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Der Satz „Frau B ist stolz“ (auf einem Plakat) rechtfertigt keine Abmahnung!


Arbeitsgericht Frankfurt am Main

Az.: 7 Ca 5505/00

Verkündet am 11.04.2001


In dem Rechtsstreit hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main Kammer 7 auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2001 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, die der Klägerin mit Schreiben vom 28. Juni 2000 erteilte Abmahnung zurückzunehmen und diese Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.

Die Beklagte wird ferner dazu verurteilt, das Schreiben der Beklagten vom 20. Juni 2000 an die Klägerin sowie den Abmahnungsentwurf vom 20. Juni 2000, das anwaltliche Schreiben der Klägerin vom 12. Juli 2000 und das anwaltliche Antwortschreiben der Beklagten vom 14. Juli 2000 aus der Personalakte zu entfernen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Streitwert wird auf 8.602,00 DM festgesetzt.

Tatbestand

Die am X geborene Klägerin ist seit dem 01.09.1980 im Institut der Beklagten als Diplomsoziologin zu einem durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalt von DM 8.602,– beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien findet der Bundesangestelltentarifvertrag Anwendung. Mit Schreiben vom 28.06.2000, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (BI. 4 d. A.), erteilte die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung.

Mit ihrer Klage vom 10.08.2000, bei Gericht am 11.08.2000 eingegangen, begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zurücknahme der mit Schreiben vom 28.06.2000 erteilten Abmahnung und die Entfernung der Schreiben der Beklagten vom 20.06.2000 an die Klägerin sowie den Abmahnungsentwurf vom 20.06.2000, das anwaltliche Schreiben der Klägerin vom 12.07.2000 und das anwaltliche Antwortschreiben der Beklagten vom 14.07.2000 aus der Personalakte zu entfernen.

Die Klägerin ist der Meinung, dass ihr ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage zustehe, denn die Abmahnung enthalte nicht nur eine missbilligende Äußerung der Beklagten, sondern verschlechtere ihren Rechtsstatus in Bezug auf die Beklagte. Sie, die Klägerin, habe ihre arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die der Klägerin mit Schreiben vom 28.06.2000 erteilte Abmahnung zurückzunehmen und diese Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Ferner, das Schreiben der Beklagten vom 20.06.2000 an die Klägerin sowie den Abmahnungsentwurf vom 20.06.2000, das anwaltliche Schreiben der Klägerin vom 12.07.2000 und das anwaltliche Antwortschreiben der Beklagten vom 14.07.2000 aus der Personalakte zu entfernen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Meinung, sie habe der Klägerin zu Recht eine Abmahnung unter dem Datum des 28.06.2000 erteilt. Am 15.06.2000 habe die Klägerin in der Zeit von 9.30 Uhr bis ca. 11.00 Uhr an einer Arbeitssitzung im Institut der Beklagten teilgenommen. Ebenfalls hätten an dieser Sitzung die Fachbereichsleiterin Frau A sowie die Kollegen Dr. C. und D teilgenommen. Während der Sitzung habe die Klägerin ein Plakat mit dem Inhalt „Frau B ist stolz“ beschriftet und dieses aufgehängt. Daraufhin sei die Klägerin von dem Zeugen D. aufgefordert worden, dieses Plakat unverzüglich abzunehmen. Dieser Aufforderung sei die Klägerin jedoch nicht nachgekommen. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten den Betriebsfrieden in erheblichem Maße gestört, so dass sich die Beklagte gezwungen gesehen habe, die Abmahnung auszusprechen. Ihr, der Beklagten, sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die Klägerin berechtigt gewesen sein soll, ein ihre Fachbereichs leiterin Frau B diskriminierendes Plakat zu beschriften und aufzuhängen. Die Klägerin habe versucht, die Fachbereichsleiterin Frau B lächerlich zu machen.

Die erteilte Abmahnung sei schließlich auch nicht unverhältnismäßig im Vergleich zum Fehlverhalten der Klägerin. Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die offensichtlich zulässige Klage ist begründet, denn das zwischen den Parteien im Wesentlichen unstreitige Verhalten der Klägerin am 15.06.2000 rechtfertigt nach Überzeugung der Kammer nicht die mit der Klage angegriffene Abmahnung der Beklagten vom 28.06.2000, sondern hätte lediglich eine – wenn auch scharfe – Ermahnung der Klägerin erforderlich gemacht.

Das Gericht ist der Überzeugung, dass die erteilte Abmahnung im Hinblick auf das Fehlverhalten der Klägerin unverhältnismäßig ist, da die Sanktion der Beklagten auf das Fehlverhalten der Klägerin übermäßig ausgefallen ist.

Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien immerhin schon seit dem 01.09.1980 besteht. Offenbar sind vor dem 28.06.2000 abmahnungswürdige Fehlverhaltensweisen der Klägerin nicht vorgekommen, sonst hätte die Beklagte diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in diesen Rechtsstreit eingeführt. Das Gericht verkennt keinesfalls, dass sich die Klägerin am 15.06.2000 bei der Terminbesprechung mit ihrer Vorgesetzten Frau B. und ihren Kollegen Dr. C und D. fehlverhalten hat und ihr ihre Handlungsweise indem sie nach einer Terminauseinandersetzung mit ihrer vorgesetzten ein größeres Blatt Papier beschrieben hat u. a. mit dem Satz „Frau B. ist stolz“ als einer 1947 geborenen Diplomsoziologin unangemessen erscheint.

Offenbar konnte sich die Klägerin nicht problemlos damit abfinden, dass ihre Vorgesetzte Frau B. nun einmal im Betrieb der Beklagten „das Sagen“ hat, wenn es um Terminvorgaben geht. Ihre Reaktion jedoch mit der Beschriftung eines Blatt Papiers mit dem Satz „Frau B ist stolz“ beruht natürlich auch darauf, dass ihre Vorgesetzte den Nachnamen „B“ trägt. Ein anderer Nachname wäre für das Wortspiel nur schlecht geeignet gewesen.

Natürlich handelt es sich bei der Handlungsweise der Klägerin um ein aufmüpfiges Verhalten, das einem deutschen Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin nicht zusteht. Auch ist nicht zu verkennen, dass die Klägerin mit ihrem gewählten Wortspiel ihre Vorgesetzte Frau B. etwas ins Lächerliche ziehen wollte. Trotzdem ist

jedoch die Verhaltensweise der Klägerin nicht so schwerwiegend, um diese mit dem scharfen Schwert der Abmahnung zu sanktionieren. Immerhin wird durch eine Abmahnung der arbeitnehmerrechtliche Status der Klägerin verändert.

Bei einem über 20 Jahre andauernden Arbeitsverhältnis, das offenbar überwiegend problemfrei vonstatten gegangen ist, musste die Beklagte auf das Fehlverhalten der Klägerin nicht mit einer förmlichen Abmahnung reagieren.

Im Grunde stimmt das Gericht dem Direktor der Beklagten Herrn X zu, wenn er gemeint hat, als er das Blatt Papier bei Betreten des Verhandlungszimmers gesehen hat, was dieser Kinderkram denn solle. Auf diesen „Kinderkram“ hätte der Direktor der Beklagten Herr X auch mit einer kräftigen „Standpauke“ reagieren können. Dies wäre nach Meinung des Gerichtes ausreichend gewesen und hätte den Arbeitnehmerstatus der Klägerin nicht geändert.

Nach allem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 91 stattzugeben. Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO unter Berücksichtigung eines Bruttomonatsgehalts der Klägerin.

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