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Stromabsperrung beim Mieter durch Vermieter – verbotene Eigenmacht

LG München I

Az.: 26 O 8764/05

Urteil vom 09.06.2005


In dem Rechtsstreit wegen einstweiliger Verfügung erlässt das Landgericht München I, 26. Zivilkammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2005 folgendes Endurteil:

I. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 3. Mai 2005 wird aufrechterhalten.

II. Der Verfügungsbeklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand:

Mit Schriftsatz vom 03.05.2005 (Blatt 1 bis 3 d. A.) beantragte der Verfügungskläger den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dem Verfügungsbeklagten sollte aufgegeben werden, die von ihm zum Betrieb eines Internetcafes genutzten Gewerberäume in der … in München wieder mit elektrischem Strom zu versorgen.

Der Verfügungskläger hat einen Untermietvertrag für diese Gewerberäume mit einer … GmbH vom 02.05.2005 vorgelegt, der vom Hauptmieter und Untermieter unterzeichnet ist. Hieraus ergibt sich, dass die Gewerberäume in … München, bestehend aus einem Mittelladen zur … mit 30 qm, 24,5 qm im unteren Zwischengeschoß und ca. 53 qm im oberen Zwischengeschoß und einem Lagerkeller mit WC, Waschraum von ca. 30 qm an den Verfügungskläger untervermietet wurden. Aus dem vorgelegten Untermietvertrag ergibt sich auch, dass die Untervermietung dem Hauptmieter von den Haus- bzw. Grundstückseigentümern gestattet worden sei.

Mit Mietvertrag vom 21.10.2003 (Anlage A 1) hatten … die genannten Gewerberäume an … vermietet. Das Mietverhältnis begann am 01.11.2003 und sollte am 31.10.2008 enden.

Ab November 2004 leistete der Verfügungskläger aufgrund des Untermietverhältnisses gemäß Untermietvertrag vom 09.11.2004 (Anlage K 1) Mietzinszahlungen an die Vermieter.

Mit an den Hauptmieter … gerichtetem Schreiben vom 10.02.2005 (Anlage A 4) widersprachen die Eigentümer … der Untervermietung an den Verfügungskläger.

Der Verfügungsbeklagte erschien am 02.05.2005 in dem vom Verfügungskläger betriebenen Internetcafe in der … und erklärte dem Verfügungskläger, er habe die Räumung des Cafes mit dem Hauptmieter vereinbart. Der Verfügungskläger habe das Cafe innerhalb von 20 Minuten zu räumen und zu verlassen. Außerdem kündigte der Verfügungsbeklagte an, nach Ablauf von 20 Minuten den Strom abzustellen. Ab 15.00 Uhr war der Strom im Internetcafe in der … entsprechend vorangegangener Ankündigung des Verfügungsbeklagten abgeschaltet.

Daraufhin beantragte der Verfügungskläger den Erlass einer einstweiligen Verfügung zum Zwecke der Aufhebung der Stromsperre. Zur Begründung trug er vor, er sehe sich durch verbotene Eigenmacht des Verfügungsbeklagten am Betrieb seines Gewerbes sowie der Nutzung der an ihn untervermieteten Räumlichkeiten als Internetcafe rechtswidrig gehindert.

Das Landgericht München I erließ am 3. Mai 2005 gegen den Verfügungsbeklagten folgende einstweilige Verfügung:

Dem Antragsgegner wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes von EUR 5,– bis zu EUR 250.000,–, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten geboten, den an den Antragsteller vermieteten Mittelladen in der … insbesondere das untere Zwischengeschoß, das obere Zwischengeschoß, den Lagerkeller mit WC sowie den Waschraum wieder mit elektrischem Strom zu versorgen.

Mit Schriftsatz vom 11.05.2005 (Blatt 10 bis 13 d. A.) hat der Verfügungsbeklagte hiergegen Widerspruch eingelegt mit dem Antrag:

1. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 04.05.2005, Az.: 26 O 8764/05, wird aufgehoben.

2. Die Vollstreckung aus der einstweiligen Verfügung wird mit sofortiger Wirkung – notfalls gegen Sicherheitsleistung – eingestellt.

Zur Begründung führt der Verfügungsbeklagte aus, Untervermietung sei nur mit schriftlicher Zustimmung der Vermieter gemäß § 7 Nr. 2 des Hauptmietvertrages vom 21.10.2003 (Anlage A 1) möglich. Die Vermieter hätten aber die Untervermietung nicht genehmigt.

Dass der Verfügungsbeklagte, wie vom Verfügungskläger vorgetragen, am 02.05.2005 gegen 15.00 Uhr für die Gewerberäume in der …, in welchen der Verfügungskläger sein Internetcafe betreibt, den Strom abgeschaltet hat, wird nicht bestritten.

Nachdem aber die Vermieter sowohl dem Hauptmieter … als dem Verfügungskläger gegenüber der Untervermietung mit Schreiben vom 10.02.2005 (Anlagen A 4 und A 5) widersprochen hätten, wisse der Verfügungskläger von seiner rechtlosen Situation. Er entrichte dementsprechend die Mietzinsen nicht mehr an die Eigentümer, sondern nur noch an den Hauptmieter …. Dem Verfügungskläger sei seit Anfang April bekannt, dass das Mietverhältnis … gekündigt sei. Dem Verfügungsbeklagten werde folglich durch den Verfügungskläger der Besitz entzogen. Es sei daher dem Verfügungsbeklagten unbenommen, mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren. Die Eigentümer hätten die fraglichen Räumlichkeiten bereits weitervermietet und es drohe ein vertraglicher Rücktritt des Nachmieters.

Der Verfügungskläger beantragt, den Widerspruch des Verfügungsbeklagten kostenpflichtig abzuweisen und die einstweilige Verfügung aufrecht zu erhalten.

Der Verfügungsbeklagte habe bei einem Treffen mit dem Verfügungskläger und dem Hauptmieter im Oktober 2004 erklärt, dass er nichts gegen eine Untervermietung an den Verfügungskläger habe. Es gehe nicht an, dass der Verfügungsbeklagte in Selbstjustiz die Räumlichkeiten entmiete.

Der Verfügungsbeklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2005 auf die Rechtsprechung des Kammergerichts Berlin hingewiesen und ein Urteil vom 08.07.2004 in Ablichtung übergeben.

Auf die Sitzungsniederschrift vom 09.06.2005 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Widerspruch des Verfügungsbeklagten hat in der Sache keinen Erfolg, weshalb die einstweilige Verfügung vom 03.05.2005 aufrecht zu erhalten war.

Unstreitig hat der Verfügungsbeklagte dem Verfügungskläger am 02.05.2005 ab 15.00 Uhr den Strom abgesperrt. Ein Wiederanstellen des Stroms ist dem Verfügungskläger nicht möglich, da er keinen Zugang zu dem Kellerraum hat, in dem sich die Hauptsicherung für die gemieteten Räumlichkeiten befindet.

Rückstände hinsichtlich der Stromrechnungen des Verfügungsklägers sind nicht ersichtlich.

Das Absperren des elektrischen Stroms für die im Besitz des Verfügungsklägers befindlichen Gewerberäumlichkeiten und die dadurch bedingte Einstellung der Stromversorgung für diese Räumlichkeiten stellt eine Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht im Sinne des § 862 BGB dar.

Der Verfügungskläger kann Beseitigung dieser Störung gemäß § 862 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen (vgl. Palandt-Bassenge, § 862 BGB, Rdz. 5 und 10).

Nach Auffassung der Kammer ist der Anspruch nicht dadurch ausgeschlossen, dass das mit der Firma … GmbH abgeschlossene Untermietverhältnis von den Vermietern nicht genehmigt wurde. Der Verfügungskläger hat vielmehr aufgrund des Untermietvertrages vom 09.11.2004 (Anlage K 1) den Besitz an den Gewerberäumen in der … zunächst berechtigt erlangt. Auf der anderen Seite wurde den Vermietern der Besitz an den Gewerberäumlichkeiten nicht durch verbotene Eigenmacht entzogen, da sie die gewerblich genutzten Räume ausweislich des Mietvertrages vom 21.10.2003 (Anlage A 1) an den Hauptmieter W vermietet hatten.

Gemäß § 546 Abs. 2 BGB können zwar die Vermieter und Eigentümer des Objekts dieses nach Beendigung des Mietverhältnisses mit dem Hauptmieter auch von dem Dritten zurückfordern, dem der Mieter den Gebrauch der Mietsache überlassen hat. Diese Vorschrift berechtigt jedoch nicht zur Anwendung verbotener Eigenmacht. Die Vermieter haben vielmehr lediglich die Möglichkeit, ihren Rückgabeanspruch gerichtlich geltend zu machen und durchzusetzen.

Soweit der Vertreter des Verfügungsbeklagten in der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2005 seinen Widerspruch auch auf eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 08.07.2004 gestützt hat, teilt zum einen das Gericht nicht die Auffassung des Kammergerichts, zum anderen ist die Entscheidung des Kammergerichts zu einem anderen Sachverhalt als dem hier vorliegenden ergangen.

Weder ist im vorliegenden Fall ein Zurückbehaltungsrecht des Vermieters bezüglich der Stromversorgung des Verfügungsklägers geltend gemacht, noch liegt eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges vor. Die vorgelegte Entscheidung des Kammergerichts Berlin trifft einen völlig anders gelagerten Sachverhalt.

Im vorliegenden Fall hat der Verfügungsbeklagte bereits Herausgabeklage gegen den Verfügungskläger erhoben. Er ist insoweit darauf verwiesen, einen entsprechenden Räumungstitel zu erwirken, um die Rückgabe der Gewerberäumlichkeiten zu erreichen. Durch das Absperren der Stromversorgung versucht der Verfügungsbeklagte, die Räumung praktisch ohne Räumungstitel zu erreichen, was aus der Sicht der Kammer verbotene Eigenmacht ist.

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Die einstweilige Verfügung vom 03.05.2 0 05 war daher aufrecht zu erhalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist ohne besonderen Ausspruch vorläufig vollstreckbar.

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