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Terminsgebühr – Entstehung ohne Beteiligung des Gerichts


Rechtsanwaltsvergütung

Zusammenfassung:

Nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz entsteht die Terminsgebühr auch durch die Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts. Zu der Frage, wie diese Regelung zu verstehen ist und welche Anforderungen an den Anfall der Terminsgebühr im Übrigen zu stellen sind, hat sich der BGH im anliegenden Urteil geäußert.


Bundesgerichtshof

Az: IX ZR 198/09

Urteil vom 01.07.2010


Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 8. Oktober 2009 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen


Tatbestand

Der Beklagte beauftragte die klagenden Rechtsanwälte mit der Durchführung seines Scheidungsverfahrens. Nach Übersendung des Entwurfs einer Scheidungsklage durch die Kläger drängte die Ehefrau des Beklagten über ihre ebenfalls mit einem Klageauftrag ausgestatteten Rechtsanwälte im Blick auf die vermögensrechtliche Auseinandersetzung der Ehegatten insbesondere auf Freistellung von Darlehensverpflichtungen an dem im jeweils hälftigen Miteigentum stehenden Eigenheim. Die Kläger besprachen im Auftrag des Beklagten am 20. Februar 2006 die vermögensrechtlichen Folgen einer Scheidung mit den Bevollmächtigten der Ehefrau des Beklagten; als Ergebnis kam man überein, eine notarielle Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung auszuarbeiten. Die Ehegatten schlossen am 22. März 2007 einen notariellen Scheidungsfolgenvertrag. Darin übertrug die Ehefrau ihren hälftigen Grundstücksanteil auf den Beklagten, der die Grundpfandrechte übernahm und die Ehefrau von jeglicher Inanspruchnahme durch die Grundpfandrechtsgläubiger freistellte. Die Ehe wurde durch Urteil vom 10. Mai 2007 geschieden.

Wegen der Besprechung der Scheidungsfolgen beanspruchen die Kläger von dem Beklagten Zahlung einer Geschäfts- und einer Terminsgebühr in Höhe von insgesamt 5.150 €. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragt der Beklagte, die Klage hinsichtlich der Terminsgebühr in Höhe von 2.462,40 € abzuweisen.


Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Kläger seien von dem Beklagten beauftragt gewesen, für ihn den Besprechungstermin am 20. Februar 2006 wahrzunehmen. Durch die Teilnahme an dieser Besprechung sei eine Terminsgebühr angefallen. Voraussetzung für die Entstehung einer Terminsgebühr sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ein unbedingter Klageauftrag, jedoch nicht die Einreichung der Klage. Infolge des ihnen erteilten Klageauftrags könnten die Bevollmächtigten der Ehefrau von dieser die Terminsgebühr beanspruchen. Bei wortlautgetreuer Anwendung der Rechtsprechung könnten hingegen die Kläger die Terminsgebühr nicht verlangen, weil sie nur mit der Abwehr des Anspruchs betraut worden seien. Es könne jedoch nicht darauf abgestellt werden, in welcher zufälligen prozessualen Situation sich die vertretene Partei befinde. Nach Sinn und Zweck des Gebührentatbestandes, die Gerichte zu entlasten, entstehe die Terminsgebühr auch zugunsten des Anwalts des Anspruchsgegners, wenn der Anspruchsteller seinem Anwalt einen Klageauftrag erteilt und der Anspruchsgegner seinen Anwalt zur Abwehr des Anspruchs mit der Wahrnehmung eines Besprechungstermins beauftragt habe.

II.

Dies hält – jedenfalls im Ergebnis – rechtlicher Prüfung stand.

1. Die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Vergütungsverzeichnis (fortan: VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) entsteht gemäß § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorb. 3 Abs. 3 Variante 3 VV auch durch die Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts. Diese Voraussetzungen sind in der dem Streitfall zugrunde liegenden Konstellation zugunsten der klagenden Rechtsanwälte erfüllt.

a) Während ein bereits laufendes Verfahren erledigt wird, kann nur ein Verfahren, das noch nicht begonnen hat, vermieden werden. Deshalb braucht der Anspruch, der Gegenstand der Besprechung ist, nicht bereits bei Gericht anhängig gemacht worden zu sein. Vielmehr will der Gesetzgeber die außergerichtliche Streiterledigung dadurch fördern, dass die Terminsgebühr auch dann anfällt, wenn der Anwalt nach Erteilung des Klageauftrags an einer auf die Vermeidung des Verfahrens gerichteten Besprechung mitwirkt (BT-Drucks. 15/1971 S. 148; BGH, Urt. v. 8. Februar 2007 – IX ZR 215/05, NJW-RR 2007, 720 Rn. 7, 8). Voraussetzung für die zugunsten des Anwalts des Anspruchstellers anfallende Terminsgebühr ist danach lediglich die Erteilung eines unbedingten Klageauftrags, nicht jedoch die Einreichung der Klage (BGH, Urt. v. 8. Februar 2007, aaO Rn. 9).

b) Im Streitfall hatte die Ehefrau des Beklagten ihren Bevollmächtigten nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts einen Klageauftrag erteilt. Dieser Auftrag hatte die klageweise Durchsetzung von vermögensrechtlichen Ansprüchen in Zusammenhang mit der Scheidung und nicht – wie die Revision meint – die Scheidung als solche oder den Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung zum Gegenstand. Dies erkennt im Grundsatz auch die Revision an, soweit sie ausführt, die von der Ehefrau angekündigte Klage auf Zugewinnausgleich habe einer Rechtsgrundlage entbehrt und sich darum als leere Drohung dargestellt. Danach hatte die Ehefrau ihren Anwälten ersichtlich einen unbedingten Klageauftrag erteilt. Ohne Bedeutung ist es, ob die hier vergleichsweise getroffene Regelung in einem Klageverfahren durchsetzbar war. Dies folgt schon daraus, dass der Gebührentatbestand lediglich eine Besprechung und gerade nicht eine erfolgreiche gütliche Einigung verlangt (BGH, Beschl. v. 20. November 2006 – II ZB 9/06, NJW-RR 2007, 286, 287 Rn. 8). Deshalb kann der Inhalt eines tatsächlich erzielten Vergleichs nicht den Anfall der Terminsgebühr hindern. Bei dieser Sachlage hatten die Bevollmächtigten der Ehefrau des Beklagten vorliegend die Terminsgebühr verdient.

c) Kann der Anwalt des Anspruchstellers die Terminsgebühr im Falle der Erteilung eines Klageauftrags verlangen, soll nach der wohl einhelligen Meinung im Schrifttum, der die Revision folgt, Entsprechendes auch für den anwaltlichen Vertreter des Anspruchsgegners gelten, wenn er über eine korrespondierende verfahrensmäßige Legitimation verfügt. Danach müsste ihm also ebenfalls ein – auf Klageabwehr in einem künftigen gerichtlichen Verfahren gerichtetes – Prozessmandat erteilt sein (Bonnen MDR 2005, 1084, 1085; Hansens, RVGreport 2006, 241, 242; Henke AnwBl. 2006, 347; AnwaltK-RVG/Onderka/N. Schneider, 5. Aufl. VV Vorb. 3 Rn. 153; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG 19. Aufl. Vorb. 3 VV Rn. 87; Schons in Hartung/Römermann/Schons, RVG 2. Aufl. Vorb. 3 VV Rn. 36; ebenso wohl Bischof in Bischof, RVG 3. Aufl. Vorb. 3 VV Teil 3 Rn. 42 ff).

d) Ob dies erforderlich ist, braucht der Senat im Streitfall nicht zu entscheiden. Denn ein dahin gehender Verfahrensauftrag ist den Klägern von dem Beklagten vor der Besprechung vom 20. Februar 2006 erteilt worden. Das Berufungsgericht hat im Blick auf den den Bevollmächtigten der Ehefrau des Beklagten erteilten Klageauftrag angenommen, dass der Beklagte die Kläger mit der Abwehr der dem Klageauftrag zugrunde liegenden Ansprüche betraut hat. Der Auftrag umfasste nach den Gesamtumständen ersichtlich auch die gerichtliche Abwehr der von der Ehefrau vorgerichtlich geltend gemachten Ansprüche. Insoweit ist zu beachten, dass die Kläger von dem Beklagten bereits den Auftrag auf Einreichung der Scheidungsklage erhalten hatten. Als Reaktion auf die in Aussicht gestellte Scheidungsklage hatte die Ehefrau des Beklagten die Erhebung von Ansprüchen angekündigt. Angesichts der absehbaren wechselseitigen Einschaltung der Gerichte erstreckte sich der Auftrag der Kläger auch auf die gerichtliche Abwehr von Ansprüchen. Da für die Scheidung ein unbedingter Klageauftrag vorlag, kann nicht angenommen werden, dass sich die mit den Scheidungsfolgen verbundene Rechtsverteidigung auf eine außergerichtliche Streitbeilegung beschränken sollte.

2. Soweit das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen Verletzung der Hinweispflicht nach § 49 Abs. 5 BRAO abgelehnt hat, erhebt die Revision keine Rügen. Insoweit ist auch ein Rechtsfehler nicht ersichtlich. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass es an der gebotenen Darlegung fehlt, wie der Beklagte auf den allein geschuldeten Hinweis, dass sich die Gebühren nach dem Streitwert bemessen, reagiert hätte (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 – IX ZR 89/06, NJW 2007, 2332, 2334 Rn. 21).


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