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Sprengstoffgesetz – Wiederladegenehmigung und Nebenbestimmungen

VERWALTUNGSGERICHT des SAARLANDES

Az.: l K 122/97 – vormals l K 54/95

Urteil verkündet am 28.10.1997

Rechtskräftig


In dem Verwaltungsrechtsstreit wegen sprengstoffrechtlicher Auflage hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes in Saarlouis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 6. Oktober 1997 für Recht erkannt:

1. Die Erlaubnis nach § 27 des Sprengstoffgesetzes (SprengG) des Beklagten Nr. 88/93 vom 15.09.1993 wird insoweit aufgehoben, als dort unter III. 8. folgendes geregelt ist: „Es dürfen nur Patronen für den eigenen Bedarf geladen bzw. wiedergeladen werden. Die Abgabe an andere ist unzulässig“; der Widerspruchsbescheid des Ministeriums für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 02.02.1995 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

3. Insoweit ist das Urteil vorläufig, vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Der am 05.10.1969 geborene Kläger beantragte beim Beklagten am 16.07.1993 die Erteilung einer Erlaubnis nach § 27 SprengG. Als Grund gab er an, für das Laden und Wiederladen von Patronenhülsen und den Umgang mit Treibladungspulver .zum Vorderladerschießen 15 kg Nitrozellulosepulver und 5 kg Schwarzpulver zu benötigen. Er sei Mitglied bei den SG zu Zweibrücken.

Der Beklagte erteilte mit Schreiben vom 15.09.1993 die beantragte Erlaubnis. Unter III 8. ist folgender Zusatz .enthalten: „Es dürfen nur Patronen für den eigenen Bedarf geladen bzw. wiedergeladen werden. Die Abgabe an andere ist unzulässig.

Gegen den mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen und dem Kläger am 16.09.1993 zugestellten Bescheid erhob er am 18.10.1993, einem Montag, hinsichtlich der Bestimmung III Nr. 8 Widerspruch. Er begründete den Widerspruch damit, daß er die Patronen nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern auch für den eines Vereinskollegen wiederladen wolle. Dieser Vereinskollege besitze weder eine Genehmigung noch eine Ausrüstung zum Wiederladen. Er – der Kläger – wolle seine Tätigkeit in einer Größenordnung von ca. 100 Schuß pro Monat nicht-gewerblich ausüben. Grund für seine Tätigkeit sei der niedrige Preis für selbstgeladene Munition und eine exakte Abstimmung auf die jeweilige Waffe.

Das Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales wies den Widerspruch durch Bescheid vom 02.02.1995 zurück. Es führte darin aus, die Widerspruchsfrist sei eingehalten, da das Fristende, der 16.10.1993, auf einen Samstag gefallen und gemäß §§ 57 Abs. l VwGO, 220 ZPO der folgende Montag, folglich der Tag der Einlegung des Widerspruchs, Fristende gewesen sei. Der Widerspruch sei unbegründet, denn die angefochtene Auflage sei rechtmäßig. Das Weitergeben von selbstgeladener Munition sei von § 27 SprengG nicht umfaßt. Diese Regelung sei im Lichte von § 7 SprengG gesetzeskonform auszulegen. Die Weitergabe selbstgeladener Munition an Dritte sei ausgeschlossen, denn hätte der Gesetzgeber die Weitergabe selbstgeladener Munition an Dritte gewollt, wie er es in § 7 SprengG erlaubt habe, hätte er eine entsprechende Regelung in § 27 ausdrücklich aufnehmen müssen. Dia Sprengstoffreferenten des Bundes und der Länder hätten sich auf ihren Sitzungen am- 02.10. 1980 und 17.11.1983 in Bonn hierauf verständigt. Dies gelte auch dann, wenn die hergestellte Munition kostenlos an Sportkameraden weitergegeben werde.

Am 02.03.1995 hat der Kläger Klage erhoben. Er begründet die Klage im wesentlichen damit, daß er ohne weiteres diese Munition auch. an Dritte weitergeben dürfte, wenn er im Besitz einer waffenrechtlichen Munitionserwerbsberechtigung wäre. Es sei nicht einsichtig, warum ihm dies nicht mit legal wiedergeladener Munition erlaubt sei. Es bestehe kein Unterschied zwischen wiedergeladener und fabrikneuer Munition im Hinblick auf die Rechtslage des Erwerbs und Überlassens. In der Praxis sei es unter Sportschützen üblich, daß Munition zur Verbesserung der Schießpräzision und aus Kostengründen selbst wiedergeladen werde. Das Sprengstoffgesetz kenne nur eine Einschränkung für den Fall, daß dieses Überlassen in gewerblicher Weise geschehe. Hierfür bestünden .aber keine Anhaltspunkte. § 27 SprengG enthalte keine Einschränkung, weil das Überlassen von Munition nicht dem Sprengstoffgesetz unterfalle Vielmehr finde das Waffengesetz Anwendung, denn in dem Moment, in dem die wiedergeladene Munition hergestellt sei, falle sie ausschließlich unter die Regelungen des Waffengesetzes.

Die Zuverlässigkeitsvoraussetzungen des Waffenrechts und des Sprengstoffrechts seien identisch, so daß keine Rede davon sein könne, das Sprengstoffrecht stelle geringere Anforderungen. Vielmehr müsse derjenige, der eine Genehmigung erhalten wolle, einen Lehrgang und eine Abschlußprüfung ablegen.

Der Kläger beantragt wörtlich, unter Aufhebung der Beschränkung in Ziff. 8 der Wiederladegenehmigung des Klägers Nr. 88/93, ausgestellt durch den Beklagten am 15,09.1993, in der Form des Widerspruchsbescheides des Ministeriums für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 02.02.1995 den Beklagten zu verpflichten, ihm -dem Kläger- eine insofern unbeschränkte Genehmigung zum Laden und Wiederladen von Patronen nach § 27 SprengG zu erteilen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich auf die seines Erachtens zutreffenden Bescheide und trägt ergänzend vor, daß die Frage des Überlassens in § 22 SprengG geregelt sei. Die Auflage sei deshalb rechtmäßig, weil durch die Beschränkung eine Gefährdung Dritter ausgeschlossen werden solle Patronen, die gewerblich erworben würden, seien in sicherheitstechnischer Hinsicht geeigneter und unbedenklicher. Wiedergeladene Munition erfülle nicht in vollem. Umfang .den Sicherheitsstandard, die die gewerblich hergestellten und erstmals zu verschießenden Patronen aufwiesen. Die Anforderungen, die das Waffengesetz an die Munitionserwerbsberechtigung knüpfe, seien bedeutend höher als diejenigen, die das Sprengstoffgesetz an eine aufgrund des § 27 zu erteilende Erlaubnis stelle. Treibladungspulver dürfe nur Erlaubnisinhabern überlassen werden, die nach dem konkreten Genehmigungsinhalt noch Mengenkapazitäten, frei hätten. Ein Überlassen an Nichtberechtigte sei nur für die Personengruppe der Auszubildenden auf der Schießstätte zu deren unmittelbaren Verbrauch statthaft (§ 22 SprengG).

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung ‚einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf .den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Entscheidung war.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die nach Kammerbeschluß gemäß § 6 Abs, l VwGO der Berichterstatter als Einzelrichter zu entscheiden hatte, ist nach entsprechender Auslegung als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. l 1. Alt. VwGO) gegen die im Bescheid vom 15.09.1993 enthaltene Nebenbestimmung Nr. III 8 („Es dürfen nur Patronen für den eigenen Bedarf geladen bzw. wiedergeladen werden. Die Abgabe an andere ist unzulässig.“) zu verstehen.

Bei dieser Nebenbestimmung handelt es sich nicht um eine untrennbar mit der Entscheidung verknüpfte Bedingung, sondern um eine Auflage (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 SVwVfG), die eine zusätzlich mit dem Verwaltungsakt der Genehmigungserteilung verbundene, selbständig erzwingbare hoheitliche Anordnung enthält (zu dieser Definition Kopp, VwVfG, 5. Aufl. § 36 Rdnr. 29). Sie ist nicht integrierender Bestandteil des Verwaltungsakts, sondern tritt als selbständige Regelung zum Hauptinhalt des Verwaltungsakts hinzu und ist für dessen Bestand und Wirksamkeit ohne unmittelbare Bedeutung (Kopp, a.a.O., m.w.N.). Insoweit ist sie selbst Verwaltungsakt allerdings von der Regelung des Hauptverwaltungsakts abhängig (streitig; vgl. zum Meinungsstand Kopp a.a.O. m.w.N.). Diese konkrete Auflage verlangt vom Kläger unabhängig von seiner Sprengstoffrechtlichen Erlaubnis, Sprengmittel erwerben und bearbeiten zu können, ein zusätzliches .Verhalten, nämlich dasjenige, das Ergebnis dieser Sprengstoff rechtlichen Erlaubnis, nämlich die (wieder)hergestellten Patronen, nur für eigene Zwecke zu verwenden. Die Inhalte beider Regelungen sind somit ohne weiteres trennbar, auch wenn sie in gewisser Abhängigkeit zueinander stehen.

Als solch trennbarer Teil des Hauptverwaltungsakts ist die belastende Auflage isoliert anfecht- und aufhebbar (BVerwG, Urteil vom 12.03.82, 8 C 23/80, NJW 82, 2269; zum Diskussionsstand auch Stornier DVBl. 96, 81). Als Klageart kommt daher nicht die vom Kläger wörtlich erhobene Verpflichtungs-, sondern die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. l 1. Alt. VwGO in Betracht. Da in der vom Kläger am 02.03.95 erhobenen Klage der Antrag auf Anfechtung der Nebenbestimmung Nr. III 8 mitenthalten ist, bestehen keine rechtlichen Hindernisse an der Auslegung des Klageantrags dahingehend, daß der Kläger -isoliert- die Aufhebung der Auflage begehrt, er dürfe Patronen nur für den eigenen Bedarf laden bzw. wiederladen und die Abgabe an andere sei unzulässig (vgl. auch zu dieser gebotenen Auslegung den Schriftsatz des Klägers vom 27.07.1995, Bl. 21 der Akte).

Die auch ansonsten zulässige Klage ist begründet (§ 113 Abs. l Satz l VwGO), denn die Auflage ist als eigenständige Regelung des § 35 Satz l SVwVfG rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist § 27 Abs. 2 Satz 2 SprengG. Hiernach kann eine Sprengstoffrechtliche Erlaubnis nach § 27 Abs. l SprengG, wie sie der Kläger erhalten hat, mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder von erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für Dritte erforderlich ist.

Die Erteilung einer solchen Auflage steht im Ermessen der nach Sprengstoffgesetz zuständigen Behörde, hier des Beklagten. Unabhängig davon, daß weder im Bescheid des Beklagten noch im Widerspruchsbescheid eine Betätigung des Ermessens erkennbar wird, hat der Beklagte bei der Ausübung seines Ermessens den rechtlichen Rahmen nicht beachtet. Er darf nämlich keine Auflage erlassen, die anderem, somit außerhalb des § 27 Abs. 2 Satz 2 SprengG niedergelegtem, geltendem Recht widerspricht, was er aber im konkreten Fall getan hat.

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Was den rechtlichen Rahmen angeht, in den sich die vom Beklagten erlassene Auflage bewegen muß, ist zunächst von Bedeutung, daß die mit der Auflage angeordnete Regelung, die Munition nur für den eigenen Gebrauch zu nutzen und nicht anderen zu überlassen, materiell-rechtlich keine sprengstoffrechtliche ist. Das SprengG gilt gemäß § l Ahs-: l nämlich nur für explosionsgefährliche Stoffe, soweit sie zur Verwendung als Sprengstoffe, Treibstoffe, Zündstoffe, pyrotechnische Sätze oder zu deren Herstellung bestimmt sind. Es gilt nach §. l Abs. 4 Nr. 4 gerade nicht für (fertige) Munition, es sei denn, es handelt sich ^abei um das Bearbeiten und Vernichten von Munition sowie um das Wiedergewinnen explosionsgefährlicher Stoffe aus solcher Munition. Ein Bearbeiten, Vernichten oder Wiedergewinnen ist. Das Überlassen der Munition aber nicht. Ein Bearbeiten setzt einen bereits vorhandenen Gegenstand voraus und bezeichnet jede Art von dessen körperlicher Behandlung. Die Arbeitsgänge sind dabei auf eine Veränderung des bereits-fertigen oder zumindest vorgearbeiteten Gegenstands gerichtet, wobei bei der Munitionsveränderung das Verschießen anderer als der vom Hersteller ursprünglich vorgesehenen Munition ermöglicht werden soll (z. B. anderskalibrige Munition oder Nitroglyzerinpulver-Patronen anstelle der bisherigen Schwarzpulver-Patronen, Steindorf, Waffengesetz, 6. Aufl. 1995, § 7 Rdnrn. 9 und 14).

Vernichten umfaßt die Vorgänge, durch die der explosionsgefährliche Stoff unwirksam gemacht wird, ohne dabei für seinen bestimmungsgemäßen Zweck verwendet werden zu müssen (vgl. Steindorf in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand Januar 1995, SprengG, § 3 Anmerkung 5).

Beim vom Kläger gewollten und vom Beklagten verbotenen Überlassen der Munition handelt es sich eindeutig nicht um solche Tätigkeiten, für die selbst bei fertiger Munition das Sprengstoffgesetz noch gilt.

Vielmehr ist die Munition, die der Kläger mittels explosionsgefährlicher Stoffe sprengstoffrechtlich formell legal herstellen darf, eine solche des § 2 des Waffengesetzes (WaffG), denn die wiedergeladenen Patronen enthalten Ladungen und Geschosse. Insoweit verkennt der Beklagte die Rechtslage, wenn er die Frage der Rechtmäßigkeit des Überlassens von Munition mit. Hilfe der §§ 27, 22 SprengG beantworten will. Diese Vorschriften betreffen allein den Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen, folglich solchen Materialien, mit denen eine Munitionsherstellung erst möglich ist und für die das SprengG als Sonderpolizeirecht Regelungen enthält. Aus § l Abs. 4 Nr. 4 SprengG ergibt sich eindeutig, daß fertige Munition -egal ob fabrikmäßig oder privat (wieder) hergestellt- gerade keine explosionsgefährlichen Stoffe sein sollen, sondern allein den Regeln des Waffengesetzes unterworfen sind. Die Argumentation des Beklagten ist daher nur insoweit zutreffend, als der Umgang und somit das Überlassen explosionsgefährlicher Stoffe nur -an bestimmte Personen rechtlich möglich ist, und daß Sportkameraden des Klägers zu diesen Personen wohl in der Regel nicht gehören, weil sie keine sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse haben (vgl. § 22 SprengG). Auf fertige Munition hingegen sind diese Regelungen -insoweit ist dem Kläger zuzustimmen- nach dem eindeutigen Wortlaut des § l Abs. 4 Nr, 4 SprengG nicht anwendbar.

Bei dieser Rechtslage wäre -die Frage der waffenrechtlichen Zuständigkeit des Beklagten zunächst ausgeklammert- eine Rechtmäßigkeit der Auflage, die einen rein waffenrechtlichen Sachverhalt regelt, allenfalls dann denkbar, wenn sie dem materiellen Waffenrecht nicht widerspräche. Dies ist aber nicht der Fall.

Das für das Überlassen von Munition allein anwendbare WaffG rechtfertigt die vom Beklagten erlassene Auflage nämlich nicht. § 7 WaffG regelt zwar das Überlassen von Munition an andere und macht diese von einer gesonderten Genehmigung (Waffenhandelserlaubnis) abhängig. Diese Vorschrift betrifft aber nur das gewerbsmäßige oder das im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung notwendige Überlassen, nicht jedoch das lediglich gelegentliche und ohne Gewinnerzielungsabsicht erstrebte Überlassen an andere wie im Fall des Klägers.

Für die nichtgewerbliche Tätigkeit gilt § 41 WaffG. Dort ist aber weder der Handel noch das Überlassen von Munition geregelt. Der Wortlaut stellt nur auf die Herstellung von Schußwaffen ab, und Munition ist nach der Definition des § 2 WaffG etwas anderes. Daß der Gesetzgeber die Munition dort nicht erwähnt hat, ist kein Redaktionsversehen, denn eine Anwendung der Erlaubnispflicht nach § 41 Abs. l WaffG auf die nichtgewerbliche Herstellung von oder dem Umgang mit Munition ist nicht erforderlich, da nur der Inhaber einer Sprengstofferlaubnis die benötigten Treibladungsstoffe erhält (Steindorf, a.a.O., § 41 Rdnr. 1). Da -wie unten noch näher erläutert wird- strenge Anforderungen an den Inhaber einer Sprengstofferlaubnis zu stellen sind, wird keine Notwendigkeit gesehen, das Überlassen von selbst hergestellten Munition wie dasjenige der Herstellung von Schußwaffen zu regeln. § 41 WaffG ist somit auch keine Rechtfertigung für die Auflage des Beklagten.

Entscheidend ist, daß für den Bereich der (nicht gewerblichen) Munitionsüberlassung eine eigene waffenrechtliche Regelung existiert. In § 34 Abs. l WaffG ist nämlich ausgeführt, daß Schußwaffen und Munition, zu deren Erwerb es ihrer Art nach einer Erlaubnis bedarf, nur Personen überlassen werden dürfen, die nach diesem Gesetz oder nach einer Rechtsverordnung aufgrund des § 6 WaffG zum Erwerb berechtigt sind und diese Berechtigung nachweisen können (§ 34 Abs. 2 WaffG). Das Waffengesetz macht somit das i legale überlassen von Munition allein von der Person des Empfängers abhängig. Einem Schießsportkameraden kann die Munition gar ohne entsprechende Erlaubnis übergeben werden, wenn er_ sie ausschließlich zum sofortigen Gebrauch auf der Schießstätte erwirbt (§§ 29 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 28 Abs. 4 Nr. 6 WaffG). Eine eigene Erlaubnispflicht für die Übergabe oder weitere Einschränkungen hat der Gesetzgeber außer für den Fall des gewerbsmäßigen Überlassens, das nach § 34 Abs. l Satz 3 WaffG nur in verschlossenen Packungen möglich ist, nicht für notwendig erachtet.

Zudem ist seitens des „Abgebers“ rechtlich gewährleistet, daß auch dieser eine Erlaubnis hat. In der Regel wird er entweder über eine Munitionserwerbsberechtigung verfügen, denn nur so kommt er in den Besitz von Munition, oder er kann eine sprengstoffrechtliche Erlaubnis zum Herstellen von Munition vorweisen. Derjenige, der Munition selbst herstellt, bedarf keiner Munitionserwerbsberechtigung, denn er erwirbt diese Gegenstände nicht.

Das Gesetz macht insoweit auch keinen Unterschied zwischen fabrikmäßig hergestellter und selbst hergestellter Munition. Dies war auch nicht erforderlich, denn die nichtgewerbliche Wiederladeerlaubnis darf nach § 27 SprengG nur einem Personenkreis erteilt .werden, der die dort genannten strengen Voraussetzungen, (auch hinsichtlich der Fachkunde, vgl. hierzu die detaillierten Regelungen der §§ 8 und 9 SprengG und der §§29 ff. der 1. SprengV) erfüllt. Das öffentliche Interesse an der Sicherheit der mit Munition nichtgewerblich Umgehenden ist nach Ansicht des Gesetzgebers mit diesem Zusammenspiel waffen- und sprengstoffrechtlicher Regelungen erfüllt, ohne daß es im Grundsatz weiterer Einschränkungen bedürfte.

Dieses Ergebnis wird auch durch § 20 Abs. 3 Satz 6 3. WaffV bestätigt. Dort ist zu lesen, daß das Überlassen von Munition, die nichtgewerbsmäßig wiedergeladen wird, durch den „Wiederlader“ an einen Dritten eine Kennzeichnungspflicht nur dann hervorruft, wenn der Dritte -nicht Mitglied der jagdlichen oder schießsportlichen Vereinigung ist, der der „Wiederlader“ angehört. Dies bedeutet, daß auch der Verordnungsgeber davon ausgeht, daß es keine weiteren Einschränkungen des § 34 WaffG gibt und er sogar die für gewerblich wiedergeladene Munition geltenden Kennzeichnungspflichten bei Überlassungen innerhalb eines Vereins nicht für erforderlich ansieht.

Da weitere Einschränkungen für nichtgewerbliches Überlassen nichtgewerblich legal wiedergeladener Munition nicht ersichtlich sind, ergibt, sich somit aus waffenrechtlichen Vorschriften, daß es formell, das heißt ohne gesonderte Genehmigung, und materiell -ohne Verstoß gegen zwingende rechtliche Normen- legal ist, diese Munition an Berechtigte weiterzugeben, wobei keine Unterscheidung zwischen „normaler“ und wiedergeladener Munition getroffen wird.

Hieraus folgt aber auch, daß es einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Art 2 Abs. l GG darstellt, wenn die Verwaltung gerade dieses Überlassen verbietet, Eingriffe der Verwaltung in das Grundrecht des Art. 2 Abs. l GG können rechtlich einwandfrei jedoch nur vorgenommen werden, wenn eine Ermächtigungsgrundlage besteht. Die Grundentscheidung muß der Gesetzgeber selbst treffen, der den Eingriff auch bestimmt genug zu formulieren hat. Hätte das Waffengesetz eine Einschränkung des Überlassens von Munition außerhalb der Regelung des § 34 WaffG gewollt, hätte es dies als Eingriff in Art. 2 Abs. l GG konkret regeln müssen. Dies ist nicht geschehen. Sieht die Verwaltung demgegenüber konkreten Handlungsbedarf -und der Hintergrund für die Auflage ist durchaus verständlich-, kann sie diesen bei fehlender- gesetzlicher Ermächtigung nicht auf die allgemeine Grundlage einer Auflagenermächtigung stützen. Die Verwaltung schafft mit ihrer Auflage faktisch ein eigenes Tatbestandsmerkmal, das der Gesetzgeber – hätte er auch ein solches gewollt – in § 34 WaffG selbst hätte aufstellen müssen. Der Gesetzgeber hat aber an das Überlassen von Munition weder einen Auflagen- oder Erlaubnisvorbehalt noch eine Verbotsnorm geknüpft. Der Beklagte verbietet somit etwas, was das Gesetz grundsätzlich erlaubt. Hierfür kann aber ein allgemeiner Auflagenvorbehalt keine Rechtsgrundlage sein, vor allem dann nicht, wenn sich dieser Auflagenvorbehalt weder in der einschlägigen Norm des § -34 WaffG, noch überhaupt im Waffengesetz befindet. Auch § 41 WaffG kann nämlich nicht eingreifen, weil sich der dort geregelte Auflagenvorbehalt lediglich auf die hier nicht einschlägige nichtgewerbsmäßige Waffenherstellungserlaubnis bezieht.

Der Beklagte beruft sich zudem auf eine sprengstoffrechtliche Grundlage, knüpft somit eine materiell waffenrechtliche Regelung, für die es im Waffengesetz keine Grundlage gibt, an eine Sprengstoffrechtliche Erlaubnis. Die von ihm materiell geregelte Frage des Überlassens von fertiger Munition an Dritte ist aber keine des Sprengstoffrechts, und somit geht die Auflage inhaltlich über den Sprengstoff- und waffenrechtlich gesetzten Rahmen hinaus. Sie ist allein deshalb rechtswidrig.

Zudem ist es äußerst fraglich, ob der Beklagte als waffenrechtlich unzuständige Behörde (vgl, § l der DVO zum WaffG) eine solche Regelung überhaupt hätte treffen dürfen,

Die Behauptung des Beklagten, die Sprengstoffreferenten des Bundes und der Länder hätten übereinstimmend die Auffassung vertreten, eine solche, vom Kläger angegriffene Auflage entspreche geltendem Recht, kann kein anderes Ergebnis begründen, denn zum einen begründet er diese Auffassung nicht näher und zum anderen ist dies eine andere, abweichende Rechtsansicht der Exekutive, die die Gerichtsbarkeit nicht bindet.

Entbehrt die Auflage somit einer Rechtsgrundlage, ist sie rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Recht aus Art. 2 Abs. l GG.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. l VwGO; die Entscheidung über, die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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