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Telefaxwerbung: Serviceprovider bei Vermietung der 0190-Nummern –Störer?

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

Az.: 6 U 148/02

Verkündet am 23.01.2003

Vorinstanz: Landgericht Frankfurt – Az.: 2/3 O 308/02


In dem Rechtsstreit hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2003 beschlossen:

Nach übereinstimmender Erledigungserklärung werden die Kosten des Eilverfahrens gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

Nachdem die Parteien das Eilverfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war lediglich hoch über die Kosten zu entscheiden. Diese Entscheidung war nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu treffen (§ 91 a Abs. 1 ZPO). Danach waren die Kosten gegeneinander aufzuheben. Voraussichtlich hätte die Berufung der Antragsgegner bezüglich des Eilantrags zu Ziff. 2. Erfolg gehabt, während hinsichtlich der Eilanträge zu Ziff. 1. und 3. die angefochtene Entscheidung des Landgerichts – in modifizierter und konkretisierter Form – Bestand gehabt hätte.

Das Begehren der Antragstellerin richtete sich mit allen drei Anträgen gegen ein Verhalten, durch das die, in der Regel als Serviceprovider tätige, Antragsgegnerin zu 1) ausnahmsweise selbst als Serviceanbieter aufgetreten ist. Daher stellt sich im vorliegenden Fall nicht die von den Parteien gleichwohl diskutierte Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Serviceprovider für eine irreführende oder mißbräuchliche Verwendung der von ihm „vermieteten“ 0190-Telefaxabruf-Nummern durch die Unternutzer als Störer einzustehen, hat (vgl. hierzu OLG Stuttgart, MMR 2002, 746; Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1). Das Landgericht hatte zwar bei dem Erlaß der einstweiligen Verfügung zur Begründung ausgeführt, daß die Antragsgegner wegen des Überlassens der Telefaxnummern eine wettbewerbsrechtliche Störerhaftung treffe. In dem angefochtener! Urteil hat das Landgericht dann jedoch klargestellt, daß es um das eigene Verhalten der Antragsgegnerin zu 1) geht, die die aus den Anlagen K 2 ersichtlichen Informationstexte über „schufafreie Banken“ selbst als abrufbare Telefaxinformation hinterlegt hatte. Soweit der Verbotstenor Handlungen Dritter einbezog („vorhalten zu lassen“, „anbieten zu lassen“ etc.), betraf dies lediglich die mögliche Einschaltung von Hilfspersonen (§ 13 Abs. 4 UWG). Eine Erstreckung auf die Serviceangebote der Unternutzer im Sinne einer Störerhaftung war damit nicht verbunden.

In tatsächlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, daß die Antragsgegnerin zu D. die hier in Rede stehenden Telefaxabruf-Nummern unmittelbar nach Kündigung der betr. Nutzungsverträge selbst mit den Informationstexten „schufafreie Banken“ (Anlagen K 2) belegt hat Dieser Ablauf ist durch die eidesstattliche Versicherung des Herrn H vom 06.05.2002, die eindeutige Erklärungen des Antragsgegners zu 2) wiedergibt, hinreichend glaubhaft gemacht. Demgegenüber haben die Antragsgegner zur Unterstützung ihres gegenteiligen Vertrags keine eidesstattliche Versicherung vorgelegt. Gegen den Einwand der Antragsgegner, die beanstandete Belegung beruhe auf einem .Softwarefehler, sprechen im übrigen die lange Dauer der Belegung und die Einbeziehung mehrerer Abrufnummern.

Des weiteren hat das Landgericht auf dieser tatsächlichen Grundlage mit Recht ein unmittelbares Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien angenommen.

Der Antrag zu Ziff. 1. war in der präzisierten und eingeschränkten Fassung, .die er in der Berufungsverhandlung erhalten hat, zulässig und begründet. Die von den Antragsgegnern hinterlegten Informationstexte über „schufafreie Banken“ entsprachen nicht der Werbung, die die vormaligen Serviceanbieter betrieben hatten, um Kunden für den Abruf ihrer Telefaxangebote zu gewinnen. Mit der Werbung wurden Telefaxsendungen erotischen Inhalts angepriesen. Diejenigen Verbraucher, die aufgrund der noch fortbestehenden Werbewirkung eine der betreffenden Abrufnummern anwählten, wurden durch die Zusendung des Textes über „schufafreie Banken“ in ihrer Erwartungshaltung enttäuscht. Den Antragstellern ist insoweit zwar kein Verstoß gegen § 3 UWG vorzuwerfen, da sie keine irreführenden Angaben über geschäftliche Verhältnisse gemacht haben. Die Werbung für die Abrufnummern stimmte, als sie erschien, mit dem Abrufangebot noch über ein; im übrigen ist die Werbung nicht von den Antragsgegnern veranlaßt worden. Auch ein Fall irreführender Erinnerungswerbung (vgl. BGH GRUR 1964, 686, 688 f. – Glockenpackung II; GRUR 1982, 685, 686 – Ungarische Salami II) lag hier nicht vor.

Anstößig und gemäß § 1 UWG sittenwidrig war das Verhalten der Antragsgegner jedoch deshalb, weil sie eine – durch die Kündigung gegenüber dem früheren Serviceanbieter begründete – Fehlvorstellung des Verkehrs ausgenutzt haben, der unter der betr. Abrufnummer noch das alte Angebot erwartete. Die Antragsgegner, die die Informationsleistung über „schufafreie Banken“ ihrerseits nicht beworben haben, haben das Nachfragepotential, das der frühere Serviceanbieter durch seine Werbung erzeugt hat, abgeschöpft und den durch diese Werbung zu einem Telefaxabruf animierten Verbrauchern eine Leistung untergeschoben, die sie nicht‘ gewünscht haben.

Ein solches Verhalten verstößt als unlauterer Kundenfang (Unterschieben von Waren und Leistungen) gegen § 1 UWG (vgl. Köhler/ Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 “ Rdnr. 22).

Das Ausnutzen der fremden, zu dem veränderten Leistungsinhalt nicht mehr passenden, Werbung setzt voraus, daß diese Werbung noch Wirkung entfaltet, woran es insbesondere dann fehlt, wenn sie durch eine auf das neue Abrufangebot zugeschnittene Werbung überlagert wird. Dieser Einschränkung hat die in der Berufungsverhandlung modifizierte Fassung des Eilantrags Rechnung getragen.

Der Eilantrag zu Ziff. 2. wäre zurückgewiesen worden. Der ursprüngliche Antrag war unbegründet, da er sich auf eine Verletzung der vorvertraglichen Informationspflicht des Unternehmers gemäß § 312 c Abs. 1 BGB bezog. Eine solche vorvertragliche Informationspflicht haben die Antragsgegner durch die Gestaltung ihrer Telefaxinformation (Anlagen K 2) schon deshalb nicht verletzen können, weil der Fernabsatzvertrag zwischen dem Serviceanbieter und dem Verbraucher bereits mit dem Abruf der betreffenden Telefaxseiten zustande kommt.

Für den neuen, in der Berufungsverhandlung formulierten Antrag fehlte angesichts des seit der Verletzungshandlung verstrichenen Zeitraums die Dringlichkeit, Entgegen der Ansicht der Antragstellerin handelte es sich bei dem. neu formulierten Antrag nicht um eine bloße Modifizierung des ursprünglichen Begehrens. Indem die Antragstellerin ihren Antrag auf die Phase der Vertragserfüllung bezogen und eine Unterlassung der nach, § 312 c Abs. 3 BGB erforderlichen Angaben beanstandet hat, hat sie den Gegenstand des Verbotsantrages geändert. Die Informationspflichten in der vorvertraglichen Phase und in der vertraglichen Phase sind klar zu trennen. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der normativen und der tatsächlichen Grundlage. Entsprechend ist ‚zwischen Unterlassungsanträgen zu differenzieren, die auf die vorvertragliche Phase einerseits und die vertragliche Phase andererseits ausgerichtet sind. Dies gilt auch dann, wenn solche, im Verbotsziel unterschiedliche, Anträge aus ein und demselben Vorgang hergeleitet werden.

Schließlich hätte der Eilantrag zu Ziff. 3. – nach erheblicher Konkretisierung, wie in der Berufungsverhandlung geschehen – Erfolg gehabt. Wenn die Übertragung einer Telefaxsendung, deren Preis nach Zeiteinheiten berechnet wird, ungewöhnlich lange dauert, so ist der Unternehmer gehalten, die Verbraucher, die mit einer Übertragungszeit im Rahmen des Üblichen rechnen, zu Beginn der Telefaxübertragung auf deren ungewöhnlich lange Dauer hinweisen ( § 3 UWG). Ein solcher Hinweis war im vorliegenden Fall wegen der ungewöhnlich langsamen Übertragungsgeschwindigkeit geboten, ist aber unterblieben. Der ursprüngliche Antrag ging allerdings erheblich zu weit, weil er nicht auf die Besonderheit einer unüblich langen Übertragungsdauer abstellte.

Festzuhalten bleibt nach alldem, daß die Antragstellerin mit einem Antrag ‚vollständig unterlegen gewesen wäre. Da die beiden anderen Anträge, insbesondere der Eilantrag zu Ziff. 3., in nicht unerheblichem Umfang zu konkretisieren bzw. einzuschränken waren, erweist sich insgesamt gesehen eine Kostenaufhebung als gerechtfertigt.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 ZPO).

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