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Tierhalterhaftung für Kosten einer tierärztlichen Notbehandlung

Ein Kater im Koma, eine Rechnung, die keiner zahlen will – ein Münchner Gericht musste entscheiden, wer für die Notfallbehandlung aufkommen muss. Geht Tierliebe über finanzielle Bedenken, oder darf man nachträglich die Rettung seines Lieblings in Frage stellen? Ein Urteil mit Signalwirkung für alle Tierbesitzer und Lebensretter auf vier Pfoten.

Übersicht:

Zum vorliegenden Urteil Az.: 161 C 16714/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: AG München
  • Datum: 30.08.2024
  • Aktenzeichen: 161 C 16714/22
  • Verfahrensart: Urteil
  • Rechtsbereiche: BGB (§§ 683, 677, 670, 398)
  • Beteiligte Parteien:
  • Klägerin: Geltendmachung eines Anspruchs auf Zahlung aus abgetretenem Recht. Sie argumentiert mit einer Abtretungsbestätigung und einem Rahmenvertrag mit der A. GmbH, der sie zum Forderungskauf berechtigt.
  • Beklagte: Bestreitet die Abtretung der Forderung an die Klägerin.
  • Um was ging es?
  • Sachverhalt: Die Klägerin fordert von der Beklagten 565,31 € aus abgetretenem Recht. Die Beklagte bestreitet die Abtretung.
  • Kern des Rechtsstreits: Ist die Abtretung der Forderung von der A. GmbH an die Klägerin wirksam erfolgt, sodass die Klägerin zur Geltendmachung des Anspruchs berechtigt ist?
  • Was wurde entschieden?
  • Entscheidung: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 565,31 € nebst Zinsen sowie weitere 1,00 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  • Begründung: Der Klägerin steht der Anspruch auf Zahlung aus abgetretenem Recht gemäß §§ 683 S. 1, 677, 670, 398 S. 1 BGB zu. Die Abtretung der Forderung von der A. GmbH an die Klägerin ist durch die vorgelegte Abtretungsbestätigung, den Rahmenvertrag zwischen den Parteien und die Rechnungsstellung der Klägerin an die A. GmbH hinreichend belegt.
  • Folgen: Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Fall vor Gericht


Tierhalter haftet für Tierarztkosten im Notfall: Klarstellung des Amtsgerichts München

Tierarztpraxis: Wissenschaftler untersucht eine leblose Katze auf einem Untersuchungstisch, besorgte Besitzerin in der Nähe.
Haftung von Tierhaltern für Tierarztkosten | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Amtsgericht München hat in einem aktuellen Urteil (Az.: 161 C 16714/22) die Haftung von Tierhaltern für die Kosten einer tierärztlichen Notbehandlung bekräftigt. Geklagt hatte ein Inkassounternehmen, das die Forderungen einer Tierarztpraxis übernommen hatte. Im Kern ging es um die Frage, ob eine Tierhalterin die Kosten für die Notfallbehandlung ihres Katers tragen muss, auch wenn sie die Behandlung nachträglich bestritt und Einwände gegen die Forderungsabtretung erhob. Das Gericht entschied zugunsten des Inkassounternehmens und damit im Sinne der ursprünglichen Tierarztpraxis.

Der Fall: Notfallbehandlung und strittige Forderung

Im konkreten Fall ging es um die tierärztliche Notversorgung eines Katers. Das Tier wurde in einem kritischen Zustand – mit Krampfanfällen und im Koma – in die Tierarztpraxis eingeliefert und umgehend notfallmedizinisch versorgt. Die Tierarztpraxis stellte für diese Behandlungskosten in Höhe von 565,31 Euro in Rechnung. Die Tierhalterin weigerte sich jedoch, die Rechnung zu bezahlen. Die Tierarztpraxis trat daraufhin ihre Forderung an ein Inkassounternehmen ab, welches die Tierhalterin vor dem Amtsgericht München auf Zahlung verklagte.

Kern des Streits: Abtretung der Forderung und Berechtigung der Behandlung

Die Tierhalterin bestritt vor Gericht sowohl die Abtretung der Forderung an das Inkassounternehmen als auch die Notwendigkeit und Durchführung der tierärztlichen Behandlung. Sie argumentierte, dass die Abtretung ohne ihre Zustimmung nicht rechtens sei und zudem nicht zweifelsfrei bewiesen sei, dass ihr Kater tatsächlich behandelt wurde. Das Gericht musste daher zwei zentrale Fragen klären: War die Abtretung der Forderung rechtmäßig und ist die Tierhalterin zur Zahlung der Behandlungskosten verpflichtet?

Gericht bestätigt Rechtmäßigkeit der Forderungsabtretung durch Tierarztpraxis

Das Amtsgericht München wies die Einwände der Tierhalterin bezüglich der Abtretung der Forderung entschieden zurück. Das Gericht stellte klar, dass Tierärzte ihre Honorarforderungen an Dritte abtreten dürfen, ohne die Zustimmung des Tierhalters einholen zu müssen. Dies unterscheidet sich von der Rechtslage bei Human- und Zahnmedizinern. Das Gericht stützte sich dabei auf die Vorlage eines Rahmenvertrages zwischen der Tierarztpraxis und dem Inkassounternehmen sowie einer Abtretungsbestätigung. Zudem hatte die Tierhalterin selbst ein Formular der Tierarztpraxis unterzeichnet, in dem auf eine mögliche Abrechnung durch das Inkassounternehmen hingewiesen wurde.

„Geschäftsführung ohne Auftrag“: Tierärztliche Hilfe im Notfall rechtfertigt Kostenübernahme

In Bezug auf die Berechtigung der Behandlungskosten folgte das Gericht ebenfalls der Argumentation des Inkassounternehmens. Es stellte fest, dass die Tierarztpraxis im Sinne einer Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677 BGB) gehandelt hat, als sie den Kater notfallmedizinisch versorgte. Auch wenn die Tierhalterin die Behandlung nachträglich bestritt, sahen die Richter die Notwendigkeit der Behandlung durch die Aussagen von Zeuginnen und die vorgelegten Behandlungsdokumentationen als erwiesen an. Der Zustand des Katers bei Einlieferung – Anfallsgeschehen und Koma – ließ keinen Zweifel an der Dringlichkeit und Notwendigkeit der tierärztlichen Maßnahmen.

Das Urteil: Tierhalterin muss Tierarztkosten tragen

Das Amtsgericht München verurteilte die Tierhalterin zur Zahlung von 565,31 Euro zuzüglich Zinsen an das Inkassounternehmen. Damit wurde die Klage im Wesentlichen stattgegeben, lediglich ein geringfügiger Teil der ursprünglichen Forderung wurde abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Tierhalterin auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Gericht setzte den Streitwert auf den geforderten Betrag von 565,31 Euro fest.

Bedeutung des Urteils für Tierhalter und Tierarztpraxen

Dieses Urteil des Amtsgerichts München hat eine wichtige Signalwirkung für Tierhalter und Tierarztpraxen. Es unterstreicht die Pflicht von Tierhaltern, für die Kosten notwendiger tierärztlicher Behandlungen aufzukommen, insbesondere in Notfallsituationen. Auch wenn Tierhalter nachträglich Einwände erheben oder die Behandlung nicht explizit in Auftrag gegeben haben, sofern eine Notfallsituation vorliegt und die Behandlung dem Wohl des Tieres dient, sind die Kosten in der Regel vom Tierhalter zu tragen.

Für Tierarztpraxen schafft das Urteil Rechtssicherheit hinsichtlich der Abtretung von Forderungen an Inkassounternehmen. Es bestätigt, dass Tierärzte im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit Forderungen abtreten können, um ihre Liquidität zu sichern und den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, ohne dabei auf die Zustimmung der Tierhalter angewiesen zu sein.

Konsequenzen für Betroffene: Verantwortungsvoller Umgang mit Tiergesundheit

Für Tierhalter bedeutet dieses Urteil, dass sie sich ihrer Verantwortung für die Gesundheit ihrer Tiere bewusst sein müssen. Dazu gehört auch die finanzielle Verantwortung für notwendige tierärztliche Behandlungen, insbesondere im Notfall. Es ist ratsam, sich über mögliche Kosten im Klaren zu sein und gegebenenfalls eine Tierkrankenversicherung abzuschließen, um unvorhergesehene finanzielle Belastungen abzufedern.

Tierarztpraxen hingegen können sich durch dieses Urteil in ihrer Position gestärkt sehen. Sie können sich darauf verlassen, dass ihre Honorarforderungen für Notfallbehandlungen in der Regel durchsetzbar sind und die Abtretung von Forderungen an Inkassounternehmen eine legitime Möglichkeit darstellt, offene Rechnungen zu begleichen. Gleichzeitig sollten Tierarztpraxen transparent über Behandlungskosten informieren und im besten Fall vorab mit den Tierhaltern über mögliche finanzielle Aspekte sprechen, soweit dies in einer Notfallsituation möglich ist.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil stellt klar, dass Tierärzte ihre Honorarforderungen ohne Zustimmung des Tierhalters an Dritte abtreten dürfen, was tierärztliche Abrechnungen von humanmedizinischen unterscheidet. Ein Tierhalter ist zur Zahlung tierärztlicher Notfallbehandlungen verpflichtet, auch wenn er diese nicht ausdrücklich beauftragt hat, da solche Behandlungen im Interesse des Tierhalters erfolgen und diesem die Pflicht zur tierschutzgerechten Versorgung obliegt. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet die Geschäftsführung ohne Auftrag, wodurch Tierhalter für notwendige medizinische Maßnahmen an ihren Tieren zahlungspflichtig werden.


Praxistipps für Tierbesitzer zum Thema Tierarztkosten in Notfällen

Praxistipps für Tierbesitzer bei Tierarztkosten im Notfall

[Kurze Einleitung, max. 3 Sätze zum rechtlichen Kontext und dessen Relevanz]
Im Notfall für das geliebte Haustier zählt oft jede Sekunde. Tierärztliche Notfallbehandlungen können jedoch schnell hohe Kosten verursachen. Das Urteil des AG München (Az.: 161 C 16714/22) zeigt, welche Rechte und Pflichten Tierbesitzer in solchen Situationen haben und wie finanzielle Streitigkeiten vermieden werden können.

⚖️ DISCLAIMER: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar und ersetzen nicht die individuelle juristische Beratung. Jeder Fall ist anders und kann besondere Umstände aufweisen, die einer speziellen Einschätzung bedürfen.

Tipp 1: Kommunikation im Notfall suchen

Klären Sie, sobald es die Situation zulässt, mit dem Tierarzt die voraussichtlichen Kosten der Behandlung. Fragen Sie nach den Behandlungsoptionen und den damit verbundenen Kosten, um eine informierte Entscheidung treffen zu können.

Beispiel: Fragen Sie den Tierarzt direkt: „Mit welchen Kosten muss ich ungefähr für die Notfallbehandlung rechnen? Gibt es verschiedene Behandlungsoptionen mit unterschiedlichen Kosten?“

⚠️ ACHTUNG: Auch in einer emotionalen Ausnahmesituation ist es wichtig, die finanzielle Seite nicht vollständig auszublenden. Sprechen Sie Ihre Bedenken offen an.


Tipp 2: Einwilligung zur Behandlung dokumentieren

Auch wenn eine ausdrückliche schriftliche Einwilligung im Notfall oft nicht möglich ist, sollten Sie, sobald es geht, Ihre Zustimmung zur Behandlung – und idealerweise zu einem Kostenrahmen – dokumentieren oder von der Tierarztpraxis bestätigen lassen.


Tipp 3: Rechnungsprüfung und Zahlungsmodalitäten

Prüfen Sie die Tierarztrechnung sorgfältig auf Richtigkeit und Vollständigkeit. Klären Sie gegebenenfalls Unstimmigkeiten direkt mit der Tierarztpraxis. Vereinbaren Sie bei Bedarf Ratenzahlungen, falls die Rechnungssumme Ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigt.

⚠️ ACHTUNG: Ignorieren Sie Rechnungen nicht! Nehmen Sie Kontakt zur Tierarztpraxis auf, um Lösungen zu finden, bevor es zu einem Inkassoverfahren kommt.


Tipp 4: Abtretung von Forderungen prüfen

Sollte eine Forderung an ein Inkassounternehmen abgetreten worden sein (wie im Urteilsfall), prüfen Sie die Rechtmäßigkeit der Abtretung. Fordern Sie von der Inkassofirma einen Nachweis der Abtretung und der ursprünglichen Forderung der Tierarztpraxis.

Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?

Ein häufiger Fallstrick ist die Annahme, dass man als Tierbesitzer in jedem Fall zur Zahlung der vollen Kosten verpflichtet ist, auch wenn diese unverhältnismäßig hoch erscheinen. Gerade bei sehr teuren Behandlungen kann es ratsam sein, rechtlichen Rat einzuholen, um die Angemessenheit der Kosten zu prüfen. Auch die Frage der Notwendigkeit bestimmter Behandlungen kann im Nachhinein strittig sein.

Checkliste: Tierarztkosten im Notfall

  • Im Notfall: Ruhe bewahren und Tierarzt kontaktieren.
  • Kommunikation mit dem Tierarzt über Behandlung und Kosten suchen.
  • Behandlungsoptionen und Kostenrahmen erfragen.
  • Rechnung sorgfältig prüfen.
  • Bei Unklarheiten oder finanziellen Problemen: Rechtzeitig Rat suchen.

Benötigen Sie Hilfe?

Verantwortung und Klarheit bei Notfallbehandlungen

In Situationen, in denen dringende tierärztliche Maßnahmen notwendig werden, können rechtliche Fragen hinsichtlich der Kostenübernahme schnell komplex erscheinen. Fälle, in denen finanzielle Verpflichtungen unklar oder umstritten sind, fordern eine präzise Prüfung der bestehenden Verantwortlichkeiten.

Wir unterstützen Sie bei der Analyse Ihrer rechtlichen Situation und der Identifizierung relevanter Aspekte, die im Zusammenhang mit unerwarteten Kosten entstehen können. Unser Ansatz richtet sich darauf, Ihnen eine verständliche und fundierte Bewertung zu bieten, sodass Sie den nächsten Schritt sicher und informiert planen können.

Ersteinschätzung anfragen

FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Haften Tierhalter immer für Tierarztkosten, auch wenn sie der Behandlung nachträglich widersprechen?

Grundsätzliche Haftung: Tierhalter haften in der Regel für die Kosten, die durch die Inanspruchnahme tierärztlicher Leistungen entstehen. Dies basiert auf einem Dienstvertrag zwischen Tierhalter und Tierarzt, der im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt ist. Die Kosten richten sich nach der Tierärztlichen Gebührenordnung (GOT), die die Höhe der Gebühren festlegt.

Notfallsituationen: In Notfallsituationen, wie bei einem verletzten Tier, das von einer dritten Person in eine Klinik gebracht wird, bleibt die Haftung des Tierhalters bestehen. Das Amtsgericht München hat entschieden, dass der Tierhalter auch dann für die Kosten aufkommt, wenn die Behandlung ohne seine vorherige Zustimmung erfolgt ist, da die Handlung im Interesse des Tierhalters liegt.

Nachträglicher Widerspruch: Ein nachträglicher Widerspruch des Tierhalters gegen die Behandlung ändert nichts an der grundsätzlichen Haftung für die Kosten. Allerdings kann der Tierhalter in bestimmten Fällen Widerspruch gegen die Rechnung einlegen, wenn er der Meinung ist, dass die Kosten unangemessen sind oder die Behandlung nicht notwendig war.

Geschäftsführung ohne Auftrag: In Fällen, in denen eine dritte Person im Interesse des Tierhalters handelt (z.B. bei einem Notfall), kann dies als Geschäftsführung ohne Auftrag betrachtet werden. Hier bleibt die Haftung des Tierhalters bestehen, da die Handlung im Interesse des Tieres und damit indirekt im Interesse des Tierhalters erfolgt.

Für den Leser bedeutet dies, dass er sich der Haftung für Tierarztkosten bewusst sein sollte, auch wenn er nicht direkt in die Behandlung eingebunden war. Es ist wichtig, sich über die rechtlichen Grundlagen zu informieren und gegebenenfalls rechtliche Schritte zu prüfen, um Missverständnisse zu klären.


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Unter welchen Umständen gilt eine tierärztliche Behandlung als Notfall, der eine Kostenübernahme durch den Tierhalter rechtfertigt?

Eine tierärztliche Behandlung gilt als Notfall, wenn das Tier in Lebensgefahr ist oder akute Schmerzen hat, die sofortige Hilfe erfordern. Typische Notfallsituationen umfassen:

  • Unfälle wie Verkehrsunfälle oder Stürze
  • Lebensbedrohliche Erkrankungen wie Atemnot oder starke Blutungen
  • Krampfanfälle oder plötzliche Lähmungen
  • Vergiftungen oder das Verschlucken von Fremdkörpern
  • Hitzschlag, Verbrennungen oder Verbrühungen

In solchen Fällen ist eine sofortige Behandlung notwendig, um das Tier zu stabilisieren und Schmerzen zu lindern. Die Kostenübernahme durch den Tierhalter wird in der Regel durch die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) geregelt, die auch pauschale Notdienstgebühren vorsieht.

Die Beweislast für die Notwendigkeit einer Notfallbehandlung liegt beim Tierhalter. Es ist ratsam, vor einem Besuch im Notdienst telefonisch Rücksprache zu halten, um sicherzustellen, dass es sich tatsächlich um einen Notfall handelt. Die tierärztliche Dokumentation spielt eine wichtige Rolle bei der Rechtfertigung der Kostenübernahme, da sie den Notfallzustand des Tieres nachweist.


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Dürfen Tierarztpraxen ihre Forderungen ohne Zustimmung des Tierhalters an ein Inkassounternehmen abtreten?

Ja, Tierarztpraxen dürfen ihre Forderungen ohne Zustimmung des Tierhalters an ein Inkassounternehmen abtreten. Dies wurde durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz bestätigt, das feststellte, dass die Abtretung einer Forderung an eine ärztliche Verrechnungsstelle auch ohne Einwilligung des Kunden erlaubt ist, solange es sich nicht um Gesundheitsdaten des Tierhalters handelt.

Rechtliche Grundlagen:

  • Vertragserfüllung (Art. 6 Abs. 1 b DSGVO): Die Bezahlung der offenen Forderungen ist eine Pflicht aus dem geschlossenen Vertrag zwischen Tierarzt und Tierhalter.
  • Berechtigte Interessen (Art. 6 Abs. 1 f DSGVO): Die Durchsetzung der Forderung dient dem berechtigten Interesse des Tierarztes, seine offenen Forderungen effektiv zu managen.

Unterschied zur Humanmedizin: Im Gegensatz zur Tiermedizin erfordert die Abtretung von Forderungen in der Humanmedizin in der Regel die Einwilligung des Patienten, da es sich um Gesundheitsdaten handelt.

Informationen für den Tierhalter: Der Tierhalter sollte wissen, dass die Abtretung der Forderung an ein Inkassounternehmen zur effektiven Beitreibung der offenen Forderungen erfolgt. Es ist wichtig, dass der Tierhalter über die Abtretung informiert wird, sobald diese erfolgt ist, da die Verrechnungsstelle dann als neue Forderungsinhaberin auftritt.

Praktische Auswirkungen: Wenn Sie als Tierhalter eine Rechnung nicht begleichen, kann der Tierarzt die Forderung an ein Inkassounternehmen abtreten. Sie sollten dann mit einer neuen Rechnung oder Mahnung von diesem Unternehmen rechnen. Es ist ratsam, sich über die genauen Bedingungen und mögliche Konsequenzen zu informieren, um Missverständnisse zu vermeiden.


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Welche Möglichkeiten habe ich als Tierhalter, mich gegen eine Tierarztrechnung zu wehren, die ich für ungerechtfertigt halte?

Wenn Sie als Tierhalter eine Tierarztrechnung für ungerechtfertigt halten, gibt es mehrere Schritte, die Sie unternehmen können:

1. Anfordern von detaillierten Behandlungsunterlagen:

  • Dokumentation: Fordern Sie eine detaillierte Aufzeichnung der durchgeführten Behandlungen und der berechneten Kosten an. Dies hilft, die Rechnung zu überprüfen und sicherzustellen, dass alle Leistungen korrekt abgerechnet wurden.

2. Einholen einer Zweitmeinung:

  • Zweitmeinung: Lassen Sie Ihr Tier von einem anderen Tierarzt untersuchen, um zu überprüfen, ob die ursprüngliche Diagnose und Behandlung angemessen waren.

3. Verhandlungen mit der Tierarztpraxis:

  • Verhandlungen: Versuchen Sie, mit der Tierarztpraxis oder dem Inkassounternehmen zu verhandeln, um möglicherweise eine Anpassung der Rechnung zu erreichen.

4. Rechtliche Überprüfung der Rechnung:

  • Gebührenordnung: Überprüfen Sie, ob die Rechnung den Vorgaben der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) entspricht. Diese regelt, welche Gebühren Tierärzte für ihre Leistungen verlangen dürfen.
  • Rechtliche Schritte: In extremen Fällen können rechtliche Schritte in Betracht gezogen werden, um die Rechtmäßigkeit der Rechnung zu überprüfen.

5. Unterstützung durch eine Tierärztekammer oder einen Anwalt:

  • Mediation: Die Tierärztekammer kann als Vermittler dienen, um Streitigkeiten zwischen Tierhaltern und Tierärzten zu lösen.
  • Rechtliche Beratung: In komplexen Fällen kann es sinnvoll sein, sich an einen Anwalt zu wenden, um die rechtlichen Optionen zu prüfen.

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Welche Rolle spielt eine Tierkrankenversicherung bei der Übernahme von Tierarztkosten und wie wirkt sie sich auf meine Haftung aus?

Eine Tierkrankenversicherung spielt eine entscheidende Rolle bei der Übernahme von Tierarztkosten, indem sie einen Teil oder sogar die gesamten Behandlungskosten abdeckt. Dies kann die finanzielle Belastung für Tierhalter erheblich reduzieren, insbesondere bei unerwarteten oder teuren Behandlungen.

Übernahme von Tierarztkosten

  • Kostenerstattung: Versicherungen wie petolo übernehmen bis zu 100% der Tierarztkosten, abhängig vom gewählten Tarif, bis zu einer maximalen Jahreshöchstleistung. Andere Anbieter wie DFV erstatten 90% der Kosten, während der Tierhalter die restlichen 10% selbst trägt.
  • Gebührenordnung: Viele Versicherungen übernehmen Kosten bis zum 4-fachen Satz der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT).

Auswirkung auf die Haftung

  • Finanzielle Absicherung: Eine Tierkrankenversicherung schützt den Tierhalter vor hohen unerwarteten Kosten, die durch Tierarztbesuche entstehen. Dies kann die finanzielle Belastung im Falle einer Erkrankung oder eines Unfalls erheblich verringern.
  • Keine direkte Auswirkung auf die Haftung: Die Versicherung beeinflusst nicht direkt die Haftung des Tierhalters für Schäden, die durch das Tier verursacht werden. Für solche Fälle ist eine separate Tierhalterhaftpflichtversicherung erforderlich.

Wichtige Aspekte bei der Wahl einer Versicherung

  • Versicherungssumme und Deckung: Achten Sie darauf, dass die Versicherungssumme ausreichend ist, um die möglichen Kosten abzudecken.
  • Kostenerstattungssatz: Prüfen Sie, welcher Prozentsatz der Kosten erstattet wird.
  • Ausschlüsse und Wartezeiten: Informieren Sie sich über mögliche Ausschlüsse und Wartezeiten vor der Leistungsgewährung.
  • Gesundheitspauschale: Manche Tarife bieten eine Pauschale für Vorsorgeleistungen an.

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⚖️ DISCLAIMER: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Geschäftsführung ohne Auftrag

Die Geschäftsführung ohne Auftrag bezeichnet eine Situation, in der jemand für einen anderen ein Geschäft besorgt, ohne dazu beauftragt oder berechtigt zu sein. Sie ist in den §§ 677 ff. BGB geregelt. Wenn die Geschäftsführung dem Interesse und mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht, kann der Geschäftsführer Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Im Tiermedizinkontext bedeutet dies, dass ein Tierarzt, der ein Tier in einem Notfall behandelt, einen Anspruch auf Vergütung gegen den Tierhalter hat.

Beispiel: Ein Tierarzt behandelt einen bewusstlosen Kater, der von einem Finder gebracht wird. Obwohl kein Auftrag vom Halter vorliegt, kann er die Kosten vom später ermittelten Halter verlangen, da dieser gesetzlich zur tierschutzgerechten Versorgung verpflichtet ist.


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Abtretung

Die Abtretung (Zession) ist die Übertragung einer Forderung von einem Gläubiger (Zedent) auf einen neuen Gläubiger (Zessionar) gemäß § 398 BGB. Der ursprüngliche Schuldner muss der Abtretung nicht zustimmen. Nach erfolgreicher Abtretung kann nur noch der neue Gläubiger die Forderung geltend machen. Anders als bei Arztrechnungen in der Humanmedizin ist bei tierärztlichen Honorarforderungen eine Abtretung ohne Einwilligung des Tierhalters rechtlich zulässig.

Beispiel: Eine Tierarztpraxis tritt ihre Forderung für eine Notfallbehandlung an ein Inkassounternehmen ab. Dieses kann nun die Zahlung vom Tierhalter verlangen, auch wenn dieser der Abtretung nicht zugestimmt hat.


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Aufwendungsersatz

Aufwendungsersatz bezeichnet den rechtlichen Anspruch einer Person, die für einen anderen Aufwendungen getätigt hat, auf Erstattung dieser Kosten. Gemäß § 670 BGB kann derjenige, der zur Ausführung eines Auftrags oder im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag Aufwendungen macht, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte, Ersatz vom Auftraggeber bzw. Geschäftsherrn verlangen. Dies umfasst bei tierärztlichen Notfallbehandlungen alle medizinisch notwendigen Maßnahmen.

Beispiel: Wenn ein Tierarzt ein verletztes Tier in einer Notfallsituation behandelt und Medikamente, Materialien und seine Arbeitszeit aufwendet, kann er diese Kosten vom Tierhalter ersetzt verlangen, auch ohne dessen vorherige Zustimmung.


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Inkassounternehmen

Ein Inkassounternehmen ist ein auf die Einziehung fremder oder zu diesem Zweck abgetretener Forderungen spezialisiertes Unternehmen. Diese Tätigkeit unterliegt dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) und erfordert eine entsprechende Erlaubnis. Inkassounternehmen kaufen oft Forderungen von Gläubigern auf oder übernehmen sie zur Einziehung gegen Provision. Sie können im eigenen Namen Zahlungsansprüche geltend machen, wenn die Forderung wirksam an sie abgetreten wurde.

Beispiel: Eine Tierarztpraxis verkauft ihre offenen Forderungen an ein Inkassounternehmen, das dann als neuer Gläubiger gegenüber dem Tierhalter auftritt und die Zahlung der Behandlungskosten einfordert, notfalls auch per Mahnbescheid oder Klage.


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Rahmenvertrag

Ein Rahmenvertrag ist eine rechtliche Vereinbarung, die grundlegende Bedingungen für zukünftige Einzelverträge zwischen den Parteien festlegt. Er definiert die wesentlichen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, ohne dass für jede Einzeltransaktion neue Verhandlungen nötig sind. Im Kontext des Inkassowesens regelt ein Rahmenvertrag häufig die Bedingungen, unter denen Forderungen regelmäßig abgetreten oder zum Einzug überlassen werden.

Beispiel: Ein Tierarzt schließt mit einem Inkassounternehmen einen Rahmenvertrag, der festlegt, wie und zu welchen Konditionen offene Patientenrechnungen an das Inkassounternehmen verkauft werden können. Dies umfasst Aspekte wie Kaufpreise, Fälligkeiten und Abwicklungsmodalitäten.


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Tierschutzgerechte Versorgung

Die tierschutzgerechte Versorgung bezeichnet die rechtliche Verpflichtung von Tierhaltern, für das Wohlbefinden ihrer Tiere zu sorgen. Diese Pflicht ist im Tierschutzgesetz (§ 2 TierSchG) verankert und umfasst die angemessene Ernährung, Pflege und Unterbringung sowie die Gewährleistung medizinischer Versorgung. Bei erkrankten oder verletzten Tieren besteht die Pflicht, eine notwendige tierärztliche Behandlung zu veranlassen, um Schmerzen, Leiden oder Schäden zu vermeiden.

Beispiel: Wenn ein Kater bewusstlos aufgefunden wird, ist der Tierhalter verpflichtet, die tierärztliche Notfallversorgung zu gewährleisten. Diese Pflicht besteht unabhängig von finanziellen Erwägungen und kann nicht nachträglich mit dem Argument der Kostenhöhe abgelehnt werden.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 398 BGB (Abtretung): Durch eine Abtretung tritt ein Gläubiger seine Forderung gegen einen Schuldner an einen neuen Gläubiger ab. Der neue Gläubiger tritt an die Stelle des alten Gläubigers und kann die Forderung nun selbstständig geltend machen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Tierarztpraxis A. GmbH hat ihre Forderung gegen die Beklagte an die Klägerin abgetreten, sodass die Klägerin nun die Zahlung der Tierarztrechnung von der Beklagten fordern kann.
  • § 683, § 677, § 670 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag): Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, kann unter bestimmten Voraussetzungen Aufwendungsersatz verlangen. Dies gilt, wenn die Geschäftsführung dem Willen des Geschäftsherrn entspricht und notwendig war. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die tierärztliche Behandlung des Katers durch die A. GmbH wird als Geschäftsführung ohne Auftrag für die Beklagte gewertet, da die Behandlung im mutmaßlichen Interesse der Beklagten als Tierhalterin lag und notwendig war, um das Tierwohl zu gewährleisten.
  • § 631 BGB (Werkvertrag): Durch einen Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Im Kontext tierärztlicher Leistungen stellt der Behandlungsvertrag einen solchen Werkvertrag dar, bei dem die Tierärztin die Behandlung schuldet und der Tierhalter die Vergütung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Zwischen der Beklagten und der Tierarztpraxis A. GmbH bestand ein Behandlungsvertrag, aus dem die Pflicht der Beklagten zur Zahlung der Behandlungskosten resultiert, unabhängig von der Abtretung der Forderung.

Das vorliegende Urteil


AG München – Az.: 161 C 16714/22 – Urteil vom 30.08.2024


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