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Stundenzettel: Falschangaben berechtigten zur fristlosen Kündigung

Arbeitsgericht Frankfurt am Main

Az.: 9 Ca 6308/01

Verkündet am 29.05.2002


Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main Kammer 9 hat auf die mündliche Verhandlung vom 29.05.2002 für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen

Der Auflosungsantrag wird zurückgewiesen

Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte € 876,33 (i W € Achthundertsechsundsiebzig 33/100) zu zahlen nebst 9,25 % Zinsen seit 21.12.2001

Die Kosten des Rechtsstreites hat der Kläger zu 2/3, die Beklagte zu 1/3 zu tragen

Der Wert des Streitgegenstandes wird für dieses Schlussurteil auf DM 19.038,95 festgesetzt

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses und um hiermit zusammenhängende Zahlungsansprüche.

Der am XX.XX.XXXX geborene, verheiratete Kläger war seit 14.01.1985 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein anlässlich der Übernahme ins Angestelltenverhältnis geschlossener Vertrag vom 29.01.1986 zu Grunde, der u.a. folgende Regelungen enthält:

„… Außerdem zahlt die Firma „

GmbH pro Arbeitstag einen Verpflegungszuschuss für Mehraufwendungen auf allen Baustellen in Höhe von DM 5,00 steuerfrei.

Die Firma GmbH stellt Herrn ein Firmenfahrzeug für die Fahrten vom Wohnsitz zu den jeweiligen Baustellen zur Verfügung.“

(Wortlaut des Vertrages Bl. 11 f. d. A.).

Der Kläger hat einen Grad der Behinderung von 30. Er war bei der Beklagten zu einem Bruttomonatseinkommen von zuletzt DM 5.775,– als Obermonteur eingesetzt. Als solcher übte er seine Tätigkeit nicht – auch nicht teilweise – in den Firmenräumen der Beklagten aus, sondern vollständig oder jedenfalls im Wesentlichen auf den einzelnen Baustellen. Zu Beginn der 90er Jahre hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger eine Bescheinigung für das Finanzamt ausgestellt, gemäß welcher der Kläger seine Berufstätigkeit auch zu Hause ausübte.

Die Beklagte beauftragte eine Detektei, den Kläger in der Zeit vom 09. bis 14.07. und am 21. und 28.07.2001 zu beobachten. Der Detektiv, der Zeuge, erstellte Observationsberichte, auf deren Wortlaut verwiesen wird (Bl. 18 – 25 d. A.) und die der Beklagten am 30.07.2001 überreicht wurden. Am 16.07.2001 gab der Kläger der Beklagten einen Stundennachweis ab, gemäß welchem er am Samstag, dem 14.07.2001, in der Zeit von 7.00 Uhr bis 13.00 Uhr gearbeitet habe. Unter der Rubrik „Baustelle / Ort“ ist genannt“.

Unter „Auslösung“ trug der Kläger den Betrag von DM 47,00 ein. Am 17.07.2001 sandte ein Angestellter der Beklagten, Herr, dem Vorgesetzten des Klägers, Herrn, eine Nachricht wonach“… der Wachhabende (Herr) im Wachbuch keinen Eintrag über einen Besuch von einem Mitarbeiter am Samstag, den 14.07.01 finden“ konnte (Bl. 27 d. A.). Unstreitig hat der Kläger am 14.07.2001 nicht in der X gearbeitet.

Der Stundennachweis des Klägers vom 30.07.2001 weist für Freitag, den 27.07.2001, eine Arbeitszeit von 7.00 Uhr bis 16.30 Uhr aus; genannt ist wiederum die X geltend gemacht wird ein Auslösungsbetrag von DM 47,00.

Unstreitig war der Kläger am Vormittag des fraglichen Tages vor Ort in der und fuhr um ca. 13.00 Uhr nach Hause.

Die Observation ergab, dass der Kläger verschiedene Privatfahrten mit dem Firmenfahrzeug erledigte und dieses auch von seiner Ehefrau gefahren wurde.

Am 30.07.2001 hörte die Beklagte den in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat zur beabsichtigten außerordentlichen, vorsorglich ordentlichen Kündigung des Klägers an. Der Betriebsrat erteilte am 02.08.2001 seine Zustimmung. Auf den Wortlaut beider Schreiben (Bl. 60 – 62, 16 d. A.) wird verwiesen.

Mit Schreiben vom 03.08.2001, dem Kläger am gleichen Tag persönlich überreicht, sprach die Beklagte die außerordentliche Kündigung, vorsorglich die ordentliche Kündigung zum 31.03.2002 aus (Wortlaut Bl. 15 d. A.).

Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner an das Hessische Landesarbeitsgericht adressierten Klage, die den Eingangsstempel des 15.08.2001 trägt.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Kündigungen nicht wirksam sind. Weder gebe es Kündigungsgründe noch habe er – dies ist unstreitig – jemals eine Abmahnung erhalten Weder am 14. noch am 27.07.2001 habe er Arbeitsstunden aufgeschrieben, die er nicht auch abgeleistet habe. An beiden Tagen habe er zu Hause gearbeitet, am 14.07. Ersatzteillisten und am 27.07. Stücklisten geschrieben (Listen [teils handschriftlich] Bl. 76 – 84, 85 – 96 d. A.). Diese Tätigkeiten habe er nur zu Hause ausüben können, da – unstreitig – der Bau-Container in der X bereits abgebaut gewesen sei. Beide Male habe er gegenüber den Vorgesetzten bzw. einem Kollegen angekündigt, dass er zu Hause arbeiten werde. Entgegen dem Überwachungsprotokoll vom 14.07.2001 (Bl. 23 d. A.) sei es seine Ehefrau gewesen, die mittags den Firmenwagen benutzt und einen Handy-Vertrag in A geschlossen habe.

Eine Auslöse habe er deshalb in den Stundennachweis eingetragen, weil eine solche für Auswärtsarbeiten außerhalb des Betriebes geschuldet sei, sogar dann, wenn sich der Arbeitnehmer nur zu Hause bereit halte. Jedenfalls sei er in Unkenntnis über die Rechtslage gewesen, zumal der Abrechnungsmodus hinsichtlich der Auslöse wenige Monate zuvor geändert worden sei.

Nach der Behauptung des Klägers war es im Betrieb üblich, dass alle Mitarbeiter ihnen überlassene Fahrzeuge -bis aufsog. Pool-Fahrzeuge – in geringem Umfang auch privat hätten nutzen und sie auch engsten Familienangehörigen hätten überlassen dürfen (Beweis: Zeugnis ); letztgenannter Zeuge könne auch bestätigen, dass Herr auf einer Projektleitersitzung bekundet habe, er werde dem Kläger „eins auswischen“. Im Übrigen gestatte der Dienstvertrag auch die private Nutzung (Dienstvertrag für technische Angestellte Anlage K 9 Bl. 73 -75 d. A.).

Wahrer Kündigungsgrund ist nach der Behauptung des Klägers das im Zuge der Änderung der Gesamtsituation der Beklagten eine betriebsbedingte Kündigung des Klägers unter Zahlung der Sozialplanabfindung so teuer für die Beklagte gewesen sei, dass sie versucht habe, andere Wege zu finden. Der Kläger sei mit Terminsarbeiten massivst unter Druck gesetzt worden; die Überwachung habe wohl das Ziel verfolgt, ihn einer unüberlegten Reaktion zu überführen, die er aber nicht gezeigt habe.

Der Kläger rügt Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB. Er vertritt die Auffassung, dass der Beklagten bereits auf Grund des Schreibens von Herrn vom 17.07.2001 bekannt gewesen sei, dass er sich am 14.07.2001 gar nicht in der in X aufgehalten habe.

Nach Auffassung des Klägers ist es ihm nicht mehr zuzumuten, das Arbeitsverhältnis zur Beklagten aufrechtzuerhalten, weshalb es durch gerichtliche Entscheidung aufzulösen sei. Ein so geringfügiger Vorwurf wie die private Nutzung des Firmen-Fahrzeuges habe eine Überwachung durch einen Detektiv nicht gerechtfertigt, die Reaktion der Beklagten sei völlig unverhältnismäßig gewesen. Da die Beklagte einem angeblichen anonymen Anruf Glauben geschenkt und nachgegeben habe, ohne vorher das Gespräch mit ihm zu suchen, sei das Vertrauensverhältnis zerrüttet.

Er beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 03.08.2001 nicht aufgelöst worden ist, das Arbeitsverhältnis gemäß §§ 9, 10 KSchG aufzulösen gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, einen Betrag von € 40.000,-jedoch nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtskraft des Abfindungsurteils.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, den Auflösungsantrag zurückzuweisen, widerklagend (soweit nicht bereits durch Teilurteil vom 17.04.2002 über die Widerklage entschieden worden ist), den Kläger zu verurteilen, an sie € 876,33 nebst 9,25 % Zinsen seit 21.12.2001 zu zahlen.

Sie behauptet, der Kläger habe sowohl am 14.07. als auch am 27.07.2001 Arbeitsstunden angegeben, die er tatsächlich nicht geleistet habe. Für den 14.07. sei hierdurch ein Schaden von DM 293,68 brutto nebst Arbeitgeberanteilen und nebst DM 47,– Auslöse entstanden.

Kenntnis von den streitgegenständlichen Umständen habe sie erst durch Übergabe der Protokolle am 30.07.2001 erhalten. Da – dies ist unstreitig – der Kläger einen Dauerausweis für die X besessen habe und nicht ins Wachbuch habe eingetragen werden müssen, habe das Schreiben von Herrn vom 17.07. keinen hinreichenden Aufschluss über An- oder Abwesenheit des Klägers in der Kaserne am 14.07. gegeben. Sie behauptet, es sei in ihrem Betrieb nie üblich gewesen, dass Mitarbeiter mit Verträgen, wie sie der Kläger abgeschlossen hätten, Private Fahrten unternähmen (Beweis: Zeugnis). Der vom Kläger eingereichte Arbeitsvertrag für technische Angestellte betreffe nicht dessen Arbeitsverhältnis.

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Mit der Widerklage macht die Beklagte einen rechnerisch unstreitigen Betrag geltend, welchen der Kläger für den Zeitraum nach dem 03.08.2001 als Vergütung erhalten hat.

Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen und der Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der Sitzung vom 29 05.2002 Bezug genommen (Bl. – d.A.).

Entscheidungsgründe

Die Feststellungsklage ist zulässig. Sie ist auch rechtzeitig erhoben im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 2 i. V. m § 4 Satz 1 KSchG. Zwar ist die Klage gerichtet an das Hessische Landesarbeitsgericht, sie ist jedoch noch innerhalb der Drei-Wochen-Frist an das zuständige Arbeitsgericht gelangt, wie die Terminsbestimmung der Vorsitzenden vom 24.08 2001 (Bl. 29 d. A.) zeigt.

Die Klage ist aber unbegründet.

1. Der Beklagten stand ein wichtiger Grund zur Seite, der ihr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar machte, § 626 Abs. 1 BGB.

a) Der wichtige Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB liegt darin, dass der Kläger betreffend den 14.07.2001 – die Berechtigung der übrigen Vorwürfe kann deshalb dahingestellt bleiben – einen Arbeitszeitbetrug begangen hat.

Grundsätzlich stellt ein Arbeitszeitbetrug einen wichtigen Grund dar (KR-Fischermeier, 6. Aufl., RdN. 445). Der Arbeitnehmer missbraucht die Kontrolleinrichtungen des Arbeitgebers und schädigt diesen finanziell.

Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Kläger am 14.07.2001 sich jedenfalls knappe vier Stunden als Arbeitszeit aufgeschrieben hat, obwohl er in dieser Zeit tatsächlich nicht gearbeitet hat. Die Behauptung des Klägers, wonach nicht er, sondern seine Ehefrau in der fraglichen Zeit mit dem Firmen-Fahrzeug unterwegs gewesen sei, ist durch die Aussage des Zeugen widerlegt. Er hat mit großer Sicherheit bekundet, dass es nicht die Ehefrau des Klägers war, die am 14.07.2001 mit dem Firmenfahrzeug Richtung gefahren ist, sondern der Kläger selbst. Eine zweimalige (beim Ein- und beim Aussteigen) Verwechslung des kräftigen Klägers, der einen Oberlippenbart trägt, mit seiner zierlichen Ehefrau ist ausgeschlossen, zumal bei einer Observation bei einem Mittag im Sommer. Der Zeuge ist glaubwürdig. Er ist ein erfahrener Detektiv. Die Kammer hat sich davon überzeugt, dass er eine gute Beobachtungsgabe und ein gutes Erinnerungsvermögen hat So konnte sich der Zeuge noch daran erinnern, die Ehefrau des Klägers bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch nicht gesehen zu haben – hätte er sie jetzt (erstmals) erkannt, wäre ihm dies sicherlich in Erinnerung gewesen. Zudem war die Observation für den Zeugen – was er auch unumwunden eingeräumt hat – insofern etwas peinlich gewesen, als er seine Zielperson aus den Augen verloren hat. Auch aus diesem Grund wird ihm der weitere Verlauf der Observation – insbesondere die Rückkehr des Klägers mit dem Fahrzeug – in Erinnerung geblieben sein.

Hingegen schenkt die Kammer der Aussage der Ehefrau des Klägers – die Zeugin hatte an den konkreten Zeitraum keine bestimmte Erinnerung – keinen Glauben. Die Aussage ist durch den Widerspruch geprägt, dass die Zeugin einerseits um ca 12.00 Uhr das Haus verlassen und nach gefahren sein will, andererseits dort erst nach Geschäftsschluss – um kurz nach 14.00 Uhr – eingetroffen ist, woran sich der Zeuge noch genau erinnern konnte. Die Fahrzeit für die fragliche Strecke beträgt ca. eine halbe Stunde. Ihre Mutter will die Zeugin erst nach dem Abschluss des Handy-Vertrages aufgesucht haben. Mithin ist eine zeitliche Lücke von ca. eineinhalb Stunden gegeben. Die Aussage der Zeugin ist auch nicht etwa durch den Zeugen

bestätigt worden. Dieser konnte dazu, mit welchem Fahrzeug die Zeugin nach, gekommen war, nichts aussagen. Der Zeuge konnte sich erinnern, dass er Frau weder aus einem Fahrzeug hat aussteigen noch in ein Fahrzeug hat einsteigen sehen. Von der Erwähnung eines roten Kleinwagens in der schriftlichen Stellungnahme (Bl. 124 d.A.) hat der Zeuge in seiner Aussage Abstand genommen. Er war in penibler Weise um Wahrheit bemüht und hat angeboten, die genauen Daten durch Erkundigungen beim Betreiber herauszufinden. Als Angestelltem im Dienst bei einer Justizvollzugsanstalt ist ihm die Bedeutung einerwahrheitsgemäßen Aussage bekannt. Aus seinen Bekundungen schließt die Kammer, dass der Zeuge in seiner undatierten schriftlichen Stellungnahme einen Umstand erwähnt hat, von dem er jetzt vor Gericht einräumte, dass er sich bereits damals seiner Wahrnehmung entzogen hat. Dass die Zeugin, wovon das Gericht überzeugt ist, um kurz nach 14.00 Uhr den Handy-Vertrag abgeschlossen hat, steht nicht in Widerspruch zur Aussage des Zeugen schließlich verfügt die Familie noch über ein weiteres Fahrzeug.

Abgesehen davon, dass die Aussage des Zeugen in sich widerspruchsfrei ist – im Gegensatz zu den Bekundungen der Zeugin -, schenkt ihr die Kammer auch deshalb Glauben, weil der Zeuge kein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Er hat geschildert, dass er sein Geld mit dem Auftrag ohnehin verdiene, und zwar unabhängig vom Ergebnis. Es gab für ihn auch gar keinen Grund, seiner Auftraggeberin – der Beklagten – etwa einen besonderen „Erfolg“ zu präsentieren -abgesehen davon, dass ein solcher „Erfolg“ dann in der Beobachtung bestanden hätte, dass der Kläger verbotenerweise das Firmenfahrzeug an Dritte überlassen hätte. Schließlich lautete der Überwachungsauftrag -dies hat der Zeuge bekundet und dies spiegelt sich auch in den Observationsberichten wider – den Auftrag, die Benutzung des Firmenfahrzeuges zu überwachen und nicht etwa die Arbeitszeit des Klägers zu kontrollieren. Der Zeuge wusste also gar nicht um die Brisanz seiner am 14.07.2001 gemachten Beobachtung.

Die Kammer hat dem Antrag des Klägers auf Beeidigung des Zeugen nicht stattgegeben, weil sie dies wegen der Bedeutung des Zeugnisses für die Entscheidung nicht für notwendig erachtet hat, § 58 Abs. 2 Satz 1 ArbGG. Wie bereits ausgeführt, war die Aussage des Zeugen nicht von einer dermaßen tragenden Bedeutung für die Entscheidung der Kammer; der von der Zeugin geschilderte Ablauf des 14.07.2001 weist, wenn sie mit der Aussage des Zeugen verbunden wird, eine Lücke von ca. eineinhalb Stunden auf.

Gegen die Verwertbarkeit der Zeugenaussage von Herrn bestehen auch im kollektivrechtlicher Hinsicht keine Bedenken. Zwar hat der Betriebsrat beanstandet, dass die Beklagte den Kläger durch einen Überwachungsdienst hatte beobachten lassen. Jedoch unterliegt dieser Sachverhalt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrates. Der Überwachungsauftrag bezog sich nicht auf das Ordnungsverhalten (Tatbestand des § 87 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG), sondern auf die Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten (BAG B. v. 26.03.1991 – 1 ABR 26/90 DB 1991,1834, unter B I11 b; Lingemann/Göpfert DB 1997, 374; Dietz/richardi, BetrVG, 8. Aufl., RdN. 202 f. zu § 87; Fabricius/Kraft/Wiese/Kreutz/Oetker, BetrVG, 6. Aufl., RdN. 194 zu § 87). Hierbei hat sich die Beklagte nicht der gemäß § 87 Abs. 1 Ziff. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtigen technischen Einrichtungen bedient.

Nachdem ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegeben ist, kommt es darauf, ob sich der Kläger weiterer Verfehlungen schuldig gemacht hat – insbesondere ob er bewusst unberechtigt Spesen in Rechnung gestellt und auch am 28.07. Arbeitszeit aufgeschrieben hat, ohne sie zu leisten – nicht an.

Des Ausspruchs einer Abmahnung bedarf es nicht (zur Entbehrlichkeit einer Abmahnung bei Vermögensdelikten zum Nachteil des Arbeitgebers BAG U. v. 12.08.1999 – 2 AZR 923/98 DB 2000, 48, unter II 2 d aa; KR-Fischermeier a. a. 0.). Zum Einen ist berechtigterweise das Vertrauen der Beklagten in die Redlichkeit des Klägers und die Richtigkeit seiner Abrechnungen gestört. Zum Anderen ist dem unehrlich handelnden Arbeitnehmer die Tragweite seines Verhaltens bewusst; er kann nicht damit rechnen, der Arbeitgeber werde sein Fehlverhalten als weniger gravierend ansehen.

c) Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt. Es kann dahinstehen, ob die Mitteilung von Herrn vom 17.07.2001 der Beklagten sichere Kenntnis verschaffte, dass der Kläger am 14.07.2001 nicht in der X gewesen war. Gemäß der Notiz war im Wachbuch kein Eintrag über einen Besuch des Klägers zu finden. Unstreitig besaß der Kläger aber einen Dauerausweis und war er gemäß seinem eigenen Vortrag (S. 8 der Klageschrift) deshalb gar nicht ins Wachbuch eingetragen worden. Jedenfalls aber hat die Beklagte – dies hat der Zeuge bekundet -erst nach Ende der Observation die Überwachungsprotokolle erhalten und aus ihnen entnehmen können, dass der Kläger am 14.07.2001 nicht nur nicht in der gearbeitet hatte, sondern auch nicht zu Hause tätig geworden ist.

d) Bei der Interessenabwägung fallen zu Gunsten des Klägers gravierend die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit und sein Alter ins Gewicht. Berücksichtigt hat die Kammer ferner, dass der Kläger verheiratet ist; jedoch fällt dieser Umstand nicht so stark ins Gewicht, denn die Ehefrau des Klägers ist erwerbstätig. Ebenfalls von minderem Gewicht ist die Tatsache, dass der Kläger eine Behinderung von 30 % aufweist. Dieser Umstand wäre bei der Frage eines möglichen Arbeitgebers nach der Schwerbehinderteneigenschaft nicht zu erwähnen; außerdem konnte der Kläger seine Tätigkeit offenbar uneingeschränkt ausüben.

Trotz dieser stark zu Gunsten des Klägers ins Gewicht fallenden Umstände war es der Beklagten nicht zuzumuten, die Kündigungsfrist einzuhalten, § 626 Abs. 1 BGB. Die Kündigungsfrist hätte noch über sieben Monate betragen. In dieser Zeit hätte die Beklagte die Angaben des Klägers in seinen Stundennachweisen auch nicht ansatzweise kontrollieren können. Der Kläger arbeitete ausschließlich vor Ort auf Baustellen oder zu Hause. Nachdem sich die Beklagte auf die Richtigkeit der Eintragungen nicht mehr verlassen konnte, war es ihr nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis noch über einen so langen Zeitraum fortzuführen.

2. Die ausgesprochene Kündigung ist auch nicht unwirksam gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Die Beklagte hat dem Betriebsrat mit Schreiben vom 30.07.2001 ihre Kündigungsgründe mitgeteilt. Nachdem der Betriebsrat am 02.08.2001 zugestimmt hatte, durfte sie am 03.08.2001 sowohl die außerordentliche als auch die ordentliche Kündigung aussprechen. Bestimmte Rügen hat der Kläger hierzu nicht vorgebracht.

Da das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits durch die außerordentliche Kündigung aufgelöst worden ist, kann der Auflösungsantrag des Klägers keinen Erfolg haben, § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG.

Die Widerklage, soweit sie Gegenstand dieses Schlussurteils ist, ist begründet. Der Anspruch der Beklagten ergibt sich aus § 812 Abs. 1 1. Alt. BGB. Der Kläger hat Vergütung für Zeiten bezogen, in denen er nicht gearbeitet hat und für die ihm demzufolge kein Vergütungsanspruch zustand.

Die Parteien haben entsprechend ihrem Obsiegen / Unterliegen im Rechtsstreit dessen Kosten zu tragen, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Der Streitwert für dieses Schlussurteil, der gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen ist, setzt sich zusammen aus drei Monatseinkommen als Wert des Feststellungsantrages, § 12Abs 7 Satz 1 1. Halbsatz ArbGG, und dem Wert der Widerklage, soweit nicht bereits im Teilurteil über sie entschieden wurde.

 

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