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Tierhalterhaftung bei Reitunfall – Wirksamkeit Haftungsklausel in Reitbeteiligungsvertrag

Ein Ausritt im Wald endet für eine erfahrene Reiterin mit einem Sturz und schweren Verletzungen, als sich ihr Pferd plötzlich erschreckt und losstürmt. Trotz eines Haftungsausschlusses im Reitbeteiligungsvertrag verurteilt das Landgericht Saarbrücken die Pferdehalterin zu Schadensersatz, da die Klausel unwirksam ist. Die Richter stellten klar, dass die Tierhalterin für die Folgen des unberechenbaren Verhaltens ihres Pferdes voll verantwortlich ist.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Saarbrücken
  • Datum: 11.04.2024
  • Aktenzeichen: 13 S 74/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren über einen Schadensersatzanspruch aufgrund eines Reitunfalls
  • Rechtsbereiche: Deliktsrecht, Tierhalterhaftung, Vertragsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Eine gesetzliche Krankenversicherung, die Schadensersatzansprüche aufgrund eines Reitunfalls geltend macht. Sie argumentiert, dass der Haftungsausschluss im Reitbeteiligungsvertrag unwirksam ist und somit die Beklagte haftet.
  • Beklagte: Eigentümerin des Pferdes, welches den Unfall verursacht hat. Sie beruft sich auf einen Haftungsausschluss im Reitbeteiligungsvertrag und argumentiert, dass die Geschädigte als Tieraufseherin ein Mitverschulden hat.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Versicherungsnehmerin der Klägerin erlitt bei einem Ausritt im Wald mit dem Pferd der Beklagten einen Unfall, bei dem sie von dem Pferd stürzte und verletzt wurde. Zwischen der Beklagten und der Versicherungsnehmerin bestand ein Reitbeteiligungsvertrag, der einen Haftungsausschluss regelte.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob der Haftungsausschluss im Reitbeteiligungsvertrag wirksam ist und ob der Geschädigten ein Mitverschulden anzulasten ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landgericht Saarbrücken hob das erstinstanzliche Urteil auf und entschied zugunsten der Klägerin. Die Beklagte muss der Klägerin 3.640,57 Euro nebst Zinsen zahlen und sie von Anwaltskosten freistellen. Der Haftungsausschluss war unwirksam.
  • Begründung: Der Haftungsausschluss verstößt gegen das AGB-Recht, da er die Haftung für Personenschäden unfairerweise in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausschließt. Es lag auch kein Mitverschulden der Geschädigten vor, da keine besondere Gefährdungssituation bestand.
  • Folgen: Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Weitere Rechtsmittel wurden nicht zugelassen, sodass das Urteil endgültig ist. Die Entscheidung betont die Grenzen der Vertragsautonomie im Rahmen der Tierhalterhaftung und klärt die Anforderungen an Haftungsausschlüsse in Reitbeteiligungsverträgen.

Tierhalterhaftung im Fokus: Reitunfall und die Folgen für Beteiligte

Reithelm und Stiefel liegen auf einem Waldweg, während ein dunkles Pferd im Hintergrund steht.
Tierhalterhaftung bei Reitunfall | Symbolfoto: Flux gen.

Die Tierhalterhaftung ist ein zentrales Thema im Zusammenhang mit Reitunfällen, welches häufig Fragen zu rechtlichen Regelungen und Haftungsfragen aufwirft. Gemäß dem Tierhalterrecht übernehmen Tierhalter grundsätzlich die Verantwortung für die Handlungen ihrer Tiere, wodurch auch Haftungsrisiken bei einem Reiterunfall entstehen können. Insbesondere können Schadensersatzansprüche betroffen sein, wenn Dritte durch das Tier zu Schaden kommen.

In vielen Fällen regelt ein Reitbeteiligungsvertrag die Haftung zwischen Reiter und Tierhalter. Hierbei können Haftungsklauseln und Risikoübernahmen von Bedeutung sein, um die Haftung im Falle eines Unfalls zu begrenzen. Eine Einverständniserklärung oder ein Haftungsausschluss können rechtliche Wirkung entfalten, müssen jedoch spezifischen gesetzlichen Bestimmungen genügen, um wirksam zu sein. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Problematik der Haftungsklausel in einem Reitbeteiligungsvertrag beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Reitunfall im Wald: Klare Tierhalterhaftung trotz Reitbeteiligungsvertrag

Das Landgericht Saarbrücken entschied am 11. April 2024 einen Fall von Tierhalterhaftung nach einem Reitunfall. Eine gesetzliche Krankenversicherung machte Schadensersatzansprüche gegen die Eigentümerin eines Pferdes geltend, nachdem ihre Versicherte bei einem Ausritt verletzt worden war.

Unfall durch unberechenbares Pferdeverhalten

Der Vorfall ereignete sich am 19. Februar 2017 in einem Waldgebiet. Die erfahrene Reiterin ritt das Pferd im Schritt, als dieses sich ohne erkennbaren Grund erschreckte und in schnellen Galopp überging. Das Tier stürmte auf eine Hecke zu und vollzog eine scharfe Wendung, wodurch die Reiterin stürzte und sich an der rechten Schulter verletzte. Eine Zeugenaussage bestätigte, dass Bremsversuche mit den Zügeln erfolglos blieben und eine weitere Wendung aufgrund der örtlichen Gegebenheiten unmöglich war.

Haftungsklausel im Reitbeteiligungsvertrag unwirksam

Zwischen der Pferdeeigentümerin und der Reiterin bestand ein Reitbeteiligungsvertrag, der einen Haftungsausschluss für Personen-, Sach- und Vermögensschäden vorsah. Das Gericht stufte diese Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung ein und erklärte sie für unwirksam. Der Ausschluss der Haftung für Personenschäden bei fahrlässigem Handeln verstößt gegen § 309 Nr. 7 lit. a BGB. Auch der Ausschluss der Haftung für sonstige Schäden bei grober Fahrlässigkeit widerspricht § 309 Nr. 7 lit. b BGB.

Volle Haftung der Tierhalterin bestätigt

Das Gericht stellte fest, dass die Voraussetzungen der Tierhalterhaftung nach § 833 Satz 1 BGB erfüllt sind. Durch das Erschrecken und Losstürmen des Pferdes verwirklichte sich die spezifische Tiergefahr. Ein Mitverschulden der Reiterin wurde nicht festgestellt. Die Beweisaufnahme ergab keine Anhaltspunkte dafür, dass die erfahrene Reiterin auf die plötzliche Bewegung des Pferdes hätte anders reagieren können.

Umfangreicher Schadensersatz zugesprochen

Das Landgericht verurteilte die Tierhalterin zur Zahlung von 3.640,57 Euro nebst Zinsen sowie zur Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 Euro. Zudem wurde festgestellt, dass die Tierhalterin der Krankenversicherung alle künftigen materiellen Schäden aus dem Unfall ersetzen muss, soweit diese Ansprüche auf die Versicherung übergegangen sind. Nach dem Sachverständigengutachten besteht die Möglichkeit einer Arthrose des Schultergelenks sowie weiterer gesundheitlicher Folgeschäden bei der Versicherten.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil stärkt die Position von Geschädigten bei Reitunfällen, indem es klarstellt, dass der Tierhalter das Mitverschulden des Geschädigten beweisen muss. Ein Haftungsausschluss wegen „Handelns auf eigene Gefahr“ ist beim Reiten nur in Ausnahmefällen möglich, nämlich wenn sich jemand bewusst einer über das normale Reiten hinausgehenden Gefahr aussetzt. Auch Reitbeteiligungsverträge können die Tierhalterhaftung nicht vollständig ausschließen, wenn der Schaden durch eine Tierhalterhaftpflichtversicherung gedeckt ist.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie als Reiter einen Unfall erleiden, können Sie grundsätzlich Schadensersatzansprüche gegen den Tierhalter geltend machen, auch wenn Sie einen Reitbeteiligungsvertrag unterschrieben haben. Der Tierhalter muss nachweisen, dass Sie sich fahrlässig verhalten haben – nicht Sie müssen Ihre Unschuld beweisen. Besonders wichtig: Auch wenn in Ihrem Reitbeteiligungsvertrag steht, dass Sie auf Ansprüche verzichten, gilt dieser Verzicht nicht für Schäden, die von der Tierhalterhaftpflichtversicherung abgedeckt sind. Dies gibt Ihnen als Reiter mehr Sicherheit, dass Sie im Schadensfall nicht auf den Kosten sitzen bleiben.


Reiten ohne Risiko? Wir helfen Ihnen, Ihre Rechte zu kennen.

Unfälle beim Reiten können schnell passieren und ungeahnte Folgen haben. Gerade bei Reitbeteiligungsverträgen ist es wichtig, die rechtlichen Feinheiten zu kennen, um im Schadensfall abgesichert zu sein. Wissen Sie, inwieweit Haftungsausschlüsse wirksam sind und welche Ansprüche Sie trotz vertraglicher Vereinbarungen geltend machen können? Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte als Reiter zu verstehen und im Falle eines Unfalls optimal zu vertreten.
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FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Rechte und Pflichten hat ein Pferdehalter bei einem Reitunfall?

Ein Pferdehalter unterliegt bei Reitunfällen der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung nach § 833 BGB. Dies bedeutet, dass er grundsätzlich für alle Schäden haftet, die sein Pferd anderen Personen zufügt.

Haftungsvoraussetzungen

Die Haftung tritt ein, wenn sich eine spezifische Tiergefahr verwirklicht hat. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Pferd scheut, buckelt oder ausschlägt. Der Pferdehalter muss dabei kein eigenes Verschulden tragen – die bloße Verwirklichung der Tiergefahr genügt für seine Haftung.

Haftungsumfang

Als Pferdehalter müssen Sie für sämtliche entstandenen Schäden aufkommen:

Haftungsbegrenzungen

Die Haftung kann in bestimmten Fällen eingeschränkt sein:

Ein Mitverschulden des Geschädigten nach § 254 BGB kann die Haftung mindern. Dies kommt etwa in Betracht, wenn sich ein unerfahrener Reiter ohne ausreichende Kenntnisse auf ein Pferd setzt.

Bei einer Reitbeteiligung ist zu beachten, dass pauschale Haftungsausschlüsse in den Verträgen häufig unwirksam sind. Nach § 309 Nr. 7 BGB können Haftungsausschlüsse für Personenschäden in AGBs nicht wirksam vereinbart werden.

Präventive Maßnahmen

Als Pferdehalter sollten Sie einige grundlegende Sicherheitsvorkehrungen treffen:

Der Abschluss einer Tierhalterhaftpflichtversicherung ist dringend anzuraten. Diese übernimmt berechtigte Schadensersatzforderungen und wehrt unberechtigte Ansprüche ab.

Vor dem Überlassen des Pferdes an andere Reiter ist die Eignung des Pferdes für den jeweiligen Reiter sorgfältig zu prüfen. Bei Reitanfängern oder unerfahrenen Reitern trifft Sie eine besondere Sorgfaltspflicht.

Die regelmäßige Kontrolle der Gesundheit des Pferdes und die Wartung der Ausrüstung sind ebenfalls wichtige Pflichten des Pferdehalters.


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Was macht einen Reitbeteiligungsvertrag rechtlich wirksam?

Ein Reitbeteiligungsvertrag wird durch die schriftliche Vereinbarung zwischen Pferdehalter und Reitbeteiligung rechtlich wirksam. Der Vertrag muss dabei bestimmte Kernelemente enthalten und darf keine unwirksamen Klauseln beinhalten.

Erforderliche Vertragsinhalte

Der Vertrag muss präzise Angaben zu allen Beteiligten enthalten. Dazu gehören die vollständigen Namen und Anschriften des Pferdehalters und der Reitbeteiligung sowie die genaue Bezeichnung des Pferdes mit Namen und Lebensnummer.

Die Nutzungsrechte und -pflichten müssen klar definiert werden. Wenn Sie einen Reitbeteiligungsvertrag abschließen, sollten Sie festlegen, wie oft pro Woche geritten werden darf und welche Reitweisen erlaubt sind. Auch die Teilnahme an Turnieren oder anderen Veranstaltungen bedarf einer ausdrücklichen Regelung.

Kostenbeteiligung und Zahlungsmodalitäten

Die finanzielle Vereinbarung muss eindeutig formuliert sein. Der monatliche Betrag und der Zahlungszeitpunkt sind festzulegen. Auch die Kostenpflicht bei Krankheit des Pferdes oder während der eigenen Urlaubszeit sollte geregelt werden.

Haftungsregelungen

Besondere Vorsicht ist bei Haftungsklauseln geboten. Ein pauschaler Haftungsausschluss ist nach aktueller Rechtsprechung unwirksam. Nach § 309 Nr. 7 BGB können Haftungsausschlüsse für Personenschäden, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung beruhen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam vereinbart werden.

Versicherungsschutz

Der Vertrag muss klare Regelungen zum Versicherungsschutz enthalten. Der Pferdehalter ist verpflichtet, eine Pferdehalterhaftpflichtversicherung aufrechtzuerhalten. Die Reitbeteiligung sollte eine eigene Unfallversicherung und private Haftpflichtversicherung nachweisen.


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Welche Versicherungen sind für Pferdehalter und Reiter notwendig?

Für Pferdehalter und Reiter sind mehrere Versicherungen von zentraler Bedeutung, um sich gegen finanzielle Risiken abzusichern:

Pferdehalterhaftpflichtversicherung

Die Pferdehalterhaftpflichtversicherung ist für jeden Pferdehalter unverzichtbar. Sie deckt Schäden ab, die Ihr Pferd Dritten zufügt, unabhängig davon, ob Sie ein Verschulden trifft. Als Pferdehalter haften Sie nach § 833 BGB verschuldensunabhängig für Schäden, die Ihr Pferd verursacht. Diese Versicherung schützt Sie vor finanziellen Forderungen, die schnell in die Hunderttausende gehen können.

Wenn Ihr Pferd beispielsweise auf einer Koppel ausbricht und einen Verkehrsunfall verursacht, kommt die Pferdehalterhaftpflichtversicherung für die entstandenen Schäden auf. Achten Sie bei der Wahl der Versicherung auf eine ausreichend hohe Deckungssumme, idealerweise mindestens 5 Millionen Euro für Personen-, Sach- und Vermögensschäden.

Pferde-OP-Versicherung

Eine Pferde-OP-Versicherung übernimmt die Kosten für notwendige Operationen Ihres Pferdes. Angesichts der hohen Kosten für tierärztliche Behandlungen kann diese Versicherung Sie vor erheblichen finanziellen Belastungen schützen. Sie deckt in der Regel die Kosten für chirurgische Eingriffe unter Vollnarkose, Sedierung oder Lokalanästhesie ab.

Reiter-Unfallversicherung

Als Reiter sollten Sie eine Reiter-Unfallversicherung in Betracht ziehen. Diese greift bei Unfällen, die sich beim Reiten oder im direkten Umgang mit dem Pferd ereignen. Sie bietet finanzielle Unterstützung bei Invalidität oder im Todesfall und kann auch Krankenhaustagegeld oder Kosten für Such- und Rettungseinsätze umfassen.

Pferdehalter-Rechtsschutzversicherung

Eine Pferdehalter-Rechtsschutzversicherung kann sinnvoll sein, um sich gegen rechtliche Auseinandersetzungen abzusichern. Sie übernimmt Anwalts- und Gerichtskosten, wenn Sie als Pferdehalter in einen Rechtsstreit verwickelt werden, etwa bei Streitigkeiten über Kaufverträge oder Schadensersatzforderungen.

Beachten Sie, dass die Wirksamkeit von Haftungsausschlüssen in Reitbeteiligungsverträgen rechtlich umstritten ist. Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 11. April 2024 (Az.: 13 S 74.23.00) hat einen pauschalen Haftungsausschluss in einem Reitbeteiligungsvertrag für unwirksam erklärt. Das Gericht begründete dies damit, dass ein solcher Ausschluss gegen § 309 Nr. 7 BGB verstößt, der den Ausschluss oder die Beschränkung der Haftung für Personenschäden verbietet.

Wenn Sie eine Reitbeteiligung anbieten oder eingehen, sollten Sie daher besonders vorsichtig sein und sich nicht auf vertragliche Haftungsausschlüsse verlassen. Eine umfassende Versicherung bleibt der sicherste Weg, um sich vor finanziellen Risiken zu schützen.

Prüfen Sie regelmäßig Ihren Versicherungsschutz und passen Sie ihn an Ihre individuellen Bedürfnisse an. Die Kombination aus Pferdehalterhaftpflicht-, OP- und Reiter-Unfallversicherung bietet in den meisten Fällen einen soliden Grundschutz für Pferdehalter und Reiter.


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Welche Bedeutung haben Haftungsausschlüsse im Reitsport?

Haftungsausschlüsse im Reitsport unterliegen strengen rechtlichen Grenzen und sind nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam. Die gesetzliche Tierhalterhaftung nach § 833 BGB kann nicht pauschal ausgeschlossen werden.

Vertragliche Haftungsausschlüsse

Ein vertraglicher Haftungsausschluss ist grundsätzlich möglich, muss aber präzise formuliert sein. Allgemeine Klauseln, die jegliche Haftung ausschließen, sind unwirksam. Besonders bei Personenschäden können Haftungsausschlüsse in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 309 Nr. 7 BGB nicht wirksam vereinbart werden.

Stillschweigende Haftungsausschlüsse

Ein stillschweigender Haftungsausschluss wird von Gerichten nur in Ausnahmefällen anerkannt. Wenn Sie sich als Reiter bewusst einem Risiko aussetzen, das über die gewöhnlichen Reitgefahren hinausgeht, kann dies zu einem Haftungsausschluss führen. Dies gilt etwa in folgenden Situationen:

  • Bei der Übernahme eines erkennbar schwierigen Pferdes
  • Bei der Teilnahme an gefährlichen Reitsportveranstaltungen wie Fuchsjagden
  • Beim Reiten eines noch nicht zugerittenen Pferdes

Besonderheiten bei Reitbeteiligungen

Bei Reitbeteiligungen empfiehlt sich eine schriftliche Vereinbarung zum Haftungsausschluss. Vorgefertigte Vertragsvordrucke sind jedoch nicht mehr zulässig. Eine Haftungsfreistellung wirkt zudem nur im Innenverhältnis zwischen Pferdehalter und Reitbeteiligung. Ansprüche Dritter, wie etwa von Krankenversicherungen, können dadurch nicht ausgeschlossen werden.

Grenzen der Haftungsfreizeichnung

Die Haftung kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, wenn sich die typische Tiergefahr verwirklicht hat. Ein Haftungsausschluss greift nur dann, wenn Sie sich einer konkreten Gefahr bewusst ausgesetzt haben. Das normale Reiten und die damit verbundenen üblichen Risiken reichen für einen Haftungsausschluss nicht aus.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Tierhalterhaftung

Die Tierhalterhaftung ist die gesetzliche Pflicht des Tierhalters, für Schäden zu haften, die durch sein Tier verursacht werden. Sie ist in § 833 BGB geregelt und gilt unabhängig vom Verschulden des Halters (Gefährdungshaftung). Der Tierhalter muss dabei für alle typischen Tiergefährdungen einstehen, die sich aus dem unberechenbaren Verhalten des Tieres ergeben. Dies gilt besonders für Nutztiere wie Pferde, bei denen die Tiergefahr durch plötzliches Scheuen oder Durchgehen entstehen kann. Ein klassisches Beispiel ist ein Reitunfall durch ein scheuendes Pferd.


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Reitbeteiligungsvertrag

Ein Reitbeteiligungsvertrag ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen Pferdehalter und Reiter über die regelmäßige Nutzung eines Pferdes gegen Kostenbeteiligung. Der Vertrag regelt typischerweise Rechte und Pflichten beider Parteien, Nutzungszeiten, Kostenteilung sowie Haftungsfragen. Er unterscheidet sich vom reinen Reitunterricht oder einmaligen Ausritten. Rechtlich ist er eine Mischung aus Miet- und Dienstleistungsvertrag nach §§ 535, 611 BGB. Die vereinbarten Haftungsklauseln müssen dabei den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.


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Allgemeine Geschäftsbedingungen

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen stellt. Sie unterliegen nach §§ 305 ff. BGB einer strengen rechtlichen Kontrolle zum Schutz der schwächeren Vertragspartei. Bestimmte Klauseln, wie der vollständige Haftungsausschluss für Personenschäden, sind nach § 309 BGB grundsätzlich unwirksam. Dies betrifft häufig standardisierte Haftungsausschlüsse in Reitverträgen oder Vereinbarungen mit Reitställen.


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Tiergefahr

Die Tiergefahr beschreibt das unberechenbare, instinktgesteuerte Verhalten eines Tieres, das sich der menschlichen Kontrolle entzieht und zu Schäden führen kann. Sie ist der zentrale Begriff der Tierhalterhaftung nach § 833 BGB. Typische Beispiele sind das plötzliche Scheuen eines Pferdes, unerwartete Fluchtreaktionen oder aggressive Verhaltensweisen. Die Verwirklichung der Tiergefahr führt zur Haftung des Tierhalters, auch wenn ihn kein Verschulden trifft. Dies unterscheidet die Tierhalterhaftung von der normalen verschuldensabhängigen Haftung.


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Gefährdungshaftung

Die Gefährdungshaftung ist eine verschuldensunabhängige Haftung für Schäden aus besonders gefährlichen Tätigkeiten oder dem Halten gefährlicher Sachen. Sie ist im Fall der Tierhalterhaftung in § 833 BGB geregelt. Der Halter haftet allein aufgrund der Tatsache, dass er die Gefahrenquelle (das Tier) unterhält und den Nutzen daraus zieht. Ein Verschulden muss nicht nachgewiesen werden. Dem Geschädigten wird damit die Beweisführung erleichtert. Die Haftung kann nur durch höhere Gewalt oder überwiegendes Verschulden des Geschädigten ausgeschlossen werden.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 833 BGB (Tierhalterhaftung):
    Die Tierhalterhaftung nach § 833 BGB regelt, dass ein Tierhalter für Schäden haftet, die durch die spezifische Gefahr seines Tieres verursacht werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Tierhalter selbst ein Verschulden trifft. Die Haftung wird durch die sogenannte „Gefährdungshaftung“ begründet, da Tiere aufgrund ihres unberechenbaren Verhaltens eine besondere Gefahr darstellen.
    Im vorliegenden Fall hat sich die spezifische Tiergefahr durch das plötzliche Erschrecken und Losstürmen des Pferdes verwirklicht, wodurch die Versicherungsnehmerin stürzte und verletzt wurde. Die Beklagte als Tierhalterin ist deshalb haftbar.
  • § 254 BGB (Mitverschulden):
    § 254 BGB sieht vor, dass ein Mitverschulden des Geschädigten die Haftung des Schädigers mindern kann. Dabei muss der Geschädigte zur Schadensvermeidung beitragen, wenn ihm dies möglich und zumutbar ist. Der Schädiger ist in der Beweispflicht, wenn er ein Mitverschulden geltend machen möchte.
    Im Fall konnte die Beklagte kein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin nachweisen. Das Gericht sah keine Hinweise darauf, dass die Versicherungsnehmerin durch unsachgemäßes Verhalten den Sturz hätte vermeiden können.
  • § 834 BGB (Tieraufseherhaftung):
    § 834 BGB regelt die Haftung eines Tieraufsehers, der die Obhut über ein Tier übernommen hat und durch dieses geschädigt wird. Es wird eine Vermutung für ein Verschulden des Tieraufsehers angenommen, wenn dieser die gebotene Sorgfalt nicht eingehalten hat.
    Im Fall versuchte die Beklagte, die Versicherungsnehmerin als Tieraufseherin einzustufen, um ihre eigene Haftung zu mindern. Das Gericht wies dies zurück, da die Versicherungsnehmerin weder Hauptpflichten eines Tieraufsehers übernahm noch ein Verschulden vorlag.
  • § 305 BGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen – Transparenzgebot):
    § 305 BGB und folgende Normen verlangen, dass Vertragsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen klar und verständlich formuliert sind. Unklare oder mehrdeutige Klauseln können unwirksam sein.
    Der Haftungsausschluss im Reitbeteiligungsvertrag wurde als Allgemeine Geschäftsbedingung eingestuft und als unklar und damit unwirksam bewertet. Das Gericht stellte fest, dass die Vertragsklausel keine eindeutige Regelung zum Haftungsausschluss bietet und somit der Beklagten nicht zugutekommen kann.
  • § 309 Nr. 7 BGB (Unwirksamkeit von Haftungsausschlüssen):
    § 309 Nr. 7 BGB verbietet in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Haftungsausschlüsse oder -begrenzungen für Schäden aus Verletzungen des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf Fahrlässigkeit beruhen.
    Der im Vertrag enthaltene Haftungsausschluss wurde als unzulässig bewertet, da er potenziell Körperverletzungen umfasst und somit gegen § 309 Nr. 7 BGB verstößt. Diese Regelung schützt die Versicherungsnehmerin vor einer Einschränkung ihrer Schadensersatzansprüche.

Das vorliegende Urteil


LG Saarbrücken – Az.: 13 S 74/23 – Urteil vom 11.04.2024


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