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Taxistand – Falschparken und Zulässigkeit des Abschleppens


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Az: 10 ZB 14.79

Beschluss vom 10.04.2014


I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 143,20 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung richtet sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. November 2013, das die Klage auf Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 11. Juli 2013 abweist. Mit diesem Bescheid hat der Beklagte für die Versetzung des auf einem Taxenstand rechtswidrig geparkten Fahrzeugs der Klägerin Kosten in Höhe von 143,20 Euro (Abschleppkosten in Höhe von 95,20 Euro und eine Gebühr in Höhe von 48,–Euro gemäß § 1 PolKV) in Rechnung gestellt.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Zulassungsgründe liegen nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.). Auch ist nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) hat.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nur dann erfüllt, wenn der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. etwa BayVGH, B.v. 16.5.2012 – 10 ZB 11.2512 – juris Rn. 12; B.v. 16.5.2013 – 10 ZB 10.3162 – juris Rn. 18; B.v. 30.10.2013 – 10 ZB 11.1390 – juris Rn. 17). Aus dem Zulassungsvorbringen der Klägerin ergibt sich jedoch nicht, dass den als entscheidungserheblich und klärungsbedürftig bezeichneten Rechtsfragen eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme.

Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass grundsätzlich ein auf einem Taxenstand verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug dessen Funktion beeinträchtige. Zu bestimmten Zeiten – wie hier in der innerstädtischen, sehr verkehrsreichen und auch abends belebten Gegend am R.-platz – müsse davon ausgegangen werden, dass alle Standplätze benötigt würden. Die zeitweilige Zweckentfremdung des Taxenstandes stelle hier auch eine akute Gefährdung der Sicherheit und der Leichtigkeit des Verkehrs dar, weil anfahrende Taxis in der zweiten Reihe halten müssten, um Fahrgäste ein- oder aussteigen zu lassen. Dass dies nach der StVO erlaubt sei, ändere an der Beeinträchtigung des fließenden Verkehrs nichts. Zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sei die Einhaltung einer allgemeinen Wartefrist nicht erforderlich.

Als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnet die Klägerin insoweit die Rechtfragen, „ob, in welchem Umfang und ab welchem Zeitpunkt die Polizei eine Abschleppmaßnahme einleiten darf“ und „ob eine zeitweilige Zweckentfremdung eines Taxenstandes eine akute Gefährdung der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs bewirkt“. Zur Begründung bezieht sie sich auf eine Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Januar 2013 (Az. 8 A 1667/12), in der dieser davon ausgeht, dass zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine Wartezeit von einer halben Stunde einzuhalten sei, bevor ein auf einem Taxenstand verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug abgeschleppt werden dürfe. Die zeitweilige Zweckentfremdung von Taxenständen bewirke keine akute Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des fließenden Straßenverkehrs, sondern beeinträchtige nur die Möglichkeit anfahrender Taxen, Fahrgäste direkt am Taxenstand ein- oder aussteigen zu lassen.

Die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen sind jedoch nicht klärungsbedürftig und haben auch keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung.

In der die Zulässigkeit von Abschleppmaßnahmen nach Landesrecht betreffenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 18. 2.2002 – 3 B 149/01 – juris Rn. 3 f.) ist geklärt, dass sich mit der Frage, ob insoweit der bundesverfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist, regelmäßig keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung verbinde. Ein bloßer Verstoß gegen ein straßenverkehrsrechtliches Gebot rechtfertige nicht ohne weiteres eine Abschleppmaßnahme, andererseits könne im Falle der Behinderung von anderen Verkehrsteilnehmern ein Abschleppen eines rechtswidrig geparkten Fahrzeugs geboten sein. Dies beurteile sich aufgrund einer Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalls. Eine Aussage zu der Frage, ob das rechtswidrige Parken auf einem Taxenstand zu einer akuten Gefährdung der Sicherheit oder Leichtigkeit des fließenden Verkehr führt, der über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme, lässt sich somit nicht treffen.

Auf die vom Kläger abstrakt formulierte Frage bezüglich der akuten Gefährdung beim rechtswidrigen Parken auf einem Taxenstand kommt es zudem nicht entscheidungserheblich an, weil das Erstgericht seiner Rechtsauffassung, die Versetzung des klägerischen Fahrzeugs sei verhältnismäßig gewesen, zugrunde gelegt hat, dass eine Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs deshalb vorliege, weil der Taxenstand, von dem das Fahrzeug der Klägerin entfernt worden war, in einer verkehrsreichen und belebten Gegend liege und deshalb auch in den Abendstunden die Gefahr bestehe, dass Taxen ihren Standplatz nicht anfahren könnten und dann in zweiter Reihe anhalten müssten, um Fahrgäste aufzunehmen oder aussteigen zu lassen. Es liegt auf der Hand, dass das Anhalten und Ein- oder Aussteigenlassen von Fahrgästen auf einer auch abends sehr verkehrsreichen Straße in zweiter Reihe die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und auch die Gesundheit der Verkehrsteilnehmer gefährden kann.

Die weitere, von der Klägerin durch die Bezugnahme auf die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs aufgeworfene Frage, ob das Abschleppen eines rechtswidrig an einem Taxenstand geparkten Fahrzeugs erst nach Ablauf einer allgemeinen Wartezeit von einer halben Stunde veranlasst werden darf, entzieht sich ebenfalls einer grundsätzlichen Klärung. Auch insoweit geht es um die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei Anordnung der Abschleppmaßnahme, so dass es für die Länge einer etwaigen Wartefrist vor der Anordnung, das rechtswidrig geparkte Fahrzeug vom Taxenstand abzuschleppen, wiederum auf eine Abwägung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls ankommt. An neuralgischen Verkehrspunkten und zu verkehrsreichen Zeiten wie vorliegend wird diese Abwägungsentscheidung anders ausfallen als zu Zeiten und unter Umständen, zu denen mit Taxen nicht zu rechnen ist.

Der Verweis auf die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Januar 2013, in der die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden war, reicht daher insoweit für die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht aus.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnten, lägen nur vor, wenn die Beklagte einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die Abschleppmaßnahme sei verhältnismäßig, weil sowohl abstrakt als auch konkret das rechtswidrige Parken auf dem Taxenstand eine akute Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs dargestellt habe und die Einhaltung einer allgemeinen Wartefrist von 30 Minuten bei der rechtswidrigen Inanspruchnahme des Taxenstandes als Parkplatz nicht sachgerecht zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sei, hat die Klägerin nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.

Soweit die Klägerin meint, es erschließe sich ihr nicht, weshalb früher mit der Rückkehr des Fahrzeugführers zu rechnen sei, wenn der Fahrzeugführer beim Verlassen des Fahrzeugs beobachtet worden sei, setzt sie sich nicht hinreichend mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts auseinander. Denn das Verwaltungsgerichts ist der Auffassung, dass die von der Klägerin (unter Bezugnahme auf die schon erwähnte Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs) geforderte Einhaltung einer allgemeinen Wartefrist von einer halben Stunde von der Feststellung des Verkehrsverstoßes bis zur Anordnung der Abschleppmaßnahme nicht sachgerecht sei, weil ein Abschleppen eines verbotswidrig geparkten Fahrzeugs nur dann unverhältnismäßig sei, wenn das Fahrzeug zu einem Zeitpunkt abgeschleppt werde, in dem noch damit zu rechnen sei, dass der Kraftfahrzeugführer das Fahrzeug selbst wegfahre. Ohne besondere Anzeichen sei aber alleine aufgrund der Dauer des Verkehrsverstoßes nicht absehbar, ob oder wann der Fahrzeugführer zum Fahrzeug zurückkehre. Die alleinige Feststellung der Dauer des Verkehrsverstoßes sagt demnach nichts darüber aus, wann der Fahrzeugführer das Fahrzeug tatsächlich verbotswidrig abgestellt hat und ob deshalb noch damit gerechnet werden kann, dass er in Kürze zum Fahrzeug zurückkehrt. Besondere Anzeichen dafür, dass der Führer des Fahrzeugs der Klägerin nach Feststellung des Verkehrsverstoßes in angemessener Zeit zu seinem Fahrzeug zurückkehren würde, waren vorliegend nicht gegeben, so dass sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Anordnung der Versetzung sei verhältnismäßig gewesen, als zutreffend erweist.

Auch mit ihrem Vorbringen, es erschließe sich nicht, wieso das rechtmäßige Verhalten Dritter dazu führe, dass ein Störerfahrzeug abgeschleppt werden dürfe, stellt die Klägerin keinen tragenden Rechtssatz des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage. Das Erstgericht hat insoweit ausgeführt, dass nach seiner Auffassung bei der zeitweiligen Zweckentfremdung des Taxenstandes durch die Klägerin eine akute Gefährdung der Leichtigkeit und Sicherheit des fließenden Verkehrs bewirkt würde. Der Taxenstand liege in einer innerstädtischen, sehr verkehrsreichen und auch abends belebten Gegend, so dass damit gerechnet werden müsse, dass Taxis in zweiter Reihe hielten, wenn der Taxenstand besetzt sei, und es dadurch wegen der Lage des Taxenstandes und seiner Frequentierung auch in den Abendstunden zu einer Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs kommen könne. An der Beeinträchtigung des fließenden Verkehrs ändere nichts, dass § 12 Abs. 4 Satz 3 StVO das Halten von Taxen in zweiter Reihe erlaube. Nicht ordnungswidrig ist ein Halten in zweiter Reihe, um Fahrgäste ein- oder aussteigen zu lassen, nach § 12 Abs. 4 Satz 3 StVO allerdings nur, wenn die Verkehrslage dies zulässt. § 12 Abs. 4 Satz 3 StVO erlaubt also nur ein an die Verkehrslage angepasstes Verhalten. Die „Störereigenschaft“ des rechtswidrig auf dem Taxenstand geparkten Fahrzeugs, die allein durch den Parkvorgang als solchen ausgelöst wird, entfällt durch diese Regelung aber schon deshalb nicht, weil bei einer entsprechenden Verkehrslage, wie sie im vorliegenden Fall gegeben war, ein Halten in zweiter Reihe gerade nicht zulässig war.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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