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Aufteilung der Steuerstattung unter getrennt lebenden Ehegatten

AMTSGERICHT DORTMUND

Az.: 125 C 5257/99

BESCHLUSS vom 19.05.1999


In dem Rechtsstreit wird der Antrag der Antragstellerin vom 23.03.1999 auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind getrennt lebende Eheleute. Ein Scheidungsverfahren ist am Familiengericht Dortmund anhängig.

Als Eheleute hatten die Parteien 1997 aufgrund einer gemeinsamer Veranlagung eine gemeinsame Steuererklärung abgegeben. 1998 erhielt der Antragsgegner eine Steuererstattung in Höhe von 1.192,45 DM. Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass ihr aufgrund der gemeinsamen Veranlagung ein hälftiger Anteil in Höhe vom 596,23 DM zustehe. Nachdem der Antragsgegner bereits 196,23 DM gezahlt habe, verbleibe ein Betrag von 400,- DM.

Sie wird daher beantragen, den Antragsteller zu verurteilen, an sie 400,- DM nebst 4% Zinsen seit dem 17.2.99 zu zahlen

Der Antragsgegner wird beantragen, die Klage abzuweisen. Er behauptet, er habe der Antragstellerin den von ihr geltend gemachten Betrag aus der Rückerstattung bereits bar ausgezahlt.

II. Die beabsichtigte Prozeßführung bietet nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.

Bereits nach eigenem Vorbringen der Antragstellerin ist der geltend gemachte Anspruch nicht gegeben.

Ein Anspruch auf Auszahlung der hälftigen Steuerrückerstattung ergibt sich nicht aus § 426 I BGB, da die Parteien nicht Gesamtgläubiger im Sinne der 428, 430 BGB sind.

Eine Gesamtgläubigerschaft kann sich nur kraft Gesetzes oder infolge einer Vereinbarung ergeben.

Eine ausdrückliche oder konkludente Einigung über eine Gesamtgläubigerschaft bezüglich einer Steuerrückerstattung ist durch die Parteien nicht getroffen worden.

Das Bestehen einer Gesamtgläubigerschaft ergibt sich nicht aus § 44 1 S 2 AO. Zwar regelt dieser die Gesamtschuldnerschaft der Ehepartner bezüglich der Steuerschuld bei gemeinsamer Veranlagung. Als Umkehrschluß kann hieraus aber nicht zwingend auf deren Gesamtgläubigerschaft bezüglich einer Rückerstattung geschlossen werden.

Denn in Abweichung zum Grundsatz der Gesamtschuldnerschaft, dass jeder Schuldner die gesamte Leistung zu bewirken hat, bieten die §§ 268, 270 AO die Möglichkeit, im Wege der Vollstreckungsbeschränkung eine Aufteilung der Steuern zu verlangen. Infolge dessen werden rückständige Steuern nur nach dem Verhältnis der Beträge beigetrieben, die sich bei fiktiver getrennten Veranlagung der Ehegatten ergäbe.

Bei getrennter Veranlagung gem. § 26 AO ständen die Ehegatten aber eben nicht als Gesamtgläubiger nebeneinander.

Das Bestehen einer Gesamtgläubigerschaft ergibt sich auch nicht aus § 36 IV S 3 EStG. Zwar wirkt hiernach bei Ehegatten, die gemeinsam veranlagt worden sind, die Auszahlung im Sinne des § 36 IV S 3 EStG an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten. Diese Vorschrift ist ihrem Sinn und Zweck nach jedoch in einem rein formalistischen Lichte zu betrachten Sie dient allein der Erleichterung der Arbeit des Finanzamtes, indem sie einen weitem Schuldbefreiungsgrund schafft. Das Finanzamt soll bei der Zahlung an einen Ehegatten, unabhängig von den Ausgleichspflichten der Ehepartner im Innenverhältnis, von seiner Zahlungspflicht befreit werden.

Grundlage für diese Befreiung ist die Vermutung einer gegenseitigen Einziehungsvollmacht der Ehepartner bei einer intakten Ehe. Alleiniger Gläubiger des Steuerrückerstattungsanspruchs ist also, wie sich letztendlich auch aus § 37 II AO ergibt, bei gemeinsamer Veranlagung, allein derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist. Dies war der Beklagte.

Im Innenverhältnis können jedoch trotz fehlender Gesamtgläubigerschaft Ausgleichsansprüche bestehen, die die Antragstellerin jedoch nicht geltend machen kann.

Eine interne Aufteilung der Steuerrückerstattung ist allein nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten vorzunehmen.

In Frage kommt folgerichtig eine analoge Anwendung der § X70ff AO, die, wie bereits dargestellt, auf eine fiktive Veranlagung der einzelnen Ehegatten abstellen.

Hieran die interne Aufteilung der Steuerrückerstattung zu orientieren, mit dem Ergebnis, dass sich zwei „Rückerstattungen“ ergeben, ist plausibel.

Unter Berücksichtigung der tatsächlich geleisteten Vorauszahlung eines jeden Ehegatten ist sein Anteil an der Gesamtsteuerschuld und damit auch sein Anteil an der Erstattung zu ermitteln. Soweit sich dabei ein Saldo zugunsten eines Ehegatten ergibt, ist er von dem anderen auszugleichen.

Daneben kommt als interner Aufteilungsmaßstab aber, eine Verteilung entsprechend der materiellen Erstattungsberechtigung in Betracht.

Eine Aufteilung der Steuererstattung findet hiernach entsprechend § 37 II AO nach dem Verhältnis der Steuerbeträge statt, die von den Ehegatten im Veranlagungszeitraum tatsächlich auf die gemeinsame Steuerschuld erbracht worden sind.

Schließlich kann eine Aufteilung auch entsprechend dem Verhältnis der Einkommen vorgenommen werden.

Maßgeblich ist das Verhältnis der Einkommen der Ehegatten zueinander für den entsprechenden Veranlagungszeitraum.

Bei der Aufteilung finden dann die zu der analogen Anwendung der §§ 270 ff AO entwickelten Grundsätze Anwendung.

Gemeinsam haben die drei zuletzt genannten Lösungsmöglichkeiten, dass ein Einkommen bzw. eine Einkommensteuerschuld jedes einzelnen Ehepartners vorausgesetzt wird. Hat ein Ehegatte keinerlei Einkünfte und zahlt er daher auch keine Einkommenssteuer, so führt dies zu dem Ergebnis, dass sich ein interner Ausgleichsanspruch nicht herleiten läßt. Alleiniger Berechtigter der Steuerrückerstattung im Innenverhältnis ist derjenige, der aufgrund eigener Einkünfte Steuern gezahlt hat.

Die Antragstellerin hat ein Einkommen für den Veranlagungszeitraum nicht vorgetragen, so dass ein interner Ausgleich entfällt.

In diesem Zusammenhang kann auch nicht der Beitrag eines Ehegatten zur Ehe in Form von Haushaltsführung oder Kinderbetreuung im Veranlagungszeitraum als ausgleichspflichtbegründender Beitrag gewertet werden.

Zwar ist insoweit von einer Gleichwertigkeit der Beiträge auszugehen. Dieser Aspekt kann und wird aber allein im Scheidungsverfahren vor dem Familiengericht Beachtung finden. Für den internen Ausgleich, der bei der Aufteilung der Steuerrückerstattung stattfindet, dürfen für das Amtsgericht, wie bereits dargelegt, allein steuerrechtliche Gesichtspunkte entscheidend sein.

Auch ein „steuerrechtlicher“ Bereicherungsausgleich über § 816 Abs. 2 BGB kann durch die Antragstellerin nicht geltend gemacht werden.

Denn der Antragsgegner als Empfänger der Steuerrückzahlung ist nicht Nichtberechtigter. Er war vielmehr gem. § 37 II AO grundsätzlich alleiniger Gläubiger des Erstattungsanspruches, da er allein die Steuern gezahlt hatte Diese Auszahlung wiederum wirkt, wie bereits dargestellt, auch für und gegen die Antragstellerin.

Das Finanzamt hat daher an den Berechtigten zurückerstattet

Ein Anspruch aus § 816 II BGB ergibt sich auch nicht, wenn man ausnahmsweise annimmt, dass das Finanzamt nicht gern. § 36 IV S 3 EStG frei geworden ist, da die Vermutung der gegenseitigen Einziehungsvollmacht der Ehegatten aufgrund ihres Getrenntlebens widerlegt ist

Der nach § 37 II AO berechtigte Ehegatte behält darin seinen Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt.

Sieht man sodann in der Klageerhebung gegenüber dem nicht erstattungsberechtigten Ehegatten eine konkludente Genehmigung der rechtsgrundlosen Erstattung des Finanzamtes, wird dieser zwar nicht Berechtigter sondern bleibt Nichtberechtigter i.S.d. §816 11 BGB, ein Anspruch aus §816 11 BGB ergibt sich aber dennoch nicht. Denn dem Antragsgegner steht die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Ein „steuerrechtlicher“ Bereicherungsanspruch kann nur auf der aus § 37 II AO resultierenden materiellen Erstattungsberechtigung der Ehegatten basieren. Für eine endgültige Verteilung der Steuerlast im Innenverhältnis der getrennt lebenden Ehegatten kann er jedoch nicht maßgebend sein, da. so nur ein grober Ausgleich stattfinden kann. Unberücksichtigt bleiben zum Beispiel abzugsfähige Beiträge und Tarifermäßigungen durch den internen Ausgleich kann es daher zu einer völlig anderen rnateriellrechtlichen Aufteilung kommen.

Der beklagte Ehegatte hätte sodann einen Anspruch auf einen Teil des nach §816 II Empfangenen, so dass dieses wieder von dem klagenden Ehegatten herausgegeben werden mußte.

Um diesen „Herausgabekreisel“ zu vermeiden kann es nur einen Anspruch auf Ausgleich im Innenverhältnis der Ehegatten geben, wobei § 37 II AO keine Beachtung finden darf. Dieser schließt einen parallelen Anspruch aus § 816 II BGB sodann aus.

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