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Telefonmehrwertdienste: Netzbetreiber kann Ansprüche dritter Anbieter nicht ohne weiteres gerichtlich einklagen

Oberlandesgericht Koblenz

AZ.: 2 U 42/05

Urteil vom 09.02.2006

Vorinstanz: LG Koblenz, AZ.: 10 O 280/04


In dem Rechtsstreit hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2005 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 10. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Koblenz vom 10. Dezember 2004 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung seitens des Beklagten wegen der Kosten durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung gemäß § 108 ZPO in Höhe von 105 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit gemäß § 108 ZPO in Höhe von 105 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

A)

Die Klägerin macht Ansprüche aus einer Telefonrechnung vom April 2001 geltend. Der Beklagte nützte im fraglichen Zeitraum einen Mehrgeräteanschluss (ISDN), der ihm von der Klägerin, der D……. T…… AG, zur Verfügung gestellt wurde. Er widerspricht einem Teil des mit der fraglichen Rechnung geforderten Entgelts. Dies betrifft die Vergütung für Verbindungen zu 0190er-Nummern, wofür in der Rechnung ein Betrag von 28.613,33 DM (= 14.629,75 €) in Ansatz gebracht ist. Insoweit hat der Beklagte nur 197,30 DM (= 100,88 €) gezahlt.

Die Klägerin hat durch einen Mitarbeiter eine Überprüfung auf technische Unregelmäßigkeiten vornehmen lassen, wobei sich kein Befund ergab. Sie legt die Kommunikationsdaten für die streitigen, abgerechneten Verbindungen zum Mehrwertdienst 0190 vor und macht dafür den nach Abzug der Zahlung verbleibenden Betrag von 14.528,87 € (28.416 DM) incl. Mehrwertsteuer geltend.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Durch die Bereitstellung und Nutzung des Anschlusses seien von dem Beklagten die streitgegenständlichen Verbindungsentgelte verursacht worden. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Verbindungen in den Servicebereich „0190″ nicht vom Anschluss des Beklagten ausgeführt worden seien. Der Verdacht einer Manipulation Dritter habe bei der Überprüfung ausgeschlossen werden können. Auch sei bei der gemeinsamen Untersuchung des Computers durch den Beklagten und einen Mitarbeiter der Klägerin die Anwahl von Rufnummern zum Mehrwertdienst 0190 in temporären Dateien festgestellt worden.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 14.528,87 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28. Mai 2001 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat in Abrede gestellt, die Gespräche geführt zu haben und mit Nichtwissen bestritten, dass von seinem Standardmehrgeräteanschluss die streitgegenständlichen Gespräche geführt worden seien. Schon nach dem Beweis des ersten Anscheins ergäben sich Zweifel an der Richtigkeit der klägerischen Rechnung. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein Fehler im Berechnungssystem der Klägerin vorliege – wobei das Risiko die Klägerin zu tragen habe. Möglicherweise habe sich ein anderer Teilnehmer bei den 0190er-Nummern im Internet auf Kosten des Beklagten eingeschaltet.

Das Landgericht hat der Klage voll umfänglich stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 14.528,87 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins seit 28. Mai 2001 zu zahlen. In den Gründen ist ausgeführt, der Beklagte sei aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Telefondienstauftragsverhältnisses verpflichtet, die noch offene Rechnung zu zahlen. Im Hinblick auf die detaillierte Auflistung der Klägerin könne er nicht mit Nichtwissen bestreiten, die Dienste der Klägerin nicht in Anspruch genommen zu haben.

Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er die Abweisung der Klage anstrebt. In Ergänzung seines erstinstanzlichen Vortrags hebt er hervor, er könne nur mit Nichtwissen bestreiten, weil er die behaupteten Telefondienste nicht in Anspruch genommen habe. Wie er durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt habe, seien die Gespräche nicht von seinem Gerät aus geführt worden. Beweislast und Beweisrisiko insoweit lägen bei der Klägerin.

Die Klägerin, die Zurückweisung der Berufung beantragt, ergänzt ihr Vorbringen erster Instanz. Nach Hinweis des Senats, dass Zweifel an der Aktivlegitimation der Klägerin bestünden, trägt sie in einem fristgerecht eingereichten, nachgelassenen Schriftsatz zu ihrer Aktivlegitimation vor. Sie betont, Grundlage der vorliegenden Rechnungsstellung und damit auch der Mehrwertdiensteabrechnung sei allein der zwischen dem Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen und dem Kunden geschlossene Vertrag über die Telekommunikationsdienstleistung in Verbindung mit der jeweils geltenden Preisliste. Sie mache eigene Ansprüche geltend.

B)

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.

Nach dem unstreitigen Sachverhalt verlangt die Klägerin, zumindest auch, Entgelt für die Anwahl von 0190er-Nummern. Sie legt jedoch keine Umstände oder Absprachen dar, aufgrund derer sie dieses Entgelt für fremde Leistung gerichtlich in eigenem Namen geltend zu machen berechtigt wäre. Dass es sich um einen originär eigenen Anspruch der Klägerin handeln würde, vermag der Senat nicht festzustellen.

I.

Nach Hinweis des Senats auf Zweifel an der Aktivlegitimation der Klägerin hat diese betont, sie mache eigene Ansprüche als Teilnehmernetzbetreiberin geltend. Grundlage der vorliegenden Rechnungsstellung – und damit auch der Mehrwertdienstabrechnung – sei allein der zwischen dem Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen und dem Kunden geschlossene Vertrag über Telekommunikationsdienstleistungen in Verbindung mit der jeweils geltenden Preisliste. Die Klägerin habe die von ihr geschuldete Telekommunikationsdienstleistung erbracht, da sie die technische Leistung, nämlich den Verbindungsaufbau, hergestellt habe – was nicht bestritten ist. Zwar trete neben diesen Telefondienstvertrag bei Anwahl von 0190er-Mehrwertdienstnummern ein weiteres Vertragsverhältnis zum Mehrwertdiensteanbieter; das regele jedoch lediglich die inhaltliche Seite des Vorgangs. Anders als bei herkömmlichen Inkassogeschäften sei das auf dem Telefondienstvertrag beruhende Abrechnungsverhältnis des Netzbetreibers zum Anschlussinhaber losgelöst von der konkret in Anspruch genommenen Mehrwertdienstleistung und stelle die alleinige Abrechnungsgrundlage auch für diese weiteren Leistungen dar.

Mit diesen Erwägungen lässt sich jedoch nicht rechtfertigen, dass für die Klägerin ein originär eigener Anspruch, auch bezüglich des Entgelts für die Mehrwertdienste, entstanden wäre. Auch der von der Klägerin herangezogenen Rechtsprechung, insbesondere der des Bundesgerichtshofs, die die Klägerin auch mit der vorstehend wiedergegebenen Argumentation aufgreift, ist keine Begründung für einen solchen Anspruch zu entnehmen.

Grundlegend hat der Bundesgerichtshof sich in der Entscheidung vom 22. November 2001 (NJW 2002, 361 f.) mit der rechtlichen Bewertung der Verträge und Leistungen bei Anwahl von 0190er-Sondernummern auseinandergesetzt. Gegenstand jenes Verfahrens war die Klage eines Mobilfunknetzbetreibers auf Zahlung in der Rechnung ausgewiesener Verbindungsentgelte, die überwiegend auf die Nutzung von 0190er-Nummern zurückging. Der Bundesgerichtshof wertet die dadurch begründeten rechtsgeschäftlichen Beziehungen als zwei unabhängige Vertragsverhältnisse: Zum einen als die technische Seite betreffenden, auf die Dienstleistung des Telekommunikationsunternehmens gerichteten Telefondienstvertrag zwischen dem Kunden und dem den Zugang zur Nutzung vermittelnden Netzbetreiber, und zum andern als einen auf die inhaltliche Seite gerichteten, auf Erbringung weiterer Dienste – im entschiedenen Fall Telefonsexdienste – ausgerichteten Vertrag zwischen dem Kunden und dem entsprechenden Diensteanbieter. Die Entscheidung betont die rechtliche Selbständigkeit dieser Verträge und verweist insoweit auf die gesetzliche Trennung der Verantwortungsbereiche der beiden leistenden Unternehmen unter Berücksichtigung von § 5 Abs. 1, Abs. 3 Teledienstegesetz (TDG) und den mangelnden Einblick sowie die fehlende Kontrollmöglichkeit des Netzbetreibers hinsichtlich des Inhalts der eröffneten Kontakte.

Der Bundesgerichtshof hat in der eingangs zitierten Entscheidung als Konsequenz hieraus die so genannte Wertneutralität des Vertrags des Netzbetreibers mit dem Kunden statuiert, der sich in diesem Verhältnis weder auf die Unwirksamkeit noch auf einen sittenwidrigen Charakter der in Anspruch genommenen Mehrwertdienste berufen kann, und zwar auch insoweit, als das berechnete Entgelt sich auf diese Leistung bezieht. In dieser Feststellung lag der Schwerpunkt der vorgenannten Entscheidung, wie er auch im Leitsatz zum Ausdruck kommt.

Die Frage hingegen, ob der Netzbetreiber einen originären eigenen Anspruch in Höhe der Vergütung auch der Mehrwertdienste hat, ist damit nicht beantwortet. Sie wird in der fraglichen Entscheidung auch nicht aufgeworfen. Vielmehr stellt der Bundesgerichtshof maßgeblich auf die Rechnungsstellung ab. Er führt aus, die von der Netzbetreiberin für die Anwahl von 0190er-Nummern in Rechnung gestellten Beträge – die nicht nur die wertneutralen Verbindungspreise, sondern auch die Vergütung des Dienstanbieters enthalten – seien von dem Kunden zu zahlen;  denn Grundlage der Rechnungsstellung sei in erster Linie der zwischen den Parteien, nämlich Netzanbieter und Kunden, geschlossene wertneutrale Vertrag in Verbindung mit der jeweils geltenden Preisliste. Auch im Weiteren wird maßgeblich auf das Recht des Netzbetreibers zur einheitlichen Rechnungsstellung ohne gesonderte Ausweisung der einzelnen Entgeltanteile im Interesse der Marktgängigkeit kostenpflichtiger Sprachkommunikationsdienstleistungen verwiesen. Eine am 4. März 2004 ergangene Entscheidung (NJW 2004, 1590 ff.), deren Gegenstand ebenfalls die Zahlung der Vergütung für die Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten ist, differenziert zwar zwischen eigenen Ansprüchen des Netzbetreibers (III. 2 der Gründe) und gerichtlicher Geltendmachung der Ansprüche von Mehrwertdienstanbietern durch den Netzbetreiber in eigenem Namen (III. 3 der Gründe). Die Frage der Berechtigung insoweit bleibt aber offen, da die Klage aus anderen Gründen scheiterte. In einer Entscheidung vom 28. Juli 2005 (WM 2005, 2054 ff.) spricht der Bundesgerichtshof zwar in Zusammenhang mit der Anwahl eines Mehrwertdiensteanbieters davon, dass der Anschlussinhaber für ein und dieselbe Leistung dem Mehrwertdiensteanbieter und dem Teilnehmernetzbetreiber verpflichtet sei – wenn er auch nur einmal zu zahlen habe -, ohne aber darauf einzugehen, aufgrund welcher Rechtsinstitute dies der Fall ist.

Eine dogmatische Einordnung der Grundlage des Anspruchs eines Netzbetreibers auf Entgelte für Mehrwertdienste bzw. des Rechts der klageweisen Geltendmachung solcher Ansprüche in eigenem Namen ist aber wegen der daran geknüpften Auswirkungen auf die Darlegungslast des Netzbetreibers hinsichtlich seiner Legitimation und auch wegen der besonderen Bedeutung möglicher Einwendungen des Nutzers aus dem Rechtsverhältnis zum Mehrwertdiensteanbieter sowie auch wegen der möglichen Offenlegung von dessen Identität unverzichtbar.

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Der Senat vermag einen originär eigenen Anspruch der Klägerin als Netzbetreiberin gegen den Nutzer auf Entgelt für Mehrwertdienste nicht festzustellen.

Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus § 15 Abs. 1 der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV) vom 11. Dezember 1997, den der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 22. November 2001 heranzieht (NJW 2002, 363). § 15 Abs. 1 der Verordnung regelt unter dem Begriff „Rechnungserstellung“: „(1) Soweit der Kunde mit anderen Anbietern von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit nicht etwas anderes vereinbart, ist ihm von seinem Anbieter des Zugangs zum öffentlichen Telekommunikationsnetz (Rechnungsersteller) eine Rechnung zu erstellen, die auch die Entgelte für Verbindungen ausweist, die durch Auswahl anderer Anbieter von Netzdienstleistungen über den Netzzugang des Kunden entstehen. Die Rechnung muss die einzelnen Anbieter und zumindest die Gesamthöhe der auf sie entfallenden Entgelte erkennen lassen…“.

Damit betrifft die Regelung ausschließlich die Berechtigung und auch Verpflichtung des Netzbetreibers zur umfassenden Rechnungsstellung, nicht aber die Legitimation zur klageweisen Durchsetzung der nicht die eigene Leistung betreffenden Forderung. Gegenteiliges wird vielmehr aus § 15 Abs. 1 Satz 5 deutlich, wonach zum Zwecke der Durchsetzung der Forderungen gegenüber den Kunden der Rechnungsersteller den anderen Anbietern die erforderlichen Bestands- und Verbindungsdaten zu übermitteln hat.

Auch die vom Bundesgerichtshof (NJW 2002, 363) ebenfalls herangezogenen vorläufigen Regeln der Regulierungsbehörde und deren Rechtsauffassung (vgl. Beschlüsse vom 21. Februar 2000 und 14. März 2000, MMR 2000, 298 f.) besagen nichts zu einer originären Forderung des Netzbetreibers insoweit; sie sprechen gegen eine Befugnis zur Geltendmachung des Anspruchs des Mehrwerteanbieters durch den Netzbetreiber im eigenen Namen. In den fraglichen Beschlüssen hat die Regulierungsbehörde festgestellt, dass die D…….. T…… AG ihre marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausnutze, indem sie konkurrierenden Verbindungsnetzbetreibern bestimmte, von diesen begehrte wesentliche Fakturierungs- und Inkassoleistungen, die sie selbst intern nutzt, verweigere, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt wäre. Für die Bereitstellung u.a. von Mehrwertdiensten seien u.a. die Rechnungserstellung unter Aufnahme der einzelnen Produkte, die Einzelverbindungsnachweise für sämtliche abgerechneten Sprachkommunikationsdienstleistungen sowie die Ausweisung einer vom Kunden an die D……. T…… zu entrichtenden Gesamtrechnungssumme nebst Aufforderung zur Zahlung und Entgegennahme der Gesamtrechnungssumme bzw. Ersteinzug wesentlich. Nicht wesentlich hingegen seien die Forderungsverfolgung (gerichtliches/außergerichtliches Mahnwesen) sowie die Bearbeitung von Reklamationen und Anfragen, die von den Wettbewerben selbst durchgeführt werden könnten. In den Beschlussgründen wird dann ausdrücklich darauf hingewiesen (aaO, 307, 309), dass die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 5 TKV zur Datenübermittlung bei Forderungsdurchsetzung nur Sinn macht, wenn jeder freiwillige Forderungsausgleich beim Rechnungssteller belegen ist, während die Durchsetzung dem Wettbewerber zugeordnet ist, und dass geschäftliche Gründe und die Marktgängigkeit dieses Systems dem nicht entgegenstehen.

Damit lässt sich zwischen Netzbetreiber und Nutzer bezüglich der Mehrwertdienste zwar ein Abrechnungsverhältnis, nicht aber eine Forderungsinhaberschaft und eine Legitimation zur Geltendmachung der fremden Forderung feststellen. Auch der Bundesgerichtshof spricht in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2001 (NJW 2002, 361, 362) nur von der Grundlage der Rechnungsstellung über den Gesamtbetrag, die er in dem (wertneutralen) Vertrag zwischen Netzbetreiber und Nutzer in Verbindung mit der jeweils geltenden Preisliste sieht. Dass damit eine Forderung des Netzbetreibers über den Gesamtbetrag begründet würde, wird nicht dargestellt und ist auch nicht ersichtlich.

Mangels ausdrücklicher Absprache könnte einer solcher eigenständiger Anspruch auf voll umfängliche Zahlung an den Netzbetreiber unter Abschneiden möglicher Einwände des Nutzers hinsichtlich der Leistung des Mehrwertanbieters und Forderungen auf Bekanntgabe von dessen Identität nur nach Auslegungskriterien begründet werden. Dass aber ein verständiger Erklärungsempfänger die Offerte des Telefonnetzbetreibers in Verbindung mit der Preisliste bei Anwahl einer 0190er-Nummer nach Treu und Glauben so verstehen müsste, ist nicht nachvollziehbar. Es erscheint schon fraglich, ob der Kunde die Preisliste, die auch der Transparenz dienen kann, als wesentliches Merkmal eines Vergütungsanspruchs seines Vertragspartners für eine Leistung sieht, an der dieser nicht beteiligt ist, zumal er damit Forderungen zweier Gläubiger ausgesetzt ist. Noch fern liegender und weniger überzeugend ist aber ein solches Verständnis des Kunden, wenn man den Einwendungsausschluss bedenkt, der aus der vom Bundesgerichtshof statuierten Wertneutralität resultiert. Die Pflicht des Netzbetreibers nach § 15 Abs. 3 TKV, darauf hinzuweisen, dass der Kunde begründete Einwendungen gegen einzelne in Rechnung gestellte Forderungen erheben kann, ist – soweit sie im Rahmen der Auslegung unter Umständen herangezogen werden könnte – hier jedenfalls nicht zu berücksichtigen; diese Vorschrift wurde erst durch die Änderungsverordnung vom 20. August 2002, und damit nach dem streitgegenständlichen Nutzungszeitraum, eingefügt und macht mit ihrem kundenschützenden Inhalt vielmehr die Bedeutung der Rechte deutlich, derer sich der Nutzer bei stillschweigendem Abschluss eines wertneutralen Vertrags mit dem Netzbetreiber über eine Gesamtvergütung auch hinsichtlich der Mehrwertdienste begeben würde. Es ist auch nicht ohne Weiteres einsehbar, dass ein verständiger Laie sich einer doppelten Gläubigerschaft ohne weitere Regelung insoweit aussetzen würde.

Unter diesen Umständen ist ein originär eigener Anspruch des Netzbetreibers mit der Konsequenz, uneingeschränkt aus eigenem Recht den Gesamtanspruch, auch gerichtlich, geltend machen zu können, dogmatisch nicht zu begründen. Das Interesse an der „Marktgängigkeit“ kostenpflichtiger Sprachkommunikationsdienstleistungen kann eine solche Begründung nicht ersetzen, ist nach Auffassung des Senats aber auch durch die Pflicht des Netzbetreibers zur einheitlichen Rechnungsstellung und zum Forderungseinzug bis zum Bestreiten durch einen Kunden gedeckt. Nach der Darstellung der Regelungsbehörde (MMR 2000, 309) ist damit der ganz überwiegende Teil entsprechender Verträge problemlos abzuwickeln, wobei auch zu bedenken ist, dass der Netzbetreiber für den internen Ausgleich im Verhältnis zum Anbieter von Mehrwertdiensten ohnehin seine Forderung aufschlüsseln muss.

Der Senat ist deshalb der Überzeugung, dass nach Abschluss des Rechnungsverfahrens keine dogmatische Grundlage für die gerichtliche Verfolgung eines eigenenAnspruchs durch den Netzbetreiber bezogen auf nicht von ihm erbrachte Dienste besteht (so auch:  Hoffmann, ZIP 2002, 1705, 1706 f.; Klees, CR 2003, 338, 335 f.; Härting, DB 2002, 2147, 2148; Fluhme, NJW 2002, 3519, 3520; grundsätzlich Aktivlegitimation verneinend: KG CR 2003, 371, 372; AG Saalfeld, NJW-RR 2004, 1431).

II.

Ungeachtet dessen kann die Netzbetreiberin aufgrund Absprache auch den Vergütungsanspruch des Mehrwertdiensteanbieters gerichtlich geltend machen, sei es durch Vollabtretung, Einziehungsermächtigung oder Forderungskauf, insbesondere auch durch Inkassobefugnis. Dazu müsste sie aber darlegen, mit welchen Personen welche Absprache getroffen wurde, aus der sich eine solche Berechtigung ergibt. Das hat die Klägerin trotz Hinweis des Senates nicht getan, vielmehr betont sie, dass sie eigene Ansprüche verfolgt.

III.

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dem Anspruch der Klägerin auch nicht teilweise stattgegeben werden. Zwar erfasst bei einheitlicher Rechnungsstellung der Anspruch auf Entgelt auch die Leistung des Netzbetreibers. Hier hat der Beklagte aber unstreitig einen Teilbetrag in Höhe von 100,88 € bezahlt. Soweit die Dienste der Klägerin damit nicht abgegolten wären, hätte dies konkreter Darlegung bedurft.

Im Hinblick auf die vorangegangenen Ausführungen kommt es auf die weiteren rechtlichen Gesichtspunkte nicht an. Schon deshalb besteht kein Anlass im Sinne von § 156 ZPO, im Hinblick auf die nach der mündlichen Verhandlung von den Parteien vorgetragenen Gesichtspunkte diese wiederzueröffnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Im Hinblick auf die dargestellte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Ansprüchen des Netzbetreibers bezogen auf Dienste eines Mehrwertdiensteanbieters lässt der Senat die Revision gegen die Entscheidung zu.

Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 14.528,87 € festgesetzt.

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