Ein Kläger forderte bei der Streitwertfestsetzung bei DSGVO-Verstößen 22.500 Euro und rechnete mit enormen Prozesskosten. Das OLG München erklärte, Gerichte seien nicht an subjektive Angaben gebunden, und senkte den Betrag auf 7.500 Euro.
Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Muss das Gericht den vom Kläger genannten Streitwert zwingend übernehmen?
- Warum trage ich die Prozesskosten, wenn ich vor Gericht nur 100 Euro gewinne?
- Wie wird der Streitwert für Auskunfts- oder Unterlassungsansprüche festgesetzt?
- Wie kann ich gegen einen zu hoch festgesetzten Streitwert vorgehen?
- Was ist ein angemessener Streitwert für immaterielle DSGVO-Schäden?
- Glossar
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 31 W 1130/25 e | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht München
- Datum: 25.09.2025
- Aktenzeichen: 31 W 1130/25 e
- Verfahren: Streitwertbeschwerde
- Rechtsbereiche: Datenschutzrecht (DSGVO), Zivilprozessrecht, Streitwert
- Das Problem: Ein Kläger forderte wegen eines Datenklau-Vorfalls (Scraping) Schadensersatz und Unterlassung. Das Landgericht legte den Streitwert, die Basis für die Gerichtsgebühren, auf 22.500 Euro fest. Der Kläger sah diesen Wert als viel zu hoch an und legte Beschwerde ein.
- Die Rechtsfrage: Muss ein Gericht bei der Festsetzung des Streitwerts die ursprünglichen, subjektiven Schätzungen des Klägers übernehmen? Oder muss das Gericht den tatsächlichen Wert selbstständig prüfen und festlegen?
- Die Antwort: Nein. Gerichte sind bei der Festsetzung des Streitwerts nicht an die subjektiven Angaben der klagenden Partei gebunden. Das Gericht muss den tatsächlichen Wert selbstständig und nach objektiven Kriterien prüfen. Der Gesamtstreitwert wurde auf 7.500 Euro herabgesetzt.
- Die Bedeutung: Kläger können die Höhe der Gerichtsgebühren und Anwaltskosten nicht willkürlich durch überhöhte Schätzungen festlegen. Gerichte müssen in Massenverfahren (wie DSGVO-Klagen) die einzelnen Ansprüche (z.B. auf Auskunft und Unterlassung) realistisch bewerten.
Der Fall vor Gericht
Warum kämpfte ein Kläger darum, den Wert seiner eigenen Klage zu senken?
Ein Kläger gewinnt vor Gericht 100 Euro, verliert aber fast alles. Sein nächster Schritt scheint absurd: Er kämpft nicht für mehr Geld, sondern darum, den Wert seiner eigenen Klage drastisch zu senken. Ein bizarrer Rechtsstreit beginnt, bei dem es nicht um Sieg oder Niederlage geht, sondern um die teure Frage: Was ist eine Klage wirklich wert?

Der Grund für dieses Manöver ist die Kostenfalle des deutschen Zivilprozesses. Die Gerichts- und Anwaltsgebühren berechnen sich nach dem sogenannten Streitwert – dem Geldbetrag, um den gestritten wird. Ein hoher Streitwert bedeutet hohe Kosten. Der Kläger hatte in seiner Klageschrift wegen eines Datenschutzverstoßes den Streitwert selbst auf 22.500 Euro beziffert. Nach dem Urteil, das ihm nur 100 Euro zusprach, wurde diese hohe Summe zum Bumerang. Er musste den Großteil der Kosten tragen, die auf Basis der 22.500 Euro berechnet wurden. Sein Ziel war es, diesen Wert nachträglich auf 7.500 Euro zu reduzieren und seine Kostenlast zu verringern.
Muss ein Gericht den vom Kläger genannten Streitwert übernehmen?
Das Landgericht München II hatte genau das getan. Es übernahm die 22.500 Euro aus der Klageschrift ohne eigene Prüfung. Das Oberlandesgericht München kassierte diese Entscheidung. Es stellte unmissverständlich klar: Ein Gericht ist niemals an die subjektiven Wertvorstellungen einer Partei gebunden. Die Angabe eines Klägers ist nur ein Indiz. Das Gericht hat eine eigene Pflicht, den Wert des Streits nach objektiven Kriterien zu ermitteln. Diese Pflicht zur eigenständigen Prüfung wurzelt im Gesetz (§ 3 ZPO) und sichert ab, dass weder Kläger noch Beklagte die Kosten durch unrealistische Wertangaben manipulieren können. Das Landgericht hatte seine Richterliche Schätzungspflicht verletzt. Es machte einen Ermessensfehler, indem es die Zahl des Klägers einfach blind übernahm.
Wie bewertete das OLG die einzelnen Forderungen der Datenschutzklage?
Das Oberlandesgericht zerlegte die Klage in ihre Bestandteile und bewertete jeden Punkt einzeln. Die Logik dahinter ist präzise.
Zuerst die Zahlungsanträge: Der Kläger forderte mindestens 3.000 Euro für den Datenschutzverstoß und mindestens 2.000 Euro für eine verweigerte Auskunft. Hier gilt ein klarer Grundsatz der Rechtsprechung: Nennt ein Kläger einen Mindestbetrag, darf das Gericht den Streitwert nicht darunter ansetzen. Diese beiden Werte – 3.000 Euro und 2.000 Euro – waren damit fix.
Dann der Antrag auf Feststellung künftiger Schäden: Der Kläger wollte gerichtlich feststellen lassen, dass das Unternehmen auch für alle zukünftigen materiellen Schäden haften muss. Ein solcher Antrag ist weniger wert als eine direkte Zahlungsklage. Ihm fehlt die sofortige Vollstreckbarkeit. Das Gericht muss das wirtschaftliche Risiko abwägen. Da der Datenvorfall Jahre zurücklag und der Kläger keine konkreten Anhaltspunkte für drohende Schäden lieferte, schätzte das Gericht das Interesse hier als gering ein. Es setzte einen Wert von 500 Euro an.
Der Auskunftsanspruch: Die Forderung nach umfassender Auskunft über die eigenen Daten dient der Vorbereitung weiterer Ansprüche. Ihr Wert hängt davon ab, was der Kläger mit der Information anfangen könnte. In Anlehnung an die gängige Praxis bei Datenschutzklagen und ohne konkrete Hinweise auf einen hohen wirtschaftlichen Nutzen der Auskunft erschien dem Gericht auch hier ein Wert von 500 Euro angemessen.
Zuletzt der Unterlassungsanspruch: Der Kläger wollte dem Unternehmen verbieten lassen, seine Daten weiterhin unrechtmäßig zu verarbeiten. Der Wert eines solchen nicht-vermögensrechtlichen Anspruchs wird nach § 48 Abs. 2 GKG geschätzt. Das Gericht orientierte sich an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in vergleichbaren DSGVO-Massenverfahren. Dort wurde argumentiert, dass das Interesse des Einzelnen an der Unterbindung weiterer Verstöße im Vordergrund steht – nicht eine allgemeine Abschreckung. Angesichts der Umstände setzte das Gericht den Wert auf 1.500 Euro fest.
Was war das Endergebnis der Neuberechnung?
Das Oberlandesgericht addierte die von ihm ermittelten Einzelwerte: 3.000 Euro plus 2.000 Euro für die Zahlungsanträge, 500 Euro für die Feststellung, 500 Euro für die Auskunft und 1.500 Euro für die Unterlassung. Die Summe ergab exakt 7.500 Euro. Das war genau der Betrag, den der Kläger in seiner Beschwerde beantragt hatte. Der Beschluss des Landgerichts wurde aufgehoben. Der Streitwert des ursprünglichen Verfahrens wurde rechtskräftig auf 7.500 Euro festgesetzt. Die Kosten für den Kläger sanken damit auf ein Drittel. Sein scheinbar absurder Kampf hatte sich gelohnt. Eine kleine Randnotiz verdeutlichte die Strenge des Gerichts: Die Beschwerde, die der Anwalt des Klägers auch in eigenem Namen eingereicht hatte, wurde als unzulässig verworfen. Ein Anwalt darf sich nur dann selbst über den Streitwert beschweren, wenn seine eigene Vergütung direkt negativ betroffen ist (§ 32 Abs. 2 S.1 RVG) – was bei einem Antrag auf Herabsetzung nicht der Fall ist.
Die Urteilslogik
Die korrekte Bestimmung des Streitwerts ist keine Formsache, sondern die fundamentale Basis für die gerechte Verteilung der Prozesskosten.
- Die richterliche Schätzungspflicht priorisieren: Das Gericht muss den Streitwert stets eigenständig nach objektiven Kriterien festsetzen; es darf überhöhte oder subjektive Angaben der Parteien nicht blind übernehmen, um eine Manipulation der Kostenlast zu verhindern.
- Nicht-vermögensrechtliche Ansprüche detailliert aufschlüsseln: Kombiniert eine Klage verschiedene Anträge (etwa Schadensersatz, Auskunft und Unterlassung), erfordert die Festsetzung des Gesamtstreitwerts eine separate und präzise Bewertung jedes einzelnen Anspruchs.
- Überhöhte Kostenlast korrigieren: Parteien können die gerichtliche Festsetzung eines als überhöht empfundenen Streitwerts erfolgreich anfechten, da eine nachträgliche Korrektur elementar die Höhe der zu tragenden Gerichts- und Anwaltsgebühren senkt.
Ein Gericht muss stets seine richterliche Schätzungspflicht erfüllen, da der Prozesswert direkt über die finanzielle Belastung und das wirtschaftliche Risiko der Parteien entscheidet.
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Experten Kommentar
Wer bei einem Datenschutzverstoß zu ambitioniert ist und den Streitwert zu hoch ansetzt, sitzt schnell in der Kostenfalle. Dieser OLG-Beschluss liefert allen Betroffenen, die ihre Kosten wegen eines anfänglichen taktischen Fehlers senken wollen, ein mächtiges Werkzeug in die Hand. Er stellt klar, dass Gerichte die Zahl des Klägers nicht blind übernehmen dürfen, sondern zur objektiven Neubewertung jedes einzelnen DSGVO-Anspruchs verpflichtet sind. Für die Praxis bedeutet das: Auch eine anfänglich verlorene Klage kann durch eine konsequente Streitwertbeschwerde nachträglich im Hinblick auf die Anwalts- und Gerichtskosten optimiert werden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Muss das Gericht den vom Kläger genannten Streitwert zwingend übernehmen?
Nein, das Gericht ist an die Wertvorstellungen des Klägers nicht gebunden. Die Angabe einer Partei dient lediglich als Indiz für die spätere Bewertung. Das Gericht trägt vielmehr eine eigene, gesetzliche Pflicht zur objektiven Ermittlung des Streitwerts, die in § 3 ZPO verankert ist. Diese richterliche Schätzungspflicht dient dazu, die Prozesskosten fair festzusetzen und eine Manipulation der Kostenlast zu verhindern.
Die Pflicht zur eigenständigen Prüfung sichert beide Verfahrensbeteiligten ab. Würde das Gericht extrem überhöhte oder unrealistisch niedrige Wertangaben blind akzeptieren, könnte eine Partei das finanzielle Risiko des Gegners gezielt in die Höhe treiben. Ziel ist es, den tatsächlichen, objektiven Wert des Streits zu ermitteln.
Ein konkretes Beispiel: Das Landgericht München II hatte in einem Fall die Forderung des Klägers über 22.500 Euro ohne eigene Prüfung übernommen. Das zuständige Oberlandesgericht München kassierte diese Entscheidung. Die blinde Übernahme der subjektiven Zahl stellte einen justiziellen Ermessensfehler dar, weil das Landgericht seine Schätzungspflicht verletzte.
Prüfen Sie den Streitwertbeschluss des Gerichts. Wenn dieser Ihren ursprünglichen, überhöhten Betrag widerspiegelt, können Sie die Verletzung der richterlichen Schätzungspflicht argumentieren.
Warum trage ich die Prozesskosten, wenn ich vor Gericht nur 100 Euro gewinne?
Dieses Ergebnis fühlt sich wie eine Bestrafung an: Sie haben zwar Recht bekommen, aber die Kostenrechnung ist astronomisch hoch. Im deutschen Zivilprozess bestimmt nicht der tatsächliche Geldbetrag Ihres Sieges die Rechnung, sondern der ursprüngliche Streitwert der gesamten Klage. Das Gericht verteilt die Gebühren nach dem Verhältnis, in dem Sie obgesiegt oder unterlegen sind. Gewinnen Sie nur einen winzigen Teil Ihrer Forderung, tragen Sie fast die gesamten Prozesskosten, die sich nach dem initialen Wert berechnen.
Gerichts- und Anwaltsgebühren skalieren direkt mit der Höhe des Streitwerts. Wurde dieser Wert zu Beginn der Klage unrealistisch hoch angesetzt, explodieren die gesamten Kosten automatisch. Die Kostenverteilung erfolgt gemäß den Regeln der Zivilprozessordnung. Hierbei wird Ihr tatsächlicher Gewinn gegen die ursprünglich geforderte Summe ins Verhältnis gesetzt, um die Quote des Obsiegens zu bestimmen.
Forderten Sie beispielsweise anfänglich 22.500 Euro Schadensersatz, gewannen aber nur 100 Euro, so gilt Ihr juristisches Obsiegen lediglich als 0,5 Prozent. Die Gerichte werten das Verfahren damit als ein 99,5-prozentiges Unterliegen Ihrerseits. Als Kläger tragen Sie demnach den Großteil der Anwalts- und Gerichtskosten, welche auf dem ursprünglichen Streitwert von 22.500 Euro basieren.
Berechnen Sie sofort das genaue Verhältnis Ihres Gewinns zum Streitwert in Prozent, um die Korrektheit der Kostenquote zu verifizieren.
Wie wird der Streitwert für Auskunfts- oder Unterlassungsansprüche festgesetzt?
Nicht-vermögensrechtliche Ansprüche wie Auskunft oder Unterlassung bewertet das Gericht nicht nach festen Tarifen, sondern nach einer richterlichen Schätzung. Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet § 48 Abs. 2 GKG. Dabei liegt der Fokus nicht auf dem geforderten Geld, sondern auf dem individuellen Interesse des Klägers an der Beendigung des Verstoßes. Das Oberlandesgericht (OLG) setzte in einem aktuellen Fall den Streitwert für den Unterlassungsanspruch auf 1.500 Euro fest.
Der Wert für einen Unterlassungsanspruch wird geschätzt, orientiert sich aber stark an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, besonders bei vergleichbaren DSGVO-Massenverfahren. Das Gericht muss beurteilen, wie wichtig die Unterbindung der zukünftigen unrechtmäßigen Datenverarbeitung für den Kläger persönlich ist. Im Gegensatz zu reinen Zahlungsklagen tritt das individuelle, nicht-wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Beendigung des Verstoßes in den Vordergrund. Ein üblicher Orientierungswert für einen einfachen Unterlassungsanspruch liegt oft bei 1.500 Euro, sofern keine besonderen Umstände eine Erhöhung rechtfertigen.
Der Auskunftsanspruch wird hingegen sekundär bewertet. Sein Wert richtet sich danach, welchen wirtschaftlichen Nutzen die erlangten Informationen für potenzielle Folgeklagen haben. Liegt kein offensichtlich hoher Nutzen vor, wird der Wert gering angesetzt, beispielsweise 500 Euro. Ebenso wird ein Antrag auf Feststellung künftiger Schäden niedriger bewertet. Weil diesem Antrag die sofortige Vollstreckbarkeit fehlt und oft keine konkreten Folgeschäden belegt werden, setzt das Gericht diesen Feststellungswert meist ebenfalls bei 500 Euro an.
Begründen Sie jede nicht-vermögensrechtliche Forderung präzise, um dem Gericht zu erklären, warum Ihr vorgeschlagener Streitwert angesichts der individuellen Schwere des Verstoßes angemessen ist.
Wie kann ich gegen einen zu hoch festgesetzten Streitwert vorgehen?
Der Weg zur Korrektur eines überhöhten Streitwerts führt über die Streitwertbeschwerde. Dieses spezielle Rechtsmittel legen Sie gegen den Beschluss des erstinstanzlichen Gerichts ein, das den Wert festgesetzt hat. Die Beschwerde wird anschließend vom übergeordneten Oberlandesgericht (OLG) geprüft und entschieden. Nur durch diesen juristischen Schritt können Sie eine zu hohe Kostenlast, die beispielsweise auf 22.500 Euro festgelegt wurde, effektiv senken.
Ihre zentrale Argumentationsstrategie zielt darauf ab, dem Landgericht einen Fehler nachzuweisen. Sie greifen die Entscheidung mit dem Argument an, dass das Landgericht seine richterliche Schätzungspflicht verletzt hat (§ 3 ZPO). Dies tritt ein, wenn das Gericht die ursprüngliche, überhöhte Forderung einfach blind aus der Klageschrift übernommen hat, ohne den Wert objektiv und selbstständig zu ermitteln. Das OLG korrigiert eine solche Verletzung der richterlichen Pflicht.
Um vor dem OLG erfolgreich zu sein, müssen Sie die ursprüngliche Forderung in ihre objektiv bewertbaren Einzelteile zerlegen. Wenn Ihre Klage etwa Zahlungsansprüche, Auskunft und Unterlassung umfasste, weisen Sie jedem Teil einen realistischen Wert zu. Legen Sie dar, dass die Summe dieser Einzelwerte tatsächlich nur 7.500 Euro beträgt, und untermauern Sie dies mit der gängigen OLG-Rechtsprechung. Achtung: Eine Beschwerde, die nur der Anwalt in eigenem Namen zur Senkung des Streitwerts einreicht, ist in diesem Kontext unzulässig (§ 32 Abs. 2 S.1 RVG).
Erstellen Sie eine detaillierte Aufschlüsselung der Einzelansprüche, um dem OLG eine nachvollziehbare Grundlage für die Neubewertung zu liefern.
Was ist ein angemessener Streitwert für immaterielle DSGVO-Schäden?
Der Streitwert für immaterielle Schäden bei DSGVO-Verstößen richtet sich direkt nach dem im Zahlungsantrag genannten Mindestbetrag. Nennen Sie im Verfahren zum Beispiel mindestens 3.000 Euro, wird dieser Wert für die Berechnung der Gerichts- und Anwaltsgebühren bindend fixiert. Das Gericht ist an diese Angabe gebunden und darf diesen Wert nicht eigenständig nach unten korrigieren, selbst wenn das zugesprochene Schmerzensgeld später viel niedriger ausfällt.
Die Wahl des geforderten Minimums im Zahlungsantrag ist somit der wichtigste Hebel zur Kostenkontrolle im Zivilprozess. Im Gegensatz zu nicht-vermögensrechtlichen Anträgen wie Unterlassung, deren Wert das Gericht nach freiem Ermessen schätzen muss, handelt es sich bei einem Zahlungsanspruch um einen festen Wert. Nennt ein Kläger einen Mindestbetrag, darf das Gericht den Streitwert dieses Anspruchs nicht unterschreiten.
Bei komplexen Klagen mit mehreren Forderungen werden die jeweiligen Mindestbeträge für die Zahlungsansprüche addiert. Nehmen wir an, Sie verlangen 3.000 Euro Schmerzensgeld für den Verstoß und zusätzlich 2.000 Euro wegen einer verweigerten Auskunft. Der festgesetzte Streitwert beträgt in diesem Fall 5.000 Euro. Diese Summe bildet die Basis für die Gebührenrechnung, auch wenn Sie nur einen Bruchteil des geforderten Betrages tatsächlich gewinnen.
Legen Sie den geforderten Mindestbetrag immer unter Berücksichtigung der aktuellen OLG- und BGH-Rechtsprechung fest, um das Kostenrisiko nicht unnötig zu erhöhen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Ermessensfehler
Ein Ermessensfehler liegt vor, wenn ein Gericht bei der Ausübung seines Entscheidungsspielraums bestimmte gesetzliche Grenzen ignoriert oder seine Pflicht zur objektiven Sachprüfung verletzt. Das Gesetz räumt Richtern bewusst einen gewissen Spielraum ein, jedoch muss dieser nach klaren, objektiven Kriterien ausgefüllt werden, um eine gerichtliche Willkür zu vermeiden.
Beispiel: Das Landgericht beging einen Ermessensfehler, weil es den hohen Streitwert von 22.500 Euro blind aus der Klageschrift übernahm und damit seine richterliche Schätzungspflicht verletzte.
Obsiegen und Unterliegen
Obsiegen und Unterliegen bezeichnen die Erfolgsquote der Parteien im Zivilprozess und dienen als Grundlage für die spätere Verteilung der gesamten Prozesskosten. Die Gerichte setzen den Grad des Obsiegens fest, indem sie den zugesprochenen Betrag ins Verhältnis zur ursprünglich geforderten Summe stellen, wodurch eine faire Kostenverteilung gesichert wird.
Beispiel: Obwohl der Kläger 100 Euro gewann, galt dies gegenüber seiner ursprünglichen Forderung von 22.500 Euro als fast vollständiges Unterliegen, weshalb er 99,5 Prozent der Anwaltsgebühren tragen musste.
Richterliche Schätzungspflicht
Die richterliche Schätzungspflicht verpflichtet das Gericht, den objektiven Wert eines Rechtsstreits selbstständig und unabhängig von den subjektiven Angaben der Parteien zu ermitteln (§ 3 ZPO). Diese Pflicht gewährleistet, dass Kläger und Beklagte die Kostenlast nicht durch unrealistisch hohe oder niedrige Wertangaben manipulieren können.
Beispiel: Das Oberlandesgericht korrigierte die Entscheidung des Landgerichts, weil dieses seine richterliche Schätzungspflicht missachtete und den vorgeschlagenen Streitwert ungeprüft ließ.
Streitwert
Der Streitwert ist der in Geldbeträgen ausgedrückte wirtschaftliche Wert des gesamten Prozessgegenstands und bestimmt maßgeblich die Höhe der Gerichts- und Anwaltsgebühren. Weil die Prozesskosten direkt mit der Höhe des Streitwerts skalieren, ist dieser Wert der entscheidende Kostenfaktor im deutschen Zivilprozess.
Beispiel: Der Streitwert wurde nachträglich von 22.500 Euro auf 7.500 Euro gesenkt, wodurch die gesamten Prozesskosten für den Kläger auf ein Drittel reduziert werden konnten.
Streitwertbeschwerde
Eine Streitwertbeschwerde ist das spezielle Rechtsmittel, das eine Partei nutzen kann, um die Höhe eines gerichtlich festgesetzten Streitwerts durch ein höheres Gericht (das Oberlandesgericht) überprüfen zu lassen. Nur über dieses juristische Verfahren können Fehler in der Kostenfestsetzung, die durch eine zu hohe Wertangabe entstanden sind, wirksam korrigiert werden.
Beispiel: Der Kläger legte eine Streitwertbeschwerde ein, nachdem er aufgrund des anfänglich hohen Streitwerts von 22.500 Euro eine unverhältnismäßig hohe Kostenrechnung für seinen Teilerfolg erhalten hatte.
Unterlassungsanspruch
Ein Unterlassungsanspruch zielt darauf ab, dem Gegner zukünftige rechtswidrige Handlungen, wie die unbefugte Datenverarbeitung, gerichtlich verbieten zu lassen. Da dieser Anspruch nicht auf eine feste Geldsumme gerichtet ist (nicht-vermögensrechtlich), schätzt das Gericht seinen Wert nach dem individuellen Interesse des Klägers (§ 48 Abs. 2 GKG).
Beispiel: Das OLG setzte den Wert für den Unterlassungsanspruch im Rahmen der Datenschutzklage auf 1.500 Euro fest und orientierte sich dabei an der gängigen BGH-Rechtsprechung.
Das vorliegende Urteil
OLG München – Az.: 31 W 1130/25 e – Beschluss vom 25.09.2025
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz





