anzusehen, der ganz ohne Gründe an dem geschlossenen Vertrag nicht festhalten will und diesen Vertrag also nur „zum Spaß“ abgeschlossen hat. Als „Spaßbieter“ muss aber auch ein Käufer gewertet werden, der zwar Gründe anführt, warum er den Vertrag nicht einhalten will, dessen Einwendungen gegen den Vertrag aber eindeutig völlig unerheblich bzw. offensichtlich unbegründet sind. Ansonsten hätte es ein Käufer allein durch Nennung von Gründen – wie abwegig auch immer – in der Hand, ob er als „Spaßbieter“ zu behandeln ist oder nicht.
Kein „Spaßbieter“ kann jedoch sein, wer grundsätzlich rechtlich anerkannte Gründe dafür vorbringt, warum er an dem Vertrag nicht mehr festhalten will. Diese Gründe (Rücktritts-, Anfechtungs- oder Gewährleistungsgründe) stellt das Gesetz gerade zur Verfügung, um ein Lösen von einem eigentlich verbindlichen Vertrag aus rechtlich anerkannten Gesichtspunkten zu ermöglichen. Deswegen kann es nicht angehen, ein Berufen hierauf mittels einer „Spaßbieterklausel“ zu sanktionieren.
Dabei kann die Anwendung der Klausel nicht davon abhängen, ob im Ergebnis die Rücktritts-/Anfechtungs- oder Gewährleistungsgründe tatsächlich durchgreifen. Für eine solche Prüfung sind oftmals fundierte juristische und/oder sonstige sachverständige Kenntnisse erforderlich, über die ein Laie nicht verfügt. Es muss deswegen ausreichen, um ein „Spaßbieten“ zu verneinen, dass die vorgebrachten Gründe nicht offensichtlich ausgeschlossen sind.
a) Derartig offensichtlich unbegründete Einwendungen hat der Beklagte hier nur hinsichtlich des abweichenden Kilometerstandes erhoben.
Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Angabe eines bestimmten Kilometerstandes als Zusicherung einer Eigenschaft gewertet werden kann (grundlegend BGH, Urteil vom 25. Juni 1975, Az.: VIII ZR 244/73, NJW 1975, 1693, 1694 f.). Allerdings hat eine derartige Zusicherung – auch ohne dass es eines ausdrücklichen Hinweises bedarf – nicht den genauen Kilometerstand, sondern nur die bisherige Fahrleistung innerhalb bestimmter Grenzen zum Gegenstand (BGH, Urteil vom 25. Juni 1975 aaO).
Ein Rücktritt ist also nicht möglich, wenn die Abweichung im Ergebnis unwesentlich ist und für den Kaufentschluss von nur untergeordneter Bedeutung, weil der Wert und die Gebrauchstauglichkeit des Wagens durch eine verhältnismäßig geringe Überschreitung der angegebenen Laufleistung nicht oder jedenfalls nicht wesentlich beeinflusst wird (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2000, Az.: 8 U 49/00, Rdnr. 21, zitiert nach juris).
Hier lag die Abweichung nur bei 621 km gegenüber den in der Anzeige mitgeteilten 128.500 km, so dass es um eine Abweichung von ungefähr 1/2 Prozent ging. Das kann eindeutig und auch von einem Laien erkennbar nicht als wesentlich angesehen werden (vgl. auch OLG Oldenburg, Urteil vom 27.05.1998, Az.: 2 U 63/98, zitiert nach juris, das eine Überschreitung von 5.000 km bei einer Zusicherung von 70.000 km (= 7,1 %) noch als geringfügig angesehen hat).
b) Anders ist das jedoch bezüglich des Umstandes, dass bei der TÜV-Untersuchung vor der Übergabe festgestellt worden war, dass „geringe Mängel“ vorliegen, nämlich „Motor/Antrieb/Kühlsystem, Umweltbelastung: Getriebe Öl feucht (GM)“ (Bl. 23 der Akte), worauf der Kläger den Beklagten nicht hingewiesen hatte.
Dabei kann offen bleiben, ob tatsächlich ein Sachmangel gegeben war. Jedenfalls stellte dieser Umstand vorliegend keine eindeutig unerhebliche Einwendung dar.
Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass das Landgericht Oldenburg (Urteil vom 15.01.2004, Az.: 16 S 612/03, zitiert nach juris) bei einem fünf Jahre alten Fahrzeug mit 110.000 km einen geringen Ölverlust am Differential nicht als Sachmangel angesehen hat und das Landgericht Kassel (Urteil vom 30.06.2005, Az.: 1 S 2/05, zitiert nach juris) bei einen neun Jahre alten Fiat Punto zum Kaufpreis von 2.950,- € und einem Kilometerstand von 120.000 km unter anderem Ölverlust als übliche Verschleißerscheinung angesehen hat.
Hier ist nämlich zu berücksichtigen, dass es sich zwar auch um ein sechs Jahre altes Fahrzeug mit einem Kilometerstand von 128.500 km gehandelt hat. Allerdings wurde das Fahrzeug zu einem ganz erheblichen Preis von 25.100,- € verkauft und als „taschentuch-gepflegt“, „fehlerfrei“ und „Marke …-Scheckheft-gepflegt“ beschrieben. Es ging also nicht um irgendein älteres Gebrauchtfahrzeug, sondern um etwas Besonderes, einen „Eyecatcher“, ein „Einzelstück“, bei dem der Käufer davon ausgehen konnte, dass ein solches Fahrzeug dann tatsächlich „fehlerfrei“ ist und auch nicht den „Fehler“ hat, dass das Getriebe ölfeucht ist.
Unabhängig davon, ob diese Ölfeuchte im Ergebnis tatsächlich als Sachmangel gewertet werden könnte, kann bei einem solchen Fahrzeug das Berufen hierauf nicht als offensichtlich unbegründet angesehen werden.
5. Die Geltendmachung der Vertragsstrafe wäre schließlich auch deswegen ausgeschlossen, weil sich der Beklagte mit seiner Verbindlichkeit nicht in Verzug befand, da der Kläger keine Mahnung ausgesprochen und die Geltendmachung der Vertragsstrafe nicht angekündigt hatte.
a) Ein Anspruch aus einer Vertragsstrafe wird nach § 339 Satz 1 BGB mit Verzug des Schuldners (hier also des Beklagten) mit seiner Verbindlichkeit – Abnahme und Bezahlung des Pkws – verwirkt.
Dabei tritt Verzug grundsätzlich nur nach einer Mahnung des Verkäufers (des Klägers) ein. Eine solche liegt hier nicht vor. Der Kläger hat den Beklagten zu keinem Zeitpunkt nach Fälligkeit, also nach der vereinbarten Abholung des Fahrzeugs am 04.06.2013, aufgefordert, das Fahrzeug abzunehmen und zu bezahlen, sondern er hat mit Anwaltsschreiben vom 25.07.2013 sogleich seinen Anspruch auf Vertragsstrafe geltend gemacht.
b) Vorliegend kann auch nicht nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB davon ausgegangen werden, dass eine Mahnung entbehrlich war, weil der Beklagte mit seiner „WhatsApp“-Mitteilung, dass er vom Kaufvertrag zurücktrete, weil das Fahrzeug nach der Auktion noch ca. 650 km gefahren worden und die TÜV-Untersuchung „mit Mängeln sei“, seine Leistung endgültig und ernsthaft verweigert habe.
An das Vorliegen einer Erfüllungsverweigerung im Sinne des § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Schuldner muss die Erfüllung des Vertrages gegenüber dem Gläubiger unmissverständlich, endgültig und ernstlich ablehnen, so dass für den Gläubiger nicht zweifelhaft sein darf, dass er unter keinen Umständen mehr mit einer freiwilligen Leistung rechnen kann. Die Fristsetzung bzw. Mahnung darf nur noch als leere Formalität erscheinen. Der Schuldner muss eindeutig und gewissermaßen als „sein letztes Wort“ den Willen zum Ausdruck gebracht haben, dass er seine Vertragspflichten nicht erfüllen werde (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012, Az.: VII ZR 148/10, BGHZ 193, 315-326, ZIP 2012, 1463; BeckOK-Unberath, BGB, Stand: 01.03.2011, § 281 Rdnr. 22; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Auflage, § 286 Rdnr. 24, § 281 Rdnr. 14).
Zwar kann es für die Annahme einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung genügen, wenn der Schuldner ungerechtfertigter Weise erklärt, vom Vertrag zurücktreten zu wollen (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012, Az.: VII ZR 148/10 aaO). Mit einem solchermaßen rechtsgrundlosen Ansinnen bringt der Kunde jedoch nicht per se zum Ausdruck, an der Durchführung des Vertrages unumstößlich kein Interesse mehr zu haben. Gerade dann, wenn der Käufer in der irrtümlichen Annahme vom Vertrag zurücktritt, hierzu ohne weiteres berechtigt zu sein, kann er in Anbetracht der mit einer Mahnung verbundenen Warnung seine Entscheidung im Hinblick auf die Konsequenzen seines Handelns – hier: die Verwirkung einer Vertragsstrafe von 20 % des Kaufpreises – durchaus auch noch überdenken (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 18. Juni 2013, Az.: 4 U 23/13, Rdnr. 64, zitiert nach juris).
Mit der erwähnten „WhatsApp“-Nachricht hat der Beklagte zwar auch den Rücktritt von dem Kaufvertrag erklärt, er hat aber vor allem und erstmalig Punkte aufgeführt, die seiner Ansicht nach Mängel des Fahrzeuges darstellten. Ob diese Beanstandungen tatsächlich vorlagen, ob sie unerheblich oder von Bedeutung und ob sie behebbar waren, war zu diesem Zeitpunkt ebenso offen wie die Frage, ob der Rücktritt berechtigt war und wie der Kläger auf diese Mängelanzeige reagieren würde. Bei dieser Sachlage kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, ob der Beklagte endgültig seine Leistung nicht mehr erbringen wollte.
Es wäre deshalb eine Mahnung des Klägers dahingehend erforderlich gewesen, den Beklagten zur Abnahme und Bezahlung des Fahrzeugs aufzufordern und anzukündigen, ansonsten von der Vertragsstrafenregelung Gebrauch zu machen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; das Rechtsmittel des Klägers hatte keinen Erfolg. Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, 713, 26 Nr. 8 EGZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 GKG, 3 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 ZPO.