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Teilzeitbeschäftigung: Anspruch auf Beschäftigung von 25 Stunden pro Woche

LAG Rheinland-Pfalz

Az: 3 Sa 186/04

Urteil vom 04.06.2004


Das LAG hat auf die mündliche Verhandlung vom XX für Recht erkannt:

1. Es wird festgestellt, dass ab rechtskräftiger Entscheidung im vorliegenden Verfahren die Klägerin eine Teilzeitbeschäftigung mit 25 Stunden/Woche jeweils in der Zeit von 7.00 Uhr bis 12.00 Uhr ausübt.

2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte, die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je zur Hälfte.

Tatbestand

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Arbeiterin beschäftigt. Die Parteien streiten zuletzt nur noch darum, ob die Beklagte entsprechend den mit Schreiben vom 17.03.2003 geäußerten Wunsch der Klägerin verpflichtet ist, dieser eine Teilzeitbeschäftigung von 25 Stunden in der Woche zu ermöglichen.

Mit dem Schreiben vom 17.03.2003 hatte die damals in Elternzeit befindliche Klägerin der Beklagten mitgeteilt, dass sie ab dem 05.05.2003 bis zum 25.03.2004 nur noch 25 Stunden in der Woche arbeiten werde. Mit Schreiben vom 20.03.2003 lehnte die Beklagte den Antrag auf Teilzeitbeschäftigung mit der Begründung ab, der Antrag sei verfristet, da er nicht 3 Monate vor Beginn der gewünschten Teilzeitbeschäftigung gestellt worden sei; im Übrigen sei die Einstellung von Teilzeitkräften derzeit aus betrieblichen Gründen nicht möglich.

Die Klägerin reagiert darauf mit Anwaltsschreiben vom 24.03.2003, mit dem sie unter anderem klarstellt, dass sie ihren Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung erst für die Zeit ab dem 16.07.2003 geltend mache.

Die Elternzeit der Klägerin hat am 25.03.2004 geendet.

Die Parteien haben zunächst darum gestritten, ob die Klägerin berechtigt war, die für drei Jahre in Anspruch genommene Elternzeit zu verkürzen und am 25.03.2003, nach zwei Jahren Elternzeit, die Arbeit wieder aufzunehmen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, sie für die Zeit ab 25.03.2003 wieder zu beschäftigen;

2. festzustellen, dass für die Zeit ab 16.07.2003 die Klägerin bei der Beklagten eine Teilzeitbeschäftigung mit 25 Stunden pro Woche jeweils in der Zeit von 7.00 Uhr bis 12.00 Uhr ausübt.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat durch Urteil vom 09.10.2003 die Klage abgewiesen und den Streitwert auf 3.000,– festgesetzt.

Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin den Antrag, das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 09.10.2003 abzuändern und festzustellen, dass ab rechtskräftiger Entscheidung im vorliegenden Verfahren die Klägerin bei der Beklagten eine Teilzeitbeschäftigung mit 25 Stunden pro Woche jeweils in der Zeit von 7.00 Uhr bis 12.00 Uhr ausübt.

Die Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden und erweist sich als zulässig. Dass die Klägerin die Berufungsfrist versäumt hat, geschah ohne ihr Verschulden, da sie die Bescheidung ihres rechtzeitig gestellten Prozesskostenhilfeantrages abwarten durfte.

Ihr war deshalb gemäß § 233 ff. ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Auch in der Sache ist das Rechtsmittel erfolgreich. Mit dem zuletzt gestellten Antrag erweist sich die Klage als begründet.

Dies ergibt sich aus der nachstehend gemäß § 313 Abs. 3 ZPO in kurzer Zusammenfassung wiedergegebenen Erwägungen:

1.
Nach § 8 Abs. 1 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) konnte die Klägerin verlangen, dass ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird. Sie hatte den entsprechenden Antrag gemäß § 8 Abs. 2 TzBfG allerdings spätestens drei Monate vor dem Beginn der gewünschten Teilzeitarbeit zu stellen. In diese Frist fiel ihr Antrag vom 17.03.2003 nicht, da sie solche Teilzeitbeschäftigung bereits ab dem 05.05.2003 in Anspruch nimmt. Dieser Verstoß gegen die Fristbestimmung des § 8 Abs. 2 TzBfG dürfte allerdings nicht zur Unwirksamkeit des Antrags führen, sondern zur Folge haben, dass die Klägerin den Beginn der Teilzeitbeschäftigung erst nach Ablauf von drei Monaten nach Antragstellung beanspruchen durfte.

Die Frage, ob die Einhaltung der Dreimonatsfrist Wirksamkeitsvoraussetzung für den Antrag nach § 8 Abs. 1 TzBfG ist, wird unterschiedlich beantwortet (vgl. Erfurter Kommentar, Preis, 4. Auflage 2003, § 8 TzBfG Rz. 13 m.w.N.; Dörner/Luczak/Wildschütz Arbeitsrechts-Handbuch 3. Auflage 2002 Abschnitt C Rz. 95 ff.). Das BAG hat die Frage, ob die Einhaltung der Frist des § 8 Abs. 2 TzBfG Wirksamkeitsvoraussetzung für den Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit ist, bislang offen gelassen (vgl. BAG 18.02.03, 9 AZR 356/02, EzA Nr. 2 zu § 8 TzBfG; BAG 18.02.03 9 AZR 164/02, EzA Nr. 3 zu § 8 TzBfG). Auch der vorliegende Fall erfordert keine Entscheidung dieser Frage.

Sollte der Antrag der Klägerin vom 17.03.2003 unwirksam sein, wäre er durch die anwaltliche Klarstellung mit Schriftsatz vom 24.03.2003 wirksam wiederholt worden. § 8 Abs. 6 TzBfG stünde dem nicht entgegen, obwohl die Beklagte mit Schreiben vom 20.03.2003 den Antrag der Klägerin abgelehnt hatte. § 8 Abs. 6 TzBfG verhindert nur einen neuen Antrag, der aus den Gründen des § 8 Abs. 4, 5 TzBfG abgelehnt wurde. Er hindert nicht die Erneuerung eines unwirksamen Antrages.

2.
Richtigerweise dürfte allerdings davon auszugehen sein, dass der Antrag der Klägerin vom 17.03.2003 nicht schlechthin unwirksam war, sondern lediglich erst zum Ablauf der Dreimonatsfrist des § 8 Abs. 2 TzBfG Wirkung erlangen konnte. Dafür spricht, dass auch bei anderen fristgebundenen Rechtsgeschäften die Wahl einer zur kurzen Frist nicht zu Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts, sondern zur Anwendung der maßgeblichen Frist führt. Dies gilt z. B. für eine Kündigung, bei der die maßgebliche Kündigungsfrist nicht beachtet wird; sie wirkt im Zweifel zum zulässigen Kündigungstermin. Auch im Anhörungsbereich des § 16 BErzGG entspricht es der wohl herrschenden Auffassung, dass der verspätete Antrag auf Elternzeit nicht zu seiner Unwirksamkeit, sondern lediglich zum Herausschieben des Beginns der Elternzeit führt (vgl. Erfurter Kommentar, Dörner, Rz. 10 zu § 16 BErzGG; ähnlich Dörner/Luczak/Wildschütz a.a.O. Abschnitt C, Rz. 95 ff.). Auch das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 17.10.90 (5 AZR 10/90, EzA Nr. 5 zu § 16 BErzGG) den verspäteten Antrag nicht als schlechthin unwirksam gewertet.

3.
Der Beklagten lag daher spätestens mit dem Schreiben der Klägervertreter vom 24.03.2003 ein wirksamer Antrag gemäß § 8 Abs. 1 TzBfG auf Verringerung der Arbeitszeit vor. Diesen Antrag konnte sie gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG nur ablehnen, wenn seiner Berücksichtigung betriebliche Gründe entgegengestanden hätten. Für diese Voraussetzungen war sie darlegungs- und beweispflichtig. Mit ihrer pauschalen Begründung im Schreiben vom 20.03.2003 ist sie ihrer Darlegungslast nicht gerecht geworden. Auch im Verfahren hat sie keine weitergehenden betrieblichen Gründe vorgetragen, die eine Ablehnung des Teilzeitwunschs der Klägerin rechtfertigen könnten.

Nach der zutreffenden Auffassung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Arbeitgeber die Ablehnung eines Teilzeitwunsches nicht allein mit seiner unternehmerischen Vorstellung von der richtigen Arbeitszeitverteilung begründen. Es unterliegt der gerichtlichen Prüfung, ob die Ablehnung des Teilzeitwunsches nach den Kriterien des § 8 TzBfG berechtigt ist. Dabei erfolgt die Prüfung in drei Stufen. In der ersten Stufe ist festzustellen, ob ein betriebliches Organisationskonzept vorliegt, das die Teilzeitarbeit des betreffenden Arbeitnehmers grundsätzlich ausschließt.

In einer zweiten Stufe ist zu prüfen, ob und inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegensteht, oder ob durch eine dem Arbeitgeber zumutbare Änderung von betrieblichen Abläufen oder des Personaleinsatzes das Organisationskonzept mit dem Arbeitszeitwunsch des Arbeitnehmers zur Deckung gebracht werden kann.

Ergibt sich eine Unvereinbarkeit zwischen dem Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers mit dem Organisationskonzept des Arbeitgebers, ist schließlich in einer dritten Stufe zu prüfen, ob die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung die betrieblichen Belange oder das betriebliche Organisationskonzept wesentlich beeinträchtigt.

Die Beklagte hat keinerlei Gründe vorgetragen, die ihr nach diesen Kriterien das Eingehen auf den Teilzeitwunsch der Klägerin im betrieblichen Interesse unmöglich oder unzumutbar machte.

Es muss deshalb bei dem durch § 8 Abs. 1 TzBfG gewährleisteten Anspruch der Klägerin auf Verringerung der Arbeitszeit bleiben. Gegen die von der Klägerin gewünschte zeitliche Lage der reduzierten Arbeitszeit hat die Beklagte keine Einwände vorgebracht.

Die Klägerin kann deshalb beanspruchen, in der im Antrag bezeichneten Zeitspanne von der Beklagten beschäftigt zu werden.

II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 92 ZPO.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar; zur Zulassung der Revision bestand nach den Kriterien des § 72 ArbGG kein Anlass.

 

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