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Terminsgebühr im Rahmen des Versäumniszurteils


Versäumnisurteil

Zusammenfassung:

Wann entsteht im Rahmen des Erlasses eines Versäumniszurteils die volle Terminsgebühr in Höhe von 1,2 statt der reduzierten Gebühr in Höhe von 0,5? Zu dieser gebührenrechtlichen Frage nahm das Oberlandesgericht Jena im anliegenden Beschluss Stellung. Demnach entsteht die volle Terminsgebühr, wenn die Sach- und Rechtslage zwischen der anwesenden Partei und dem Gericht erörtert wird.


Oberlandesgericht Jena

Az: 1 W 18/15

Beschluss vom 19.01.2015


Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 30.07.2014, Az. 2 O 168/13, abgeändert:

Die nach dem Versäumnisurteil des Landgerichts Meiningen vom 5. Juni 2013  von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden, in dem Antrag vom 6. Juni 2013 berechneten Kosten werden auf 2.152,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Juni 2013 festgesetzt.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Beschwerdewert wird auf 571,44 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.


Gründe

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Herausgabe von Grundschuldbriefen geltend gemacht. In dem Termin zur Güteverhandlung bzw. Haupttermin am 5. Juni 2013 erschien für die Beklagte niemand. Ausweislich des Terminsprotokolls vom 5. Juni 2013 stellte der Klägervertreter die Anträge aus der Klageschrift und beantragte darüber hinaus den Erlass eines Versäumnisurteils, welches am 5. Juni 2013 antragsgemäß erlassen wurde.  Danach hat die Beklagte  unter anderem die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Mit Antrag vom 6. Juni 2013 beantragte die Klägerin die Festsetzung der ihr entstandenen Kosten in einer Gesamthöhe von 2.152,71 EUR.  Ausgehend von einem Streitwert i.H.v. 25.000,00 EUR verlangte die Klägerin  eine Verfahrensgebühr i.H.v. 1,3,  eine Terminsgebühr  i.H.v. 1,2 sowie Reisekosten und Tage- und Abwesenheitsgeld nebst Umsatzsteuer. Die Klägerin hat in Bezug auf die volle Terminsgebühr unter anwaltlicher Versicherung vorgetragen, in dem Termin vom 5. Juni 2013 sei die Sach- und Rechtslage erörtert worden. Mit  Beschluss vom 30. Juli 2013 setzte die Rechtspflegerin die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf insgesamt 1.493,21 EUR fest. Berücksichtigt wurden, ausgehend von einem Streitwert i.H.v. 25.000,00 EUR, eine Verfahrensgebühr i.H.v. 1,3, eine Terminsgebühr i.H.v. 0,5, die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer.  Gegen den der Klägerin am 16. August 2013 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss  legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 27. August 2013 sofortige Beschwerde  gegen die Absetzung der Reisekosten, des Tage- und Abwesenheitsgeldes sowie die Reduzierung der vollen Terminsgebühr ein. Mit Beschluss vom 17. Dezember 2014 hat die Rechtspflegerin der Beschwerde teilweise abgeholfen, indem sie  die beantragten Reisekosten sowie das Tage-  und Abwesenheitsgeld in einer Gesamthöhe von 88,06 EUR festsetzte. Im Übrigen hat die Rechtspflegerin an der reduzierten Terminsgebühr festgehalten und die sofortige Beschwerde dem Thüringer Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, und die erforderliche Mindestbeschwer ist überschritten.

Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Die Rechtspflegerin ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Terminsgebühr nach VV Nr. 3104 RVG nicht angefallen ist.

Eine volle Terminsgebühr nach VV Nr. 3104 RVG fällt auch dann an, wenn  das Gericht in einem Termin, in dem eine Partei nicht erschienen ist, mit dem Prozessbevollmächtigten der Gegenpartei die Sach- und Rechtslage erörtert (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2007 – IV ZB 21/06, NJW 2007, 1692; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt JurBüro 2014, 581; KG Berlin MDR 2008, 1424). So verhält es sich hier. Zwar ist in der Sitzungsniederschrift über den Termin vom 5. Juni 2013 nicht protokolliert, dass eine Erörterung der Sach- und Rechtslage erfolgt ist. Eine solche Protokollierung ist für das Entstehen der vollen Terminsgebühr nach VV Nr. 3104 RVG auch nicht erforderlich. Die Erörterung der Sach- und Rechtslage ist nach Wegfall der Erörterungsgebühr auf der Grundlage des RVG kein wesentlicher protokollierungsbedürftiger Vorgang der Verhandlung i.S.v. § 160 Abs. 2 ZPO, weil unmittelbare Rechtswirkungen an den Vorgang der Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht anknüpfen (OLGR Frankfurt 2008, 271). Von einer Erörterung der Sach- und Rechtslage ist in dem vorliegenden Fall vielmehr aufgrund der anwaltlichen Versicherung der Klägerin auszugehen. Der Klägervertreter hat in dem Schriftsatz vom 6. Juni 2013 und nochmals in dem Schriftsatz vom 12. Juli 2013 anwaltlich versichert, es sei eine Erörterung der Sach- und Rechtslage erfolgt, insbesondere in Bezug auf die Regelung des § 142 InsO. In dem Verfahren nach §§ 103 ff. ZPO ist es nicht erforderlich, dass sich die für die Festsetzung der beantragten Gebühren maßgeblichen Tatsachen ohne weitere Erhebungen aus der Gerichtsakte ergeben oder unstreitig sind (BGH, Beschluss vom 4. April 2007 – III ZB 79/06, NJW 2007, 2493). Gemäß § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO genügt zur Berücksichtigung eines Ansatzes, dass er glaubhaft gemacht ist. Hierfür ist lediglich erforderlich, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestandes mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen (BGH, Beschluss vom 4. April 2007 – III ZB 79/06, NJW 2007, 2493). Zur Glaubhaftmachung können gemäß § 294 Abs. 1 ZPO alle Beweismittel unter Einschluss der eidesstattlichen Versicherung verwendet werden (BGH, Beschluss vom 4. April 2007 – III ZB 79/06, NJW 2007, 2493). Die anwaltliche Versicherung ist ein solches Mittel der Glaubhaftmachung (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013 – VI ZB 59/12, NJW 2013, 1823 Rn. 11).

Demnach ist die volle Terminsgebühr entstanden und der Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 6. Juni 2013 in vollem Umfang begründet. Somit waren insgesamt 2.152,71 EUR festzusetzen. Der Betrag ist nach § 104 Abs. 1 S. 1 ZPO ab dem Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags zu verzinsen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 3 ZPO und orientiert sich an dem Interesse der Klägerin an der beantragten Abänderung. Dieses Interesse beläuft sich hier nach der erfolgten Teilabhilfe auf den (Brutto)Differenzbetrag zwischen der beantragten und der festgesetzten Terminsgebühr.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Zulassungsgründe im Sinn des § 574 ZPO sind weder vorgetragen noch ersichtlich.


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