Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Der Fall vor dem OLG Köln: Streit um eine Minderung und ein Sonderkündigungsrecht bei Unterschreitung der Anschlussgeschwindigkeit
- Die Parteien und der Streitgegenstand
- Der Gang durch die Instanzen
- Die Entscheidung des OLG Köln
- Die Begründung im Detail
- Konsequenzen für Verbraucher und Provider
- Bedeutung für die Praxis
- Mögliche Auswirkungen auf zukünftige Fälle
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Köln
- Datum: 24.11.2023
- Aktenzeichen: I-6 U 76/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren im Zivilrecht
- Rechtsbereiche: Telekommunikationsrecht, AGB-Recht, Verbraucherschutz
- Beteiligte Parteien:
- Klagender Verbraucherverband: Setzt sich für Verbraucherrechte ein und bemängelt, dass in einem Schreiben der Telekommunikationsdienstleisterin der Hinweis enthalten ist, wonach mit der Minderung das Sonderkündigungsrecht entfalle – was er als Verstoß gegen § 57 Abs. 4 TKG und als unangemessene AGB-Klausel beurteilt.
- Telekommunikationsdienstleisterin: Gewährte einem Kunden aufgrund unzureichender vertraglich vereinbarter Anschluss-Geschwindigkeit eine monatliche Minderung von 5,00 EUR und bestätigte diese Minderung durch ein Schreiben, in dem darauf hingewiesen wurde, dass damit das Sonderkündigungsrecht entfalle.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Ein Kunde hatte aufgrund der Unterschreitung der vertraglich zugesicherten Anschluss-Geschwindigkeit eine Minderung des monatlichen Entgeltes verlangt. Die Telekommunikationsdienstleisterin setzte diese Minderung von 5,00 EUR um und informierte im Begleitschreiben darüber, dass infolge der Minderung ein Sonderkündigungsrecht nicht mehr bestehe. Nachdem eine Abmahnung erfolglos blieb, forderte der Verbraucherverband, diese Praxis zu unterlassen und eine pauschale Abmahnkostenpauschale zu zahlen.
- Kern des Rechtsstreits: Es wird strittig, ob die Formulierung im Schreiben – wonach mit der Minderung das Sonderkündigungsrecht entfalle – einen Verstoß gegen § 57 Abs. 4 TKG darstellt, Verbraucher irreführt und als unangemessene Benachteiligung im Rahmen der AGB zu werten ist.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Beide Berufungen wurden zurückgewiesen; das Urteil des Landgerichts Köln bleibt bestehen und die Revision wurde nicht zugelassen.
- Folgen: Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu 14 % dem Verbraucherverband und zu 86 % der Telekommunikationsdienstleisterin auferlegt; das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Fall vor Gericht
Der Fall vor dem OLG Köln: Streit um eine Minderung und ein Sonderkündigungsrecht bei Unterschreitung der Anschlussgeschwindigkeit

Das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Frage ging, ob eine Formulierung eines Telekommunikationsanbieters im Zusammenhang mit einer gewährten Minderung wegen einer unterschrittenen Anschlussgeschwindigkeit gegen Verbraucherrechte verstößt. Konkret ging es um die Aussage, dass mit der Gewährung einer Minderung ein Sonderkündigungsrecht für den Telekommunikationsvertrag entfällt.
Die Parteien und der Streitgegenstand
Auf der einen Seite stand ein klagender Verbraucherverband, der sich für die Rechte von Verbrauchern einsetzt. Auf der anderen Seite stand die beklagte Telekommunikationsdienstleisterin, also ein Internetprovider, der seinen Kunden Internetdienstleistungen anbietet. Der Streit entzündete sich an einem Schreiben des Providers an einen seiner Kunden, der eine Minderung des monatlichen Entgelts aufgrund einer zu langsamen Internetgeschwindigkeit gefordert hatte. Die vertragliche Vereinbarung sah eine höhere Anschlussgeschwindigkeit vor, als tatsächlich geliefert wurde. Der Provider gewährte dem Kunden eine Minderung von 5 Euro pro Monat, fügte dem Schreiben aber den Satz hinzu: „Mit der Minderung entfällt ein Sonderkündigungsrecht für den Vertrag.“
Der Verbraucherverband sah in dieser Formulierung einen Verstoß gegen § 57 Abs. 3 des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Dieser Paragraph regelt die Rechte der Verbraucher bei einer dauerhaften oder wiederholten erheblichen Abweichung der tatsächlichen Internetleistung von der vertraglich vereinbarten Leistung. Der Verband argumentierte, dass durch die Formulierung der Eindruck erweckt werde, dass der Kunde bei Annahme der Minderung auf sein Recht auf eine außerordentliche Kündigung verzichtet. Sie mahnten den Provider ab und forderten die Zahlung einer Abmahnkostenpauschale. Nachdem der Provider sich weigerte, klagte der Verbraucherverband vor dem Landgericht Köln.
Der Gang durch die Instanzen
Das Landgericht Köln gab dem Verbraucherverband teilweise Recht. Es untersagte dem Provider die beanstandete Formulierung, wies aber die Forderung nach Zahlung der Abmahnkostenpauschale ab. Beide Parteien legten gegen das Urteil Berufung beim OLG Köln ein. Der Provider wollte die Untersagungsverfügung aufheben lassen, der Verbraucherverband die Zahlung der Abmahnkostenpauschale durchsetzen.
Die Entscheidung des OLG Köln
Das OLG Köln wies die Berufungen beider Parteien zurück. Damit bestätigte es im Wesentlichen das Urteil des Landgerichts. Das Gericht argumentierte, dass die beanstandete Formulierung tatsächlich geeignet sei, Verbraucher in die Irre zu führen. Sie könne den Eindruck erwecken, dass der Kunde sein Recht auf eine Kündigung verliert, wenn er die Minderung akzeptiert. Dies sei aber unzulässig, da § 57 Abs. 3 TKG dem Verbraucher ausdrücklich das Recht einräumt, den Telekommunikationsvertrag bei erheblichen Abweichungen der Leistung zu kündigen.
Das Gericht stellte klar, dass die Gewährung einer Minderung keinen Einfluss auf das Recht des Kunden hat, den Vertrag außerordentlich zu kündigen, wenn die Voraussetzungen des § 57 Abs. 3 TKG vorliegen. Die Minderung ist lediglich eine Kompensation für die mangelhafte Leistung, während das Kündigungsrecht ein eigenständiges Recht ist, das bei einer dauerhaften Schlechtleistung ausgeübt werden kann. Das OLG Köln betonte die Bedeutung des Verbraucherschutzes im Telekommunikationsrecht und wies darauf hin, dass Vertragsbedingungen klar und verständlich sein müssen, um den Verbraucher nicht zu benachteiligen.
Die Begründung im Detail
Das OLG Köln stützte seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Argumente:
- Die Formulierung im Schreiben des Providers ist missverständlich und kann beim Verbraucher den Eindruck erwecken, er verzichte auf sein Sonderkündigungsrecht.
- Eine solche Einschränkung des Kündigungsrechts ist nach § 57 Abs. 3 TKG unzulässig.
- Die Vertragsbedingungen eines Telekommunikationsvertrags müssen klar und verständlich sein, um den Verbraucher nicht zu benachteiligen.
- Der Provider hat durch die beanstandete Formulierung gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen, da er eine irreführende Angabe gemacht hat.
Konsequenzen für Verbraucher und Provider
Die Entscheidung des OLG Köln hat wichtige Konsequenzen für Verbraucher und Provider. Für Verbraucher bedeutet das Urteil, dass sie sich nicht durch missverständliche Formulierungen von Internetprovidern davon abhalten lassen dürfen, ihre Rechte bei einer zu langsamen Internetgeschwindigkeit geltend zu machen. Insbesondere haben sie weiterhin das Recht, den Vertrag außerordentlich zu kündigen, wenn die tatsächliche Internetleistung erheblich von der vertraglichen Vereinbarung abweicht. Eine gewährte Minderung des monatlichen Entgelts hat keinen Einfluss auf dieses Recht.
Für Provider bedeutet das Urteil, dass sie ihre Vertragsbedingungen und ihre Kommunikation mit den Kunden klarer und verständlicher gestalten müssen. Sie dürfen keine Formulierungen verwenden, die den Eindruck erwecken, dass der Kunde auf seine Rechte verzichtet, wenn er eine Minderung akzeptiert. Provider sollten sich bewusst sein, dass sie bei einer dauerhaften Schlechtleistung mit einer Kündigung des Kunden rechnen müssen. Dies kann zu einem Anbieterwechsel des Kunden führen. Um dies zu vermeiden, sollten Provider die Netzqualität kontinuierlich überwachen und Bandbreitenprobleme schnell beheben. Es ist außerdem ratsam, Kunden aktiv über ihre Rechte aufzuklären und Transparenz in Bezug auf die zu erwartende Anschlussgeschwindigkeit zu gewährleisten. Ein frühzeitiger Geschwindigkeitstest und eine offene Kommunikation bei möglichen Abweichungen können helfen, Konflikte zu vermeiden. Auch das Angebot einer Geschwindigkeitsgarantie kann das Vertrauen der Kunden stärken.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil des OLG Köln ist ein wichtiger Beitrag zum Verbraucherschutz im Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen. Es stellt klar, dass Verbraucher ihre Rechte bei einer zu langsamen Internetgeschwindigkeit selbstbewusst geltend machen können und sich nicht durch missverständliche Formulierungen der Provider davon abhalten lassen dürfen. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer klaren und verständlichen Kommunikation zwischen Providern und Kunden und trägt dazu bei, das Vertrauen der Verbraucher in die Internetdienstleistungen zu stärken.
Mögliche Auswirkungen auf zukünftige Fälle
Dieses Urteil des OLG Köln kann als Präzedenzfall für zukünftige Auseinandersetzungen zwischen Verbrauchern und Telekommunikationsanbietern dienen. Es stärkt die Position der Verbraucher und verdeutlicht, dass irreführende Klauseln in Telekommunikationsverträgen unwirksam sind. Verbraucher können sich nun sicherer fühlen, wenn sie ihre Rechte auf Leistungsminderung oder Kündigungsmöglichkeiten geltend machen, ohne befürchten zu müssen, durch unklare Formulierungen benachteiligt zu werden.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Das Urteil stellt klar, dass Telekommunikationsanbieter nicht einseitig das gesetzliche Sonderkündigungsrecht ihrer Kunden ausschließen dürfen, auch wenn sie bereits eine Minderung wegen zu geringer Internetgeschwindigkeit gewährt haben. Die Aussage ‚Mit der Minderung entfällt ein Sonderkündigungsrecht für den Vertrag‘ ist irreführend und verstößt gegen Verbraucherrechte nach § 57 Abs. 4 TKG. Das Gericht bestätigt damit, dass Verbraucher ihre Rechte auf Minderung und Kündigung unabhängig voneinander ausüben können.“
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als Kunde nicht die vertraglich vereinbarte Internetgeschwindigkeit erhalten, haben Sie zwei voneinander unabhängige Rechte: Sie können sowohl eine Preisminderung verlangen als auch von einem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Ihr Internetanbieter darf Ihnen das Kündigungsrecht nicht verwehren, auch wenn er Ihnen bereits eine Preisminderung zugestanden hat. Lassen Sie sich von gegenteiligen Aussagen Ihres Anbieters nicht verunsichern – Ihre Rechte bleiben bestehen. Sie können also zunächst eine Preisminderung akzeptieren und sich später immer noch für eine Kündigung entscheiden, wenn Sie mit der Leistung unzufrieden bleiben.
Benötigen Sie Hilfe?
Klare Perspektiven im Verbraucherschutz: Ihre Rechte bei mangelhafter Internetgeschwindigkeit
Die Prüfung und Bewertung von Leistungsabweichungen in Ihrem Internetvertrag kann komplexe Fragestellungen aufwerfen. Unklare Formulierungen, etwa in Bezug auf Minderung oder Kündigungsrechte, schaffen oftmals Unsicherheit im Umgang mit vertraglichen Vereinbarungen und dem geltenden Verbraucherschutz.
Mit einer präzisen und strukturierten Herangehensweise unterstützen wir Sie dabei, Ihren individuellen Fall im Kontext aktueller telekommunikationsrechtlicher Fragestellungen sachkundig einzuschätzen. Vertrauen Sie auf eine transparente Beratung, die Ihnen einen klaren Überblick über Ihre rechtlichen Möglichkeiten verschafft.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie kann ich die tatsächliche Internetgeschwindigkeit rechtssicher nachweisen?
Ein rechtssicherer Nachweis der Internetgeschwindigkeit ist ausschließlich mit der Desktop-App „Breitbandmessung“ der Bundesnetzagentur möglich. Sie können die App unter breitbandmessung.de für Windows, macOS und Linux herunterladen.
Technische Voraussetzungen für die Messung
Für eine gültige Messung müssen Sie folgende Bedingungen einhalten:
- Der Computer muss per LAN-Kabel direkt mit dem Router verbunden sein
- Das Gerät muss an die Stromversorgung angeschlossen sein
- Während der Messung darf kein weiterer Datenverkehr stattfinden
- Bei Glasfaseranschlüssen mit 1.000 Mbit/s muss die Netzwerkkarte mindestens diese Geschwindigkeit unterstützen
Durchführung der Messkampagne
Die rechtssichere Messkampagne erfordert insgesamt 30 Messungen an drei verschiedenen Kalendertagen. Dabei gilt:
- Zwischen den Messtagen muss jeweils ein Tag Pause liegen
- Die Messungen müssen über den Tag verteilt erfolgen
- Die gesamte Messkampagne muss innerhalb von 14 Tagen abgeschlossen sein
Dokumentation und Nachweis
Nach Abschluss der Messreihe erstellt die Desktop-App automatisch ein signiertes PDF-Messprotokoll. Dieses Protokoll dokumentiert:
- Die tatsächlich erreichten Download- und Upload-Geschwindigkeiten
- Die vertraglich vereinbarten Geschwindigkeiten
- Eine Bewertung, ob die Leistung vertragskonform ist
Eine nicht vertragskonforme Leistung liegt vor, wenn an mindestens zwei Messtagen nicht einmal 90 Prozent der vertraglich vereinbarten Maximalgeschwindigkeit erreicht wird. Dieses Messprotokoll ist der einzige rechtlich anerkannte Nachweis für Minderungsansprüche oder eine außerordentliche Kündigung.
Wie hoch kann eine Minderung bei zu geringer Internetgeschwindigkeit ausfallen?
Die Minderung des Internetentgelts orientiert sich am Verhältnis zwischen der tatsächlich gemessenen und der vertraglich vereinbarten Leistung.
Grundlagen der Minderungsberechnung
Die Internetzugangsleistung entspricht 50% der monatlichen Grundgebühr, wobei sich dieser Anteil gleichwertig auf Download und Upload aufteilt. Wenn Sie also einen Vertrag mit 120 Euro Grundgebühr haben, entfallen 60 Euro auf die Internetleistung, davon jeweils 30 Euro auf Download und Upload.
Berechnung der Minderungshöhe
Der Minderungsbetrag errechnet sich wie folgt:
Minderungsprozentsatz = (90% der vereinbarten Maximalgeschwindigkeit – gemessene Durchschnittsgeschwindigkeit) ÷ (90% der vereinbarten Maximalgeschwindigkeit) × 100
Ein konkretes Beispiel: Bei einem Tarif mit 50 Mbit/s maximaler Download-Geschwindigkeit und einer Grundgebühr von 45 Euro pro Monat:
- Der Entgeltanteil für die gesamte Internetleistung beträgt 22,50 Euro
- Davon entfallen 11,25 Euro auf den Download
- Bei einer gemessenen Durchschnittsgeschwindigkeit von 27 Mbit/s
- Ergibt sich eine Minderung von 40%
- Der monatliche Minderungsbetrag beträgt in diesem Fall 4,50 Euro
Praktische Durchsetzung
Die Verbraucherzentrale empfiehlt als Faustregel: Wenn Sie nur 80 Prozent der vereinbarten Leistung erhalten, müssen Sie auch nur 80 Prozent des Vertragspreises bezahlen. In der Praxis versuchen Anbieter häufig, Kunden mit zu niedrigen Minderungsbeträgen abzuspeisen. So wurde einem Verbraucher zunächst nur eine Minderung von 2,50 Euro pro Monat angeboten, obwohl ihm tatsächlich 13 Euro zustanden.
Die Höhe der Minderung muss für den gesamten Zeitraum gewährt werden, in dem die Leistung nicht vertragsgemäß erbracht wurde. Zur Berechnung Ihres individuellen Anspruchs können Sie den Online-Rechner der Verbraucherzentrale nutzen, der auf Basis Ihrer Messergebnisse den korrekten Minderungsbetrag ermittelt.
Was muss ein Anbieter bei zu geringer Geschwindigkeit von sich aus tun?
Internetanbieter haben seit dem 1. Dezember 2021 durch die Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) konkrete Pflichten bei zu geringer Internetgeschwindigkeit.
Informationspflichten
Die Provider müssen bei Vertragsabschluss drei verbindliche Geschwindigkeitswerte angeben:
- Eine minimale Datenübertragungsrate
- Eine gewöhnlich zur Verfügung stehende Rate
- Eine maximale Datenübertragungsrate
Zusätzlich sind sie verpflichtet, auf die Möglichkeit zur Geschwindigkeitsmessung mittels des offiziellen Speedtests der Bundesnetzagentur hinzuweisen.
Pflichten bei Leistungsabweichungen
Wenn die tatsächliche Geschwindigkeit von der vertraglich zugesicherten abweicht, muss der Anbieter:
Die Minderung des Entgelts von sich aus vornehmen, sobald der Kunde die Abweichung durch das Messprotokoll der Bundesnetzagentur nachgewiesen hat. Die Minderung erfolgt anteilig entsprechend der Differenz zwischen tatsächlicher und vereinbarter Geschwindigkeit.
Mindestversorgungspflicht
Bei einer Unterschreitung der gesetzlichen Mindestgeschwindigkeit von derzeit 10 Mbit/s im Download und 1,7 Mbit/s im Upload kann die Bundesnetzagentur den Anbieter zur Bereitstellung einer schnelleren Verbindung verpflichten. Ab Herbst 2025 werden diese Mindestwerte voraussichtlich auf 15 Mbit/s im Download und 5 Mbit/s im Upload angehoben.
Verstöße gegen die Informationspflichten stellen Ordnungswidrigkeiten dar und können von der Bundesnetzagentur mit einem Bußgeld geahndet werden.
Ab welcher Geschwindigkeitsabweichung darf ich den Vertrag kündigen?
Ein Sonderkündigungsrecht steht Ihnen zu, wenn erhebliche, kontinuierliche oder regelmäßig wiederkehrende Abweichungen bei der Internetgeschwindigkeit auftreten. Die Bundesnetzagentur hat dafür konkrete Schwellenwerte festgelegt.
Voraussetzungen für die Kündigung
Eine kündigungsberechtigende Abweichung liegt vor, wenn mindestens einer dieser drei Fälle zutrifft:
- Die tatsächliche Geschwindigkeit liegt an zwei Messtagen unter 90 Prozent der vertraglich zugesicherten maximalen Geschwindigkeit
- Die normalerweise verfügbare Geschwindigkeit erreicht nicht 90 Prozent des vertraglich vereinbarten Wertes
- Die minimale vertraglich zugesicherte Geschwindigkeit wird an zwei Messtagen mindestens einmal unterschritten
Nachweis der Abweichung
Für eine wirksame Kündigung müssen Sie die Geschwindigkeitsabweichungen nachweisen. Dafür ist zwingend die Verwendung des offiziellen Messtools der Bundesnetzagentur erforderlich. Nach Abschluss der Messreihe erhalten Sie ein rechtsgültiges Messprotokoll.
Ablauf der Kündigung
Vor der Kündigung müssen Sie dem Anbieter eine angemessene Frist zur Behebung der Probleme setzen. Eine Frist von 2 bis 4 Wochen gilt dabei als angemessen. Erst wenn der Anbieter innerhalb dieser Frist die Leistung nicht verbessert, können Sie den Vertrag außerordentlich kündigen.
Das Sonderkündigungsrecht bleibt auch dann bestehen, wenn Sie zuvor bereits eine Preisminderung mit dem Anbieter vereinbart haben. Eine gegenteilige Aussage des Anbieters wäre rechtlich unwirksam.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Minderung
Eine Minderung ist die gesetzlich geregelte Herabsetzung des vereinbarten Preises aufgrund eines Mangels. Bei Internetverträgen kann der monatliche Preis reduziert werden, wenn die zugesicherte Leistung (Geschwindigkeit) nicht erreicht wird. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 57 Abs. 4 TKG in Verbindung mit den allgemeinen Regelungen des BGB.
Beispiel: Bei einer vertraglich zugesicherten Geschwindigkeit von 100 Mbit/s, die dauerhaft nur 50 Mbit/s erreicht, kann eine Preisminderung von z.B. 5 Euro monatlich gerechtfertigt sein.
Sonderkündigungsrecht
Ein Sonderkündigungsrecht ermöglicht die vorzeitige Beendigung eines Vertrags aus besonderem Grund, auch wenn eine feste Vertragslaufzeit vereinbart wurde. Im Telekommunikationsrecht ist dies in § 57 Abs. 4 TKG geregelt, wenn die vertraglich vereinbarte Leistung erheblich und kontinuierlich unterschritten wird.
Beispiel: Wenn ein Internetanbieter dauerhaft nur 50% der zugesicherten Geschwindigkeit liefert, kann der Kunde den Vertrag auch vor Ende der Mindestlaufzeit kündigen.
AGB-Recht
Das AGB-Recht regelt die Verwendung und Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es schützt Verbraucher vor unangemessenen Vertragsbedingungen. Die gesetzliche Grundlage findet sich in den §§ 305-310 BGB. Klauseln, die Verbraucher unangemessen benachteiligen, sind unwirksam.
Beispiel: Eine AGB-Klausel, die das gesetzliche Sonderkündigungsrecht bei Minderleistung ausschließt, wäre unwirksam.
Berufungsverfahren
Ein Berufungsverfahren ist ein Rechtsmittel gegen Urteile der ersten Instanz. Es ermöglicht eine erneute Überprüfung des Falles durch ein höheres Gericht. Geregelt ist dies in den §§ 511-541 ZPO. Die Berufung muss binnen eines Monats nach Urteilszustellung eingelegt werden.
Beispiel: Nach einem Urteil des Landgerichts Köln legt eine Partei Berufung beim OLG Köln ein, um eine neue Entscheidung zu erwirken.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 57 Abs. 4 Telekommunikationsgesetz (TKG): Dieser Paragraph regelt die Rechte der Endnutzer bei dauerhaften oder wiederholten Abweichungen der tatsächlichen Leistung von der vertraglich vereinbarten Leistung eines Telekommunikationsdienstes. Der Endnutzer hat in diesem Fall Anspruch auf Minderung oder Schadensersatz sowie das Recht zur Kündigung des Vertrages, sofern die Abweichung erheblich, kontinuierlich oder regelmäßig wiederkehrend ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht beurteilt, ob die Aussage der Beklagten, dass „mit der Minderung ein Sonderkündigungsrecht entfällt“, eine unzulässige Einschränkung der Rechte des Verbrauchers nach § 57 Abs. 4 TKG darstellt, insbesondere ob die Kumulation von Minderung und Kündigung ausgeschlossen werden darf.
- § 307 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Inhaltskontrolle von AGB: Diese Vorschrift regelt die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Sie besagt, dass Klauseln in AGB unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders (hier den Verbraucher) unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung liegt vor, wenn die Klausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweicht oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger argumentiert, dass die Klausel im Schreiben der Beklagten, wonach durch die Minderung das Sonderkündigungsrecht entfällt, eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers darstellt und somit gemäß § 307 BGB unwirksam ist, da sie die Rechte des Verbrauchers unzulässig einschränkt.
- § 305 BGB – Einbeziehung von AGB in Verträge: Diese Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) wirksam in einen Vertrag einbezogen werden. Wesentlich ist, dass der Verwender (hier die Beklagte) den anderen Vertragsteil (den Verbraucher) bei Vertragsschluss ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf die AGB hinweist und ihm die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht prüft, ob der beanstandete Satz („Mit der Minderung entfällt ein Sonderkündigungsrecht“) überhaupt als AGB anzusehen ist und ob die Voraussetzungen für eine wirksame Einbeziehung in den Vertrag vorliegen.
- § 306a BGB – Umgehungsverbot: Diese Norm verbietet es, die Schutzvorschriften der §§ 305 bis 309 BGB (AGB-Recht) dadurch zu umgehen, dass anstelle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen individualvertragliche Vereinbarungen getroffen werden, die inhaltlich AGB ähneln und den Verbraucher in gleicher Weise benachteiligen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger argumentiert, dass selbst wenn die beanstandete Formulierung nicht als AGB gilt, sie möglicherweise eine unzulässige Umgehung des AGB-Rechts darstellt, wenn sie inhaltlich einer AGB entspricht und den Verbraucher benachteiligt.
- § 8 Abs. 1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): Dieser Paragraph regelt den Unterlassungsanspruch bei Wettbewerbsverstößen. Danach kann ein Mitbewerber oder ein qualifizierter Wirtschaftsverband von demjenigen, der eine unlautere Wettbewerbshandlung begeht, Unterlassung verlangen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der klagende Verbraucherverband stützt seinen Unterlassungsanspruch auf eine unlautere Wettbewerbshandlung der Beklagten, nämlich die Irreführung von Verbrauchern über ihre Rechte.
Das vorliegende Urteil
OLG Köln – Az.: I-6 U 76/23 – Urteil vom 24.11.2023
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