BUNDESGERICHTSHOF
Az.: VIII ZR 23/08
Urteil vom 17.12.2008
Vorinstanzen:
AG Offenbach am Main, Az.: 350 C 514/06, Entscheidung vom 18.05.2007
LG Darmstadt, Az.: 6 S 104/07, Entscheidung vom 23.11.2007
In dem Rechtsstreit hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2008 für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 23. November 2007 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte für den Monat Juli 2005 zur Zahlung von 407,44 € nebst Zinsen verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Beklagte mietete vom Kläger mit Vertrag vom 24. Mai 1996 eine Wohnung in H. . Die monatliche Miete belief sich auf umgerechnet 434,60 € zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung von umgerechnet 92,03 €. Gemäß Ziffer 6 der schriftlichen Zusatzvereinbarung vom 24. Mai 1996 erhöhte sich die monatliche Miete jedes Jahr um 25,56 € (50 DM), erstmals ab dem 1. Juli 1998. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit dieser Staffelmietvereinbarung.
Der Kläger hat nicht jede Staffelmieterhöhung geltend gemacht und verlangt seit dem 1. Januar 2005 eine monatliche Miete von 536,84 €. Er hat Zahlung rückständiger Miete für den Zeitraum von Juli 2005 bis Dezember 2006 in Höhe von insgesamt 2.642,60 € nebst Zinsen begehrt (davon 407,44 € restliche Miete für den Monat Juli 2005); der Beklagte hat im Wege der Widerklage Erstattung seiner Auffassung nach für den Zeitraum Januar 2003 bis Oktober 2005 zuviel gezahlter Miete in Höhe von 3.118,64 € nebst Zinsen verlangt. Das Amtsgericht hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 194,53 € nebst Zinsen verurteilt und der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert, der Klage insgesamt stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat nur den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg, im Übri-gen ist sie unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung rück-ständiger Miete zu. Die Staffelmietvereinbarung verstoße zwar gegen § 10 Abs. 2 MHG. Dies habe jedoch nicht die Nichtigkeit der Staffelmietvereinbarung insgesamt zur Folge. Denn Staffelmietvereinbarungen seien nach der gesetzlichen Regelung in § 10 MHG nicht grundsätzlich verboten, sondern zulässig und nur in ihrer Wirksamkeit auf zehn Jahre begrenzt. Bei trennbaren Teilen einer Vereinbarung sei im Übrigen gemäß § 134 BGB auch nur der vom Verbotsgesetz erfasste Teil unwirksam; die Teilnichtigkeit könne nicht weiter reichen als das Verbotsgesetz. Deshalb sei eine zeitlich unbegrenzte Staffelmiete für die Dauer von zehn Jahren wirksam und lediglich der darüber hinausgehende Teil unwirksam. Dafür spreche auch die Regelung des § 557a BGB nF, der eine zeitliche Begrenzung nicht mehr vorsehe.
Dem Kläger stehe daher grundsätzlich die geltend gemachte rückständige Miete zu, während die Widerklage auf Rückerstattung überzahlter Beträge abzuweisen sei.
Soweit der Kläger bezüglich der Julimiete 2005 nicht das vollständige Guthaben des Beklagten aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2004 in Abzug gebracht, sondern hiergegen mit Mietrückständen aus dem Jahr 2004 in Höhe von 481,23 € aufgerechnet habe, sei auch diese Vorgehensweise rechtens, da der Beklagte die Richtigkeit dieser noch ausstehenden Forderung von 481,23 € in seinem Schreiben vom 31. Oktober 2004 anerkannt habe.
II.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält – mit Ausnahme der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der (restlichen) Miete für Juli 2005 – rechtlicher Nachprüfung stand. Der Beklagte ist, was die weiteren vom Kläger im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Mietrückstände betrifft, gemäß § 535 Abs. 2 BGB zur Zahlung verpflichtet; der mit der Widerklage geltend gemachte Bereicherungsanspruch (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) auf Erstattung geleisteter Mietzahlungen steht ihm hingegen nicht zu.
1.
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Staffelmietvereinbarung für den im vorliegenden Rechtsstreit streitigen Zeitraum wirksam ist, so dass dem Beklagten, soweit er die aus der Vereinbarung sich ergebenden Erhöhungsbeträge entrichtet hat, kein Rückforderungsanspruch wegen überzahlter Miete zusteht, der Kläger hingegen die noch nicht gezahlten Erhöhungsbeträge nachfordern kann.
a) Zwar verstößt die hier vereinbarte – zeitlich nicht begrenzte – Staffelmiete gegen die im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags maßgebliche Vorschrift des § 10 Abs. 2 Satz 2 MHG. Danach darf die Vereinbarung einer gestaffelten Miete – anders als nach der seit dem 1. September 2001 gemäß § 557a BGB geltenden Regelung – nur einen Zeitraum bis zehn Jahren umfassen.
b) Dem Berufungsgericht ist aber darin beizupflichten, dass dieser Verstoß nicht zur Nichtigkeit der gesamten Vereinbarung zur Staffelmiete mit der Folge führt, dass der Beklagte jeweils nur die Ausgangsmiete schuldet. Entgegen der von der Revision und einem Teil der Instanzgerichte vertretenen Auffassung (LG Berlin, GE 2004, 625 – Zivilkammer 63 – sowie GE 2003, 325 – Zivilkammer 62 -; LG Gießen, WuM 1994, 693) ist auch eine unter der Geltung des MHG ohne zeitliche Begrenzung individualvertraglich vereinbarte Staffelmiete nur insoweit unwirksam, als sie über die damalige zulässige Höchstdauer von zehn Jahren hinausgeht (so auch LG Berlin, GE 1991, 781 – Zivilkammer 67; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 6. Aufl., Rdnr. C 518a; Blank/Börstinghaus, Miete 1. Aufl. § 10 MHG Rdnr. 22; Soergel/Heintzmann, BGB, 12. Aufl., § 10 MHG Rdnr. 12; Barthelmess, WKSchG, 5. Aufl., § 10 MHG Rdnr. 82; wohl auch MünchKommBGB/Voelskow, 3. Aufl., § 10 MHG Rdnr. 20, unter Hinweis auf die ähnliche Problematik bei Preisvorschriften).
Das Berufungsgericht hat zutreffend einen Fall bloßer Teilnichtigkeit angenommen, weil die (damalige) gesetzliche Regelung Staffelmietvereinbarungen nicht grundsätzlich verbot, sondern nur eine zehn Jahre übersteigende Bindung der Parteien untersagte. Gemäß § 139 BGB führt die Teilnichtigkeit jedoch nicht zur Gesamtnichtigkeit des Rechtsgeschäfts, wenn anzunehmen ist, dass die Parteien es auch ohne den nichtigen Teil abgeschlossen hätten.
Dies ist hier offensichtlich der Fall. Die Vereinbarung einer Staffelmiete bietet für beide Parteien für einen langen Zeitraum Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Miethöhe und ist auch für den Mieter insoweit vorteilhaft, als Mieterhöhungen wegen Modernisierung und nach dem Vergleichsmietensystem während der Laufzeit der Staffelmietvereinbarung ausgeschlossen sind (§ 10 Abs. 2 Satz 2 MHG bzw. nach jetziger Regelung § 557a Abs. 2 Satz 2 BGB). Mangels anderer Anhaltspunkte ist daher anzunehmen, dass die Parteien, wenn ihnen die zeitliche Begrenzung des § 10 Abs. 2 MHG bekannt gewesen wäre, nicht von einer Staffelmietvereinbarung insgesamt Abstand genommen, sondern stattdessen eine Staffelmietvereinbarung mit der höchstmöglichen zeitlichen Begrenzung geschlossen hätten.
c) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Staffelmietvereinbarung auch nicht deshalb unwirksam, weil sie mangels einer schriftlichen Regelung über die Dauer der Staffelmiete bzw. wegen einer fehlenden Befristung nicht den Mindestinhalt aufwiese, der der Formvorschrift des § 10 Abs. 2 MHG zu entnehmen sei. Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 MHG kann der Mietzins für bestimmte Zeiträume in unterschiedlicher Höhe schriftlich vereinbart werden. Den sich daraus ergebenden Anforderungen an die Schriftform (§ 126 BGB) wird die schriftliche Zusatzvereinbarung der Parteien vom 24. Mai 1996 jedoch gerecht, denn sie legt eine jährliche Mieterhöhung der Ausgangsmiete um jeweils 25,56 € ab dem 1. Juli 1998 fest, so dass die unterschiedliche Miete für jeweils bestimmte Zeiträume in der Vertragsurkunde geregelt ist.
2.
Zu Unrecht rügt die Revision ferner, dass die Berufung, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage bezüglich der Mietforderung für Juli 2005 richtete, bereits unzulässig gewesen sei, weil der Kläger das Rechtsmittel in diesem Punkt nicht ordnungsgemäß begründet habe. Das Amtgericht hat die Klage insoweit abgewiesen, weil der Beklagte nur die Ausgangsmiete von 434,60 € zuzüglich Nebenkosten geschuldet habe, die durch Aufrechnung mit dem Nebenkostenguthaben 2004 beglichen worden sei. Die vom Kläger zuvor gegenüber dem Nebenkostenguthaben 2004 erklärte Aufrechnung mit Mietrückständen in Höhe von 481,23 € sei ins Leere gegangen, weil es mangels wirksamer Staffelmietvereinbarung keine Mietrückstände des Beklagten gegeben habe. Mit der Begründung, die Staffelmietvereinbarung vom 24. Mai 1996 sei wirksam, hat der Kläger das Urteil des Amtsgerichts mithin auch bezüglich der Abweisung der Julimiete angegriffen.
3.
Mit Erfolg beanstandet die Revision hingegen, dass das Berufungsgericht von der Miete für Juli 2005 nicht das vollständige Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2004 abgesetzt hat, weil es angenommen hat, der Kläger habe seinerseits hiergegen bereits zuvor mit einem – vom Beklagten durch das Schreiben vom 31. Oktober 2004 anerkannten – Saldo in Höhe von 481,23 € aus Mietrückständen aus dem Jahr 2004 wirksam aufgerechnet. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass der Beklagte in dem genannten Schreiben eine Zahlung des Betrages von 481,23 € gerade ablehnt und lediglich ausführt, dass er diese Summe „unter normalen Umständen“ sofort gezahlt hätte. Daraus ergibt sich – wie die Revision zu Recht rügt – kein Anhaltspunkt für einen Schuldbestätigungsvertrag (deklaratorisches Schuldanerkenntnis) oder gar für ein (konstitutives) Schuldanerkenntnis im Sinne von § 781 BGB.
III.
Soweit sich das Berufungsurteil nach den vorstehenden Ausführungen als richtig erweist, ist die Revision zurückzuweisen. Bezüglich der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der (restlichen) Miete für Juli 2005 kann das Berufungsurteil hingegen keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). In diesem Punkt ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif, weil das Bestehen der Mietforderung des Klägers für Juli 2005 von der noch klärungsbedürftigen Frage abhängt, ob ihm der mit dem Guthaben des Beklagten aus der Nebenkostenabrechnung 2004 verrechnete „Saldo“ rück-ständiger Mietforderungen (481,23 €) zustand; denn in diesem Fall wäre das Guthaben des Beklagten in dieser Höhe erloschen und hätte nicht mehr zur Aufrechnung gegen die Miete für Juli 2005 zur Verfügung gestanden. Dem Kläger ist Gelegenheit zur Aufschlüsselung des „Saldos“ – etwa durch Vorlage der in der Nebenkostenabrechnung 2004 in Bezug genommenen „Kontoaufstellung“ – zu geben. Im Umfang der Aufhebung ist der Rechtsstreit daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).