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Geschwindigkeitsmessung: Tachometervergleich durch nachfahrendes Polizeifahrzeug

OLG Frankfurt

Az: 2 Ws (B) 366/01 OWiG

Beschluss vom 10.10.2001


In der Bußgeldsache wegen Zuwiderhandlung gegen die StVO hat das Oberlandesgericht – Senat für Bußgeldsachen – Frankfurt am Main auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Nidda vom 5.7.2001 am 10.10.2001 gemäß §§ 46 I, 79 III OWiG, 473 I StPO einstimmig beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

Gründe:

Das Amtsgericht Nidda verurteilte den Betroffenen wegen einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 68 km/h, begangen am 11.2.2001 gegen 20.30 Uhr auf der B zwischen und in Höhe der Abfahrt durch Urteil vom 5.7.2001 zu einer Geldbuße von 550,- DM und einem Fahrverbot von zwei Monaten Dauer. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und ebenso begründete Rechtsbeschwerde des Betroffen, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung um 68 km/h hinsichtlich des Schuldspruchs sowie des Rechtsfolgenausspruchs. Die Geschwindigkeitsmessung durch Tachometervergleich aus einem nachfahrenden Polizeifahrzeug ist grundsätzlich als eine hinreichend zuverlässige Methode der Geschwindigkeitsmessung anerkannt. Die tatsächlichen Bedingungen, nach denen infolge der Möglichkeit von Fehlerquellen und ungenauer Ergebnisse bei diesem Verfahren der Vorwurf einer schuldhaften Geschwindigkeitsüberschreitung noch mit Sicherheit gerechtfertigt ist, sind nach den getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts noch gewahrt (vgl. hierzu OLG Frankfurt a.M. – 2 Ws (B) 684/93 OWiG -; – 2 Ws (B) 291/01 OWiG -). Die Messstrecke von insgesamt 2,5 Kilometern sowie hinsichtlich der Strecke der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h von 300 Metern war ausreichend lang. Der Abstand zwischen dem überprüften und dem nachfahrenden Fahrzeug war gleichbleibend, er betrug mit geringen Differenzen von plus/minus 10 Metern dauerhaft 100 Meter. Aus den Feststellungen ergibt sich noch hinreichend, daß für die Schätzung eines gleichbleibenden Abstandes zum vorausfahrenden Fahrzeug ausreichende und trotz der Dunkelheit zu erkennende Orientierungspunkte vorhanden waren. Für weitere Ermittlungen bestand keine Veranlassung.

Es ist davon auszugehen, daß die Strecke, die sich außerhalb geschlossener Ortschaften befindet, insgesamt unbeleuchtet war. Ferner ist davon auszugehen, daß das Scheinwerferlicht des nachfahrenden Fahrzeugs das von dem Betroffenen gesteuerte in einer Entfernung von 100 Metern vorausfahrende Fahrzeug nicht erreichte, sondern vielmehr ausschließlich die Rückleuchten des Fahrzeugs erkennbar waren und daß die regelmäßig neben der Fahrbahn befindlichen Leitpfähle der Nachtzeit und der Ausleuchtung durch Abblendlicht entsprechend sichtbar waren. Bei einer derart hohen Geschwindigkeit ist eine Verringerung des Abstands bis zum Erreichen des vorausfahrenden Fahrzeugs mit dem Lichtkegel der Scheinwerfer im Hinblick auf den gebotenen Sicherheitsabstand nicht möglich. Ebenso verbietet sich von vorneherein das Einschalten des Fernlichts. Auch bei derartigen im Vergleich zu den Gegebenheiten bei Tageslicht, eingeschränkten Sichtverhältnissen ist aber eine zuverlässige Schätzung des Abstandes und des Gleichbleibens des Abstandes allein durch optische Einschätzung auch ohne weitere Bezugspunkte grundsätzlich jedenfalls dann möglich, wenn der Abstand lediglich rund 100 Meter beträgt. Hierbei ist zu beachten, daß es für die Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung nicht auf die exakte Bezifferung des eingehaltenen Abstandes ankommt, sondern darauf, daß der eingehaltene Abstand gleichbleibend war. Die Anforderung, der Abstand dürfe nicht zu groß sein, dient lediglich dem Zweck, daß die Beurteilung der Länge des Abstands durch die Zeugen noch hinreichend sicher möglich sein muß (vgl. OLG Frankfurt a.M:, Beschluß vom 8.8.2001 – 2 Ws (B) 291/01 OWiG -). Dem in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Schwarz, dem als Polizeibeamtem grundsätzlich Erfahrung in der Einschätzung derartiger Verkehrssituationen unterstellt werden kann, war nach den gegebenen Umständen, nämlich den sichtbaren Rückstrahlern sowie dem Scheinwerferlicht des nachfahrenden Fahrzeugs, welches Anhaltspunkte für die Abschätzung der Entfernung des vorausfahrenden Pkw bot, eine zuverlässige Erfassung des Gleichbleibens des Abstandes in ausreichender Weise möglich (vgl. auch OLG Frankfurt a.M., Beschluß vom 20.6.2001 – 2 Ws (B) 230/01 OWiG -). Etwaige Ungenauigkeiten bei der Messung und der Schätzung werden durch den in Höhe von 20 % der gemessenen Geschwindigkeit vorgenommenen Toleranzabzug, der auf bis zu 24 % erweitert werden könnte, ohne daß sich eine Änderung in den Rechtsfolgen gemäß der BKatV ergäbe, hinreichend erfasst.

Die zu den eingehaltenen Geschwindigkeiten getroffenen Feststellungen sind rechtsfehlerfrei erfolgt und insbesondere nicht widersprüchlich. Das Amtsgericht hat hierzu ausgeführt, der Tachometer des Polizeifahrzeugs habe zum Zeitpunkt des Aufschließens auf den von dem Betroffenen geführten Pkw 160 km/h betragen. Über die zuvor gefahrene Geschwindigkeit verhält sich das Urteil nicht, auf sie kam es ersichtlich auch nicht an. Der Betroffene setzt insoweit in der Begründung der Rechtsbeschwerde in unzulässiger Weise seine eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Gerichts. Maßgebend für das Rechtsbeschwerdegericht sind die durch das Amtsgericht ausweislich der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen.

Die erhobene Verfahrensrüge ist jedenfalls nicht begründet. Das Amtsgericht hat die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Behauptung des Betroffenen, daß die von den Zeugen vorgenommene Abstandsfeststellung nicht geeignet ist, den tatsächlichen Abstand zu seinem Fahrzeug ordnungsgemäß festzustellen, zutreffend mit der Begründung abgelehnt, dies unterliege der Beurteilung durch das Gericht. Denn die Beurteilung der Zuverlässigkeit derartiger Bekundungen von Zeugen unter den gegebenen äußeren Umständen ist einem Gericht aufgrund eigener Sachkunde möglich, da es sich um einen einfach gelagerten Lebenssachverhalt handelt, der Spezialkenntnisse nicht erfordert. Der Rechtsfolgenausspruch ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Das Gericht hat die für die festgestellte Ordnungswidrigkeit in den §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 BKatVO in Verbindung mit Nr. 5.3.6 der Tabelle 1 des Anhangs vorgesehenen Regelsanktionen verhängt. Für ein Abweichen bestand im Hinblick auf die Feststellungen zu den persönlichen und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen weder hinsichtlich der festzusetzenden Geldbuße noch des anzuordnenden Fahrverbots eine Veranlassung.

Der Betroffene hat die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO).

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