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Straßenverkehrs/Info-Zentrale – Warnung vor 0190-Nummer – Schadensersatzpflicht?

LANDGERICHT DUISBURG

Az.: 3 O 180/01

Verkündet am 12.12.2001


In dem Rechtsstreit hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2001 für R e c h t erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheit in Höhe von 5.250,– DM vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird gestattet, die Sicherheit auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft eines in der Europäischen Union zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

T a t b e s t a n d

Der Beklagte ist ein Zusammenschluß deutscher Städte mit einer Vielzahl von Mitgliedern. Die Klägerin betreibt einen Auskunftsdienst für Kfz-Formalitäten. Die Klägerin bietet ihre Dienst unter anderem in den „gelben Seiten“ an, wo sie unter der Rubrik/dem Suchkriterium „Straßenverkehrsamt“ in einer Vielzahl von deutschen Städten eingetragen ist. Dort bezeichnet sie sich als „Straßenverkehrs/Info-Zentrale für Kfz-Formalitäten und Kfz-Zulassungsangelegenheiten“.

In den gelben Seiten ist eine örtliche Nummer angegeben, bei Anwahl dieser Nummer erfolgt.eine telefonische Ansage der Klägerin, die auf einen von ihr betriebenen „0190-Dienst“ verweist, dessen Inanspruchnahme 3,63 DM pro Minute kostet (vgl. Bl. 8 und 40 d. A.).

Nachdem der Beklagte durch einzelne Mitglieder über diesen Sachverhalt informiert wurde, verfaßte er unter dem 19.1.2001 einen sogenannten Schnellbrief an seine Mitglieder, der mit der Überschrift „Warnung vor 0190-Nummer bei Kfz-Anfragen“ versehen war, und warnte vor Mißverständnissen, die im Zusammenhang mit der Nutzung des Angebots der Klägerin entstanden waren. In dem Schreiben des Beklagten wird ausgeführt, dass Bürgerinnen und Bürger, die Informationen über Kraftfahrzeuganmeldungen und ähnlichen das Straßenverkehrsamt betreffende Fragen benötigten, hierzu vielfach von der Auskunft auf eine sogenannte „Info-Zentrale für Kfz-Angelegenheiten“ verwiesen würden, bei der im konkreten Fall die Nummer 0190/ bekannt gegeben worden sei. Werde diese Nummer angerufen, koste dies den Anrufer 3,63 DM die Minute; dieser Sachverhalt habe zu Beschwerden bei den jeweiligen Stadtverwaltungen geführt, die für das Angebot der Klägerin jedoch nicht verantwortlich seien. Weiter heißt es in dem Schreiben des Beklagten:

„Die Hauptgeschäftsstelle macht ihre Mitglieder auf den Vorgang aufmerksam und empfiehlt, gegebenenfalls über die örtlichen Medien vor Inanspruchnahme der oben genannten 0190-Nummer zu warnen und auf die Telefonnummer hinzuweisen, unter der das örtliche Straßenverkehrsamt – zum Ortstarif – zu erreichen ist.“

Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 5 d. A. verwiesen.

Die Klägerin hält das Vorgehen des Beklagten für einen sittenwidrigen Boykott-Aufruf.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen,

1. bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,– DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu

6 Monaten, es zu unterlassen, gegenüber seinen Mitgliedsstädten oder Dritten zu behaupten, die Anwahl ihrer Telefonnummer, die in den Telefonbüchern unter der Rubrik Straßenverkehrs/Info-Zentrale für Kfz-Zulassungsstelle, Führerschein und Kfz-Formalitäten eingetragen ist, sowie unter dieser Rubrik in der Telefonauskunft angesagt wird, koste die Anrufer 3,63 DM/Minute;

es zu unterlassen, seinen Mitgliedern zu empfehlen, über die örtlichen Medien vor Inanspruchnahme ihrer Dienstleistungen zu waren;

2. Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang er Handlungen gemäß Ziffer 1 erster Absatz begangen hat.

Die Klägerin beantragt weiter festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr alle Schaden zu erseten, der ihr durch die im obigen Antrag beschriebene Handlung bisher entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Ansicht, er sei im Hinblick auf die gegenüber einzelnen Mitgliedern geäußerten Beschwerden dazu befugt gewesen, auf die Verwechselungsgefahr hinzuweisen und seinen Mitgliedern eine entsprechende Empfehlung zu geben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird, auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat weder aus § 823 Abs. 1 BGB (Eingriff in einen ausgeübten Gewerbebetrieb),noch aus §§ 824,826 BGB oder einem anderen Rechtsgrund einen Anspruch auf Unterlassung bzw. auf Schadenersatz gegen den Beklagten.

Hinsichtlich des Antrags den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, gegenüber seinen Mitgliedern oder Dritten zu behaupten, die Anwahl der Telefonnummer der Klägerin, die in den Telefonbüchern unter der Rubrik Straßenverkehrs/Info-Zentrale für Kfz-Zulassungsstelle, Führerschein und Kfz-Formalitäten eingetragen sei und unter dieser Rubrik in der Telefonauskunft angesagt werden, koste den Anrufer 3,63 DM ist bereits deswegen unbegründet, weil nicht ersichtlich ist, dass der Beklagte sich demgemäß geäußert hat. In dem Schnellbrief vom 19.1.2001 hat der Beklagte eine solche Äußerung nicht getan. Vielmehr heißt es in dem Schreiben lediglich, dass die Auskunft in vielen Fällen eine „Info-Zentrale für Kfz-Angelegenheiten“ mitteile und dort – nur so ist das Schreiben in dem den Parteien bekannten Kontext zu werten – die Telefonnummer 0190/ bekannt gegeben wird. Der Anruf dieser Nummer koste den Anrufer 3,63 DM. Auf diesen Vorgang macht der Beklagte, wie sich aus dem letzten Absatz seines Schnellbriefs an seine Mitglieder ergibt, aufmerksam.

Der Beklagte hat also nicht behauptet, für die inserierten Nummern werde eine Gebühr von,3,63 DM je Minute berechnet, sondern lediglich mitgeteilt, dass nach Anruf der in den örtlichen Telefonbüchern unter der Rubrik „Straßenverkehrsamt“ inserierten Nummer vielfach die Service – (0190) -nummer der Klägerin genannt werde, was zutrifft. Der Beklagte behauptet damit nicht, dass der Anruf der örtlichen Nummer 3,63 DM die Minute koste, sondern lediglich der Anruf der Servicenummer, was auch zutrifft, wie sich zum einen auf dem von dem Beklagten vorgelegten Prospekt der Klägerin ergibt, zum anderen auch von der Klägerin zum Abschluß der Ansage bei Anwahl der örtlichen Nummer ausdrücklich mitgeteilt wird, was ein Anruf bei der im Telefonbuch inserierten Nummer ergeben hat und im Termin vom Prozeßbevollmächtigten der Klägerin auch ausdrücklich bestätigt worden ist

Die Klage ist aber auch hinsichtlich des mit der Klage weiterverfolgten Antrags, den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, seinen Mitgliedern zu empfehlen über die Medien vor der Inanspruchnahme der 0190-Nummer der Klägerin zu warnen, unbegründet.

Es ist schon zweifelhaft, ob die Tatbestände der §§ 823, 824, 826 BGB erfüllt sind, weil die Angaben im Schnellbrief jedenfalls ihrem wesentlichen Kern nach wahr sind; darauf kommt es aber im Ergebnis nicht an, weil der Schnellbrief und Art und Weise des Eingriffs jedenfalls nach § 193 StGB gerechtfertigt sind.

Der Beklagte handelte bei Versendung des Schreibens in Warnehmung berechtigter Interessen. Der Beklagte, als Zusammenschluß der Deutschen Kommunen, hat es sich zum Ziel gesetzt, seine Mitglieder in deren Angelegenheiten zu informieren und zu beraten. In diesem Zusammenhang darf er seine Mitglieder grundsätzlich über sie betreffende Angelegenheiten informieren und ihnen auch bestimmte Vorgehensweisen anraten.

Deswegen ist es zunächst nicht zu beanstanden, dass der Beklagte seine Mitglieder darüber informiert hat, dass er von einzelnen Mitgliedern darauf angesprochen wurde, dass es infolge der Praxis der Klägerin sich in den örtlichen Telefonbüchern als Straßenverkehrs/Info-Zentrale oder ähnliches zu inserieren (vgl. B1.,8 d. A.) Beschwerden und Mißverständnisse von Ratsuchenden gegeben habe, die ganz offenbar aufgrund der Formulierung der Inserate/Anzeigen davon ausgegangen sind, bei der „Info-Zentrale“ handele es sich um eine öffentliche Stelle, deren Tätigkeit den Straßenverkehrsbehörden zuzurechnen ist und sich deswegen mit Beschwerden an die betroffenen Gemeinden gewandt haben.

Hat der Beklagte deswegen seine Mitglieder auf die Inserate der Klägerin und die durch die offiziell klingende Bezeichnung „Straßenverkehrsinfo-Zentrale“ hingewiesen, handelte der in Wahrnehmung berechtigter Interessen; dasselbe gilt auch im Hinblick auf die Aufforderung an die Mitglieder vor solchen Mißständen zu warnen, da diese Aufforderung nur auf die wahrheitsgemäße Information der Allgemeinheit, die zu den Aufgaben der Mitglieder des Beklagten gehört, gerichtet ist.

Insoweit kommen, da der Beklagte in Wahrnehmung seiner berechtigten Interessen nach § 193 StGB gehandelt hat, Widerrufs- und Schadensersatzansprüche nicht in Betracht, da die Angaben des Beklagten was den Kern des von der Klägerin erhobenen Vorwurfs betrifft zutreffen, und der Beklagte sich jedenfalls auch darüber hinaus nicht vorwerfen lassen muß, leichtfertig gehandelt zu haben.

Im Hinblick darauf, dass der Beklagte in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt hat, kann er auch nicht mit Erfolg auf Schadenersatz und die Erteilung von Auskunft in Anspruch genommen werden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen rechtfertigen sich aus §§ 91, 709, 108 ZPO.

 

 

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