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Streitverkündung – Hemmung einer Anspruchsverjährung durch Streitverkündung

OLG Dresden, Az.: 4 U 2024/13, Urteil vom 16.12.2014

I. Auf die Berufung des Beklagten zu 2 und der Streithelferin wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 06.12.2013, Az. 8 O 2883/12, unter Aufhebung der Kostenentscheidung teilweise abgeändert und die Klage abgewiesen.

II. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen einschließlich der Kosten der Streithelferin trägt die Klägerin.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss: Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.660.020,09 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt die teilweise Rückzahlung von Versicherungsleistungen, die sie an die Beklagte zu 1 aufgrund eines Vergleichs in einem Schadensfall gezahlt hat. Die aus ihrer Sicht teilweise unzutreffende Ermittlung der Vergleichsgrundlagen wirft sie dem Beklagten zu 2 vor, der als Gutachter tätig geworden ist.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der B. V. AG (im folgenden BV). Die Beklagte zu 1 unterhielt bei der Klägerin und der BV eine Gebäudeversicherung und eine Inhaltsversicherung für das 1999 fertiggestellte Hotel … in ….

Das Hotel wurde am 15.08.2002 überflutet und schwer beschädigt. Die BV beauftragte den Beklagten zu 2 am 20.08.2002 mündlich mit der Ermittlung des am Gebäude entstandenen Schadens. Das Gutachten sollte die Grundlage für die Regulierungsgespräche mit der Beklagten zu 1 sein. Nachdem der Beklagte zu 2 im Rahmen eines gemeinsamen Ortstermins den Schadensermittler der BV darauf hinwies, dass er die Schäden an der Gründung des Gebäudes im Bereichs des Tiefgeschosses, insbesondere der „weißen Wanne“, nicht sachverständig beurteilen könne, wurde am 13.09.2002 die Streithelferin hinzugezogen. Ob dies auf Veranlassung und im Auftrag des Beklagten zu 2 geschah, ist streitig. Die Streithelferin kam in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 27.10.2002 zu dem Ergebnis, dass der Innenausbau des Hotels stark beschädigt sei und zudem Schäden an der weißen Wanne vorliegen würden, die zum einen hochwasserbedingt, zum andern durch Projektierungsschwächen und Ausführungsfehler hervorgerufen worden seien. Die Wanne müsse daher von außen und innen abgedichtet sowie verstärkt werden, was aufgrund einer vorläufigen Schätzung Kosten in Höhe von rund 2.011.000,00 EUR netto verursachen würde. Mit Schreiben vom 16.12.2002 übermittelte der Beklagte zu 2 der BV die ermittelten Schadens- und Versicherungswerte. Unter der Position 1010020 führte er aus:

„…Instandsetzungskosten Betonbereiche mit Kellerwänden und Bodenplatte Sanierung Weiße Wanne

50 % Anteil der Kosten Bodenplatte,

50 % Anteil Verstärkung der Wände

2.000         831.012,77       1.662.025,54 …“.

Am 18.12.2002 fand eine Schadensbesprechung u.a. zwischen den Parteien statt, deren Ergebnisse der Schadensermittler der BV in einer Aktennotiz festhielt. Grundlage für die Besprechung war das Sachverständigengutachten des Beklagten zu 2 vom 16.12.2002. Im Ergebnis dieser Besprechung wurde eine Vergleichsvereinbarung zur fiktiven Schadensabrechnung getroffen, die in zwei weiteren Ergänzungsverhandlungen vom 27.12.2002 und 07.01.2003 nochmals modifiziert wurde. Danach verpflichtete sich die BV zur Zahlung eines pauschalen Betrages von 7,95 Mio. EUR aus der Gebäude- und Inhaltsversicherung. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die Anlage K12 ergänzend Bezug genommen.

Nach Zahlung der Vergleichssumme nahm die BV den mit der Planung des Hotels beauftragten Architekten und zunächst auch das bauausführende Unternehmen wegen angeblicher Planungs- und Ausführungsfehler auf Zahlung von 1.600.000,- € aus übergegangenem, hilfsweise aus abgetretenem Recht in Anspruch. Zur Begründung ihrer im Mai 2005 beim Landgericht Dresden eingegangenen Klage verwies die BV auf das Gutachten der Streithelferin vom 27.10.2002 sowie auf die Schadensermittlung des Beklagten zu 2 vom 16.12.2002. Der angebliche Planungsfehler würde daraus folgen, dass der Architekt nicht einmal den vom Subplaner selbst vorgegebenen Schutz gegen 20-jähriges Hochwasser (HW 20) gewährleistet habe. Zudem seien Bauausführungsfehler in Form von Rissen festzustellen. Der Architekt verteidigte sich unter Berufung auf ein Gutachten des Prof. Dr. Ing. R. vom 30.03.2003 und einer Nachtragsstatik des Dipl. Ing. S., dass die weiße Wanne durch das Hochwasser von August 2002 keinen Schaden erlitten habe. Dieses Gutachten, das die Beklagte zu 1 vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen am Hotel in Auftrag gegeben hatte, ging der BV am 12.12.2005 zu.

Nachdem das Landgericht einen Sachverständigen mit der Begutachtung der Planungsleistungen beauftragt hatte, verkündete die BV dem Beklagten zu 2 mit einem am 20.12.2007 eingegangenen Schriftsatz vom 19.12.2007 den Streit. Zur Begründung führte die BV aus, dass sie den Beklagten zu 2 in Regress nehmen werde, wenn ein Planungsfehler nicht nachgewiesen werden könne. In diesem Fall gehe sie davon aus, dass sie zu Unrecht 1.600.000,00 EUR reguliert habe. Der Beklagte zu 2 trat dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 29.01.2008 auf Seiten der BV bei. Mit einem am 30.01.2012 bei Gericht eingegangenem weiteren Schriftsatz vom 27.01.2012 verkündete die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der BV der Beklagten zu 1 den Streit. Zur Begründung führte sie aus, dass der Sachverhalt, den die Parteien dem Vergleich zugrunde gelegt hätten, möglicherweise nicht der Wirklichkeit entsprechen würde, so dass Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung bzw. Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht kämen.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 08.05.2012 wies das Landgericht in dem Verfahren 8 O 1613/05 die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche mit der Begründung zurück, dass der Beklagte die ihm übertragene Tragwerksplanung nicht fehlerhaft ausgeführt habe. Die Klägerin habe nicht den ihr obliegenden Nachweis erbracht, dass die Konstruktion des Kellergeschosses für den Lastfall eines Hochwasserstandes HW 20 nicht ausgelegt gewesen sei. Bei dem Augusthochwasser sei die Belastung des geschuldeten Berechnungswasserstandes HW 20 überhaupt nicht erreicht worden, weil das Elbwasser über die tiefer gelegenen Öffnungen des Kellergeschosses in das Gebäude eingedrungen sei und daher der Wasserdruck eines Hochwasser HW 100 nicht auf das Gebäude eingewirkt habe. Etwaige Wasseraustritte an den Seitenwänden, die der Beklagte zu 2 glaubhaft bekundet habe, könnten auch durch die zwischenzeitlich aufgeführten Nachbesserungs- und Ertüchtigungsmaßnahmen der Beklagten zu 1 beseitigt worden sein.

Mit ihrer am 12.12.2012 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin nunmehr von den Beklagten als Gesamtschuldner die Zahlung von 1.660.020,09 EUR. Zur Begründung führt die Klägerin aus, dass die Beklagte zu 1 wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage aus dem geschlossenen Vergleich zur Rückzahlung verpflichtet sei und der Beklagte zu 2 wegen mangelhafter Erstellung eines Wertermittlungsgutachtens auf Schadensersatz in Anspruch genommen werde. Der im Rahmen der Vergleichsverhandlungen im Dezember 2002 zugrunde gelegte Gebäudeschaden sei wegen der fehlerhaften gutachterlichen Schadensermittlung um 1.600.000,- EUR übersetzt angenommen worden. Zudem seien die Beklagten zur Zahlung der Kosten des Vorprozesses in Höhe von 60.020,90 EUR verpflichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. In einem weiteren Verfahren nahm der Beklagte zu 2 die Streithelferin auf Freistellung von Schadensersatzansprüchen der Klägerin in Anspruch.

Mit Urteil vom 06.12.2013 wies das Landgericht gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage ab und verurteilte den Beklagten zu 2 antragsgemäß. Hiergegen wenden sich die Klägerin, der Beklagte zu 2 und die Streithelferin mit ihren Berufungen.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, das Landgericht habe zwar zutreffend festgestellt, dass die Geschäftsgrundlage für die zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 geschlossenen Vergleichsvereinbarung aufgrund der nachweislich nicht vorhandenen Schäden an der weißen Wanne weggefallen sei. Den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch habe das erstinstanzliche Gericht mit dem Hinweis auf die Abgeltungsklausel jedoch fehlerhaft verneint, da auch dieser Klausel als Bestandteil der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung die Geschäftsgrundlage fehle. Ferner seien beide Parteien von der letztlich falschen Überzeugung ausgegangen, dass es Schäden an der weißen Wanne gebe. Das Risiko für das Nichtvorhandensein der Schäden habe die Klägerin nicht übernehmen wollen. Schließlich sei das Urteil fehlerhaft, da das Landgericht nicht auf die Änderung seiner in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsauffassung hingewiesen habe, wonach die im Vergleich vereinbarte Abgeltungsklausel einem Anspruch auf Störung der Geschäftsgrundlage nicht entgegenstehen würde.

Sie beantragt, das Urteil des Landgerichts Dresden vom 06.12.2013, Az. 8 O 2883/12, insoweit aufzuheben, als die Klage gegenüber der Beklagten zu 1. abgewiesen wurde und die Beklagte zu 1 zu verurteilen, 1.600.000,00 EUR als Gesamtschuldnerin neben der Beklagten zu 2 an die Klägerin nebst Zinsen hieraus i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.01.2013 zu bezahlen, hilfsweise, das Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zurückzuverweisen.

Die Beklagte zu 1 beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 2 beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Dresden vom 06.12.2013, Az. 8 O 2883/12, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung des Beklagten zu 2 abzuweisen.

Die Beklagte zu 1 verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die angefochtene Entscheidung.

Der Beklagte zu 2 verweist zur Begründung seiner Berufung zunächst auf die von ihm erhobene Einrede der Verjährung, die bei Sanierungsgutachten gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 3 BGB fünf Jahre betragen würde. Diese Vorschrift sei anzuwenden, da in dem Gutachten des Beklagten zu 2 nicht nur Schadenssummen benannt, sondern ein Sanierungsvorschlag unterbreitet worden wäre. Demnach läge ein enger Baubezug vor. Zudem habe der Beklagte zu 2 die fehlerhafte gutachterliche Stellungnahme der Streithelferin nicht wie eigenes Verschulden gemäß § 278 BGB zu vertreten. Er habe die Streithelferin nicht selbst beauftragt, sondern hierzu eine Weisung der Klägerin erhalten, so dass er bei der Weitergabe des eigenständigen Teilauftrags „weiße Wanne“ nur für ein Auswahlverschulden, nicht aber für das Verschulden der Streithelferin haften würde. Ein Verschulden bei der Auswahl der mit dem Zusatzgutachten beauftragten Streithelferin würde aber nicht vorliegen. Der Klägerin sei ein Schaden durch die Falschbegutachtung der Streithelferin auch nicht entstanden, da unabhängig von der Frage eines Schadens an der weißen Wanne ein Vergleich zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche pauschal abgeschlossen worden sei. Zudem hafte der Beklagte zu 2 schon deshalb nicht, weil die Klägerin den Betrag von der Beklagten zu 1 zurückfordern könne. Schließlich wendet sich der Beklagte zu 2 gegen seine Inanspruchnahme für die Kosten des Vorprozesses als Schaden, der nicht mit einem Mangel zusammenhängt.

Die Streithelferin trägt vor, dass die Werkleistung des Beklagten zu 2 nicht mangelhaft sei. Aus der Zusammenstellung der Kosten i.V.m. dem Gutachten der Streithelferin würde sich ergeben, dass die Kosten für die Ertüchtigung der weißen Wanne über den Planungsstand hinaus auf den Lastfall HW 100 zutreffend geschätzt worden seien; ein Mangel überdies nicht bindend festgestellt wurde und eine zulässige Streitverkündung, die zu einer Bindungswirkung gemäß § 68 ZPO hätte führen können, nicht vorlag. Zum einen betreffe das die Feststellungen zur angeblichen Fehlerhaftigkeit des Wertfeststellungsgutachtens des Beklagten zu 2. Bei den Ausführungen im landgerichtlichen Urteil des Vorprozesses würde es sich nicht um tragende Feststellungen handeln, so dass im Hinblick auf diesen Punkt keine Bindungswirkung bestehen würde. Zum anderen sei die Streitverkündung nicht zulässig gewesen, was zu einer Verjährung der Ansprüche führen würde. Hinsichtlich der Verjährung sei das Landgericht überdies von seiner protokollierten Rechtsauffassung ohne einen entsprechenden Hinweis abgewichen, so dass es sich um ein Überraschungsurteil handeln würde. Zumindest sei ein Anspruch mangels Verschulden des Beklagten zu 2 ausgeschlossen bzw. durch überwiegendes Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 BGB auf Null zu reduzieren. Zudem sei die Schadensabrechnung fiktiv erfolgt, so dass die Zahlen des Beklagten keine Rolle für die Regulierung gespielt haben können. Schließlich verweist die Streithelferin auch auf den Umstand, dass durch den Abschluss eines unabänderlichen Abfindungsvergleiches auf der Basis fiktiver Zahlen ein Schlussstrich gezogen sei, der nunmehr, nachdem Sanierungsmaßnahmen geplant und durchgeführt worden sind, es dem Beklagten zu 2 unmöglich machen würde, die Richtigkeit seiner damaligen Feststellungen nachvollziehen zu lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen. Das Verfahren LG Dresden, 8 O 1613/05, wurde beigezogen.

II.

1. Berufung der Klägerin

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte zu 1) ist nicht zur Rückzahlung eines Teilbetrages der auf der Grundlage der Vereinbarung vom 18.12.2002 gezahlten Schadenspauschale verpflichtet. Ein etwaiger Anspruch der Klägerin aus §§ 779, 139,812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB oder wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB ist verjährt.

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Beide Ansprüche verjähren gem. § 195 BGB in der Regelverjährungszeit von drei Jahren (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 73. Aufl. 2014, § 195 Rn. 2 und 5 m.w.N.). Die Verjährung beginnt gem. § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat. Der Anspruch ist mit der spätestens am 07.01.2002 abgeschlossenen Vergleichsvereinbarung über die Regulierung des Hochwasserschadens am Gebäude entstanden.

Die weiterhin erforderliche Kenntnis, dass die der Schadensregulierung zugrundegelegten Tatsachen teilweise nicht zutreffend waren, hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin durch das im Vorprozess am 12.12.2005 übersandte Gutachten von Prof. Dr. R. und der Nachtragsstatik des Tragwerksplaners S. erhalten. Zu den anspruchsbegründenden Tatsachen für die von der Klägerin behauptete fehlerhafte Verhandlungsgrundlage gehörten die Schäden an den Außenwänden und der Bodenplatte des Tiefgeschosses des Gebäudes einschließlich deren Ursachen, die bestehenden Sanierungsmöglichkeiten und die dafür erforderlichen Kosten. Ferner gingen die Rechtsvorgängerin der Klägerin und die Beklagten davon aus, dass die Sanierungskosten zum Teil deshalb notwendig waren, weil das Gebäude von vornherein Planungs- und Ausführungsfehler aufwies. Aus diesem Grund wurde die Schadenssumme auf 50 % der voraussichtlichen Sanierungskosten beschränkt. Die fehlerhafte Vorstellung der Parteien beruhte somit zum einen auf der Annahme, es seien Planungs- und Ausführungsfehler und damit auch Regressmöglichkeiten vorhanden und zum anderen, dass die Schäden nur durch eine bestimmte Sanierungsvariante mit bestimmtem Kostenaufwand beseitigt werden können. Zur Feststellung des Schadensumfanges und der Sanierungsmöglichkeiten hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin das Gutachten des Beklagten zu 2 vom 16.12.2002 eingeholt, dem wiederum u.a. die gutachterliche Stellungnahme der Streithelferin vom 27.10.2002 zugrunde lag. Die Streithelferin kommt zu dem Ergebnis, dass die Außenwände durch den Wasserdruck zunächst verformt seien, diese Verformungen sich wieder zurückgestellt hätten, dies hätte zu Trennrissen in den Außenwänden geführt und hierdurch seien betonschädigende Stoffe eingedrungen. Die Bodenplatte sei irreversibel verformt. Neben Abriss und Neubau sei „möglicherweise einzige“ Sanierungsalternative eine Abdichtung der Wanne von außen und innen durch Herstellen eines Injektionsschleiers sowie eine Verstärkung der Weißen Wanne durch Spritzbeton-Innenschalen.

Aus dem Gutachten von Prof. Dr. R. und der Nachtragsstatik des Dipl. Ing S. ergab sich, dass diese Annahme falsch war. Dem Gutachten des Prof. Dr. R. kann entnommen werden, dass die Außenwände des Gebäudes in WU-Beton der Güteklasse B25 bzw. B30 mit einer ausreichenden Betonfestigkeit ausgeführt wurden, zwar in großer Zahl Risse vorhanden seien, diese aber ganz überwiegend nur Schwindrisse und oberflächlich ausgebildet seien sowie durch Verpressung geschlossen werden können und als Verstärkungsmaßnahmen auch eine in Spritzbeton eingebrachte zusätzliche Bewehrung oder das Anbringen von Carbonfasern in Frage kämen. In der Nachtragsstatik des Dipl. Ing. S. wird ausgeführt, dass die Außenwände ohne weitere Maßnahmen für den neuen Bemessungswasserstand HW = 123,02 müNN ausreichend tragfähig seien, die Bodenplatte nicht irreversibel geschädigt sei und nach Einbau zusätzlicher Zuganker auch für den neuen Hochwasserbemessungsstand ausreichend ertüchtigt wären. Die auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. Dr. R. und der Nachtragsstatik geplante Sanierungsvariante durch den Einbau von Zugankern und einer Risssanierung sei von der Beklagten zu 1 auch umgesetzt worden. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war demnach durch das vorliegende Sanierungsgutachten nebst Statik davon informiert, dass grundlegende Annahmen der Streithelferin nicht zutreffend waren. Dies betraf die Frage, ob das Tiefgeschoss konstruktionsbedingte Fehler aufweisen würde, und den Umstand, dass die Beklagte eine andere Sanierung geplant und auch tatsächlich ausgeführt hat als die, die dem Gutachten des Beklagten zu 2 und den Vergleichsverhandlungen zugrunde lag. Damit wurde bereits im Jahr 2005 eine Kenntnis von Tatsachen begründet, die den Schluss ermöglichten, dass die den Vergleichsverhandlungen zugrunde liegenden Annahmen in wesentlichen Punkten nicht zutreffend waren. Das genügt zur Annahme einer Kenntnis i.S.d. § 199 BGB. Nicht erforderlich ist, dass der Vorgang rechtlich zutreffend beurteilt wird (BGH, Urteil vom 29.01.2008, XI ZR 160/07, NJW 2008, 1729, 1732 zum Bereicherungsanspruch).

Dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin bereits aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. R. davon ausging, möglicherweise zu Unrecht die am Tiefgeschoss entstandenen Schäden reguliert zu haben, wird auch durch die Streitverkündung gegenüber dem Beklagten zu 2 deutlich, die noch vor Erhalt des Gerichtsgutachtens von Prof. Dr. D. erfolgt ist. In dem Schriftsatz begründet die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Streitverkündung damit, dass sie wegen des gegebenenfalls fehlerhaften Gutachtens Regressansprüche in Höhe von 1.662.025,53 EUR gegenüber dem Beklagten zu 2 geltend machen werde, sollte sich der Planungsfehler des beklagten Architekten nicht bewahrheiten. Wenn das Gutachten von Prof. Dr. R. für die Rechtsvorgängerin der Klägerin ausreichend Anlass bot, Regressansprüche gegen den Beklagten zu 2 geltend zu machen, hätte sie auch die Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen wegen der zu hoch bewerteten Vergleichssumme gegen die Beklagte zu 1 in Betracht ziehen müssen.

Zumindest haben diese Informationen dazu geführt, dass die Unkenntnis der Rechtsvorgängerin der Klägerin als grob fahrlässig einzustufen ist und somit positiver Kenntnis gleichsteht gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Ausreichend ist, wenn dem Gläubiger aufgrund der ihm grob fahrlässig unbekannt gebliebenen Tatsachen zugemutet werden kann, zur Durchsetzung seiner Ansprüche gegen eine bestimmte Person aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos Klage – sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage – zu erheben (vgl. BGH, Urt. V. 10.11.2009, VI ZR 247/08 – juris-, BGH, Urt. v. 18. 01.2000 – VI ZR 375/98 – aaO m.w.N., Urt. v. 14.10.2003 – VI ZR 379/02 – aaO m.w.N.). Es hätte sich der Rechtsvorgängerin der Klägerin aufgrund ganz naheliegender Überlegungen zumindest aufdrängen müssen, dass der Beklagte zu 2, der unstreitig nicht ausreichend sachkundig zur Bewertung dieser Schäden war, sich auf die Stellungnahme der Streithelferin verlassen hat. Diese ist aber offensichtlich eine nur vorläufige, teilweise unvollständige Bewertung und enthält auch Widersprüche. Dem Gutachten kann nicht entnommen werden, dass die Betonfestigkeit und -güte geprüft oder der bei dem Hochwasserereignis aufgetretene Wasserdruck und seine Auswirkungen auf die Statik des Gebäudes näher festgestellt und überprüft wurde. Die angegebene erste visuelle Einschätzung bezieht sich nur auf den Estrich, die gefertigten Fotos zeigen nur einen Trennriss und im übrigen sogenannte „Schwindrissstrukturen“. Weitergehende Untersuchungen zur Tiefe der Risse hat die Streithelferin nicht vorgenommen, jedenfalls lässt sich dies dem Gutachten nicht entnehmen. Auf Seite 28 des Gutachtens kommt die Streithelferin zu dem Schluss, dass die „Weiße Wanne“ versagt habe, dies begründet die Streithelferin aber im folgenden allein mit dem Wassereintritt durch fehlerhaft ausgeführte Außenwanddurchführungen. Weiterhin wird dargestellt, dass das Versagen auch nicht die Ursache für die eingetretenen Schäden gewesen sei, diese seien vielmehr durch das „Überlaufen der Wanne“ entstanden. An einer anderen Stelle des Gutachtens stellt die Streithelferin dagegen fest, dass ein „höherer Wasserstand, als im statischen Nachweis angenommen, …größere, leider teilweise nur revisible Verformungen an Bodenplatte und Wänden“ bewirkt habe. Statische Berechnungen oder Nachweise für diese Bewertung lassen sich der Stellungnahme nicht entnehmen. Die Streithelferin hat lediglich die Bodenplatte in einem Teilbereich vermessen und Unebenheiten festgestellt. Als deren Ursache hat sie eine hochwasserbedingte Verformung angenommen, obwohl sie offensichtlich keine Berechnung des einwirkenden Wasserdrucks vorgenommen hat und selbst feststellt, dass keine Risse in der Bodenplatte vorliegen würden. Hinzu kommt, dass sich auch der Stellungnahme entnehmen lässt, dass die vorgeschlagene Sanierungsvariante nur „möglicherweise“ die einzige neben Abriss und Neubau sei. Angesichts der offenen, durch das Gutachten der Streithelferin nicht geklärten Fragen einerseits und der Darlegungen in dem Gutachten von Prof. Dr. R. andererseits, die zudem durch eine geprüfte Nachtragsstatik untersetzt wurden, hätte sich der Rechtsvorgängerin der Klägerin zumindest aufdrängen müssen, dass sie im Rahmen der Vergleichsverhandlungen von möglicherweise unzutreffenden Annahmen ausgegangen ist, was ihre grob fahrlässige Unkenntnis begründet.

Die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der BV ist der Klägerin als ihrer Rechtsnachfolgerin infolge Verschmelzung auch zuzurechnen. Dies ergibt sich daneben auch aus einer gesamtschuldnerischen Haftung, da die Klägerin – wie sich dem Versicherungsscheins (Anlage K22) entnehmen lässt – das Objekt zusammen mit der BV versichert hat.

Die dreijährige Verjährungsfrist begann somit selbst unter Annahme eines bis in das Jahr 2006 hineinreichenden Prozesses der Kenntnisnahme mit dem 01.01.2007 und war am 31.12.2009 abgelaufen. Die Streitverkündung erfolgte erst am 30.01.2012 und damit weit nach Ablauf der Frist des § 195 BGB.

2. Berufung des Beklagten zu 2) und der Streithelferin

Die Berufungen sind zulässig und haben auch Erfolg. Der Beklagte zu 2 ist nicht zur Zahlung des geltend gemachten Betrages verpflichtet, da die geltend gemachten Ansprüche jedenfalls verjährt sind. Der Lauf der Verjährungsfrist wurde durch die dem Beklagten zu 2 am 20.12.2007 erklärte Streitverkündung nicht gem. § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB gehemmt, da diese unzulässig war.

a) Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob der von der Klägerin geltend gemachte Gewährleistungs- bzw. Schadensersatzanspruch gem. § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB in fünf Jahren oder in der Regelverjährungsfrist von drei Jahren gem. § 195 BGB verjährt, da in beiden Fällen die Verjährungsfrist nicht vor der am 20.12.2007 erfolgten Streitverkündung gegenüber dem Beklagten zu 2 abgelaufen gewesen wäre.

Ist die Erstellung des Gutachtens als Werkvertrag einzuordnen, so beginnt die Verjährung mit der Abnahme der Leistung, § 640 BGB. Gegenstand der Beauftragung war die gutachterliche Ermittlung der Schäden am Gebäude und der erforderlichen Sanierungskosten. Der Gutachtenauftrag ist damit als Werkvertrag einzuordnen, da sich der geschuldete Erfolg, also die Bewertung und Kalkulation der Sanierungsleistungen, auf das Hotelgebäude als Bauwerk bezog (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.05.2013 Rn. 76 m.w.N., BGH, Urt. v. 11.10.2001, VII ZR 475/00 – juris). Die Klägerin hat die Gutachtenleistung auch abgenommen, indem sie sie im Zusammenhang mit der Besprechung am 18.12.2002 und bis zum Abschluss der Vergleichsverhandlungen am 07.01.2003 nutzte und damit als in der Hauptsache vertragsgemäße Leistung anerkannte. Spätester Zeitpunkt für den Verjährungsbeginn wäre dann die Übersendung des fertiggestellten Gutachtens am 30.06.2003, so dass Verjährung mit Ablauf des 30.06.2008 eingetreten wäre und somit durch eine am 20.12.2007 bewirkte wirksame Streitverkündung hätte gehemmt werden können.

Wenn man – wie die Klägerin – von einer Verjährung nach § 195 BGB ausgeht, hätte die dreijährige Verjährungsfrist mit Schluss des Jahres der Entstehung des Anspruchs und mit Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen begonnen. Die Kenntnisnahme ist am 12.12.2005 mit Übersendung des Gutachtens Prof. Dr. R. erfolgt, so dass die am 01.01.2006 begonnene Verjährung mit Ablauf des 31.12.2008 eingetreten wäre und ebenfalls hätte gehemmt werden können.

b) Da die erfolgte Streitverkündung jedoch nicht den Zulässigkeitserfordernissen des § 72 Abs. 1 ZPO entsprach, trat keine Hemmungswirkung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB ein. Eine verjährungshemmende Wirkung der Streitverkündung tritt auch nicht allein dadurch ein, dass der Beklagten zu 2 im Vorprozeß beigetreten ist (vgl. BGH Urt. v. 06.12.2007, Az IX ZR 143/06, Rn. 14 – juris-).

Die Streitverkündung entsprach nicht den Anforderungen des § 72 Abs. 1 ZPO. Der BGH führt in der o.a. Entscheidung zur Zulässigkeit der Streitverkündung aus:

„Nach dieser Vorschrift ist eine Streitverkündung u.a. dann zulässig, wenn die Partei für den Fall des ihr ungünstigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt. Die Streitverkündung soll den Streitverkünder davor bewahren, die wegen der materiell-rechtlichen Verknüpfung der gegen verschiedene Schuldner gerichteten Ansprüche notwendigen Prozesse alle zu verlieren, obgleich er zumindest einen dieser Prozesse gewinnen müsste (BGH, Urt. v. 28. Oktober 1988 – V ZR 14/87, NJW 1989, 521, 522). Unzulässig ist die Streitverkündung deshalb wegen solcher Ansprüche, die nach Lage der Dinge von vornherein sowohl gegenüber dem Beklagten des Vorprozesses als auch gegenüber dem Dritten geltend gemacht werden können, für die also aus der Sicht des Streitverkünders schon im Zeitpunkt der Streitverkündung eine gesamtschuldnerische Haftung des Beklagten und des Dritten in Betracht kommt. In einem derartigen Falle kommt es auch im Zeitpunkt der Streitverkündung nicht mehr auf einen für den Streitverkünder ungünstigen Ausgang des Rechtsstreits an (BGHZ 65, 129, 131). Die verjährungsunterbrechende Wirkung der Streitverkündung tritt nicht ein, wenn und soweit – auch vom Standpunkt der streitverkündenden Partei aus – der der Streitverkündung zugrunde liegende vermeintliche Anspruch durch den Ausgang des Rechtsstreits nicht berührt werden kann (BGH, Urt. v. 21. Februar 2002, aaO) …

Sinn und Zweck der Streitverkündung sprechen gegen eine Ausdehnung des § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB auf Fälle einer unzulässigen Streitverkündung. Ebenso wie die Vorgängervorschrift des § 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB soll § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB den Gläubiger der Notwendigkeit entheben, zur Hemmung der Verjährung mehrere Prozesse gegen verschiedene in Betracht kommende Anspruchsgegner gleichzeitig anstrengen zu müssen, von denen er allenfalls einen gewinnen kann. Steht von vornherein fest, dass der Anspruch gegen den einen Schuldner unabhängig von demjenigen gegen den anderen Schuldner besteht, ist eine verjährungsrechtliche Privilegierung des Gläubigers nicht gerechtfertigt. In einem solchen Fall ist der Gläubiger gerade nicht „aus anerkennenswerten Gründen gehindert, den Anspruch geltend zu machen“ (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 111). …“

(BGH, Urteil vom 06. Dezember 2007 – IX ZR 143/06 -, BGHZ 175, 1-12)

Nach diesen Grundsätzen tritt eine Interventionswirkung nicht ein, wenn der Streitverkündete bereits zum Zeitpunkt der Streitverkündung erkennbar potenziell gesamtschuldnerisch oder ausschließlich haftet. Mangels Abhängigkeit der Haftung des Dritten vom ungünstigen Ausgang des Vorprozesses fehlen dann die Voraussetzungen des § 72 ZPO. Das war hier der Fall. Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 2 aus dem am 20.08.2002 erteilten Gutachtenauftrag bestand unabhängig davon, ob auch der im Vorprozeß verklagte Architekt aus dem mit der Beklagten zu 1 bestehenden Vertragsverhältnis zum Schadensersatz verpflichtet war. Fälle, in denen der Dritte materiell-rechtlich neben dem zunächst Verklagten haftet, werden von § 72 ZPO nicht erfasst. Der Beklagte zu 2 haftete zum Zeitpunkt der Streitverkündung erkennbar ausschließlich für den geltend gemachten Anspruch, da es nicht auf den Ausgang des gegen den bauplanenden Architekten geführten Prozesses ankam. In diesem Ausgangsprozess ging es um die Frage, ob der Architekt gegenüber der Beklagten zu 1 als Bauherrin für eine möglicherweise unzureichende Tragwerksplanung haftet, wenn und soweit die Konstruktion des Kellergeschosses fehlerhaft für den Lastfall eines Hochwasserstandes HW 20 ausgelegt war. Dagegen war Gegenstand des zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2 bestehenden Gutachtenauftrags, welche Schäden an dem Kellergeschoss durch das sog. Jahrhunderthochwasser 2002 eingetreten sind und welche Maßnahmen mit welchen Kosten zur Beseitigung dieser konkreten Schäden erforderlich sind. Die von der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 2 geltend gemachten Schadensersatzansprüche folgen somit allein daraus, dass der Beklagte seinen aus dem Gutachtenauftrag folgenden Ermittlungs- und Bewertungspflichten nach Behauptung der Klägerin unzureichend nachgekommen ist. Dies stellt einen völlig anderen Lebenssachverhalt dar, der nicht Gegenstand des Vorprozesses war und der in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Ausgang des Vorprozesses steht, denn der Beklagte sollte gerade nicht die Planungstätigkeit des im Vorprozeß verklagten Architekten vor und bei Errichtung des Hotelgebäudes begutachten. Die materiell-rechtliche Abhängigkeit beider Ansprüche wird auch nicht dadurch begründet, dass die Ansprüche der Klägerin gegen den Architekten und den Beklagten zu 2 auf dasselbe Ziel, nämlich Beseitigung des selben Schadens gerichtet sind (vgl. BGH, Urteil vom 09.10.1975, VII ZR 130/73, BGHZ 65, 127, 134). Im Ausgangsprozess machte die Klägerin einen Schaden der Beklagten zu 1 geltend, der sich aus einer mangelhaften Planung ergeben sollte. Gegenüber dem Beklagten zu 2 verlangt sie hingegen Ersatz des eigenen Schadens, der durch fehlerhafte Ermittlung eines Hochwasserschadens entstanden sei und zur Vereinbarung eines zu hohen Entschädigungsbetrages geführt haben soll. Rein tatsächlich mögen einzelne Vorfragen beider Ansprüche übereinstimmen. Dass sich beide Ansprüche wechselseitig ausschließen würden, ist nicht ersichtlich, wie auch sonst keine enge materiell-rechtliche Verknüpfung der Ansprüche, die erwarten ließe, dass wesentliche Fragen in beiden Verhältnissen gleichlaufend zu beantworten sind (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2009, XII ZR 114/06, NJW 2009, 1488, 1490).

Die Klägerin hätte den Beklagten zu 2 somit unabhängig von dem Ausgang des Vorprozesses wegen Mängeln bei der Ausführung des Gutachtens in Anspruch nehmen müssen. Auch wenn die ursprüngliche Planung mangelfrei war, die nach Vortrag der Klägerin noch nicht einmal für den Lastfall HW 20 ausreichend gewesen sein soll, stand damit noch nicht alternativ fest, dass die Schadensfeststellung durch den Beklagten zu 2 mangelbehaftet gewesen sein muss. Denn entscheidend für die Regulierungsverhandlungen waren ausschließlich die bestehenden Sanierungsmöglichkeiten zur Beseitigung der konkret eingetretenen Schäden. Hier lag der Fehler des Beklagten zu 2 bereits nach dem Vortrag der Klägerin darin, dass er entsprechend der Zuarbeit der Streithelferin von einer teilweise irreversiblen Verformung der Wände und die Bodenplatte durch das Jahrhunderthochwasser ausgegangen ist, das im übrigen den Lastfall HW 20 deutlich überstieg, und ferner kalkuliert hat, dass diese Schäden ausschließlich durch die vorgeschlagene Sanierungsvariante mit den ermittelten Kosten beseitigt werden können. Aus diesem Grund ist auch der Einwand der Beklagen und der Streithelferin zutreffend, dass das Urteil im Vorprozess für den vorliegenden Prozess keine Bindungswirkung entfalten könne, weil die Feststellung, welche Schäden im August 2002 an dem Kellergeschoss vorhanden gewesen sind und wie diese Schäden zu sanieren sind, gar nicht Gegenstand des Vorprozesses waren. Hierzu konnten folglich auch keine das Urteil tragenden Feststellungen getroffen werden. Die fehlende Abhängigkeit der Haftung folgt aus dem Inhalt der jeweiligen Vertragspflichten und stand somit bereits von vornherein fest. Dies war für die Klägerin auch ohne weiteres erkennbar. Dies wird noch bestätigt durch das Gutachten der Streithelferin, da darauf hingewiesen wird, dass die nach dem Hochwasserereignis eingetretenen Schäden durch das Überlaufen der Weißen Wanne entstanden sind und dieser Umstand möglicherweise sogar den Eintritt von größeren Schäden verhindert hat.

Da die Haftung eines bauplanenden Architekten für Planungsfehler in keinem Alternativverhältnis zu der Haftung eines Schadensgutachter steht, der aus einer Gebäudeversicherung folgende Leistungsansprüche bewerten soll, bestand somit kein Grund für eine verjährungsrechtliche Privilegierung der Klägerin.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97, § 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben, weil die Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung durch das Revisionsgericht erfordern. Die Festsetzung des Streitwertes folgt den gestellten Anträgen.

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