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Terminsgebühr – Wann entsteht sie?

Landesarbeitsgericht Hamburg

Az: 4 Ta 16/10

Beschluss vom 16.08.2010


Die sofortige Beschwerde der (ehemaligen) Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners gegen den Festsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. Juni 2010 – 20 Ca 233/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Mit seiner am 30. September 2008 erhobenen Klage hat sich der Antragsgegner gegen die Kündigung seines Arbeitgebers vom 23. September 2008 gewehrt und durch seine ehemaligen Prozessbevollmächtigten Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Hamburg erheben lassen. Durch Beschluss vom 21. November 2008 stellte das Arbeitsgericht Hamburg fest, dass ein Vergleich rechtswirksam zustande gekommen ist.

Durch Urteil vom 13. November 2009 – 325 O 131/09 – verurteilte das Landgericht Hamburg den Antragsgegner zur Zahlung von EUR 1.909,71 nebst Zinsen und wies im Übrigen die Klage der (ehemaligen) Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners ab. In dem vorgenannten Urteil wurde auf der Seite 7 (2. Absatz) folgende Feststellung getroffen:

Da die Einigung mit der Arbeitgeberin des Beklagten nach dem nicht widerlegten Vortrag der Kläger bereits außergerichtlich erzielt worden war, bevor es zu der Kündigung und dem arbeitsgerichtlichen Verfahren gekommen war, mit denen die Einigung mit der Arbeitgeberin des Beklagten umgesetzt worden war, ist die Einigungsgebühr bereits im Rahmen der außergerichtlichen Tätigkeit der Kläger entstanden und damit auch nach einem Wert von EUR 15.984,00. Der Beklagte hat den Vortrag der Kläger nicht widerlegt, wonach die Einigung mit der Arbeitgeberin bereits der Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Beklagten vorausgegangen war.“

Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2010 haben die (ehemaligen) Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners Vergütungsfestsetzung gemäß § 11 RVG beantragt und Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt EUR 2.214,59 in Ansatz gebracht. Mit Schriftsatz vom 23. Februar 2010 hat sich der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners zur Akte legitimiert und Bedenken gegen die Vergütungsfestsetzung erhoben.

Durch Beschluss vom 3. Juni 2010 hat das Arbeitsgericht Hamburg die von dem Antragsgegners an seine ehemaligen Prozessbevollmächtigten, die Rechtsanwälte V.& R., zu zahlende gesetzliche Vergütung gemäß § 11 RVG auf EUR 430,66 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 8. Februar 2910 festgesetzt und im Übrigen den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, dass eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG nicht entstanden sei, weil die Einigung mit dem Arbeitgeber des Antragsgegners nach dem nicht widerlegten Vortrag der Antragsteller bereits außergerichtlich, also bevor es zu der Kündigung und dem daran anschließenden arbeitsgerichtlichen Verfahren gekommen sei.

Gegen den den (ehemaligen) Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners am 21. Juni 2010 zugestellten Beschluss haben diese mit Schriftsatz vom 29. Juni 2010, der am 30. Juni 2010 eingegangen ist, sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass beim Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO regelmäßig die Terminsgebühr entstehe, wenn der von den Parteien bereits ausgehandelte Vergleich letztlich in einem gerichtlichen Verhandlungstermin protokolliert werde, um die Erörterungsgebührt auszulösen. Dass in der hier vorliegenden Angelegenheit im Übrigen auch zwischen den Parteivertretern vor dem laufenden Gerichtsverfahren und während des laufenden Gerichtsverfahrens mehrfach tatsächlich gesprochen worden sei, werde nur am Rande erwähnt. Es werde mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, dass sich das Arbeitsgericht über die Entscheidung des BGH vom 22. Februar 2007 – II ZB 101/06 – hinwegsetze.

Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Beschluss vom 6. Juli 2010 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG, § 567 Abs. 1 ZPO). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt EUR 200,00. Die sofortige Beschwerde ist auch fristgerecht eingegangen (§ 569 Abs. 1 ZPO) und gemäß § 569 Abs. 2 ZPO formgerecht eingelegt worden. Entsprechend der Sollvorschrift des § 571 Abs. 1 ZPO wurde sie auch begründet.

2. In der Sache selbst ist die sofortige Beschwerde jedoch nicht begründet.

Die im Beschluss vom 3. Juni 2010 festgesetzten Kosten sind vom Arbeitsgericht zutreffend ermittelt worden. Die (ehemaligen) Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners greifen mit ihrer sofortigen Beschwerde den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg nur insoweit an, als das Entstehen einer Terminsgebühr verneint worden ist.

a) Nach Nr. 3104 Abs.1 Nr.1 RVG-VV entsteht eine Terminsgebühr für einen tatsächlich nicht wahrgenommenen Termin schon dann, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, entweder im Einverständnis mit den Parteien oder gem. § 307 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird oder in einem solchen Verfahren, d.h. in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Im Urteilsverfahren vor den Arbeitsgerichten ist die mündliche Verhandlung vorgeschrieben (§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 128 Abs. 1 ZPO). Die zwischenzeitlich erhobenen Bedenken hinsichtlich des nicht ganz zweifelsfreien Wortlauts der Nr. 3104 Abs. 1Nr. 1 RVG-VV sind mittlerweile ausgeräumt (vgl. dazu Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl. 2010, Nr. 3104 RVG-VV, Rz. 30 m.w.N.). Der Wortlaut dieser Vorschrift legt nach jetzt herrschender Ansicht, der auch die Beschwerdekammer folgt, die Auslegung näher, dass der dort angesprochene Abschluss eines schriftlichen Vergleichs für alle die Verfahren gilt, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (vgl. Hessisches Landesarbeitsgericht Beschluss vom 22.10.2007 – 13 Ta 400/07 – zitiert nach juris; BGH Beschluss vom 22. Februar 2007 -VII ZB 101/06- NJW-RR 2007, 1149; BGH vom 3. Juli 2006 -II ZB 31/05- NJWRR 2006, 1507; BAG Beschluss vom 20. Juni 2006 – 3 AZB 78/05 – NZA 2005, 1060; Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss vom 13. Januar 2006 – 2 Ta 2/06 – NZA-RR 2006, 268; Landesarbeitsgericht Düsseldorf Beschluss vom 10. Januar 2006 – 16 Ta 668/05 -LAGE § 278 ZPO 2002 Nr. 2; BGH 27. Oktober 2005 – III ZB 42/05 – NJW 2006, 157; anderer Auffassung: LAG Berlin Beschluss vom 27. Juli 2005 – 17 Ta (Kost) 6024/05 – zitiert nach juris; OLG Naumburg Beschluss vom 1. August 2005 – 12 W 78/05 – JurBüro 2006, 22 und OLG Nürnberg Beschluss vom 15. Dezember 2004 – 3 W 4006/04 MDR 2005, 599). Nach der amtlichen Begründung soll Teil 3 des RVG-VV für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten einschließlich der Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen sowie für die Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit gelten (BT-Drucks. 15/1971, S. 208). Auch das spricht gegen die Annahme, Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV sei nur dann in Betracht zu ziehen, wenn mit Einverständnis der Parteien in einem schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO entschieden werde. Eine einengendere Auslegung wird schließlich den allgemeinen Vorstellungen des Gesetzgebers nicht gerecht, der den Anwendungsbereich der neuen Terminsgebühr gegenüber dem früheren Recht ausweiten wollte, um im Interesse auch der Gerichte zu vermeiden, die früher geübte Praxis zu perpetuieren, einen gerichtlichen Verhandlungstermin nur um einer anwaltlichen Gebühr willen anzustreben (vgl. Hessisches Landesarbeitsgericht Beschluss vom 22.10.2007 – 13 Ta 400/07 – zitiert nach juris). In den arbeitsgerichtlichen Verfahren, in denen ein schriftlicher Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen wird, fällt daher regelmäßig eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV an, worauf die (ehemaligen) Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners mit Recht hinweisen. Damit wird klargestellt, dass die Terminsgebühr nicht, wie ihre Bezeichnung eigentlich suggeriert, die Teilnahme an einem Termin, also an einer mündlichen Verhandlung, sei es eine Güteverhandlung oder einer streitige Kammerverhandlung, voraussetzt, sondern dass die Gebühr bereits dann fällig wird, wenn der Prozessbevollmächtigte nach Einreichung der Klage mit dem Gegner mit dem Ziel einer Erledigung des Rechtsstreits verhandelt. Noch nicht einmal der Abschluss eines Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO ist erforderlich, sondern die Terminsgebühr wird z.B. auch dann fällig, wenn nach Einreichung der Klage ein privatschriftlicher Vergleich zwischen den Parteien abgeschlossen wird (vgl. Bertzbach Anmerkung zu Landesarbeitsgericht Düsseldorf Beschluss vom 10. Januar 2006 – 16 Ta 668/05 -zitiert nach juris).

b) In Anwendung der vorstehenden Rechtssätze ist danach eine Terminsgebühr nicht entstanden. Die (ehemaligen) Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners haben im Rechtsstreit vor dem Landgericht Hamburg zum Aktenzeichen 325 O 131/09 ausweislich des Tatbestands des Urteils vom 13. November 2009 (vgl. Seite 4 des Urteils) ausdrücklich vortragen lassen, dass man mit dem ehemaligen Arbeitgeber des Antragsgegners eine Einigung erzielt habe, wonach der ehemalige Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Gründen in der Person des Antragsgegners kündigen und der Antragsgegner daraufhin bei dem Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage anstrengen sollte, die mit dem abgeschlossenen Vergleich enden sollte. Damit ist nach dem ausdrücklichen Sachvortrag der (ehemaligen) Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners, der auch im vorliegenden Verfahren nicht in Abrede genommen worden ist, der Vergleich bereits vor der Einreichung der Klage beim Arbeitsgericht Hamburg zum Aktenzeichen 20 Ca 233/08 abgeschlossen worden, so dass eine Terminsgebühr nicht entstehen konnte. Ohne Rechtsfehler hat deshalb die Rechtspflegerin erkannt, dass der vorliegende Sachverhalt mit dem der Entscheidung des BGH vom 22. Februar 2007 (- VII ZB 101/06 – NJW-RR 2007, 1149) nicht vergleichbar ist.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

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