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Steuerprüfer fotografiert – Veröffentlichung der Bilder

Landgericht Dortmund

Az: 2 O 427/07

Urteil vom 12.11.2007


In dem einstweiligen Verfügungsverfahren hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2007 für R e c h t erkannt:

Der Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, den während der Durchsuchung seiner Wohnräume am 26.10.2007 von ihm belichteten Film mit Bildern der durchsuchenden Fahndungsprüferinnen und Fahndungsprüfer in Medien in jedweder Art zu veröffentlichen oder den Film, die Negative oder die Bilder Dritten zur Verfügung zu stellen, ohne dass die Gesichter der handelnden Beamten durch Schwärzung unkenntlich gemacht werden.

Der Verfügungsbeklagte wird weiter verurteilt, den während der Durchsuchung seiner Wohnräume am 26.10.2007 von ihm belichteten Film mit Bildern der durchsuchenden Fahndungsprüferinnen und Fahndungsprüfer an einen Gerichtsvollzieher als Sequester herauszugeben.

Der Verfugungsbeklagte wird verurteilt, die bereits von diesem Film gezogenen Bilder sowie alle Negative mit Ausnahme der bei der Gerichtsakte befindlichen Negative an einen Gerichtsvollzieher als Sequester herauszugeben.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Verfügungsbeklagte nach einem Streitwert von 6.000,00 €.

Tatbestand

Die Verfügungskläger zu 2.) und 3.), die als Prüferin bzw. Prüfer der Steuerfahndungsstelle des Verfügungsklägers zu 1.) tätig sind, durchsuchten am 26.10.2007 vormittags die Wohn- und Geschäftsräume des Verfügungsbeklagten in Lünen. Grundlage der Durchsuchung war ein Beschluss des Amtsgerichts Lünen vom 10.10.2007 zum Aktenzeichen 19 Gs 533/07. Der Verfügungsbeklagte war zunächst nicht anwesend, da er sich bei seinem Steuerberater XXX zu einer Abschlussbesprechung anlässlich einer Steuerprüfung mit dem Verfügungskläger zu 1.) befand. Nachdem dem Verfügungsbeklagten die Durchsuchung mitgeteilt worden war, begab er sich in seine Wohnräume. Im dortigen Esszimmer fanden die durchsuchenden Beamten einen oder mehrere Umschläge mit Bargeld. Die Höhe des Bargeldfundes wurde zunächst auf rund 150.000,00 € geschätzt, alsdann mit 26.085,00 € angegeben. Ferner wurde in einer Schreibtischschublade eine Waffe gefunden. Der Verfügungsbeklagte fotografierte die Verfügungskläger zu 2.) und 3.), die dies bemerkten. Auf ihre Aufforderung hin, den Fotoapparat herauszugeben, verweigerte der Verfügungsbeklagte dies. Ferner wiesen die Verfügungskläger zu 2.) und 3.) den Verfügungsbeklagten darauf hin, dass das Fotografieren ihrer Person unzulässig sei.

Der Verfügungskläger zu 1.) hat zunächst beantragt, im Wege der einstweiligen Verfügung anzuordnen, dem Antragsgegner zu untersagen, den während der Durchsuchung seiner Wohnung am 26. Oktober 2007 von ihm belichteten Film mit Bildern der durchsuchenden Fahndungsprüferinnen und Fahndungsprüfer zu verwenden, insbesondere die Bilder in Medien jedweder Art zu veröffentlichen oder den Film, die Negative oder die Bilder Dritten zur Verfügung zu stellen sowie den während der Durchsuchung belichteten Film innerhalb von drei Arbeitstagen ab Zustellung der einstweiligen Anordnung an die Antragstellerin herauszugeben, sowie etwa bereits von diesem Film gezogenen Bilder sowie alle Negative innerhalb von drei Arbeitstagen an die Antragstellerin herzugeben.

Nach Beitritt der Verfügungskläger zu 2.) und 3.) haben die Verfügungskläger beantragt,

dem Antragsgegner aufzugeben,

1. es bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro – ersatzweise Ordnungshaft – zu unterlassen, den während der Durchsuchung seiner Wohnräume am 26.10.2007 von ihm belichteten Film mit Bildern der durchsuchenden Fahndungsprüferinnen und Fahndungsprüfer zu verwenden, insbesondere die Bilder in Medien jedweder Art zu veröffentlichen oder den Film, die Negative oder die Bilder Dritten zur Verfügung zu stellen,

(unverändert)

hilfsweise,

es bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro – ersatzweise Ordnungshaft – zu unterlassen, den während der Durchsuchung seiner Wohnräume am 26.10.2007 von ihm belichteten Film mit Bildern der durchsuchenden Fahndungsprüferinnen und Fahndungsprüfer zu verwenden, insbesondere die Bilder in Medien jedweder Art zu veröffentlichen oder den Film, die Negative oder die Bilder Dritten zur Verfügung zu stellen, ohne dass die Gesichter der handelnden Beamten durch Schwärzung unkenntlich gemacht werden.

2. den während der Durchsuchung seiner Wohnräume am 26.10.2007 von ihm belichteten Film mit Bildern der durchsuchenden Fahndungsprüferinnen und Fahndungsprüfer an einen Gerichtsvollzieher als Sequester herauszugeben.

3. die bereits von diesem Film gezogene Bilder sowie alle Negative an einen Gerichtsvollzieher als Sequester herauszugeben.

Der Verfügungsbeklagte hat den Hilfsantrag zu Ziffer 1. in der tenorierten Fassung anerkannt und im Übrigen beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass das Fotografieren eines eine Diensthandlung vornehmenden Beamten als relativer Person der Zeitgeschichte noch keine Verletzung des Rechtes am eigenen Bild sei. Auch könne er in seinem eigenen Haus im Grundsatz fotografieren, solange er wolle. Ihm sei immer wieder vorgehalten worden, man habe 135.000,00 € Bargeld gefunden. Er habe nichts von diesem Geld gewusst und wollte durch die Fotografien ein Beweismittel für die Sicherstellung schaffen. Das aufgefundene Geld sei vorschriftswidrig nicht gezählt worden.

Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag sämtlicher Verfügungskläger ist zulässig. Insbesondere ist auch die gewillkürte Prozessstandschaft des Verfügungsklägers zu 1.) ausnahmsweise zur Geltendmachung der höchstpersönlichen Rechte der Verfügungskläger zu 2.) und 3.) zulässig, da, neben den hier erteilten Ermächtigungen, ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Verfügungsklägers zu 1.) an der Rechtsverfolgung besteht (vgl. BGH NJW 1993, 918, 919). Hier besteht ein eigenes Interesse des Verfügungsklägers, seine Bediensteten vor Verfolgung und Angriffen anlässlich ihrer Amtsausübung zu schützen.

Hinsichtlich des Verfügungsantrags zu 1.) war der Verfügungsbeklagte entsprechend seinem Anerkenntnis zu verurteilen. Der darüber hinausgehende Antrag war zurückzuweisen, da dem Interesse der Verfügungskläger an einem einstweiligen Schutz ihres Rechtes am eigenen Bild gem. § 823 Abs. 1 BGB in ausreichendem Maße durch die zugesprochenen Anträge Rechnung getragen ist. Insbesondere durch die Herausgabe der Filme an einen Sequester ist sichergestellt, dass der Verfügungsbeklagte nicht mehr von den Fotografien Gebrauch machen kann. Diese Maßnahme ist sowohl geeignet wie auch ausreichend den mit der einstweiligen Verfügung beabsichtigten Zweck zu erreichen (§ 928 ZPO).

Die Anträge zu 2. und 3. sind begründet. Durch die Fertigung der Fotografien, die den Verfügungskläger zu 2.) oder die Verfügungsklägerin zu 3.) zeigen, verletzte der Verfügungsbeklagte das Recht der Verfügungskläger zu 2.) und 3.) am eigenen Bild, mithin ein Persönlichkeitsrecht, das auch durch § 823 Abs.1 BGB geschützt wird. Selbst wenn der Verfügungsbeklagte entgegen seiner Äußerung nicht die Verbreitung der Bilder beabsichtigte, ist allein schon die Herstellung der Bildnisse unzulässig, sofern sie, wie hier, ungenehmigt erfolgt (BGH NJW 1995, 1955). Die Verfügungskläger zu 2 und 3 sind bei Ausführung des Durchsuchungsbeschlusses auch nicht an die Öffentlichkeit getreten, so dass sie nicht als Personen der Zeitgeschichte, die möglicherweise Bildnisse hinzunehmen hätten, tätig wurden. Auch die Berücksichtigung des bestehenden, berechtigten Interesses des Verfügungsbeklagten an der Dokumentation der Ereignisse führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn diesem wäre auch durch die Bildaufnahmen der Geldumschläge bzw. des aufgefundenen Geldes Rechnung getragen worden. Der Anfertigung von Bildnissen der dort tätigen Beamten bedurfte es zur Dokumentation der Durchsuchung nicht.

Der Verfügungsgrund ergibt sich aus der Ankündigung des Verfügungsbeklagten die gefertigten Bilder weiter verwenden zu wollen, so dass die Gefahr einer Verbreitung der Bilder gegeben ist.

Eine endgültige Entscheidung hinsichtlich der Verwendung der Bilder bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Da der Verfügungsbeklagte durch sein Verhalten Anlass zum einstweiligen Verfügungsantrag gab, waren ihm auch die Kosten hinsichtlich des anerkannten Antrags aufzuerlegen (§ 93 ZPO).

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