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Studienvertragsbeendigung wegen Täuschung

Identische Online-Klausuren führen zu Exmatrikulation: Das Landgericht Wiesbaden bestätigte die Rechtmäßigkeit der Exmatrikulation einer Psychologie-Studentin, nachdem sie bei einer Online-Prüfung abgeschrieben hatte. Die Studentin hatte versucht, die identische Klausur einer Kommilitonin als ihre eigene auszugeben, was als schwerwiegender Täuschungsversuch gewertet wurde. Die Hochschule wertete dies als Täuschungsversuch und schloss die Studentin vom Studium aus.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Wiesbaden
  • Datum: 11.11.2022
  • Aktenzeichen: 7 O 53/22
  • Verfahrensart: Zivilverfahren wegen Vertragsfortführung und Prüfungszulassung
  • Rechtsbereiche: Prüfungsrecht, Vertragsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Eine Studierende, die verlangt, dass ihr Studienvertrag fortgesetzt und ihr ein weiterer Prüfungsversuch gewährt wird. Sie argumentiert, dass kein schwerwiegender Täuschungsversuch vorliegt, da die Klausur eine „Open-Book-Klausur“ war und ähnliche Antworten aufgrund gemeinsamer Studienvorbereitung zulässig seien.
  • Beklagte zu 1: Eine Bildungseinrichtung, die die Studierende aufgrund eines schwerwiegenden Täuschungsversuchs von der Prüfung ausgeschlossen und den Studienvertrag gekündigt hat. Sie behauptet, es liege ein Vollplagiat vor und verteidigt die Exmatrikulation als gerechtfertigt.
  • Beklagte zu 2: Wird von der Klägerin ebenfalls belangt, jedoch wird argumentiert, dass sie nicht passivlegitimiert ist, da kein Vertrag mit ihr besteht.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin und eine andere Studentin reichten identische Klausuren ein. Dies führte dazu, dass die Bildungseinrichtung die Klausur als Täuschungsversuch wertete und der Klägerin den Prüfungsanspruch aberkannte sowie den Studienvertrag kündigte.
  • Kern des Rechtsstreits: Es geht um die Frage, ob das Verhalten der Klägerin einen schwerwiegenden Täuschungsversuch darstellt, der die Maßnahmen der Bildungseinrichtung rechtfertigt, oder ob es eine harmlosere Form des gemeinsamen Studienvorbereitens war.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen. Die Maßnahmen der Bildungseinrichtung wurden als rechtmäßig anerkannt.
  • Begründung: Die vollständige Identität der Klausuren stützt den Anscheinsbeweis eines schwerwiegenden Täuschungsversuchs. Die Klägerin konnte diesen Anschein nicht widerlegen. Die Bildungseinrichtung hat ihr Ermessen korrekt ausgeübt, indem sie den Prüfungsanspruch aberkannte und den Vertrag kündigte.
  • Folgen: Die Klägerin muss die Kosten des Rechtsstreits tragen. Die Sanktion gilt zusätzlich als Warnung an andere Studierende über die Konsequenzen schwerwiegender Täuschungen. Die Entscheidung beeinflusst nicht die Immatrikulationsmöglichkeiten der Klägerin an anderen Hochschulen.

Täuschung im Studium: Rechtliche Konsequenzen für Studierende verstehen

Die Beendigung eines Studienvertrags aufgrund von Täuschung ist ein ernstzunehmendes Thema im Hochschulrecht, das zahlreiche Studierende betrifft. Häufig stellt sich die Frage, welche rechtlichen Konsequenzen ein Täuschungsverhalten während des Studiums nach sich zieht. Betrug im Hochschulbereich, sei es durch falsche Angaben bei der Einschreibung oder während der Prüfungen, kann nicht nur zum Verlust des Studienplatzes führen, sondern auch tiefere rechtliche Probleme mit sich bringen.

Vertragsgrundlagen des Studienvertrags sind entscheidend, da sie die Rechte und Pflichten von Studierenden und Hochschulen festlegen. Bei einem Vertrauensbruch seitens des Studierenden, wie etwa durch Täuschungen in Prüfungsordnungen, können schwerwiegende Folgen eintreten. Im Folgenden wird ein konkreter Fall betrachtet, der verdeutlicht, wie solche Situationen rechtlich geregelt werden und welche Schritte betroffene Studierende unternehmen können.

Der Fall vor Gericht


Prüfungsrechtlicher Konflikt um identische Open-Book-Klausuren

Zwei Laptops zeigen identische Online-Klausuren in einem Studentenapartment.
Kündigung des Studienvertrags aufgrund Täuschung | Symbolfoto: Ideogram gen.

Ein Studienvertrag für den Studiengang Angewandte Psychologie B.Sc. an einer privaten Hochschule wurde aufgrund eines Täuschungsvorwurfs beendet. Das Landgericht Wiesbaden bestätigte die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung in seinem Urteil vom 11. November 2022.

Täuschungsvorwurf bei Online-Prüfung

Die Studentin hatte am 28. Juni 2021 eine Open-Book-Klausur im Fach „Einführung in die Psychologie, ihre Geschichte und Forschungsmethoden“ abgelegt. Die Prüfung wurde als Online-Format durchgeführt, bei dem die Studierenden die Klausur an einem beliebigen Ort am Computer schreiben und als PDF-Datei einreichen konnten. Die Verwendung der von der Hochschule bereitgestellten Lernunterlagen war dabei ausdrücklich erlaubt.

Die Prüfung der Studentin wies eine vollständige Übereinstimmung mit der Klausur einer Kommilitonin auf, mit der sie sich während der Prüfung in deren Wohnung aufgehalten hatte. Die PDFs wurden im Abstand von vier Minuten erstellt. Die Hochschule wertete dies als schwerwiegenden Täuschungsversuch und sprach die Exmatrikulation aus.

Rechtliche Grundlagen der Exmatrikulation

Das Gericht bestätigte die Rechtmäßigkeit der Exmatrikulation. Nach der Prüfungsordnung gilt eine Prüfung als nicht bestanden, wenn versucht wird, das Ergebnis durch Täuschung zu beeinflussen. Bei schwerwiegenden Täuschungen kann der Prüfungsanspruch für das betroffene Modul endgültig verloren gehen. Die Studierenden sind zu exmatrikulieren, wenn sie eine erforderliche Prüfungsleistung endgültig nicht erbracht haben.

Bewertung des Täuschungsversuchs

Das Gericht sah in der vollständigen Identität der Klausuren einen Anscheinsbeweis für eine schwerwiegende Täuschung. Die besondere Schwere ergab sich daraus, dass keinerlei eigene geistige Leistung festgestellt werden konnte. Das Argument der Studentin, sie habe lediglich die erlaubten Lernunterlagen verwendet, konnte die identische Wortwahl und das identische Layout nicht erklären.

Bestätigung der Sanktion

Das Gericht bewertete den Ausschluss von weiteren Prüfungsversuchen als verhältnismäßig. Die Hochschule durfte berücksichtigen, dass die Sanktion auch eine Generalpräventive Wirkung haben sollte. Die während der Corona-Pandemie eingeräumten Erleichterungen bei Prüfungen erforderten nach Ansicht des Gerichts ein konsequentes Vorgehen gegen schwerwiegende Täuschungsversuche, um die Aussagekraft der Prüfungsleistungen nicht zu entwerten. Der Verlust des Prüfungsanspruchs stelle dabei kein Immatrikulationshindernis an anderen Hochschulen dar.


Die Schlüsselerkenntnisse


„Das Urteil unterstreicht die schwerwiegenden Konsequenzen von Täuschungsversuchen bei Prüfungen, insbesondere bei Online-Klausuren. Eine vollständige Übereinstimmung von Prüfungsantworten wird als vorsätzliche Täuschung gewertet, auch wenn es sich um eine Open-Book-Klausur handelt. Die Hochschule darf bei schwerwiegenden Täuschungsversuchen den endgültigen Verlust des Prüfungsanspruchs für das betreffende Modul aussprechen und den Studienvertrag kündigen, selbst wenn die genauen Umstände der Täuschung nicht vollständig geklärt sind.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Studierende müssen Sie auch bei Online-Prüfungen und Open-Book-Klausuren eigenständig arbeiten und dürfen keine Lösungen von Kommilitonen übernehmen oder zur Verfügung stellen. Selbst wenn Sie Unterlagen verwenden dürfen, kann eine wortgleiche Übereinstimmung mit anderen Klausuren zu einer Exmatrikulation führen. Besondere Vorsicht ist geboten bei der Zusammenarbeit während Online-Prüfungen – auch das gemeinsame Arbeiten am selben Ort kann als Täuschungsversuch ausgelegt werden. Die Beweislast liegt dabei nicht allein bei der Hochschule; schon der Verdacht einer Täuschung durch auffällige Übereinstimmungen kann ausreichen, um schwerwiegende Konsequenzen nach sich zu ziehen.


Gerade bei Online-Prüfungen: Rechtliche Fallstricke vermeiden

Das Urteil zeigt, wie schnell man in Prüfungen – gerade im Online-Format – in eine rechtlich schwierige Situation geraten kann. Die Grenzen zwischen erlaubter Zusammenarbeit und Täuschung sind oft fließend. Gerade bei Open-Book-Klausuren ist es wichtig, die eigenen Leistungen klar von fremden Arbeiten abzugrenzen. Wir helfen Ihnen, Ihre Rechte als Studierende zu wahren und unterstützen Sie bei der Klärung von Täuschungsvorwürfen. Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zu Prüfungsordnungen oder zu den Konsequenzen von vermeintlichen Täuschungshandlungen haben.
Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei einem Täuschungsversuch im Studium?

Ein Täuschungsversuch im Studium kann schwerwiegende akademische und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Sanktionen richten sich nach der Schwere des Verstoßes, den hochschulinternen Prüfungsordnungen und in seltenen Fällen auch nach strafrechtlichen Vorschriften.

1. Akademische Konsequenzen

  1. Bewertung der Prüfung mit „nicht bestanden“: In den meisten Fällen wird die betroffene Prüfungsleistung mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet. Dies ist die häufigste Sanktion bei erstmaligen oder weniger gravierenden Täuschungsversuchen, wie z. B. der Nutzung unerlaubter Hilfsmittel während einer Klausur.
  2. Endgültiges Nichtbestehen einer Prüfung: Bei schwerwiegenden Täuschungen, wie etwa systematischem Betrug oder Plagiaten, kann die Prüfung als „endgültig nicht bestanden“ gewertet werden. Das bedeutet, dass die Prüfung nicht wiederholt werden darf, was in vielen Studiengängen das Ende des Studiums bedeutet.
  3. Exmatrikulation: In besonders schweren Fällen, etwa wenn Täuschungen systematisch oder mehrfach begangen werden, kann die Hochschule eine Exmatrikulation anordnen. Beispiele hierfür sind die Nutzung von Chatgruppen während Online-Prüfungen oder umfangreiche Plagiate in Abschlussarbeiten. Eine Exmatrikulation schließt in der Regel auch einen Studienwechsel an eine andere Hochschule aus, da entsprechende Vermerke in den Unterlagen festgehalten werden können.
  4. Aberkennung bereits erbrachter Leistungen: Wenn eine Täuschung erst nachträglich aufgedeckt wird, können bereits bestandene Prüfungen oder Abschlüsse (z. B. Bachelor- oder Masterzeugnisse) rückwirkend aberkannt werden.

2. Rechtliche Aspekte

  1. Strafrechtliche Konsequenzen: In der Regel hat ein Täuschungsversuch keine strafrechtlichen Folgen. Allerdings können bestimmte Handlungen, wie das Fälschen von Dokumenten oder Urkunden, strafrechtlich relevant sein und zu einer Anzeige führen.
  2. Beweislast: Die Hochschule trägt die Beweislast für den Nachweis eines Täuschungsversuchs. Wenn der Verdacht nicht eindeutig belegt werden kann, geht dies zulasten der Prüfungsbehörde. Studierende haben das Recht auf Anhörung und können gegen Entscheidungen Widerspruch einlegen.

3. Hochschulübergreifende Konsequenzen

Eine Exmatrikulation aufgrund eines schweren Täuschungsversuchs kann dazu führen, dass ein Wechsel an eine andere Hochschule erschwert oder unmöglich wird. Hochschulen können entsprechende Vermerke in den Akten hinterlegen, die bei einer erneuten Bewerbung geprüft werden.

Beispiele für Täuschungshandlungen

  • Nutzung unerlaubter Hilfsmittel (z. B. Smartphones) während einer Klausur.
  • Plagiate in Hausarbeiten oder Abschlussarbeiten.
  • Zusammenarbeit mit anderen Studierenden während einer Einzelprüfung (z. B. über Chatgruppen).
  • Ghostwriting oder externe Hilfe bei schriftlichen Arbeiten.

Schweregrad und Ermessensspielraum

Die Hochschulen haben bei der Wahl der Sanktionen einen Ermessensspielraum. Während kleinere Verstöße oft mit milderen Maßnahmen geahndet werden, führen schwerwiegende oder wiederholte Täuschungen zu drastischen Konsequenzen wie der Exmatrikulation. Studierende können jedoch mildernde Umstände geltend machen, etwa persönliche Überforderung oder gesundheitliche Probleme, um eine weniger strenge Sanktion zu erreichen.


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Was gilt rechtlich als Täuschungsversuch bei Prüfungen?

Ein Täuschungsversuch liegt vor, wenn Sie versuchen, das Ergebnis Ihrer Prüfung durch unerlaubte Mittel zu beeinflussen. Dabei reicht bereits der Versuch aus, eine vollendete Täuschung ist nicht erforderlich.

Formen des Täuschungsversuchs

Unerlaubte Hilfsmittel: Hierzu zählen alle nicht ausdrücklich zugelassenen Gegenstände wie Smartphones, Tablets oder selbst erstellte Notizen. Schon das Mitführen solcher Hilfsmittel im Prüfungsraum kann als Täuschungsversuch gewertet werden.

Abschreiben und Zusammenarbeit: Wenn Sie während einer Prüfung von anderen abschreiben oder sich mit Mitprüflingen austauschen, gilt dies als Täuschung. Dies betrifft auch den Austausch in Chatgruppen während Online-Prüfungen.

Plagiate: Bei schriftlichen Arbeiten stellt die Übernahme fremder Texte ohne korrekte Quellenangabe einen Täuschungsversuch dar.

Rechtliche Konsequenzen

Bei Feststellung eines Täuschungsversuchs drohen Ihnen ernsthafte Konsequenzen:

  • Die betreffende Prüfung wird in der Regel als „nicht bestanden“ bewertet.
  • In besonders schweren Fällen kann die gesamte Prüfung als endgültig nicht bestanden erklärt werden.
  • Es besteht sogar die Möglichkeit der Exmatrikulation, insbesondere bei wiederholten oder schwerwiegenden Täuschungsversuchen.

Beweislast und Verfahren

Wenn ein Täuschungsverdacht besteht, liegt die Beweislast grundsätzlich bei der Prüfungsbehörde. Sie muss Ihnen den Täuschungsversuch nachweisen. Allerdings kann in manchen Fällen auch von Ihnen verlangt werden, den Verdacht auszuräumen.

Bedenken Sie: Selbst wenn eine Täuschung zunächst unentdeckt bleibt, kann sie auch nachträglich festgestellt werden. In diesem Fall können bereits erteilte Bewertungen und sogar erlangte Abschlüsse aberkannt werden.


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Welche Rechtsmittel stehen nach einer Exmatrikulation wegen Täuschung zur Verfügung?

Nach einer Exmatrikulation wegen Täuschung stehen Ihnen grundsätzlich zwei Rechtsmittel zur Verfügung: der Widerspruch und die Klage vor dem Verwaltungsgericht.

Widerspruch

Der Widerspruch ist das erste Rechtsmittel, das Sie einlegen können. Wichtig ist, dass Sie den Widerspruch innerhalb eines Monats nach Zugang des Exmatrikulationsbescheids einreichen. Durch den Widerspruch bleibt Ihre Immatrikulation zunächst bestehen, und Sie können in der Regel weiterhin an Prüfungen und Vorlesungen teilnehmen.

Der Widerspruch sollte schriftlich und ausführlich begründet sein. Legen Sie dar, warum Sie die Exmatrikulation für ungerechtfertigt halten. Die Hochschule wird Ihren Fall erneut prüfen und eine neue Entscheidung treffen.

Klage vor dem Verwaltungsgericht

Sollte Ihr Widerspruch abgelehnt werden oder die Hochschule nicht innerhalb einer angemessenen Zeit reagieren, können Sie Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Auch hierfür gilt in der Regel eine Frist von einem Monat nach Zugang des Widerspruchsbescheids.

Erfolgsaussichten und Risiken

Die Erfolgsaussichten hängen stark vom Einzelfall ab. Gerichte prüfen bei Täuschungsvorwürfen genau, ob die Exmatrikulation verhältnismäßig ist. Beachten Sie, dass Gerichte eine Exmatrikulation auch Jahre nach der Täuschung für zulässig halten können.

Ein wichtiger Aspekt ist die Beweislage. Im Fall einer Online-Prüfung hat das Verwaltungsgericht Berlin beispielsweise Screenshots als Beweismittel akzeptiert.

Kosten und Zeitaufwand

Ein Gerichtsverfahren kann kostenintensiv und zeitaufwendig sein. Die Kosten setzen sich aus Gerichtsgebühren und gegebenenfalls Anwaltskosten zusammen. Bei fehlenden finanziellen Mitteln können Sie Prozesskostenhilfe beantragen.

Vorsichtsmaßnahmen

Beachten Sie unbedingt, dass Sie sowohl gegen den Bescheid über das Nichtbestehen der Prüfung als auch gegen den Exmatrikulationsbescheid vorgehen müssen. Versäumen Sie eine Frist oder fechten nur einen Bescheid an, kann der andere bestandskräftig und damit unanfechtbar werden.


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Welche Beweise muss die Hochschule für einen Täuschungsversuch vorlegen?

Die Hochschule trägt grundsätzlich die Beweislast für einen Täuschungsversuch bei Prüfungen. Sie muss den Studierenden einen Täuschungsversuch eindeutig nachweisen. Allerdings gelten im Prüfungsrecht besondere Regeln, die der Hochschule die Beweisführung erleichtern.

Anscheinsbeweis als zentrales Instrument

In der Praxis stützen sich Hochschulen häufig auf den sogenannten Anscheinsbeweis. Dieser kommt zum Tragen, wenn bestimmte Tatsachen bei verständiger Würdigung den Anschein erwecken, dass der Prüfling getäuscht hat. Beispiele für einen Anscheinsbeweis sind:

  • Weitgehende Übereinstimmung der Prüfungsleistung mit Lösungshinweisen in Formulierungen, Aufbau und Gedankenführung
  • Besitz unerlaubter Hilfsmittel während der Prüfung
  • Nachweis der Teilnahme an einem Chat während einer Online-Klausur

Wenn Sie mit einem solchen Vorwurf konfrontiert werden, liegt es an Ihnen, den Täuschungsverdacht auszuräumen. Sie müssen dann eine plausible alternative Erklärung für die verdächtigen Umstände liefern.

Dokumentation und Zeugenaussagen

Neben dem Anscheinsbeweis kann die Hochschule auch andere Beweismittel nutzen:

  • Schriftliche Dokumentation: Aufsichtspersonen müssen Täuschungsversuche mit Unterschrift dokumentieren. Die Tatsachen, die zur Annahme eines Täuschungsversuchs führen, müssen ausführlich protokolliert werden.
  • Zeugenaussagen: Aussagen von Aufsichtspersonen oder anderen Prüfungsteilnehmern können als Beweise dienen.
  • Technische Beweise: Bei Online-Prüfungen können Screenshots oder Chatprotokolle als Beweismittel herangezogen werden.

Beweiserleichterungen für die Hochschule

Es ist wichtig zu wissen, dass für die Hochschule Beweiserleichterungen gelten. So reicht oft schon der bedingte Vorsatz aus, um einen Täuschungsversuch zu begründen. Das bedeutet: Wenn Sie wissen, dass Sie unzulässige Hilfsmittel bei sich haben, kann dies bereits als Täuschungsversuch gewertet werden – selbst wenn Sie diese nicht aktiv nutzen.

Beachten Sie: Die Hochschule muss zwar Beweise vorlegen, aber diese müssen nicht zwingend „wasserdicht“ sein. Oft genügt es, wenn die Indizien in ihrer Gesamtheit auf einen Täuschungsversuch hindeuten. In einem solchen Fall liegt es an Ihnen, diese Indizien zu entkräften oder eine überzeugende alternative Erklärung zu liefern.


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Wie wirkt sich eine Exmatrikulation wegen Täuschung auf die weitere akademische Laufbahn aus?

Eine Exmatrikulation wegen Täuschung kann erhebliche Auswirkungen auf Ihre weitere akademische Laufbahn haben. Hier sind die wichtigsten Punkte, die Sie beachten sollten:

Bundesweite Sperre für den Studiengang

Wenn Sie wegen Täuschung exmatrikuliert wurden, besteht in der Regel eine bundesweite Sperre für den jeweiligen Studiengang. Das bedeutet, dass Sie an keiner anderen deutschen Hochschule denselben Studiengang wieder aufnehmen können. Dies wurde durch das Verwaltungsgericht Berlin in mehreren Urteilen bestätigt, wie zum Beispiel im Fall einer Studentin, die wegen Täuschung in einer Online-Prüfung exmatrikuliert wurde.

Möglichkeit der Wiedereinschreibung in einem anderen Studiengang

Obwohl eine Exmatrikulation wegen Täuschung eine Sperre für den betroffenen Studiengang bedeutet, können Sie in der Regel an einer anderen Hochschule oder in einem anderen Studiengang weiterstudieren. Es ist jedoch wichtig, dass Sie die Gründe für die vorherige Exmatrikulation klären und sicherstellen, dass diese Hindernisse behoben oder bewältigt wurden.

Rechtliche Grundlagen und Verfahren

Die rechtliche Grundlage für eine Exmatrikulation wegen Täuschung liegt in den jeweiligen Hochschulgesetzen der Bundesländer. Diese Gesetze regeln die Rechte und Pflichten von Studierenden und Hochschulen und legen die Voraussetzungen für eine Exmatrikulation fest. Vor einer Zwangsexmatrikulation muss in der Regel ein formaler Verfahrensablauf und eine Anhörung des betroffenen Studierenden stattfinden, um sicherzustellen, dass die Entscheidung rechtlich korrekt und angemessen ist.

Widerspruch und Berufung

Wenn Sie mit der Entscheidung der Exmatrikulation nicht einverstanden sind, können Sie innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch einlegen. Dieser Widerspruch sollte schriftlich und ausführlich begründet sein und an die zuständige Stelle an der Hochschule gerichtet werden. Durch den Widerspruch können Sie zunächst weiterhin immatrikuliert bleiben und an Prüfungen sowie Vorlesungen teilnehmen, bis eine erneute Entscheidung ergeht.

Auswirkungen auf BAföG und Krankenversicherung

Eine Exmatrikulation kann auch finanzielle Konsequenzen haben. Sie verlieren in der Regel die Berechtigung für BAföG-Leistungen ab dem Zeitpunkt der Exmatrikulation. Es ist wichtig, das BAföG-Amt unverzüglich über die bevorstehende oder erfolgte Exmatrikulation zu informieren, um Rückforderungen und Rückzahlungspflichten zu vermeiden. Zudem endet der Versicherungsschutz durch die studentische Krankenkasse.

Beispiel

Stellen Sie sich vor, Sie haben während einer Online-Prüfung in einer Chat-Gruppe über Prüfungsfragen diskutiert und wurden daraufhin exmatrikuliert. In diesem Fall könnten Sie nicht mehr denselben Studiengang an einer anderen Hochschule in Deutschland aufnehmen. Sie müssten sich entweder für einen anderen Studiengang entscheiden oder Ihre akademische Laufbahn in einem anderen Land fortsetzen.

Zusammenfassend ist eine Exmatrikulation wegen Täuschung eine ernsthafte Maßnahme, die Ihre akademische Zukunft erheblich beeinflussen kann. Es ist wichtig, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verstehen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten, um Ihre Rechte zu wahren.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Exmatrikulation

Die zwangsweise Beendigung der Mitgliedschaft eines Studierenden an einer Hochschule. Sie kann aus verschiedenen Gründen erfolgen, wie etwa bei schwerwiegenden Täuschungsversuchen oder dem endgültigen Nichtbestehen von Prüfungen. Die rechtliche Grundlage findet sich in den jeweiligen Landeshochschulgesetzen und den Prüfungsordnungen der Hochschulen. Beispiel: Eine Studentin wird wegen eines Täuschungsversuchs bei einer Klausur exmatrikuliert und verliert damit ihren Studienplatz an dieser Hochschule.


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Studienvertrag

Ein privatrechtlicher Vertrag zwischen Studierendem und (privater) Hochschule, der die gegenseitigen Rechte und Pflichten während des Studiums regelt. Er basiert auf §§ 611 ff. BGB und wird durch die Prüfungsordnung sowie weitere hochschulspezifische Regelungen ergänzt. Der Vertrag kann bei schwerwiegenden Verstößen, wie Täuschungsversuchen, von der Hochschule gekündigt werden. Ein Beispiel wäre die Vereinbarung über Studienbeiträge und Prüfungsmodalitäten.


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Anscheinsbeweis

Ein Rechtsinstitut, das es ermöglicht, aus typischen Geschehensabläufen auf bestimmte Tatsachen zu schließen. Geregelt in der Rechtsprechung, basiert auf § 286 ZPO. Im Hochschulrecht wird er beispielsweise bei identischen Klausurantworten angewandt, die typischerweise auf eine Täuschung hindeuten. Die Gegenseite kann den Anscheinsbeweis durch Darlegung eines atypischen Geschehensablaufs erschüttern.


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Generalpräventive Wirkung

Eine rechtliche Maßnahme, die darauf abzielt, potenzielle Täter von ähnlichen Handlungen abzuschrecken. Im Hochschulrecht dienen strenge Sanktionen bei Täuschungsversuchen der Abschreckung anderer Studierender. Die Rechtsgrundlage findet sich in den Prüfungsordnungen und dem allgemeinen Verwaltungsrecht. Beispiel: Eine harte Bestrafung einzelner Täuschungsversuche soll andere Studierende von ähnlichem Verhalten abhalten.


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Prüfungsanspruch

Das Recht eines Studierenden, zu Prüfungen zugelassen zu werden und diese abzulegen. Er kann bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Prüfungsordnung endgültig verloren gehen. Geregelt in den Landeshochschulgesetzen und Prüfungsordnungen. Der Verlust des Prüfungsanspruchs für ein bestimmtes Fach an einer Hochschule bedeutet nicht automatisch ein Studierverbot an anderen Hochschulen für dasselbe Fach.


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Open-Book-Klausur

Eine Prüfungsform, bei der die Verwendung bestimmter Hilfsmittel wie Lehrbücher, Skripte oder andere Materialien ausdrücklich erlaubt ist. Die rechtliche Ausgestaltung erfolgt durch die jeweilige Prüfungsordnung. Diese Prüfungsform zielt darauf ab, nicht die reine Wiedergabe von Wissen, sondern dessen Anwendung zu testen. Beispiel: Eine Jura-Klausur, bei der Gesetzestexte verwendet werden dürfen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 14 Abs. 1 Ziff. 3 PrüfO (Prüfungsordnung der Hochschule): Dieser Paragraph regelt die Bedingungen, unter denen eine Prüfung als nicht bestanden gilt, insbesondere wenn versucht wird, das Prüfungsergebnis durch Täuschung zu beeinflussen. Hier ist relevant, dass die Prüfungsordnung der Hochschule als Grundlage für die Bewertung des Täuschungsversuchs dient und den Rahmen für die möglichen Sanktionen vorgibt. Im vorliegenden Fall wurde die vollständige Übereinstimmung der Klausuren als Täuschungsversuch im Sinne dieser Vorschrift gewertet.
  • § 14 Abs. 4 PrüfO (Prüfungsordnung der Hochschule): Dieser Paragraph ermächtigt den Prüfungsausschuss, bei schwerwiegenden Täuschungsversuchen den endgültigen Verlust des Prüfungsanspruchs für die betroffene Prüfung zu beschließen. Die Vorschrift ist hier von Bedeutung, da sie die Grundlage für die Entscheidung des Prüfungsausschusses bildet, der Klägerin den Prüfungsanspruch zu entziehen und sie zu exmatrikulieren. Im konkreten Fall wurde die Täuschung als schwerwiegend eingestuft, da die Klausur keinerlei eigene geistige Leistung erkennen ließ.
  • § 6 Abs. 2 Ziff. 6 PrüfO (Prüfungsordnung der Hochschule): Dieser Paragraph regelt die Exmatrikulation von Studierenden, unter anderem wenn sie eine erforderliche Studien- oder Prüfungsleistung endgültig nicht erbracht haben. Im vorliegenden Fall greift diese Vorschrift, da die Klägerin durch den endgültigen Verlust des Prüfungsanspruchs im Modul „Einführung in die Psychologie, ihre Geschichte und Forschungsmethoden“ eine erforderliche Prüfungsleistung nicht erbringen konnte. Die Exmatrikulation ist somit die Folge des endgültigen Verlustes des Prüfungsanspruchs.
  • § 242 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Das allgemeine Prinzip von Treu und Glauben im Bürgerlichen Gesetzbuch ist hier relevant, da es die Auslegung und Anwendung von Vertragsbedingungen und Prüfungsordnungen beeinflusst. Im vorliegenden Fall könnte argumentiert werden, dass die Klägerin gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen hat, indem sie durch die Abgabe der identischen Klausur das Vertrauensverhältnis zur Hochschule missbraucht hat.
  • Art. 12 GG (Grundgesetz): Das Grundrecht auf freie Wahl des Berufs, Arbeitsplatzes und der Ausbildungsstätte ist hier relevant, da die Exmatrikulation einen Eingriff in dieses Grundrecht darstellt. Dieser Eingriff ist jedoch gerechtfertigt, wenn er auf einer gesetzlichen Grundlage beruht und verhältnismäßig ist. Im vorliegenden Fall ist die Exmatrikulation durch die Prüfungsordnung der Hochschule gedeckt und wurde vom Gericht als verhältnismäßige Sanktion eingestuft, um die Integrität der Prüfungsleistungen zu gewährleisten.

Das vorliegende Urteil


LG Wiesbaden – Az.: 7 O 53/22 – Urteil vom 11.11.2022


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