Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Hundehalterhaftung im Fokus: Wer haftet bei Hundeunfällen?
- Hundebegegnung mit Folgen: Sturz durch Berner Sennenhündin
- Schwerwiegende Verletzungen und Schadenersatzforderungen
- Teilanerkenntnis und strittige Haftungsfrage
- Argumentation der Beklagten: Mitverschulden und Tiergefahr beider Hunde
- Gericht deutet Zurückweisung der Berufung an: Tierhalterhaftung greift
- Keine Anzeichen für Mitverschulden oder Haftungsausschluss
- Bedeutung für Betroffene: Klarstellung zur Tierhalterhaftung bei Hundeunfällen
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Hinweise und Tipps
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 5 U 633/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Dresden
- Datum: 12.09.2024
- Aktenzeichen: 5 U 633/24
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Halterin der Labradorhündin [M], fordert Schadensersatz. Sie stürzte, nachdem sie von der Berner Sennenhündin [E] angestoßen wurde und erlitt einen Trümmerbruch des linken Schienbeins.
- Beklagte: Halterin der Berner Sennenhündin [E], wird auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Sie traf sich mit der Klägerin und ihren Hündinnen, wobei es zum Sturz der Klägerin kam.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin fordert von der Beklagten Schadensersatz, da sie durch deren unangeleinte Hündin [E] zu Fall kam und sich schwer verletzte. Die Parteien trafen sich mit ihren Hündinnen zum Spielen auf einer Wiese außerhalb der Ortschaft. Auf dem Rückweg kam es zum Zusammenstoß.
- Kern des Rechtsstreits: Die Frage ist, ob die Beklagte als Hundehalterin für den durch ihre Hündin verursachten Schaden haftet.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.
Der Fall vor Gericht
Hundehalterhaftung im Fokus: Wer haftet bei Hundeunfällen?

In einem aktuellen Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden (Az.: 5 U 633/24) ging es um die Frage der Tierhalterhaftung, genauer um die Haftung für Schäden, die durch einen Hund verursacht werden, selbst wenn ein anderer Hund ebenfalls beteiligt ist. Das Gericht befasste sich mit einem Unfall zwischen zwei Hundehalterinnen und ihren Hündinnen und musste klären, inwieweit die Halterin einer Berner Sennenhündin für die Verletzungen und Schäden aufkommen muss, die einer Hundehalterin durch einen Zusammenstoß mit ihrem Hund entstanden sind. Das OLG Dresden deutete in seinem Beschluss vom 12. September 2024 an, dass es die Berufung der beklagten Hundehalterin voraussichtlich zurückweisen wird.
Hundebegegnung mit Folgen: Sturz durch Berner Sennenhündin
Der Fall spielte sich in einer ländlichen Nachbarschaft ab. Die Klägerin, Halterin einer Labradorhündin, und die Beklagte, Halterin einer Berner Sennenhündin, trafen sich auf Initiative der Beklagten zu einem gemeinsamen Spaziergang mit ihren Hunden. Auf einer Wiese außerhalb des Ortes ließen sie die Hunde frei laufen und miteinander spielen. Auf dem Rückweg in den Ort hinein, immer noch ohne Leine, kam es dann zum entscheidenden Vorfall. Die Berner Sennenhündin der Beklagten, die sich zuvor etwas entfernt hatte, stürmte heran und stieß mit der Klägerin zusammen, die daraufhin stürzte.
Schwerwiegende Verletzungen und Schadenersatzforderungen
Der Sturz hatte für die Klägerin erhebliche gesundheitliche Folgen. Sie erlitt einen komplizierten Schienbeinbruch in Kniegelenknähe und musste mehrere Tage stationär im Krankenhaus behandelt werden. Dabei wurden ihr eine Platte und Knochenersatzmaterial eingesetzt. Neben den gesundheitlichen Beeinträchtigungen entstanden der Klägerin auch materielle Schäden. Sie forderte Schadenersatz für Zuzahlungen zur Physiotherapie, Kosten für Hundebetreuung während ihrer Krankenhausaufenthalts und der anschließenden Genesungszeit, Ausgaben für Haushaltshilfe und eine übliche Auslagenpauschale. Insgesamt belief sich der bezifferte materielle Schaden auf 2.424,60 EUR.
Teilanerkenntnis und strittige Haftungsfrage
Die Hundehalterhaftpflichtversicherung der Beklagten erkannte zunächst eine Mithaftung der Klägerin von 50 % an und leistete eine Teilzahlung von 500 Euro. Vor Gericht erkannte die Beklagte schließlich 50% der Haftung für den weiteren materiellen und immateriellen Schaden sowie einen Teil der vorgerichtlichen Anwaltskosten an. Die Klägerin aber forderte die volle Haftung der Beklagten für sämtliche Schäden, da sie und ihre Hündin den Unfall nicht mitverursacht hätten. Das Landgericht gab der Klägerin in Teilen Recht, woraufhin die Beklagte Berufung einlegte.
Argumentation der Beklagten: Mitverschulden und Tiergefahr beider Hunde
Die Beklagte argumentierte in ihrer Berufung, dass ein Mitverschulden der Klägerin vorliege. Sie behauptete, die Tiergefahr beider Hunde habe zum Unfall beigetragen, da die Berner Sennenhündin in Richtung der Labradorhündin gelaufen sei. Zudem sei die Klägerin das Risiko eingegangen, sich tobenden Hunden auszusetzen, und habe die Situation nicht aufmerksam genug beobachtet. Die Beklagte konstruierte sogar einen stillschweigenden Haftungsausschluss, da sich die Klägerin freiwillig in die Nähe der Hunde begeben habe.
Gericht deutet Zurückweisung der Berufung an: Tierhalterhaftung greift
Das OLG Dresden signalisierte jedoch bereits in seinem Beschluss, dass es die Berufung der Beklagten voraussichtlich zurückweisen wird. Dies deutet darauf hin, dass das Gericht die Argumentation der Beklagten nicht für stichhaltig hält und die Tierhalterhaftung gemäß § 833 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in diesem Fall greift. Nach dieser Vorschrift haftet der Tierhalter verschuldensunabhängig für Schäden, die durch sein Tier verursacht werden. Die reine Tiergefahr, die von einem Tier ausgeht, begründet bereits die Haftung.
Keine Anzeichen für Mitverschulden oder Haftungsausschluss
Aus dem Beschluss geht hervor, dass das OLG Dresden offenbar kein Mitverschulden der Klägerin oder ihrer Hündin und auch keinen Haftungsausschluss sieht. Das Gericht scheint davon auszugehen, dass der Unfall allein auf die typische Tiergefahr der Berner Sennenhündin zurückzuführen ist. Das Heranstürmen und Anstoßen eines Hundes, selbst im Spiel, stellt eine solche Tiergefahr dar, für die der Halter einzustehen hat. Die Tatsache, dass sich die Hundehalterinnen gemeinsam zum Spaziergang trafen und die Hunde frei laufen ließen, ändert daran nichts.
Bedeutung für Betroffene: Klarstellung zur Tierhalterhaftung bei Hundeunfällen
Dieser Beschluss des OLG Dresden ist von Bedeutung für alle Hundehalter und Personen, die mit Hunden interagieren. Er unterstreicht die strenge Tierhalterhaftung in Deutschland. Hundehalter müssen sich bewusst sein, dass sie grundsätzlich für Schäden haften, die ihr Hund verursacht – unabhängig davon, ob sie ein Verschulden trifft oder nicht. Auch wenn Hunde frei laufen und spielen, bleibt die Verantwortung beim Halter.
Argumente wie Mitverschulden des Geschädigten oder stillschweigender Haftungsausschluss greifen in solchen Fällen in der Regel nicht, insbesondere wenn es um Personenschäden geht. Der Beschluss verdeutlicht, dass die Tiergefahr eines jeden Hundes ernst genommen werden muss und dass Hundehalter gut beraten sind, eine Hundehalterhaftpflichtversicherung abzuschließen, um sich vor den finanziellen Folgen solcher Unfälle zu schützen. Im konkreten Fall bedeutet dies für die Klägerin, dass sie voraussichtlich mit einer vollständigen oder weit überwiegenden Schadensregulierung durch die Beklagte rechnen kann.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht die vollumfängliche Haftung von Hundehaltern für Schäden, die ihre Tiere verursachen, auch bei gemeinsamen Gassigehterminen. Die Hundehalterin musste den kompletten Schaden (100%) tragen, ohne dass ein Mitverschulden der verletzten Person oder deren Hund anerkannt wurde. Für Hundehalter bedeutet dies, dass sie auch bei einvernehmlichen Aktivitäten mit anderen Hundebesitzern das volle Haftungsrisiko tragen, wenn ihr nicht angeleinter Hund einen Unfall verursacht – ein stillschweigender Haftungsausschluss wird nicht angenommen.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Hundehalter zum Thema Hundehalterhaftung
Ein Hunde-Spaziergang kann schnell unerwartete rechtliche Konsequenzen haben, wenn der Hund einen Schaden verursacht. Umso wichtiger ist es für Hundehalter, ihre Pflichten zu kennen und präventiv zu handeln, um Haftungsrisiken zu minimieren. Die richtige Vorsorge schützt nicht nur Dritte, sondern auch den Hundehalter selbst vor finanziellen Belastungen.
⚖️ DISCLAIMER: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar und ersetzen nicht die individuelle juristische Beratung. Jeder Fall ist anders und kann besondere Umstände aufweisen, die einer speziellen Einschätzung bedürfen.
Tipp 1: Leinenpflicht beachten und Hund kontrollieren
Halten Sie Ihren Hund in öffentlichen Bereichen, insbesondere in belebten Umgebungen oder in der Nähe von Straßen und Wegen, stets an der Leine. Sorgen Sie dafür, dass Sie Ihren Hund jederzeit unter Kontrolle haben und ihn im Notfall zurückrufen können, um Gefahrensituationen zu vermeiden.
Beispiel: Auch wenn Ihr Hund als gut erzogen gilt, kann es zu unvorhergesehenen Reaktionen kommen, z.B. durch Wild, andere Tiere oder ungewohnte Geräusche. Eine Leine gibt Ihnen die notwendige Kontrolle.
⚠️ ACHTUNG: Die Leinenpflicht kann je nach Gemeinde oder Ort variieren. Informieren Sie sich über die geltenden Bestimmungen in Ihrer Umgebung und halten Sie sich unbedingt daran.
Tipp 2: Hundehaftpflichtversicherung abschließen
Sichern Sie sich finanziell ab, indem Sie eine Hundehaftpflichtversicherung abschließen. Diese Versicherung deckt in der Regel Personen-, Sach- und Vermögensschäden ab, die Ihr Hund verursacht. Überprüfen Sie die Versicherungsbedingungen und wählen Sie eine Deckungssumme, die im Schadensfall ausreichend ist.
Beispiel: Die Kosten für medizinische Behandlungen nach einem Sturz oder Biss können schnell in die Höhe steigen. Eine Hundehaftpflichtversicherung schützt Sie vor hohen Schadenersatzforderungen.
⚠️ ACHTUNG: In vielen Bundesländern ist die Hundehaftpflichtversicherung für bestimmte Hunderassen oder generell sogar Pflicht. Informieren Sie sich über die gesetzlichen Vorgaben in Ihrem Bundesland.
Tipp 3: Vorsicht bei Hundebegegnungen und unübersichtlichen Situationen
Seien Sie besonders aufmerksam, wenn Sie anderen Hunden begegnen oder sich in unübersichtlichen Situationen befinden. Halten Sie Abstand zu anderen Hunden und Menschen, um versehentliche Zusammenstöße oder Eskalationen zu vermeiden. Nehmen Sie Ihren Hund gegebenenfalls kürzer oder weichen Sie aus, um Konflikte zu vermeiden.
Beispiel: Beim Passieren von Engstellen oder unübersichtlichen Wegen ist erhöhte Vorsicht geboten. Signalisieren Sie anderen Hundehaltern frühzeitig Ihre Anwesenheit und stimmen Sie das Vorgehen ab.
⚠️ ACHTUNG: Auch scheinbar harmlose Raufereien unter Hunden können zu Verletzungen von Menschen führen, wenn diese versuchen, einzugreifen. Bewahren Sie Ruhe und versuchen Sie nicht, unüberlegt in eine Hundebegegnung einzugreifen.
Tipp 4: Verständigung und Kooperation mit anderen Hundehaltern
Suchen Sie die Verständigung mit anderen Hundehaltern, insbesondere in Hundeauslaufgebieten oder bei Hundebegegnungen. Sprechen Sie sich ab, wie Sie vorgehen möchten, um Konflikte zu vermeiden. Respektieren Sie die Individualdistanz anderer Hunde und Halter.
Beispiel: Ein kurzes Gespräch mit dem entgegenkommenden Hundehalter kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden und ein entspanntes Zusammentreffen zu ermöglichen.
⚠️ ACHTUNG: Nicht jeder Hundehalter ist erfahren oder verantwortungsbewusst. Verlassen Sie sich nicht blind auf das Verhalten anderer Hundehalter, sondern behalten Sie stets die Kontrolle über Ihren eigenen Hund.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Ein häufiger Fallstrick ist die Annahme, dass der eigene Hund „ja noch nie etwas getan hat“. Auch gutmütige Hunde können in bestimmten Situationen unerwartet reagieren. Zudem kann es im Streitfall schwierig sein, nachzuweisen, dass man alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, um einen Schaden zu verhindern. Eine gute Dokumentation (z.B. Fotos von der Örtlichkeit, Zeugen) kann im Falle eines Rechtsstreits hilfreich sein.
✅ Checkliste: Hundehalterhaftung
- Leinenpflicht in relevanten Gebieten beachten?
- Hund stets unter Kontrolle und abrufbar?
- Hundehaftpflichtversicherung abgeschlossen?
- Vorsichtig bei Hundebegegnungen und unübersichtlichen Situationen?
- Verständigung mit anderen Hundehaltern gesucht?
Benötigen Sie Hilfe?
Verantwortung und Rechtssicherheit bei Hundeunfällen
In Situationen, in denen Unfälle mit Hunden zu Verletzungen und finanziellen Belastungen führen, können komplexe Haftungsfragen und Unsicherheiten entstehen. Die Abgrenzung der Verantwortlichkeiten, insbesondere wenn mehrere Parteien beteiligt sind, erfordert eine sachliche und detaillierte Betrachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Präzise Analysen und transparente Beratung bieten hier die Grundlage, um Ihren Fall rechtlich fundiert zu beurteilen.
Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, die relevanten Aspekte Ihres Falles zu überprüfen und Ihren rechtlichen Standpunkt verständlich zu machen. Wir begleiten Sie mit einer strukturierten Fallbetrachtung und helfen Ihnen, die notwendigen Schritte zu erörtern, um Ihre Position klar darzustellen. Setzen Sie auf eine vertrauenswürdige Beratung, die Ihnen dabei hilft, mögliche Unsicherheiten zu klären.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Rolle spielt die „Tiergefahr“ bei der Haftung?
Die „Tiergefahr“ spielt eine zentrale Rolle bei der Tierhalterhaftung. Sie bezieht sich auf die inhärente Gefahr, die von Tieren ausgeht, insbesondere aufgrund ihrer unberechenbaren und selbstständigen Verhaltensweisen. Diese Gefahr kann sich in verschiedenen Situationen manifestieren, wie z.B. wenn ein Hund beißt oder ein Pferd tritt. Die Haftung des Tierhalters basiert auf dieser spezifischen Tiergefahr und tritt unabhängig davon ein, ob der Halter ein Verschulden trifft oder nicht.
Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie spazieren mit Ihrem Hund und dieser reagiert auf ein Kommando, aber seine Schleppleine verfängt sich in den Beinen einer Passantin, die daraufhin stürzt. In solchen Fällen kann die Haftung des Hundehalters greifen, da das Verhalten des Hundes trotz des Gehorsams nicht vollständig kontrollierbar ist.
Die Tierhalterhaftung ist eine Form der Gefährdungshaftung, die in § 833 BGB geregelt ist. Sie schützt die Allgemeinheit vor den Gefahren, die von Tieren ausgehen können, und stellt sicher, dass der Halter für Schäden haftbar gemacht werden kann, die durch das Tier verursacht werden.
Kann ich als Hundehalter von der Haftung befreit werden?
Als Hundehalter haften Sie in Deutschland grundsätzlich für Schäden, die durch Ihr Tier verursacht werden, unabhängig davon, ob Sie ein Verschulden tragen oder nicht. Dies wird als Tierhalterhaftung bezeichnet und ist im § 833 BGB geregelt. Es gibt jedoch einige Ausnahmen und Fälle, in denen die Haftung beschränkt oder ausgeschlossen werden kann:
- Mitverschulden des Geschädigten: Wenn der Geschädigte durch sein eigenes Verhalten zur Entstehung des Schadens beigetragen hat, kann dies als Mitverschulden angesehen werden. In solchen Fällen kann die Haftung des Hundehalters gemindert werden. Beispielsweise wurde in einem Fall ein Mitverschulden der Klägerin anerkannt, da sie durch ihr Verhalten das Anspringen des Hundes provoziert hatte.
- Verschulden einer anderen Person oder eines anderen Tieres: Wenn der Schaden durch das Verschulden einer anderen Person oder eines anderen Tieres verursacht wurde, kann die Haftung des Hundehalters ausgeschlossen sein.
- Ausnahmen von der Tierhalterhaftung: In seltenen Fällen, wie bei Tieren, die dem Beruf oder der Erwerbstätigkeit dienen, kann die Haftung unter bestimmten Bedingungen ausgeschlossen sein, wenn die notwendige Sorgfalt gewahrt wurde.
Um sich vor den finanziellen Folgen der Tierhalterhaftung zu schützen, ist es ratsam, eine Hundehaftpflichtversicherung abzuschließen, die in vielen Bundesländern sogar vorgeschrieben ist.
Was ist der Unterschied zwischen Mitverschulden und einem stillschweigenden Haftungsausschluss?
Mitverschulden bezieht sich auf die Situation, in der der Geschädigte durch sein eigenes Verhalten oder Unterlassen zum Schaden beigetragen hat. Dies kann bei verschiedenen Arten von Unfällen auftreten, wie z.B. Verkehrsunfällen oder anderen Schadensereignissen. Wenn ein Mitverschulden festgestellt wird, kann dies dazu führen, dass der Schadensersatzanspruch reduziert wird, da die Verantwortung zwischen den Parteien aufgeteilt wird.
Ein stillschweigender Haftungsausschluss hingegen bezieht sich auf die Annahme, dass eine Person durch ihr Verhalten stillschweigend auf bestimmte Rechte verzichtet hat, z.B. indem sie eine Gefahr freiwillig eingegangen ist. In der Praxis ist ein stillschweigender Haftungsausschluss jedoch oft schwierig nachzuweisen, insbesondere bei Personenschäden, da er spezifische Voraussetzungen erfordert, die selten erfüllt sind.
Beispiel für Mitverschulden: Wenn jemand bei einem Verkehrsunfall beteiligt ist und sich nicht an die Verkehrsregeln hält, kann dies als Mitverschulden gewertet werden. Der Schadensersatz könnte dann entsprechend reduziert werden.
Beispiel für stillschweigenden Haftungsausschluss: Wenn jemand freiwillig an einem gefährlichen Sport teilnimmt und dabei verletzt wird, könnte man argumentieren, dass er stillschweigend auf bestimmte Haftungsansprüche verzichtet hat. Allerdings ist dies in der Praxis oft schwer zu beweisen, insbesondere wenn es um Personenschäden geht.
⚖️ DISCLAIMER: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Tierhalterhaftung
Die Tierhalterhaftung bezeichnet die gesetzliche Pflicht eines Tierhalters, für Schäden einzustehen, die durch sein Tier verursacht werden. Sie ist in § 833 BGB geregelt und stellt eine Form der Gefährdungshaftung dar. Das bedeutet, der Tierhalter haftet unabhängig von eigenem Verschulden allein aufgrund der Tatsache, dass er ein Tier hält und damit eine potentielle Gefahrenquelle schafft. Diese Haftung besteht selbst dann, wenn der Halter alle zumutbaren Sicherheitsmaßnahmen getroffen hat.
Beispiel: Wenn ein Hund einen Passanten anspringt und dieser sich beim Sturz verletzt, muss der Hundehalter für die Behandlungskosten und Schmerzensgeld aufkommen, auch wenn der Hund zuvor nie aggressives Verhalten gezeigt hatte.
Gefährdungshaftung
Die Gefährdungshaftung ist eine verschuldensunabhängige Haftungsform, bei der jemand für Schäden haftet, die aus einer gefährlichen Tätigkeit oder dem Betrieb einer gefährlichen Anlage/Sache entstehen – unabhängig davon, ob ein Verschulden vorliegt. Sie ist in verschiedenen Spezialgesetzen wie § 833 BGB (Tierhalterhaftung) verankert und basiert auf dem Gedanken, dass derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft, auch die Verantwortung für daraus entstehende Schäden tragen sollte.
Im Gegensatz zur Verschuldenshaftung muss der Geschädigte kein Verschulden nachweisen, sondern lediglich den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang mit der Gefahrenquelle.
Beispiel: Der Halter eines Hundes haftet für Bissverletzungen seines Tieres, selbst wenn er den Hund ordnungsgemäß an der Leine führte und dieser nie zuvor aggressives Verhalten gezeigt hatte.
Berufungsverfahren
Das Berufungsverfahren ist ein Rechtsmittelverfahren, mit dem eine Partei eine Überprüfung eines erstinstanzlichen Urteils durch ein höherrangiges Gericht erreichen kann. Es ist in den §§ 511-541 ZPO geregelt und dient der Korrektur tatsächlicher oder rechtlicher Fehler des Ausgangsurteils. Die Berufung muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils eingelegt werden.
Im Berufungsverfahren überprüft das Berufungsgericht (meist Landgericht oder Oberlandesgericht) das Urteil auf rechtliche und tatsächliche Fehler, wobei neue Tatsachen nur eingeschränkt vorgebracht werden können.
Beispiel: Nachdem das Landgericht die Hundehalterin zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt hat, legt sie Berufung zum Oberlandesgericht ein, um eine erneute Prüfung des Falls zu erreichen.
Mitverschulden
Mitverschulden bezeichnet die Beteiligung des Geschädigten an der Entstehung oder Erhöhung seines eigenen Schadens. Nach § 254 BGB kann dies zu einer Minderung oder sogar zum Ausschluss des Schadensersatzanspruchs führen. Das Mitverschulden wird anhand objektiver Kriterien beurteilt: Hat der Geschädigte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und damit zu seinem eigenen Schaden beigetragen?
Bei der Bestimmung des Mitverschuldens berücksichtigen Gerichte alle Umstände des Einzelfalls und nehmen eine Abwägung der jeweiligen Verursachungsbeiträge vor.
Beispiel: Wenn eine Hundehalterin trotz erkennbarer Gefahr ihre Hand zwischen zwei kämpfende Hunde steckt und gebissen wird, kann ihr Schadensersatzanspruch wegen Mitverschuldens gemindert werden.
Haftungsausschluss
Ein Haftungsausschluss ist eine rechtliche Vereinbarung, durch die eine Partei ihre Haftung für bestimmte Schäden begrenzt oder ausschließt. Im Privatrecht ist die Möglichkeit, Haftung auszuschließen, durch §§ 276, 309 BGB erheblich eingeschränkt. Insbesondere kann die Haftung für Vorsatz niemals ausgeschlossen werden. Bei Gefährdungshaftung (wie der Tierhalterhaftung) ist ein Haftungsausschluss grundsätzlich nur durch ausdrückliche Vereinbarung möglich.
Ein Haftungsausschluss kann ausdrücklich oder konkludent (stillschweigend) erfolgen, wobei letzteres von Gerichten oft restriktiv beurteilt wird.
Beispiel: Im Fall der verletzten Hundehalterin wurde ein stillschweigender Haftungsausschluss durch gemeinsames Gassigehen vom Gericht nicht anerkannt – die Tierhalterin musste den vollen Schaden ersetzen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 833 BGB (Tierhalterhaftung): Diese Vorschrift regelt die Haftung des Tierhalters für Schäden, die durch sein Tier verursacht werden. Es handelt sich um eine Gefährdungshaftung, bei der der Tierhalter auch ohne eigenes Verschulden haftet, weil von Tieren eine unberechenbare Gefahr ausgeht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beklagte haftet als Halterin der Hündin E. grundsätzlich für den Sturzschaden der Klägerin, da dieser durch das Verhalten der Hündin verursacht wurde.
- § 254 BGB (Mitverschulden): Dieser Paragraph bestimmt, dass ein Geschädigter einen Teil seines Schadens selbst tragen muss, wenn er zur Entstehung des Schadens beigetragen hat. Ein Mitverschulden kann vorliegen, wenn der Geschädigte die Gefahr erkannt oder erkennen müssen und dennoch nicht entsprechend gehandelt hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beklagte argumentiert ein Mitverschulden der Klägerin, da sich die „Tiergefahr“ beider Hunde ausgewirkt haben soll. Dies könnte den Schadensersatzanspruch der Klägerin mindern, wenn das Gericht ein Mitverschulden bejaht.
- Beweislast im Zivilprozess: Grundsätzlich muss jede Partei die Tatsachen beweisen, die für sie günstig sind. Im Rahmen des § 833 BGB bedeutet dies, dass die Klägerin den Schaden und dessen Ursächlichkeit durch die Hündin der Beklagten beweisen muss, während die Beklagte ein eventuelles Mitverschulden der Klägerin beweisen müsste. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beklagte trägt die Beweislast dafür, dass die Klägerin oder ihre Hündin M. zum Unfall beigetragen haben. Gelingt ihr dies nicht, muss sie den Schaden der Klägerin vollständig ersetzen.
Das vorliegende Urteil
OLG Dresden – Az.: 5 U 633/24 – Beschluss vom 12.09.2024
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