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Teilkaskoversicherung – Anspruch auf Entschädigung wegen Fahrzeugdiebstahls

LG Berlin, Az.: 43 O 145/10,  Urteil vom 24.08.2010

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Firma … zur Finanzierungs- Nr. 3113628676 EUR 40.336,13 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. Mai 2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 32 % und die Beklagte 68 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Teilkaskoversicherung - Anspruch auf Entschädigung wegen Fahrzeugdiebstahls
Symbolfoto: Von Daniel Jedzura /Shutterstock.com

Die Klägerin macht mit der Klage Ansprüche aus der Teilkaskoversicherung wegen eines Fahrzeugdiebstahls geltend.

Die Klägerin kaufte am 5. März (richtig Dezember) 2008 einen Pkw … zu einem Gesamtkaufpreis von 81.088,04 EUR. Das Fahrzeug erhielt das amtliche Kennzeichen … 706. Das Fahrzeug war ein Vorführwagen und hatte zum Zeitpunkt des Kaufes einen Kilometerstand von 3.000,00 EUR.

Das Fahrzeug wurde finanziert von der … GmbH. Wegen der Einzelheiten der Finanzierung  wird auf den in der Akte befindlichen Darlehensantrag vom 5. Dezember 2008, Blatt 5 f. der Akten Bezug genommen.

Die Klägerin schloss mit der Beklagten zur Versicherungsscheinnummer 405 30 053449220 für das streitgegenständliche Fahrzeug eine Haftpflicht- sowie eine Teil- und Vollkaskoversicherung. Die vereinbarte Selbstbeteiligung in der Teilkaskoversicherung betrug 150,00 EUR. Die Versicherung beinhaltete eine Leasing- Restwertversicherung (… Deckung). Dem Versicherungsvertrag lagen- nunmehr unstreitig- die AKB der Beklagten, Stand 2008, zugrunde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Versicherungsschein vom 12. Januar 2009, Blatt 70 ff. der Akten und die AKB der Beklagten Bezug genommen.

Der Geschäftsführer der Klägerin; … , zeigte am 18. November 2009, bei der Polizei den Diebstahl des oben näher bezeichneten Fahrzeuges an.

Er wandte sich am selben Tag an den Versicherungsmakler … . Dieser übersandte ihm eine Mail in der er bestätigte, dass die … Deckung der Beklagten auch für finanzierte Fahrzeuge gelte.

Die Klägerin zeigte den Diebstahl gegenüber der Beklagten an und der Geschäftsführer … füllte den übersandten Fragebogen unter dem 24. November 2009 aus. Der Geschäftsführer … gab die Gesamtlaufleistung des Fahrzeuges mit ca. 17.000 km an. Unterlagen zur Inspektion oder Reparatur lagen mangels solcher nicht vor. Die Klägerin übersandte zudem die Fahrzeugschlüssel. Über den geleisteten Unterschriften befand sich jeweils folgender Hinweis:

„Den beigefügten Hinweis über die Rechtsfolgen bei Verletzung von Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall habe ich zur Kenntnis genommen.“. Wegen der Einzelheiten des Fragebogens und der in Bezug genommenen Belehrung wird auf die in den Akten befindliche Anlage B 3 Bezug genommen.

Die tatsächliche Laufleistung, die die Beklagte aus dem übersandten Schlüssel auslesen ließ betrug am 17. November 2009 25.379 km.

Die Beklagte fragte bei der Klägerin bezüglich der Laufleistung nach. Diese teilte mit Schreiben vom 27. Januar 2010 mit, dass die angegebene Laufleistung nach nochmaliger Rücksprache mit Herrn … korrekt sei (Anlage B 4).

Unter dem 15. Februar 2010 lehnte die Beklagte die Leistung mit der Begründung ab, die Klägerin habe keine oder falsche Angaben gemacht.

Die Ablöseforderung der … Financial Services beträgt 58.672,82 EUR.

Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges beträgt bei einer Laufleistung von 25.379 km ohne Mehrwertsteuer 40.336,13 EUR und mit Mehrwertsteuer 48.000,00 EUR, bei einer Laufleistung von 17.000 km ohne Mehrwertsteuer 46.218,49 EUR und mit Mehrwertsteuer 55.000,00 EUR.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 4. März 2010 wurde die Beklagte zur Überprüfung ihrer Entscheidung aufgefordert und eine Zahlungsfrist gesetzt.

Die Klägerin trägt vor, ihr Geschäftsführer … habe das streitgegenständliche Fahrzeug am 17. November 2009 gegen 19.00 Uhr vor seinem privaten Wohnhaus in der … 47 in Berlin abgestellt. Am 18. November 2009 gegen 8.15 Uhr habe er festgestellt, dass sich das Fahrzeug nicht mehr am Abstellort befunden habe.

Die Klägerin habe ein Interesse an einer unzutreffenden Kilometerangabe bereits deshalb nicht gehabt, weil bei der … Versicherung unabhängig vom Kilometerstand die Erstattung des noch offenen Leasingbetrages vereinbart gewesen sei. Sie sei von einer entsprechenden Deckung auch für finanzierte Fahrzeuge ausgegangen. Im Übrigen sei die tatsächliche Laufleistung ohne weiteres aus dem übersandten Schlüssel auszulesen gewesen.

Die Klage ist der Beklagten am 30. April 2010 zugestellt worden.

Die Klägerin hat angekündigt zu beantragen,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Firma … zur Finanzierungs- Nr. 3113628676 EUR 58.672,82 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von der Zahlung vorgerichtlicher Kosten an ihre Prozessbevollmächtigten gem. RVG freizustellen.

Nachdem sie angekündigt hat, die Klage hinsichtlich des Antrages zu 1) auf einen Betrag von 58.852,82 EUR zu erweitern beantragt sie unter Klagerücknahme im Übrigen nunmehr;

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Firma … zur Finanzierungs- Nr. 3113628676 EUR 46.389,49 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von der Zahlung vorgerichtlicher Kosten an ihre Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.761,08 EUR gem. RVG freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich wegen vorsätzlicher Falschangaben zur Laufleistung auf Leistungsfreiheit.

 

Wegen des Sachverhaltes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Gericht hat den Geschäftsführer der Klägerin … persönlich gehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Christine … . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27. Juli 2010, Blatt 6 ff. der Akten.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 40.336,19 EUR gemäß A.2.2.2., 2.6, 2.9, 2.12 der AKB der Beklagten wegen Diebstahls des bei der Beklagten versicherten Pkw.

Es ist der Klägerin gelungen, den Eintritt des Versicherungsfalles, den Diebstahl des Pkw … mit dem amtlichen Kennzeichen B- … zu beweisen. Dafür war es erforderlich aber auch ausreichend, das äußere Bild des Diebstahls nachzuweisen. Das Gericht ist aufgrund der Aussage der Zeugin … davon überzeugt, dass ihr Ehemann, der Geschäftsführer der Klägerin … das Fahrzeug am 17. November 2009 vor dem gemeinsamen Wohnhaus abstellte und dort am nächsten Morgen nicht wieder auffand. Die Zeugin hat das Geschehen entsprechend geschildert. Ihre Aussage war glaubhaft. Sie konnte dartun, warum sie ihren Ehemann kommen sah und dass sie aufgrund des Umstandes, dass dieser am 18. November Geburtstag hat, eine besondere Erinnerung an die Geschehnisse des Abends davor und des Morgens hatte. Das Gericht erachtet die Zeugin auch für glaubwürdig. Ihre anfänglich recht zögerliche Schilderung und Beantwortung der Frage lag daran, dass ihr- wie sie bei Befragung durch den Beklagtenvertreter erklärte- erst im Rahmen ihrer Befragung deutlich wurde, dass auch der Diebstahl an sich zwischen den Parteien streitig ist und sie als Zeugin für den Diebstahl benannt war und nicht zur Laufleistung des Fahrzeuges befragt werden sollte.

Der Anspruch ist nicht gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG wegen vorsätzlicher Verletzung vertraglicher Obliegenheiten ausgeschlossen.

Unstreitig hat die Klägerin gegen die ihr gemäß E.1.3 AKB obliegenden Pflichten verstoßen, alles zur Aufklärung des Schadens erforderliche zu tun, in dem ihr Geschäftsführer, dessen Verhalten sich die Klägerin zurechnen lassen muss, die Laufleistung des Fahrzeuges mit ca. 17.000 km angab, obwohl sie tatsächlich mindestens 25. 379 km betrug.

Hinsichtlich der Verletzung der Obliegenheitspflichten wird gemäß § 28 Abs. 2 VVG 2008 grobe Fahrlässigkeit vermutet. Will sich die Versicherung auf eine vorsätzliche Verletzung berufen, muss sie dies beweisen. Will sich der Versicherte vom Vorwurf grober Fahrlässigkeit entlasten, muss er dies darlegen und beweisen. Vorsatz setzt voraus, dass der Betroffene den als möglich erkannten Eintritt des Erfolges zwar nicht bezweckt aber billigend in Kauf nimmt.

Der Geschäftsführer … hat angegeben, er hab bezüglich der Laufleistung eine schnelle Grobschätzung gemacht, die auf er Annahme beruhte pro Monat ungefähr 1.400 km gefahren zu sein. Zwar gab er zunächst an, er habe auf Grund der … Deckung geglaubt, es käme auf die Laufleistung ohnehin nicht an, relativierte dies aber später dahin, dass er auch ohne eine solche Versicherung keine andere Angabe gemacht hätte, so dass ihn ein eventueller Glaube an eine … Versicherung auch für den streitgegenständlichen Wagen nicht entlasten kann. Auch seine angebliche Berechnung vermag nicht zu überzeugen. Er hat das Fahrzeug vom Erwerb bis zum Diebstahl 11 1/2 Monate gefahren. Dies ergibt bereits eine rechnerische Laufleistung vom 19.100 km (Inklusive der bereits anfänglich vorhandenen 3.000 km). Er gab weiter an, davon ausgegangen zu sein, dass der Kilometerstand aus dem überreichten Schlüssel hätte ausgelesen werden können. Auch dies vermag ihn nicht zu entlasten. Entweder hätte er angeben müssen, dass ihm die genaue Laufleistung nicht bekannt sei oder er hätte diese selbst aus dem Schlüssel auslesen lassen können. Indem der Geschäftsführer der Klägerin angegeben hat, es habe sich um eine Grobschätzung gehandelt, die er auch nicht anders bei nicht bestehender … Deckung gemacht hätte, hat er eingeräumt eine Falschangabe billigend in Kauf genommen zu haben. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil die Klägerin auf ausdrückliche Nachfrage und nochmaliger Rücksprache bei dem Geschäftsführer … bei dieser Angabe geblieben ist. Auch wenn man davon ausgehen wollte, dass sich … bei Ausfüllen des Fragebogens der Bedeutung der Laufleistung nicht bewusste gewesen sein könnte, hätte ihm spätestens bei der Nachfrage bewusst sein müssen, dass es der Versicherung auf diese Angabe entscheidend ankommt. Gibt er dann weiter eine Grobschätzung ab, nimmt er eine Falschangabe und damit eine falsche Abrechnung bewusst billigend in Kauf (vgl. OLG Köln Schaden-Praxis 2004, 270).

Es ist der Beklagten jedoch gemäß § 28 Abs. 3 VVG verwehrt, sich auf die Leistungsfreiheit zu berufen. Dass die Verletzung nicht zu einem Schaden geführt hat, hat die Klägerin darzulegen und zu beweisen. Ein entsprechender Nachweis ist vorliegend durch den Vortrag der Klägerin gelungen, dass die Beklagte die tatsächliche Laufleistung aus dem der Beklagten übersandten Fahrzeugschlüssel auslesen konnte. Damit kann sie diesen der Schadensberechnung zugrunde legen und es entsteht ihr tatsächlich kein Schaden. Eine Arglist des Geschäftsführers der Klägerin, die dem vorstehenden gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG entgegen stünde, ist nicht nachgewiesen und nicht ersichtlich.

Gemäß A. 2.6. AKB hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung des Widerbeschaffungswertes, gemäß A. 2.9. der AKB besteht Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer nur, soweit sie bei der gewählten Schadenbeseitigung tatsächlich angefallen und nachgewiesen ist. Die Klägerin kann folglich den Nettowiederbeschaffungswert, der bei der tatsächlichen Laufleistung 40.336,13 EUR beträgt, verlangen. Dass Mehrwertsteuer angefallen ist, ist nicht vorgetragen und nicht nachgewiesen.

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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Ein entsprechender Schadenersatzanspruch setzt eine fällige Forderung voraus. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass ihr die fraglichen Kosten in Rechnung gestellt wurden.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 291 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92,269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708Nr. 11, 709,711 ZPO.

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