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Tiefgarage – Geltung der StVO?


StVO in der Tiefgarage

Zusammenfassung:

Gelten in einer Tiefgarage mit Privatparkplätzen die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO)? Welche Pflichten treffen Benutzer einer Tiefgarage mit Privatparkplätzen beim Ausparken des Fahrzeuges aus einer Parktasche? Welche Pflichten treffen demgegenüber denjenigen Fahrzeugführer, der ein Fahrzeug auf der Fahrspur eines privaten Tiefgarage fortbewegt?


Landgericht Heidelberg

Az: 3 O 93/14

Urteil vom 20.02.2015


Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.688,70 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.05.2013 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 3/4 und die Beklagten als Gesamtschuldner 1/4 zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.


Beschluss

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

ab Klagerhebung: 7.154,06 € (1.) und 1.044,54 € (2. – 80 % aus 1.305,67 €) = 8.198,60 €

ab Klagerücknahme am 17.7.2014: 5.066,09 €.


Tatbestand

Die Klägerin beansprucht Schadenersatz aus einem Verkehrsunfallereignis am 18.2.2013 in Heidelberg in der Tiefgarage des Anwesens P. Straße …, Heidelberg.

Die Beklagte zu 1 befuhr mit dem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten beleuchteten Pkw Suzuki Vitara, amtliches Kennzeichen H…, den Durchfahrtbereich der Tiefgarage Richtung Ausfahrt. Zur selben Zeit fuhr der Sohn der Klägerin, der Zeuge M. V., den zuvor geparkten Pkw Daimler Benz, amtl. Kennzeichen H…, auf dem Stellplatz Nummer 32 rückwärts heraus. Dabei kam es zur Kollision mit dem von der Beklagten zu 1 geführten Pkw. Der Stellplatz Nummer 32 befand sich aus Sicht der Beklagten zu 1 auf der linken Seite in senkrechtem Winkel zum Durchfahrtbereich. Bei der Kollision wurde das hinteren linke Seitenteil des PKW Daimler Benz beschädigt. Die weiteren konkreten Unfallumstände sind zwischen den Parteien streitig.

Bei der Tiefgarage mit den dortigen Stellplätzen der Anwohner handelt es sich um Privatgelände. Die Ein- und Ausfahrt erfolgt durch Öffnen eines automatischen Aufziehtores. Ein Hinweis darauf, dass im Tiefgaragenbereich die Vorschriften der StVO gelten sollen, ist nicht vorhanden.

Gemäß dem im Auftrag der Klägerin von der Daimler-Niederlassung Mannheim erstellten Kostenvoranschlag vom 19.02.2013 (Anlage K 2) belaufen sich die Reparaturkosten auf 6.871,96 € netto sowie zuzüglich 1.305,96 € Mehrwertsteuer auf 8.177,63 € brutto. Für die Erstellung des Kostenvoranschlages hat die Daimler AG der Klägerin 299,99 € brutto bzw. 252,10 € netto in Rechnung gestellt (Anlage K 3).

Mit Schreiben der Klägervertreter vom 02.05.13 (Anlage K 4) wurde die Beklagte zu 2 zum Ausgleich des Schadens sowie zur Zahlung einer Auslagenpauschale in Höhe von 30 € bis zum 16.05.2013 aufgefordert. Eine Zahlung erfolgte nicht.

Die Klägerin trägt vor,
die Beklagten hafteten als Gesamtschuldner für den ganzen Schaden. Sie selbst sei entgegen dem Bestreiten der Beklagten Eigentümerin des streitgegenständlichen Pkw Daimler Benz. Für sie streite die Eigentumsvermutung zugunsten des eingetragenen Fahrzeugbriefinhabers sowie der Besitz am Fahrzeug und am Fahrzeugbrief. Das Fahrzeug habe die Klägerin bei der H. B. GmbH in Heidelberg erworben und von dieser übereignet bekommen.

Die Klägerin hat zunächst den Antrag gestellt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 7.154,06 € nebst 5% Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 16.05.2013 zu zahlen.

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die gesetzliche Mehrwertsteuer bis zu einer Höhe von 1.305,67 € zu erstatten, sobald diese angefallen ist.

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 603,93 € zu zahlen.

In der mündlichen Verhandlung am 17.07.2014 (Protokoll As. 63) hat die Klägerin den von dem Beklagten behaupteten Wiederbeschaffungswert des PKW Daimler Benz von 5.371,09 € sowie den Restwert von 305,00 € unstreitig gestellt sowie

den Antrag aus der Klageschrift vom 25.03.2014 gestellt, jedoch mit der Maßgabe, dass nur noch die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert und dem Restwert [mithin ein Ersatzbeschaffungsaufwand von 5.066,09 €] zur Zahlung begehrt und im Übrigen die Klage zurückgenommen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten halten die Klage für abweisungsreif.

Die Klägerin sei weder nachweislich Eigentümerin noch Halterin des geschädigten PKW. Bestritten werde, dass die Klägerin jemals Eigentum erworben habe.

Zum Unfallhergang behaupten die Beklagten, der PKW Daimler Benz sei plötzlich und völlig unvorhersehbar rückwärts aus seiner Parklücke geradewegs vor das Fahrzeug der Beklagten zu 1 gefahren. Für sie sei der Unfall daher unabwendbar gewesen.

Der Ansatz fiktiver Reparaturkosten sei nicht möglich, da die Klägerin sich auf den Wiederbeschaffungsaufwand verweisen lassen müsse. Der Ansatz der Kosten für die Erstellung des Kostenvoranschlages sei nicht möglich, da dieser für die Schadensregulierung untauglich gewesen sei. Es handle sich um einen Totalschaden und nicht um einen Reparaturfall. Eine Auslagenpauschale sei nur in Höhe von 20 bis 25 € angemessen.

Auch für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren fehle ihr die Aktivlegitimation. Es sei davon auszugehen, dass auf Seiten der Klägerin die Rechtsverfolgung unter Deckung sowie auf Kosten eines tatsächlich vorhandenen Rechtsschutzversicherers vorgenommen werde und daher zumindest die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren als Vorschüsse bereits geleistet worden seien, sodass aufgrund des § 86 VVG bereits ein gesetzlicher Forderungsübergang eingetreten sei. Überdies sei der Gegenstandswert für die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu hoch angesetzt. Die von der Klägerin im Feststellungsantrag geltend gemachte Mehrwertsteuer sei außergerichtlich nicht geltend gemacht worden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins an der Unfallörtlichkeit sowie die Vernehmung des Zeugen M. V. und die Anhörung der Beklagten zu 1) in der mündlichen Verhandlung am 17.07.2014. Zur weiteren Unfallrekonstruktion wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt. Auf das Sitzungsprotokoll vom 17.07.2014 (As. 61 ff.) und auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen H. vom 17.12.2014 (As. 93 ff.) wird verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zum Teil begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall gemäß §§ 18 Abs. 1, 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2 StVG, 823 Abs. 1, 254, 426 BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr.1 S. 4 VVG einen Anspruch auf Zahlung von 1.688,70 € als Gesamtschuldner.

I.

Die Klägerin ist als Eigentümerin des streitgegenständlichen Pkw Daimler Benz aktivlegitimiert. Jedenfalls die Eigentumsfortdauervermutung gemäß § 1006 Abs. 2 BGB spricht für ihre Eigentümerstellung im Unfallzeitpunkt. § 1006 Abs. 2 BGB vermutet zugunsten des früheren Besitzers dessen Eigentumserwerb und den Fortbestand des Eigentums an der Sache (vgl. Ebbing in: Erman BGB, Kommentar, 14. Auflage 2014, § 1006 BGB, Rn. 18; Bassenge, in: Palandt, 73. Auflage 2014, § 1006 Rn. 5 mwN; BGH NJW 2005, 359). Damit trägt die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast bezüglich eines früheren Besitzes des PKW, nicht aber auch für die den Eigentumserwerb begründenden Tatsachen (vgl. BGH NJW 2004, 217, NJW 2002, 2101). Aufgrund des Bestreitens der Beklagten trifft die Klägerin zudem eine sekundäre Darlegungslast bezüglich eines Eigentumserwerbstatbestands, wenn sich der fragliche Eigentumswechsel in ihrer Sphäre abgespielt hat (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 22. Juli 2014 – 6 U 53/13, Rn. 278; OLG Hamm, MDR 2014, 403).

Die Klägerin hat substantiiert dargelegt, sie habe das Fahrzeug seinerzeit bei der H. B. GmbH erworben und übereignet bekommen sowie den Besitz daran übertragen bekommen. Diese Darlegung wird gestützt durch die Aussage des Zeugen V., welcher den Eigentumserwerb „durch Kaufvertrag“ im Jahre 1989 bestätigt hat. Für diesen Sachverhalt spricht auch die Voreintragung der H. B. GmbH im Fahrzeugbrief.

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Die Klägerin hat damit ihrer Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Tatsachen einer früheren Besitzerlangung genügt. Diesen Vortrag haben die Beklagten auch nicht bestritten. Denn bestritten wurde nicht, dass die Klägerin „jemals“ Besitz gehabt habe, sondern lediglich, dass sie im Unfallzeitpunkt Besitzerin gewesen sei.

Die Klägerin hat auch ihrer sekundären Darlegungslast bezüglich eines Eigentumserwerbstatbestands genügt, indem sie bezüglich das Rechtsgeschäft und den Namen der Verkäuferin angegeben hat. Diesem konkreten Vorbringen ist die Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten. Damit streitet zugunsten der Klägerin die Eigentumsfortdauervermutung gemäß § 1006 Abs. 2 BGB.

II.

Die Beklagte zu 1) hat den Unfall, der sich im Sinne von 7 Abs. 1 StVG beim Betrieb der beteiligten Kraftfahrzeuge ereignet hat, auch (mit-)verschuldet. Auch dem Zeugen V., dem Sohn der Klägerin, ist ein erheblicher Mitverursachungs- und -verschuldensbeitrag vorzuwerfen, den die Klägerin sich zurechnen lassen muss. Nach Abwägung der beiderseitigen Anteile ergibt sich eine Haftungsquote von 1/3 auf Seiten der Beklagten zu 1) sowie 2/3 auf Seiten der Klägerin.

1.

Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie deren Umfang hängen nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG bzw. nach § 254 Abs. 1 BGB von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile der Fahrer der beteiligten Fahrzeuge unter Berücksichtigung der von beiden Kraftfahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahr nach § 17 Abs. 1 StVG, § 254 BGB sind nach der ständigen Rechtsprechung neben unstreitigen und zugestandenen Tatsachen nur bewiesene Umstände zu berücksichtigen, wobei auch die Regeln des Anscheinsbeweises Anwendung finden (vgl. BGH NJW 2012, 1953; OLG Hamm NJW-RR 2013, 33 Rn. 13 in juris; KG Berlin NZV 2003, 335 Rn. 3 in juris).

2.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war das Unfallereignis weder für die Beklagte zu 1) noch den Sohn der Klägerin unabwendbar im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG; vielmehr ist beiden ein schuldhafter und unfallursächlicher Verkehrsregelverstoß anzulasten.

a)

Bei dem Privatgelände der Tiefgarage ist nach der Inaugenscheinnahme durch das Gericht weder ein öffentlicher Verkehr eröffnet noch wird eingangs darauf hingewiesen, dass die Regeln der StVO gelten sollen. Damit sind – anders als bei öffentlich zugänglichen Privatparkplätzen – die Vorschriften der StVO grundsätzlich nicht anwendbar. Jedoch trifft die Verkehrsteilnehmer die Pflicht zur gesteigerten Rücksichtnahme. Da Parkplätze dem ruhenden Verkehr dienen, trifft der dort rückwärts Ausparkende nicht auf fließenden Verkehr, sondern auf Benutzer der Parkplatzfahrbahn. Daher sind die gegenseitigen Rücksichtnahmepflichten, verglichen mit den Pflichten aus §§ 9, 10 StVO, erhöht und einander angenähert (OLG Hamm NJW-RR 2013, 33 Rn. 14 in juris; Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 13. Auflage Randnr. 272). Einen Vertrauensgrundsatz zugunsten des „fließenden“ Verkehrs gegenüber dem wartepflichtigen Ausfahrenden gibt es dabei nicht (König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. § 8 StVO Rn. 31 a). Das führt dazu, dass bei Unfällen auf Parkplatzgeländen in der Regel für ein alleiniges Verschulden eines Verkehrsteilnehmers, insbesondere auch ein vollständiges Zurücktreten der Betriebsgefahr, kein Raum ist. Vielmehr ist hier – anders als im fließenden Verkehr – regelmäßig ein im Rahmen der Haftungsabwägung zu berücksichtigendes Mitverschulden, jedenfalls aber die Betriebsgefahr, zu berücksichtigen (OLG Hamm aaO; Scheidler, DAR 2012, 313, 316).

b)

Gegen die Pflicht zur gesteigerten Rücksichtnahme haben sowohl die Beklagte zu 1) als auch der Sohn der Klägerin, dessen Verhalten sie sich zurechnen lassen muss, schuldhaft verstoßen.

Nach dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen H., dessen Annahmen und Schlussfolgerungen die Parteien nicht angegriffen haben und die auch das Gericht für überzeugend hält, ist festzustellen, dass die Beklagte zu 1) den Unfall durch einen Verstoß gegen die von ihr zu beachtende erhöhte Rücksichtnahmepflicht mitverursacht hat. Aufgrund der von dem Sachverständigen rekonstruierten Kollisionsgeschwindigkeiten von jeweils 3 – 4 km/h und der von ihm plausibel angenommenen vorkollisionären Geschwindigkeit des rückwärts ausparkenden klägerischen Fahrzeugs folgt, dass der Beklagten zu 1) entweder der Vorwurf eines zu spät eingeleiteten Bremsenvorgangs bei angemessener Geschwindigkeit oder der Vorwurf eines – gemessen an der erhöhten Rücksichtnahmepflicht auf einem Parkgelände – überhöhten Geschwindigkeit bei angemessener Reaktionszeit gemacht werden muss. Grundsätzlich ist, worauf das Gericht bereits im Beweisbeschluss vom 17.7.2014 (As. 69 f.) hingewiesen hat, in einer solchen Tiefgarage die sogenannte Schrittgeschwindigkeit bei steter Bremsbereitschaft einzuhalten (vgl. Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 13. Auflage 2013 Randnr. 272 mit weiteren Nachweisen). Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Zwischenwege auf einem Parkplatz nicht als Straßen oder Fahrbahn im eigentlichen Sinne anzusehen sind. Sie dienen nicht wie eine Straße oder Fahrbahn dem fließenden Verkehr, sondern vor allem der Orientierung der Parkplatz suchenden sowie dem langsamen Ein- und Ausparken (vgl. auch OLG Oldenburg, Urteil vom 26.3.1982 – 11 U 74/81 – BeckRS 2008, 18794)

Dies richtig vorausgesetzt hat der Sachverständige die Schrittgeschwindigkeit nachvollziehbar mit 5 km/h angesetzt. Gemäß seinen weiteren Darlegungen unter Zugrundelegung der Unfallörtlichkeit und der Unfallsituation einschließlich der aus den erkennbaren Beschädigungen ableitbaren Kollisionsschwere ergibt sich, dass die Beklagte zu 1) entweder eine die Schrittgeschwindigkeit übersteigende Geschwindigkeit von 8-9 km/h gefahren sein muss oder aber zwar noch mit Schrittgeschwindigkeit gefahren ist, dann aber – wegen der dann gegebenen ausreichenden Erkennbarkeit des Ausparkvorganges des Ehemanns der Klägerin – eine den Unfall vermeidende Bremsung nicht rechtzeitig eingeleitet hat.

Auch der Sohn der Klägerin hat unfallursächlich gegen die von ihm zu beachtende erhöhte Rücksichtnahmepflicht verstoßen. Ob zu Lasten des rückwärts aus einem Parkplatz Fahrenden auch auf einem wie hier dem öffentlichen Verkehr nicht zugänglichen Parkgelände insoweit die Grundsätze des Anscheinsbeweises eingreifen (vgl. dazu etwa OLG Hamm aaO Rn. 17 ff. m.w.N.), kann dahin stehen. Denn für den Sohn der Klägerin war gemäß den überzeugenden gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen H. das Herrannahen der Beklagten zu 1) in jedem Falle erkennbar, da sie sich vor dem Verlassen in seinem Sichtbereich befunden haben musste, und der Unfall damit auch vermeidbar.

c)

Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile einschließlich der ebenfalls zu berücksichtigenden Betriebsgefahren der Fahrzeuge ergibt eine Haftungsquote von 1/3 auf Seiten der Beklagten zu 1) sowie 2/3 auf Seiten der Klägerin.

Auch auf privaten Parkplätzen trifft den rückwärts Fahrenden eine vergleichsweise höhere Sorgfaltspflicht im Vergleich zu den Sorgfaltspflichten, welche einem die Parkplatzfahrbahn befahrenden Fahrzeugführer obliegen. Denn beim Rückwärtsfahren sind die Sichtverhältnisse gegenüber dem vorwärts Fahrenden nicht unerheblich eingeschränkt, so dass diesem Fahrmanöver auch auf Parkplätzen eine höhere Gefahr als dem vorwärts fahrenden Fahrzeug inne wohnt (vgl. LG Saarbrücken, ZfSch 2011, 494; NJW-RR 2013, 33 Rn. 14 in juris). Andererseits tritt – aufgrund der auch für die Beklagte zu 1) erhöhten Rücksichtnahmepflicht – deren Mitverursachungsanteil keineswegs vollständig hinter denjenigen der Klägerin zurück. Insgesamt erscheint eine Haftungsverteilung im Verhältnis von 1/3 zu 2/3 zulasten der Klägerin angemessen.

III.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Haftungsquoten steht der Klägerin gegen beide Beklagte als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Zahlung von 1.688,70 € zu.

Streitgegenständlich ist nach der Rücknahme der Klage im Übrigen (Hauptantrag Ziffer I., vgl. Protokoll des Verhandlungstermins am 17.7.2014, As. 63) lediglich noch eine Geldforderung von 5.066,09 €. Die Klägerin rechnet damit nicht mehr wie ursprünglich nach den fiktiven Reparaturkosten ab, sondern begehrt den Ausgleich der Kosten einer Ersatzbeschaffung. Ein Drittel aus 5.066,09 € ergibt den genannten Betrag von 1.688,70 €.

IV.

Die zugesprochenen Zinsen und Nebenforderungen sich unter dem Gesichtspunkt des Zahlungsverzuges gerechtfertigt, §§ 280, 286, 288 BGB. Verzug ist eingetreten aufgrund des Anwaltsschreibens vom 02.05.2013 (Anlage K 4) mit Fristsetzung bis 16.05.2013.

V.

Die geltend gemachte Erstattung außergerichtlich bezahlter Rechtsanwaltsgebühren kann die Klägerin nicht beanspruchen, da sie dem Vortrag der Beklagten, die entsprechende Forderung sei wegen vorgerichtlicher Leistungen des Rechtsschutzversicherers gemäß § 86 VVG auf diesen übergegangen, nicht in erheblicher Weise entgegen getreten ist (§ 138 Abs. 2, 3 ZPO). Auch Vorschussleistungen des Rechtsschutzversicherers dienen dem Schadensausgleich im Sinne von § 86 VVG (vgl. Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Auflage 2010, § 86 VVG Rn. 10; OLG Saarbrücken VersR 2007, 1554) und führen daher zum Anspruchsübergang.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, 269 Abs. 3 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 709 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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