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Tagespflegegeld: Rückforderung und Anerkennung als Tagespflegeperson

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES VERWALTUNGSGERICHT

Az.: 15 A 127/01

Urteil vom 09.04.2003


In der Verwaltungsrechtssache hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht – 15. Kammer – auf die mündliche Verhandlung vom 9. April 2003 für Recht erkannt:

Die Bescheide vom 28. August und 11. September 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2001 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, festzustellen, dass für die durch Frau … für die Monate September bis November 2000 geleistete Tagespflege von … Aufwendungsersatz zu gewähren ist.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Tagespflegekosten.

Die Klägerin ist berufstätige alleinerziehende Mutter ihrer am 08. Februar 1993 geborenen Tochter …. Um ihre Berufstätigkeit auszuüben, ist sie auf die Betreuung ihrer Tochter angewiesen. Diese Betreuung erfolgte zunächst durch …, ab dem 01. September 1999 durch ….

Mit Bescheid vom 28. September 1999 bewilligte der Beklagte der Klägerin Jugendhilfe in Form von Tagespflegegeld für die Unterbringung von … in der Tagespflegesteile von Frau … in Höhe von monatlich 407,– DM für die Zeit vom 01. September 1999 bis 31. Juli 2000. Das Tagespflegegeld entspreche dem maximal für die Altersstufe von … zu gewährenden Betrag bei einer regelmäßigen Betreuung an fünf Tagen in der Woche mit mehr als jeweils vier Stunden. Mit weiterem Bescheid vom 25. November 1999 wurde der Klägerin auf ihren Widerspruch hin auch für die Monate Juni und Juli 1999 Tagespflegegeld in Höhe von 407,– DM im Monat gewährt. Mit Bescheid vom 13. April 2000 änderte der Beklagte seine Bescheide vom 28. September und 25. November 1999 dahingehend ab, dass die gewährte Jugendhilfe in Form von Tagespflegegeld für die Zeit vom 01. Januar bis 31. Juli 2000 nunmehr monatlich 593,– DM betrage. Zur Begründung hieß es unter anderem, dass ein Betreuungsbedarf von dreißig Stunden anerkannt werde, so dass sich bei einem maximal zu gewährenden Tagespflegegeld für die Altersstufe von … in … Höhe von 791,– DM (geteilt durch 40 Stunden mal 30 Stunden) der Betrag von 593,– DM errechne.

Während der Bescheid vom 28. September 1999 den Hinweis enthielt, dass die Klägerin verpflichtet sei, jede Änderung in ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere die Auflösung des Tagespflegeverhältnisses, unverzüglich mitzuteilen und eine infolge fehlender Mitwirkung zu Unrecht gewährte Hilfe zu erstatten sei, fand sich im Bescheid vom 13. April 2000 hierzu lediglich der Satz: „In allen anderen Punkten behalten meine o. a. Bescheide ihre Gültigkeit.“

Die Bescheide vom 28. September, 25. November 1999 und 13. April 2000 gingen jeweils auch nachrichtlich an Frau … mit der Mitteilung, dass sie die angegebene Betreuungszeit bestätigt habe und somit ebenfalls verpflichtet sei, umgehend die Beendigung bzw. Verringerung der Betreuung mitzuteilen.

Während zunächst auf Bitten der Klägerin (Schreiben vom 14. September 1999) das Tagespflegegeld direkt mit Frau … abgerechnet wurde, wurde auf ihre Bitte, zugleich in Absprache mit Frau …, ab dem 01. November 1999 das Tagespflegegeld (wieder) direkt an sie selbst überwiesen (vgl. Vermerk vom 13. Oktober 1999).

Am 19. Juli 2000 beantragte die Klägerin, die Unterstützung für die Tagespflege ihrer Tochter auf zwei Betreuungen aufzuteilen. Dienstags bis donnerstags erfolge die Betreuung durch Frau …, montags, freitags und samstags durch … bzw. … Babysitter im Hause. Damit bestehe die Möglichkeit, dass … mehr in ihrer eigenen Umgebung sei. Zudem bat sie darum, Tagespflegegeld für ein weiteres Jahr zu bewilligen. Ausweislich eines Vermerks teilte die Tagesmutter Frau … hierzu mit, dass … von ihr seit dem 01. Februar 2000 nur noch an drei Tagen in der Woche (mit ca. fünf bis sechs Stunden pro Tag und ab und zu mit einer Übernachtung) betreut werde. Die restliche Zeit werde vom …. bzw. durch Babysitter abgedeckt. Von der Klägerin erfuhr der Beklagte, dass diese den gezahlten Zuschuss sowohl für die Tagesmutter als auch für die anderen Betreuungspersonen eingesetzt hatte. Frau … teilte am 20. Juli 2000 telefonisch mit, dass sie den Betreuungsvertrag mit der Klägerin zum 31. August 2000 kündige. Die Klägerin teilte dann telefonisch am 21. Juli 2000 mit, dass sie eine neue Tagesmutter gefunden habe. Der Beklagte ermittelte, dass dies Frau … vom Tagespflegeverein … war; wobei er in der Folgezeit erfuhr, dass die Betreuung durch Frau … ab 21. Juli 2000 nur ca. drei Wochen andauerte.

Mit Schreiben vom 03. August 2000 teilte der Beklagte die Klägerin mit, dass die durch Frau … seit 01. Februar 2000 erfolgte tatsächliche Betreuung lediglich ein Tagespflegegeld in Höhe von monatlich 297,– DM rechtfertige. Im Bescheid vom 28. September 1999 sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass das Tagespflegegeld für die Unterbringung in der Tagespflegestelle von Frau … gewährt werde und die Klägerin verpflichtet sei zur Mitteilung von Veränderungen in der Betreuung. Sie werde daher um Stellungnahme und Mitteilung gebeten, zu welchen Zeiten … ab dem 01. Februar 2000 durch Frau … betreut worden sei und wann die Betreuung tatsächlich beendet worden sei.

Mit Bescheid vom 28. August 2000 forderte der Beklagte „unberechtigt bezogenes Tagespflegegeld“ in Höhe von 1.885,– DM zurück. Zur Begründung hieß es, mit Bescheiden vom 28. September 1999, 25. November 1999 und 13. April 2000 sei der Klägerin für die Zeit vom 01. September 1999 bis 31. Juli 2000 Jugendhilfe in Form von Tagespflegegeld für … für die Unterbringung in der Tagespflegesteile von Frau … gewährt worden. Die Klägerin habe erst mit ihrem Antrag vom 17. Juli 2000 auf weitere Mitfinanzierung der Tagespflege mitgeteilt, dass die Betreuung montags, freitags und samstags durch einen … erfolge. Frau … habe auf Befragen mitgeteilt, dass sie … ab dem 01. Februar 2000 nur noch an dreimal fünf Stunden betreut habe und die letzte Betreuung am 19. Juli 2000 erfolgt sei. Hieraus errechne sich der zurückgeforderte Betrag.

Die Klägerin beantragte am 05. September 2000 Tagespflegegeld ab 02. September für die Tagespflege durch die Au-pair-Kraft Frau … von Montag bis Freitag, 13.30 Uhr bis 18.30 Uhr und am Samstag von 10.00 Uhr bis 15.00 Uhr sowie zweimal in der Woche am Abend von 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr. Die Kosten hierfür sollten 400,00 DM plus Nebenkosten 250,– DM plus Unterkunft/Verpflegung ca. 500,– DM betragen. Zugleich enthielt dieser Antrag eine Aufstellung der Aufwendungen für die Tagespflege für die Zeiten Juli, August und September 2000. In dem Antrag wies die Klägerin darauf hin, dass die Aufteilung der Tagespflege im 2. Schuljahr mit dem Beklagten, Herrn …, abgesprochen sei.

Mit Bescheid vom 11. September 2000 lehnte der Beklagte die Mitfinanzierung der Tagespflegekosten ab, da Voraussetzung hierfür eine Betreuung durch eine vom Jugendamt anerkannte Tagespflegeperson sei. Frau … habe den Antrag auf Anerkennung zurückgezogen. Frau … sei bisher nicht im Besitz einer Anerkennung als Tagesmutter. Eine solche werde sie nach Einschätzung der Ausländerbehörde auch nicht erhalten. Durch die im Antrag aufgelisteten Betreuungszeiten hinsichtlich der Tagespflege durch Frau … seien die Berechnungsgrundlagen des Rückforderungsbescheides vom 28. August 2000 bestätigt worden. Zugleich forderte der Beklagte (erneut) von der Klägerin das „unberechtigt bezogene Tagespflegegeld“ in Höhe von 1885,– DM zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin am 04. Oktober 2000 sinngemäß Widerspruch, in dem sie vortrug, dass Frau … über eine qualifizierte Ausbildung im sozialen Bereich verfüge und damit die besten Voraussetzungen für eine Kinderbetreuung habe. Die wöchentliche Betreuung durch Frau … sei für das 2. Schulhalbjahr 2003 an drei Tagen in der Woche erfolgt. Das Entgelt sei mit ihr nach dem tatsächlichen Betreuungsaufwand abgerechnet worden. Dies und die restlichen Betreuungszeiten seien mit dem Mitarbeiter des Beklagten, Herrn …, persönlich, schriftlich und telefonisch abgesprochen worden. Diese Aufsplitterung des Pflegegeldes sei durch Zusage von ihm genehmigt worden wegen fehlender Tagespflegekräfte. Die Berechnungsgrundlage für unberechtigt bezogenes Tagespflegegeld sei daher unzutreffend. Im Übrigen sei ihr eine Rückerstattung aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich.

In einem erklärenden Schreiben vom 31. Januar 2001 bestätigte der Beklagte, dass, da die Klägerin als alleinerziehende Mutter zur Ausübung ihrer Berufstätigkeit auf die Betreuung ihrer Tochter angewiesen sei, die Voraussetzungen für eine Mitfinanzierung der Tagespflege nach § 23 Abs. 3 SGB VIII (Erforderlichkeit der Tagespflege) gegeben seien. Er wies aber darauf hin, dass Voraussetzung für die in der Vergangenheit erfolgte Bewilligung von Tagespflegegeld die Betreuung durch Frau … gewesen sei. Die Klägerin sei darauf hingewiesen worden, dass die Bewilligung nur gelte, solange die Voraussetzungen für die Zahlung des Tagespflegegeldes in der bewilligten Höhe nicht änderten. Jedoch habe er – der Beklagte – feststellen müssen, dass Frau … seit dem 01. Februar 2000 statt bisher 30 Stunden in der Woche nur noch 15 Stunden in der Woche betreue und die Betreuung zum 19. Juli 2000 beendet habe. Somit hätte für diese Zeiten lediglich ein Tagespflegegeld in Höhe von monatlich 297,– DM gezahlt werden dürfen. Dies ergebe (fünfmal 296,– DM für Februar bis Juni sowie anteilig 405,– DM für Juli 2000) den Betrag von 1.885,– DM.

Der Antrag auf finanzielle Unterstützung einer Tagespflegebetreuung durch Frau … ab September 2000 sei abzulehnen gewesen, weil Frau … nicht im Besitz einer Anerkennung nach § 23 Abs. 3 SGB VIII sei. Die Tätigkeit einer Tagesmutter sei eine selbständige Tätigkeit im Sinne des Einkommenssteuergesetzes und als solche ausländerrechtlich nicht genehmigungsfähig.

In der Folgezeit ergänzte die Klägerin ihre Widerspruchsbegründung dahingehend, dass ursprünglich das Pflegegeld direkt an Frau … ausgezahlt worden sei. Als es dann zu Veränderungen in Absprache mit den zuständigen Sachbearbeitern des Beklagten, Herrn … und Herrn … gekommen sei, sei das Pflegegeld direkt an sie ausgezahlt worden. Deshalb habe sie davon ausgehen können, dass der Beklagte über die mit Herrn … verabredeten Veränderungen in der Unterbringung in der Tagespflege informiert gewesen sei. Der neue Betreuungsmodus sei nach Rücksprache mit Herrn … und Herrn … unter Einbeziehung der Betreuungsmöglichkeiten durch den Seniorenverband … und der örtlichen Kinderpraktikantin festgelegt worden. Erst im Laufe des 2. Schulhalbjahres, nämlich erstmals im Juli 2000, habe Herr … sie informiert, dass es eventuell zukünftig problematisch sei, das Betreuungsgeld für die Betreuungszeiten aufzuteilen. Aus diesem Grund sollte das Geld nur noch an die Betreuungsperson ausgezahlt werden und sie habe – seinem Wunsch entsprechend – den schriftlichen Antrag im Juli 2000 gestellt.

Nach ihrer Auffassung habe sich die Bezuschussung durch den Beklagten auf dem Betreuungsaufwand und nicht auf lediglich eine Person, nämlich Frau …, bezogen. Die Rückforderung von Erstattungsbeträgen könne sie nicht nachvollziehen, da sie das Pflegegeld nachweislich nur für den Betreuungsaufwand verwandt habe. Die Betreuungskosten seien von ihr aufgelistet worden; danach sei zudem die Betreuung durch Frau … tatsächlich höher gewesen als lediglich 297,– DM.

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Im Übrigen sei sie wirtschaftlich zu einer Zahlung des Betrages auch nicht in der Lage.

Dieser Stellungnahme legte die Klägerin u. a. die Kündigung von Frau … zum 31. August 2000 bei.

Herr … teilte in einer Stellungnahme vom 25. April 2001 hierzu mit, dass er in allen Telefonaten und Gesprächen mit der Klägerin diese darüber informiert habe, dass Änderungen im Bereich der Tagespflege mit Frau … vom Beklagten zu besprechen seien. Erst durch gezielte Nachfrage zum tatsächlichen Betreuungsbedarf sei von der Klägerin im August 2000 ein entsprechender Nachweis geführt worden. Dieser begründe auch die Rückforderung des Tagespflegegeldes, an der aus seiner Sicht festgehalten werden solle.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2001, zugestellt am 17. Mai 2001, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Soweit er mit Bescheid vom 11. September 2000 unberechtigt bezogenes Tagespflegegeld in Höhe von 1.885,– DM zurückgefordert habe, sei die Klägerin als Alleinerziehende zur Ausübung ihrer Berufstätigkeit zwar unstreitig auf eine Betreuung ihrer Tochter angewiesen. Grundlage der Bewilligungsbescheide sei aber der anerkannte Betreuungsbedarf von 30 Stunden wöchentlich und die Betreuung durch Frau … gewesen. Tatsächlich habe diese ab 01. Februar 2000 die Tochter lediglich mit 15 Stunden in der Woche betreut und die Betreuung mit dem 19. Juli 2000 beendet, so dass für diesen Zeitraum lediglich ein Tagespflegegeld von 297,– DM im Monat hätte gezahlt werden dürfen. Voraussetzung für die Mitfinanzierung von Tagespflegekosten sei eine vom Jugendamt anerkannte Tagespflegesteile, so dass die Bewilligung ausdrücklich „für die Unterbringung in der Tagespflegestelle von Frau …“ erfolgt sei. Die Auszahlung des Tagespflegegeldes könne dem Wunsch des Antragstellers entsprechend an ihn persönlich oder an die Tagespflegeperson erfolgen. Eine Änderung bzw. eine Reduzierung der Betreuung … durch Frau … sei der zuständigen Mitarbeiterin, Frau …, nicht mitgeteilt worden. Der allgemeine soziale Dienst des Beklagten habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass Änderungen im Bereich der Tagespflege mit Frau … zu besprechen seien.

Hinsichtlich des am 05. September 2000 gestellten Antrages auf finanzielle Unterstützung für die Tagespflegebetreuung durch Frau … fehle es an deren Anerkennung als Tagespflegeperson, so dass die Voraussetzungen einer Tagespflegeförderung nach § 23 Abs. 3 SGB VIII nicht erfüllt seien.

Hiergegen hat die Klägerin am 15. Juni 2001 Klage erhoben.

Zur Begründung nimmt die Klägerin im Wesentlichen Bezug auf den geführten Schriftwechsel. Sie ist der Auffassung, es sei darauf abzustellen, dass die Betreuung durch Frau … nicht am 19.07.2000, sondern am 30. August 2000 geendet habe. Die erfolgte Aufteilung der Betreuung ihrer Tochter durch Frau … und andere Personen habe der häuslichen Situation des Kindes und den örtlichen Gegebenheiten entsprochen und sei im Einverständnis mit dem Beklagten – Herrn … und Herrn … – erfolgt. Diese seien stets über die neue Betreuungssituation informiert worden. Zudem habe sie die tatsächlichen Betreuungszeiten aufgelistet und nachgewiesen. Für Frau … habe sie mehr als den ihr vom Beklagten zugestandenen Pauschalbetrag von 297,– DM aufgewandt. Sie sei davon ausgegangen, dass sich die bewilligte Bezuschussung auf den Betreuungsaufwand und nicht auf eine bestimmte Betreuungsperson bezogen habe. Hinderungsgründe für eine Anerkennung von Frau … als Betreuungsperson seien nicht gegeben.

Die Klägerin beantragt, die Bescheide vom 28. August 2000 und 11. September 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass für die von Frau … für die Monate September bis November 2000 geleistete Tagespflege Aufwendungsersatz zu gewähren ist.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid und meint, dass ausschlaggebend sei, dass die letzte Betreuung durch Frau … am 19. Juli 2000 stattgefunden habe. Er behauptet, das Jugendamt habe eine Reihe von Tagespflegestellen im Kreisgebiet vorrätig, so dass insoweit jederzeit die Möglichkeit der Vermittlung einer Tagespflegesteile bestanden hätte. Bei Feststellung der Eignung der Pflegeperson seien seine Richtlinien zur finanziellen Förderung von Kindern in Tagespflege heranzuziehen, die wiederum auf die Kriterien des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge verwiesen.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 13. August 2002 der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin …, Hamburg, bewilligt. Mit weiterem Beschluss vom 31. Januar 2003 hat die Kammer den Rechtsstreit auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitsand wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Mit den hier angegriffenen Bescheiden hat der Beklagte zwei Regelungen getroffen, nämlich zunächst hat er zuvor bewilligtes und bereits ausgezahltes Tagespflegegeld teilweise zurückgefordert (1) und daneben hat er die Anerkennung von Frau … als Tagespflegeperson für ausgeschlossen erachtet und dementsprechend mitgeteilt, dass er für die durch Frau … geleistete Tagespflege keinen Aufwendungsersatz zahle (2). Die gegen diese beiden Regelungen gerichtete Klage ist hinsichtlich der ersten Regelung als Anfechtungsklage und hinsichtlich der zweiten Regelung als Verpflichtungsklage zulässig und auch begründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Diese hat einen Anspruch auf Feststellung, dass für die durch Frau … für die Monate September bis November 2000 geleistete Tagespflege von … Aufwendungsersatz zu gewähren ist.

(1) Hinsichtlich der ersten Regelung (Rückforderung von 1885,– DM) hatte der Beklagte zwar bereits im Bescheid vom 28. August 2000 eine Berechnung aufgestellt und „unberechtigt bezogenes“ Tagespflegegeld in Höhe von 1.885,– DM zurückgefordert. Dieser Bescheid erwuchs jedoch in der Folgezeit nicht in Bestandskraft, da der Beklagte diese Regelung in seinem Bescheid vom 11. September 2000 wiederholt und sich hiermit auf den hiergegen am 04. Oktober 2000 sinngemäß erhobenen Widerspruch im Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2001 auch in der Sache befasst hat. Im Übrigen ist für den Beginn der einmonatigen Widerspruchsrist entscheidend, wann der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben wurde (vgl. § 70 Abs. 1 VwGO). Aus den vorliegenden Verwaltungsakten wird aber weder deutlich, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin den Ausgangsbescheid vom 28. August 2000 tatsächlich erhalten hat, noch wann dieser Bescheid vom Beklagten der Post übergeben wurde.

Die Klägerin ist grundsätzlich richtiger Adressat der geltend gemachten Rückforderung des streitigen Teils des Tagespflegegeldes, da dieses ihr und nicht – wie es das Gesetz in § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII vorsieht (vgl. auch OVG Schleswig, ZFJ 2001, 425 ff) – der nachgewiesenen Pflegeperson, nämlich Frau … zugesprochen wurde. Insofern betrifft der vom OVG in seinem Beschluss vom 18. Oktober 2002 – 2 L 70/02 – entschiedene Fall eine andere Fallkonstellation. Dort hat das OVG ausgeführt, dass dann, wenn die Bewilligung von Tagespflegegeld auch gegenüber dem Personsorgeberechtigten ausgesprochen werde, auch ihm gegenüber ein Aufhebungsbescheid ergehen könne. Dagegen entstehe gegen den Personensorgeberechtigten kein Rückförderungsanspruch, der durch einen Erstattungsbescheid im Sinne des § 50 Abs. 1 und Abs. 3 SGB X durchgesetzt werden könnte, weil der Anspruch auf Aufwendungsunkostenersatz für eine Tagespflegeperson nach dem eindeutigen Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII der Tagespflegeperson selbst zustehe. Allerdings hatte in dem entschiedenen Fall das Jugendamt auch einen Bewilligungsbescheid an die Tagespflegeperson gerichtet und dieser den Aufwendungsersatz unmittelbar geleistet. Da hier aber der Aufwendungs- und Kostenersatz nach § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII der Klägerin bewilligt und unmittelbar an sie gezahlt wurde, kann gegen die Klägerin nicht nur ein Aufhebungsbescheid betreffend den ursprünglichen Bewilligungsbescheid gerichtet werden, sondern auch unmittelbar gegen sie selbst eine Erstattungsforderung nach § 50 SGB X festgesetzt (vgl. § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X) werden.

Allerdings ist vorliegend eine Grundlage für die hier geltend gemachte Erstattungsforderung nicht zu erkennen. In Betracht kommen insoweit § 50 Abs. 1 Satz 1 oder § 50 Abs. 2 Satz 2 SGB X. Der Beklagte hat in seinem Festsetzungsbescheid nicht einmal ausgeführt, auf welche der beiden Alternativen des § 50 (Abs. 1 oder Abs. 2) SGB X er seinen Erstattungsanspruch stützen will. Insoweit lag ein Begründungsmangel im Sinne des § 35 Abs. 1 (Sätze 1 und 2) SGB X vor, da insbesondere die Ausnahmevorschrift des § 35 Abs. 2 Nr. 4 SGB X wegen der hier alternativ bestehenden Möglichkeiten nicht angewandt werden konnte. Die Begründung kann aber gem. § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X bis zur letzten Tatsacheninstanz im verwaltungegerichtlichen Verfahren (vgl. § 41 Abs. 2 SGB X) nachgeholt werden. In der mündlichen Verhandlung hat sich der Beklagte hier auf § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X gestützt.

Nach § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X sind, soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, diese zu erstatten. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da die Zahlung des Tagespflegeentgeltes aufgrund eines Verwaltungsakts erfolgt ist, nämlich aufgrund des Bescheides vom 13. April 2000. Der Beklagte meint, so seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, dass er die Gewährung des Tagespflegegeldes in diesem Bescheid, der insoweit auf den Bescheid vom 28. September 1999 verweist, an die Bedingung geknüpft habe, dass die Leistung nur für die Unterbringung von … in der Tagespflegesteile von Frau … (an 30 Stunden in der Woche) erfolge. Mit dem Wegfall dieser Bedingung sei das Tagespflegegeld ohne Verwaltungsakt erbracht worden. Indes ist hierin keine Bedingung zu erkennen. Nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von einem Ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung). Wenn der Beklagte seinerzeit eine Bedingung gewollt hätte, dann hätte er dies auch deutlich machen müssen, indem er in seinem Bewilligungsbescheid darauf hinweist, dass die Gewährung des Aufwendungs- und Kostenersatzes nur unter der „Bedingung“ erfolgt, dass die Tagespflege bei Frau … stattfindet oder indem er – wenn er das Wort „Bedingung“ nicht hätte gebrauchen wollen – entsprechend § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X dahingehend formuliert hätte, dass anderenfalls die bewilligte Leistung (das Tagespflegegeld) nicht mehr gewährt wird. Dies hat der Beklagte indes nicht getan.

Vielmehr handelt es sich bei der vom Beklagten in den Bewilligungsbescheiden gewählten Formulierung der Gewährung von Tagespflegegeld für die Unterbringung der Tochter der Klägerin „in der Tagespflegestelle von Frau …“ um eine Zweckbestimmung. Dies entspricht auch der Intention des § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII. Das vom Beklagten gewollte Ergebnis, nämlich, dass quasi automatisch kein Aufwendungsersatz mehr gezahlt werden muss, sobald ohne sein Wissen und Willen eine andere Pflegeperson die Tagespflege übernimmt, hat der Gesetzgeber dadurch erreicht, dass der Anspruch auf Aufwendungs- und Kostenersatz nach § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII der nachgewiesenen Pflegeperson zusteht. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz SGB VIII sollen der Pflegeperson die entstehenden Aufwendungen einschließlich der Kosten der Erziehung ersetzt werden. Damit hat der Gesetzgeber eindeutig einen eigenständigen Anspruch der Pflegeperson begründen wollen (vgl. ebenso OVG Schleswig, aaO., std. Rspr; OVG Münster, ZFJ 2001, 472). Diese Vorgehensweise hat der Beklagte indes in seinen Bewilligungsbescheiden nicht gewählt.

Der Festsetzungsbescheid erweist sich auch nicht mit Blick auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X als rechtmäßig. Nach dieser Vorschrift besteht auch dann ein Erstattungsanspruch, wenn ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Die für eine auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X gestützte Erstattungsforderung notwendige (vgl. §§ 31 Satz 1, 33 Abs. 1 SGB X) teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 13. April 2000 ist den angegriffenen Bescheiden jedoch schon nicht zu entnehmen. Insoweit ist auch eine „Umdeutung“ nach § 43 Abs. 1 SGB X nicht möglich, da im Hinblick auf das auszuübende Ermessen hier keine gebundene Entscheidung vorliegt. Zudem wäre hier eine (teilweise) Aufhebung unzulässig gewesen.

Bei Zweckverfehlung kann zwar ein Widerruf nach § 47 Abs. 2 Nr. 1 SGB X auch für die Vergangenheit erfolgen oder aber gemäß § 48 Abs. 1 SGB X eine Aufhebung wegen wesentlicher Änderung, die gemäß Satz 2 Nr. 4 hier möglicherweise sogar zu einer Aufhebung des Verwaltungsaktes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse berechtigen würde. Allerdings kommt § 48 SGB X im Bereich des SGB VIII nicht zur Anwendung, da es sich bei den hier zugrunde liegenden Bewilligungsbescheiden nicht um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung im Sinne dieser Vorschrift handelt (vgl. hierzu Wiesner in: Schroeder-Printzen SGB X Kommentar, 3. Aufl., § 48 Rn. 5 m.w.N.).

Zudem wären diese beiden Vorschriften vorliegend bereits deshalb nicht anwendbar, weil die zugrundeliegenden Bewilligungsbescheide, hier der maßgebliche Bescheid vom 13. April 2000, rechtswidrig war(en). In ihm wurde der Aufwendungs- und Kostenersatz gegen den ausdrücklichen Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII der Klägerin und nicht der Tagespflegeperson zugesprochen. Als rechtswidriger Bescheid kann der Bewilligungsbescheid vom 13. April 2000 nur gemäß § 45 SGB X (Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes) aufgehoben werden. Hierbei ist, da vorliegend die Ausnahmevorschriften des § 45 Abs. 2 Satz 3 insoweit nicht einschlägig sind, zu prüfen, ob der Klägerin Vertrauensschutz zu gewähren ist. Dies dürfte zu bejahen sein, da sie die aufgrund des Bescheides erbrachten Leistungen für die Betreuung ihrer Tochter verwandt hat, wie sie dem Beklagten auch in ihrem Antrag vom 05. September 2000 im Einzelnen aufgelistet hatte. Die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes steht zudem im Ermessen der Behörde. Eine solche Entscheidung über die teilweise Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 13. April 2000 unter Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens des Beklagten ist den hier angegriffenen Bescheiden nicht zu entnehmen. Zudem wird nach § 45 Abs. 4 SGB X nur in den Fällen von Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung seine aktuellen Richtlinien zur finanziellen Förderung von Kindern in Tagespflege vorgelegt hat, in denen geregelt ist, dass die Leistungen wahlweise an die Eltern oder die Tagespflegeperson überwiesen werden, er also weiterhin von der Rechtmäßigkeit seiner Auszahlungsweise, wie er sie im Bewilligungsbescheid vom 13. April 2000 bestimmt hat, ausgeht, kann der Klägerin wohl kaum vorgehalten werden, dass sie die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Auch ansonsten ist nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen für eine Rücknahme für die Vergangenheit vorliegen könnten.

Nach alledem war die Festsetzung des Rückforderungsbetrages aufzuheben.

(2) Hinsichtlich der zweiten Regelung in dem angegriffenen Bescheid und der hier auch begehrten Feststellung, dass für die Frau … für die Monate September bis November 2000 geleistete Tagespflege von … Aufwendungsersatz zu gewähren ist, hat die Klägerin ihren Klageantrag in der mündlichen Verhandlung auf Hinweis des Gerichts in zulässiger Weise (§ 173 VwGO iVm § 264 Nr. 3 ZPO) dahingehend erweitert, dass über die ursprünglich lediglich beantragte Aufhebung der in Rede stehenden Bescheide hinaus eine ihrem Begehren entsprechende Feststellung durch Verwaltungsakt begehrt wird. Die Rechtsschutzform der Verpflichtungsklage ist hier die richtige Klageart, da dem Begehren der Klägerin damit effektiver Rechnung getragen wird als mit der bloßen Aufhebung des Versagungsbescheides bzw. des Widerspruchsbescheides.

Die Klägerin kann nicht an sich die Auskehr von Tagespflegegeld für die Betreuung ihrer Tochter verlangen. Der Anspruch auf Aufwendungs- und Kostenersatz nach § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII steht der nachgewiesenen Pflegeperson zu (vgl. ebenso OVG Schleswig, ZFJ 2001, 425 ff.; OVG Münster, ZFJ 2001, 472). Hierauf ist bereits hingewiesen worden. Ihr Verpflichtungsbegehren war deshalb auf einen feststellenden Verwaltungsakt zu richten.

Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 05. Dezember 1996 – 5 C 51.95 – (ZFJ 1997, 384) bereits ausgeführt, dass das Jugendamt mit der Feststellung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Tagespflege für das Wohl des Kindes und der Eignung der Pflegeperson nach § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII erklärt, dass es die Förderung des Kindes in Tagespflege durch die vom Personensorgeberechtigten nachgewiesene Tagespflegeperson in Erfüllung seiner jugendhilferechtlichen Aufgaben übernehmen will. Mit diesem Regelungsgehalt ist die Feststellung nach § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X. Die Feststellung nach § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII steht im „Kann“-Ermessen des Jugendhilfeträgers. Der Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des jugendhilferechtlichen Ermessens nach § 23 Abs. 3 Satz 2 steht dem oder den Personensorgeberechtigten zu.

Das so verstandene Feststellungsbegehren der Klägerin in Bezug auf die Tagespflege durch Frau … ist auch begründet.

Das Verfahren nach §23 SGB VIII ist ein zweistufiges. Grundsätzlich hat die Klägerin einen Anspruch auf Tagespflege für ihr Kind. Dies ist bereits vom Beklagten mehrfach festgestellt worden. Dieser Anspruch ist in der Art und Weise abzuwickeln, dass sich die Klägerin an den Träger der Jugendhilfe wendet und ihren Hilfebedarf meldet. Daraufhin hat der Träger der Jugendhilfe eine geeignete Pflegeperson zur Verfügung zu stellen und diese dann auch selbst zu bezahlen. Insoweit weist das Gesetz den Kindeseltern ausdrücklich einen im Gegensatz zu der hier praktizierten Vorgehensweise günstigere Position zu. Denn in dem vom Gesetzgeber gewollten Fall hat der Träger der Jugendhilfe in Vorleistung zu treten und zwar sowohl im Hinblick grundsätzlich auf die Auswahl und Zurverfügungstellung der Pflegeperson als auch im Hinblick auf deren Bezahlung. Erst danach kann er bei den Kindeseltern Rückgriff nehmen und einen Kostenbeitrag nach §§ 91 Abs. 2, 93 SGB VIII fordern.

In den Fällen, in denen die Förderung des Kindes in der Tagespflege nicht auf Vermittlung des Jugendamtes erfolgt, sondern die Personensorgeberechtigten eine Tagespflegeperson ohne eine solche Vermittlung gefunden haben und nun dem Jugendamt nachweisen, ist die Tagespflege vor der Einschaltung des Jugendamtes noch keine Maßnahme der Jugendhilfe. Sie wird eine solche erst dann, wenn das Jugendamt die Förderung des Kindes in Tagespflege in Erfüllung seiner jugendhilferechtlichen Aufgabe übernimmt. Insoweit wird nach der Begründung des Bundesrates zur Einfügung von § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII (BT-Drucks 12/2866, S. 31) die Feststellung des Jugendamtes als dessen „Bestätigung“ des bereits bestehenden Pflegeverhältnisses verstanden. Diese Feststellung nach § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII steht im „Kann“-Ermessen des Jugendamtes (vgl. auch BVerwG aaO).

Vorliegend ist unstreitig, dass in dem hier streitigen Zeitraum wegen der Berufstätigkeit der Klägerin eine Tagespflege für ihre Tochter geeignet oder erforderlich war. Auch hat der Beklagte sein „Kann“-Ermessen bereits im Grundsatz zugunsten der Klägerin dahingehend ausgeübt, dass er Aufwendungsersatz für eine Tagespflegeperson leisten will. Der Beklagte hat zudem in der mündlichen Verhandlung seine Richtlinien zur finanziellen Förderung von Kindern in Tagespflege vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass Tagespflegegeld zu gewähren ist, wenn die Eignung der Tagespflegestelle feststeht. Insoweit ist in diesen Richtlinien eine Ermessensbindung zugunsten der Klägerin zu sehen, die ebenfalls ihren Anspruch über Art. 3 Abs. 1 GG zu begründen vermag. Der Beklagte hält allerdings die ihm von der Klägerin nachgewiesene Tagespflegeperson Frau … für ungeeignet. Dies vermag das Gericht jedoch nicht festzustellen. Insofern handelt es sich bei der Eignung um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. Münder u.a. Lehr- und Praxiskommentar zum KJHG/SGB VIII, 4. Aufl., § 23 Rn. 29; Fischer in: Schellhorn SGB VIII / KJHG, Kommentar, § 23 Rn. 27, der insoweit hinsichtlich einzelner Eignungskriterien auf die Empfehlungen des deutschen Vereins zur Tagespflege verweist).

Im Hinblick auf Eignung der Pflegeperson nennt das Gesetz keine besonderen Anforderungen. Auch die Landesausführungsgesetze enthalten insoweit keine näheren Hinweise, so dass die Kriterien für die Eignung nur aus dem Ziel und Zweck der Tagespflege gewonnen werden können. Der Beklagte verweist insoweit auf seine in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Richtlinien zur finanziellen Förderung von Kindern in Tagespflegen, die ihrerseits in Ziffer 2 nur den Wortlaut des Gesetzes wiederholen, in dem es dort heißt, dass die Tagespflegestelle geeignet sein müsse. Da für die Tagespflege – im Gegensatz zur Förderung von Tageseinrichtungen – (noch) keine Ausbildung vorausgesetzt wird, bezieht sich die Eignung vor allem auf persönliche Eigenschaften, wie z. B. Verantwortungsbewusstsein, Erziehungsfähigkeit, Sensibilität für die Erziehungsvorstellung der Herkunftsfamilien, kindgerechte Wohnverhältnisse, gesundheitliche Voraussetzungen. Die Auswahl der geeigneten Person erfolgt üblicherweise durch den oder die Personenberechtigten, sei es aufgrund einer Wahl aus verschiedenen durch den Jugendhilfeträger vermittelten Personen oder aufgrund eines Nachweises durch den Personensorgeberechtigten selbst.

Bei der Nachprüfung der Eignung durch das Jugendamt ist zu berücksichtigen, dass mit der Entscheidung, das Kind in Tagespflege zu geben, die Klägerin ihr Sorgerecht ausübt und weiterhin für das Kind verantwortlich bleibt. Wünscht die Klägerin die Betreuung durch eine bestimmte Person, kann der Beklagte diese nicht mit der Begründung ablehnen bzw. damit später die Zahlung von Aufwendungsersatz verweigern, es sei eine besser geeignete Person verfügbar, solange nicht Tatsachen bekannt sind, die die Annahme rechtfertigen, die Betreuung durch die vorgeschlagene Person gefährdet das Wohl des Kindes. Die elterliche Erziehungsverantwortung ist insoweit vom Jugendamt zu respektieren. Dies bedeutet, dass das Jugendamt die Elternvorschläge regelmäßig zu akzeptieren hat. Ausgeschlossen ist es allerdings nicht, dass das Jugendamt den Eltern andere Alternativen vorschlägt, die aus seiner Sicht für das Wohl des Kindes günstiger sind. Im Regelfall ist die Eignung der Pflegeperson, die sich die Personensorgeberechtigten selbst gesucht haben, zu unterstellen, und das Jugendamt hat nur bei begründeten Anlass eine Überprüfung der Eignung vorzunehmen. Es steht nämlich im Rahmen der Autonomie der elterlichen Sorge, wie sie für das Wohl ihrer Kinder sorgen (vgl. hierzu Struck in: Wiesner/Moersberger/Oberloskamp/Struck SGB VIII Kommentar, 2. Auflage, § 23 Rn. 33; Münder aaO und Fischer aaO).

Der Beklagte hat gegen die Eignung von Frau … lediglich eingewandt, dass diese, da die Tagespflege eine selbständige Tätigkeit sei, hierfür nicht die erforderliche ausländerrechtliche Genehmigung erhalten werde. Indes muss Tagespflege nicht notwendig als selbständige Tätigkeit erfolgen, sondern kann auch im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbracht werden oder sogar unentgeltlich, beispielsweise durch Verwandte. Dass und warum eine Au-pair-Tätigkeit es ausschließen sollte, dass sich Frau … zugleich oder möglicherweise sogar ausschließlich um die Tochter der Klägerin kümmert, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Insoweit handelt es sich sogar um einen üblichen Inhalt eines Au-pair-Vertrages; auch der von der Klägerin vorgelegte Vertrag deutet auf nichts Gegenteiliges hin. Im Gegenteil heißt es unter § 4 Nr. 1 des vorgelegten Vertrages, das Au-pair erbringt der Gastfamilie Leistungen, die in der Unterstützung bei den laufenden familiären Aufgaben bestehen, hierzu gehören insbesondere die Betreuung der Kinder (…). Die wöchentliche Arbeitszeit wird mit 30 Stunden in Ziffer 2 des § 4 des Vertrages festgesetzt. Wenn die Klägerin hierzu vorträgt, dass Frau … ausschließlich ihre Arbeitszeit mit der Kinderbetreuung verbracht hat, hält sich dies im Rahmen des Arbeitsvertrages, da die Klägerin insoweit ein Bestimmungs(Direktions-)recht gegenüber Frau … hinsichtlich der einzelnen Arbeitsinhalte hatte.

Der von dem Beklagten verlangten Anerkennung als Tagespflegeperson, d. h. einer Pflegeerlaubnis nach § 44 Abs. 1 SGB I bedurfte Frau … nicht, da sie – anders als dies § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII voraussetzt – die Tochter der Klägerin in deren Haushalt betreut hat und nicht außerhalb des Haushaltes der Klägerin. Bereits aus diesem Grunde konnte der Beklagte nicht entscheidend in den angegriffenen Bescheiden darauf abstellen, dass Frau … die erforderliche Anerkennung fehlt, da eine solche bei ihr wegen der erbrachten Art der Betreuung (nämlich im Haushalt der Klägerin) gerade nicht erforderlich war.

Im Hinblick auf die Höhe des Aufwendungs- und Kostenersatzanspruchs der von Frau … weist das Gericht vorsorglich auf die hierzu einschlägigen Entscheidungen des Schleswig-Holsteinischen OVG vom 28. Februar 2001 – 2 L 61/01 – (ZFJ 2001, 425) und 2 L 40/01 hin. Hiernach lässt sich die Höhe des Aufwendungs- und Kostenersatzes nach den überarbeiteten Empfehlungen des deutschen Vereins zur Ausgestaltung der Tagespflege nach § 23 SGB VIII bemessen.

Nach alledem war der Klage mit den Kostenfolgen aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §167 VwGO iVm § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe, die Berufung zuzulassen, lagen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2 VwGO).

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