Skip to content

Stoppschild überfahren, Unfall – Zahlt die Kasko?

Oberlandesgerichts Nürnberg – Az. 8 U 2478/01 – Urteil vom 20.12.2001

Leitsatz:

Die Kfz-Kaskoversicherung ist gemäß § 61 VVG von ihrer Leistungspflicht befreit, wenn der Versicherte den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat.

Das Überfahren eines Stoppschildes stellt einen schweren und gefährlichen Verkehrsverstoß dar, weil Stoppschilder üblicherweise an besonders verkehrsreichen oder gefährlichen Einmündungen bzw. Kreuzungen aufgestellt werden. Die objektive Schwere des Verstoßes steht dem Überfahren eines Rotlichts nur wenig nach, bei dem die Rechtsprechung in der Regel die objektiven Voraussetzungen grober Fahrlässigkeit annimmt.

Auszüge aus der Begründung:

Die Kfz-Kaskoversicherung ist gemäß § 61 VVG von ihrer Leistungspflicht befreit, wenn der Versicherte den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat.

Das Überfahren eines Stoppschildes stellt einen schweren und gefährlichen Verkehrsverstoß dar, weil Stoppschilder üblicherweise an besonders verkehrsreichen oder gefährlichen Einmündungen bzw. Kreuzungen aufgestellt werden. Die objektive Schwere des Verstoßes steht dem Überfahren eines Rotlichts nur wenig nach, bei dem die Rechtsprechung in der Regel die objektiven Voraussetzungen grober Fahrlässigkeit annimmt.

Die Beklagte (Kfz-Kaskoversicherung) ist gemäß § 61 VVG von ihrer Leistungspflicht befreit, weil der Kläger den Versicherungsfall vom … grob fahrlässig herbeigeführt hat.

Grob fahrlässig handelt ein Versicherungsnehmer, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und das unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem einleuchten müsste. Für die Abgrenzung zwischen grober Fahrlässigkeit und einfacher Fahrlässigkeit sind alle Umstände des Einzelfalls gegeneinander abzuwägen. Dabei spielen insbesondere die objektive Schwere und Gefährlichkeit des Pflichtverstoßes und das Maß der individuellen Vorwerfbarkeit eine entscheidende Rolle.

Vorliegend waren folgende Gesichtspunkte entscheidungserheblich:

Stoppschild überfahren - Leistungsverweigerung der Kaskoversicherung
Das Überfahren eines Stoppschildes kann kostspielige Folgen haben. (Symbolfoto: Christian Delbert/Shutterstock.com)

Das Überfahren eines Stoppschildes stellt einen schweren und gefährlichen Verkehrsverstoß dar, weil Stoppschilder üblicherweise an besonders verkehrsreichen oder gefährlichen Einmündungen bzw. Kreuzungen aufgestellt werden. Die objektive Schwere des Verstoßes steht dem Überfahren eines Rotlichts nur wenig nach, bei dem die Rechtsprechung in der Regel die objektiven Voraussetzungen grober Fahrlässigkeit annimmt (BGHZ 119, 147 ff., 151; OLG Nürnberg, SP 96, 219).

Der Annahme objektiver Schwere des Verstoßes stehen keine Besonderheiten der Unfallörtlichkeit oder des Unfallhergangs entgegen.

Im Gegenteil:

Die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Lichtbilder der Unfallstelle zeigen deutlich, dass die Kreuzung, auf der sich der Unfall ereignete, übersichtlich, die untergeordnete Straße gegenüber der bevorrechtigten Straße deutlich schmäler und das Stoppschild selbst etwa 100 m vor der Kreuzung durch ein Hinweisschild angekündigt war. Hinzu kommt – auch das zeigen die Lichtbilder -, dass das Stoppschild schlechthin nicht übersehen werden konnte, da es sich unmittelbar neben einer Wegweisertafel befand und die Sicht und Aufmerksamkeit durch andere Verkehrszeichen nicht beeinträchtigt wurde. Darüber hinaus war die Einmündung durch eine breite Linie deutlich gekennzeichnet. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist damit von einem objektiv schwerwiegenden Verstoß auszugehen.

Den Kläger trifft auch der Vorwurf subjektiv grober Fahrlässigkeit. Er macht zwar geltend, er habe in fremder Gegend befindlich und sich auf die Wegweisertafel konzentrierend, das Stoppschild schlicht übersehen. Diese Einlassung jedoch lässt den Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht entfallen. Gerade derjenige Kraftfahrer, der sich in unbekannter Gegend aufhält, muss Vorfahrtsregelungen mit besonderer Aufmerksamkeit beachten.

Die grobe Fahrlässigkeit entfällt auch nicht deshalb, weil der Kläger lediglich für ganz kurze Zeit (Augenblicksversagen) die gebotene Aufmerksamkeit außer Acht ließ (BGHZ 119, 147 ff.; Haberstroh, MDR 2000, 349 ff.).

Sind – wie vorliegend – die objektiven Merkmale grober Fahrlässigkeit gegeben, reicht auch nur kurzfristige Unaufmerksamkeit allein nicht aus, den Vorwurf grober Fahrlässigkeit insgesamt entfallen zu lassen. Gerade bei Sorgfaltspflichtverletzungen im Straßenverkehr ist es typisch, dass die der Verletzung zugrunde liegende Unaufmerksamkeit nur kurzfristig ist. Um grobe Fahrlässigkeit ausschließen zu können, müssen noch weitere, in der Person des Handelnden liegende besondere Umstände hinzu kommen, die den Grund des Momentanversagens in einem milderen Licht erscheinen lassen (BGHZ 119, 147 ff., 150). An solchen weiteren Umständen fehlt es vorliegend.


Übrigens: Bußgelder für das Überfahren eines Stoppschilds

Wenn das Stoppschild überfahren wurde, ohne dabei eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer zu verursachen, kommt es in der Regel zu einem Verwarnungsgeld von 10 Euro. Kann es jedoch dabei zu einer Gefährdung, drohen beim Stoppschild überfahren bereits ein Punkt in Flensburg und 70 Euro Bußgeld. Wurde das Stoppschild überfahren und es wurde dabei ein Unfall verursacht, sind es 85 Euro, die zu zahlen sind, sowie ebenfalls 1 Punkt. Liegt darüber hinaus noch eine strafbare Gefährdung des Straßenverkehrs vor, wie zum Beispiel Alkoholfahrt oder grob verkehrswidriges Verhalten, kann es im Einzelfall auch zu einem Entzug der Fahrerlaubnis und einer Freiheitsstrafe kommen.

Haben Sie Probleme mit der Kaskoversicherung? Dann wenden Sie sich an unseren Fachanwalt für Versicherungsrecht und Verkehrsrecht Herrn D. Kotz.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelles Jobangebot

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)
als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

mehr Infos