Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Haftung und Sorgfaltspflicht: Ein Gerichtsurteil zur Hundehaltung im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche rechtlichen Pflichten haben Hundehalter beim Spaziergang mit ihrem Hund?
- Wann haftet der Hundehalter bei Verletzungen durch seinen Hund?
- Wie hoch sind die typischen Schmerzensgeldforderungen bei Hundebissen?
- Welche Rolle spielt ein Mitverschulden des Geschädigten bei Hundeunfällen?
- Welche Beweise sind für Schadensersatzansprüche nach einem Hundeunfall wichtig?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Köln
- Datum: 10.07.2024
- Aktenzeichen: 2 O 207/23
- Verfahrensart: Zivilverfahren wegen Tierhalterhaftung
- Rechtsbereiche: Zivilrecht, Tierhalterhaftung
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Halterin des Hundes „W.“, fordert Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund Verletzung durch den Hund der Beklagten. Sie argumentiert, dass die Beklagte ihren Hund nicht ausreichend beaufsichtigt habe.
- Beklagte: Halterin des Hundes „E.“, der die Klägerin verletzte. Sie bestreitet eine Haftung, da beide Hunde unangeleint waren und miteinander spielten. Sie sieht ein Mitverschulden der Klägerin, da diese um die Gewohnheiten der Hunde wusste.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin und die Beklagte gingen gemeinsam mit ihren Hunden spazieren. Beide Hunde waren nicht angeleint. Der Hund der Beklagten rannte die Klägerin um, woraufhin diese sich verletzte. Die Klägerin fordert Schmerzensgeld und Schadensersatz.
–Kern des Rechtsstreits: Die Frage ist, ob die Beklagte für den Unfall haftet oder ob die Klage aufgrund der Umstände, einschließlich eines möglichen Mitverschuldens der Klägerin, abzuweisen ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- Begründung: Die Tiergefahr ihres eigenen Hundes muss sich die Klägerin anrechnen lassen. Zudem konnte der Beklagten kein Verschulden nachgewiesen werden. Die unvorhersehbare Reaktion der Klägerin auf die Rückkehr des Hundes E. sowie das Mitverschulden durch das unangeleinte Führen der eigenen Hunde führten zur Abweisung der Klage.
- Folgen: Die Klägerin erhält keine Schadensersatzzahlungen und muss die Verfahrenskosten tragen. Das Urteil könnte präzedenzielle Wirkung auf ähnliche Fälle von Tierhalterhaftung haben, bei denen unangeleinte Hunde beteiligt sind.
Haftung und Sorgfaltspflicht: Ein Gerichtsurteil zur Hundehaltung im Fokus
Die Hundehaltung birgt nicht nur Freude, sondern auch rechtliche Verantwortlichkeiten. Hundebesitzer tragen eine umfassende Sorgfaltspflicht, die weit über das bloße Füttern und Pflegen hinausgeht. Die Tierhalterhaftung regelt präzise, welche rechtlichen Konsequenzen entstehen können, wenn ein Hund andere Personen oder Tiere verletzt.
Besonders bei nicht angeleinten Hunden können schnell komplexe Haftungsfragen entstehen. Die gesetzlichen Bestimmungen zum Schadensersatz und zur Aufsichtspflicht sind entscheidend, wenn es um Unfälle oder Verletzungen durch Hundeangriffe geht. Die folgenden Ausführungen beleuchten einen konkreten Gerichtsfall, der die rechtlichen Dimensionen der Hundehaltung exemplarisch verdeutlicht.
Der Fall vor Gericht
Schwerer Hundebiss am S.-straße Wanderweg in Q.

Bei einem gemeinsamen Spaziergang zweier Hundehalterinnen auf dem S.-straße Wanderweg in Q. kam es am 12. November 2022 zu einem folgenschweren Zwischenfall. Der schmale, von Brombeersträuchern und Bäumen gesäumte Feldweg wurde den beiden nicht angeleinten Hunden W. und E. zum Verhängnis, als E. mit hoher Geschwindigkeit gegen das linke Bein seiner Begleiterin prallte und ihr eine Tibiakopffraktur zufügte.
Unfallhergang auf schmalem Wanderpfad
Der maximal einen Meter breite, kurvenreiche Wanderweg war Schauplatz des Vorfalls. Die beiden Hundehalterinnen bewegten sich hintereinander auf dem Pfad, während ihre nicht angeleinten Hunde zunächst vor ihnen liefen. Als der Hund W. zurückkehrte und an den Spaziergängerinnen vorbeilief, folgte kurz darauf auch E. mit hoher Geschwindigkeit. Die vordere Hundehalterin wich dem heraneilenden E. aus, woraufhin dieser ungebremst mit der hinteren Spaziergängerin kollidierte. Diese hatte E. aufgrund ihrer Position hinter der anderen Hundehalterin nicht kommen sehen.
Juristische Auseinandersetzung um Schadensersatz
Die verletzte Hundehalterin forderte von der Besitzerin des Hundes E. Schadensersatz in Höhe von 22.071,82 Euro sowie ein Schmerzensgeld von mindestens 5.000 Euro. Sie machte einen erheblichen Haushaltsführungsschaden geltend, der sich in den ersten zwölf Wochen nach dem Unfall auf 77 Stunden wöchentlich belief und in den folgenden sechs Wochen noch 60 Prozent dieses Umfangs betrug.
Gerichtliche Bewertung des Unfallgeschehens
Das Landgericht Köln wies die Klage vollständig ab. In seiner Urteilsbegründung stellte das Gericht fest, dass sich die Tiergefahr beider Hunde verwirklicht hatte. E. sei W. nachgelaufen, was aus der kurzen Zeitspanne zwischen der Rückkehr beider Hunde und E.s rücksichtslosem Laufverhalten geschlossen wurde. Die Richter betonten, dass die Hunde aufeinander reagierten, da sie unangeleint gemeinsam herumlaufen durften.
Das Gericht sah zudem ein Mitverschulden der Klägerin. Da beide Hunde unangeleint waren und zeitweise außer Sicht liefen, hätte sie jederzeit mit deren Rückkehr rechnen müssen. Besonders nach W.s Rückkehr war absehbar, dass E. folgen würde. Die eingeschränkte Sicht durch die vor ihr gehende Beklagte beruhte auf ihrer eigenen Entscheidung. Nach dem Sinngehalt des § 840 Abs. 3 BGB wurde der Klägerin im Innenverhältnis die alleinige Haftung auferlegt.
Auch ein schuldhaftes Handeln der beklagten Hundehalterin wurde verneint. Ihre intuitive Ausweichbewegung vor dem herannahenden E. sei angesichts der kurzen Reaktionszeit nicht zu beanstanden. Bei einem gemeinsamen Spaziergang bestehe keine Pflicht, andere vor dem normalen Verhalten des eigenen Hundes zu schützen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass bei gemeinsamen Spaziergängen mit nicht angeleinten Hunden nicht automatisch ein Haftungsausschluss oder ein „Handeln auf eigene Gefahr“ vorliegt. Die Tierhalterhaftung greift grundsätzlich auch dann, wenn ein Hund einen Menschen umrennt. Ein Haftungsausschluss kommt nur in Frage, wenn der Geschädigte unmittelbare Einwirkungsmöglichkeiten auf das Tier im eigenen Interesse hatte oder bewusst ungewöhnliche Risiken eingegangen ist.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Hundehalter bleiben Sie grundsätzlich für Schäden haftbar, die Ihr Hund verursacht – auch wenn Sie mit anderen Hundehaltern gemeinsam spazieren gehen. Lassen Sie Ihren Hund frei laufen, müssen Sie weiterhin mit der vollen Haftung rechnen, falls es zu einem Unfall kommt. Dies gilt selbst dann, wenn der andere Hundehalter ebenfalls seinen Hund nicht angeleint hat. Um das Risiko zu minimieren, sollten Sie Ihren Hund an der Leine führen oder eine Hundehaftpflichtversicherung abschließen. Auch als geschädigter Hundehalter können Sie in der Regel Ansprüche geltend machen, sofern Sie nicht selbst besondere Risiken eingegangen sind.
Benötigen Sie Hilfe?
Hundehalterhaftung – Komplexer als gedacht?
Der oben beschriebene Fall zeigt, wie schnell es selbst bei einem vermeintlich harmlosen Spaziergang zu unerwarteten Zwischenfällen und rechtlichen Auseinandersetzungen kommen kann. Die Haftungsfrage bei Hundebegegnungen ist oft komplizierter als gedacht und hängt von vielen individuellen Faktoren ab.
Wir helfen Ihnen, die Rechtslage in Ihrem konkreten Fall zu beurteilen und Ihre Rechte und Pflichten als Hundehalter zu verstehen. Ob es um Schadensersatzansprüche, die Überprüfung von Versicherungsleistungen oder die Abwehr unberechtigter Forderungen geht – wir stehen Ihnen mit unserer Expertise zur Seite.
Sprechen Sie uns an, um Ihre Situation vertrauensvoll zu besprechen und gemeinsam eine optimale Lösung zu finden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche rechtlichen Pflichten haben Hundehalter beim Spaziergang mit ihrem Hund?
Grundlegende Aufsichtspflicht
Hundehalter müssen ihre Hunde so führen und beaufsichtigen, dass von ihnen keine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht. Dies bedeutet, dass Sie während des Spaziergangs stets die Kontrolle über Ihren Hund behalten müssen.
Leinenpflicht
Eine allgemeine Leinenpflicht besteht in folgenden Bereichen:
- Fußgängerzonen und Haupteinkaufsbereichen
- Öffentlichen Park-, Garten- und Grünanlagen (außer in ausgewiesenen Hundeauslaufzonen)
- Bei öffentlichen Veranstaltungen und Menschenansammlungen
- In öffentlichen Gebäuden, Schulen und Kindergärten
- In Treppenhäusern und auf Zuwegen von Mehrfamilienhäusern
In Hamburg und Berlin gilt eine generelle Leinenpflicht im öffentlichen Raum. Die Leine muss reißfest sein und ein sicheres Einwirken auf den Hund ermöglichen.
Besondere Regelungen für gefährliche Hunde
Für als gefährlich eingestufte Hunde gelten verschärfte Vorschriften:
- Generelle Maulkorbpflicht in der Öffentlichkeit (außer in Bayern und Hessen)
- Strikte Leinenpflicht außerhalb befriedeter Besitztümer
- Maximale Leinenlänge von zwei Metern in einigen Bundesländern
Kotbeseitigungspflicht
Als Hundehalter sind Sie verpflichtet, die Hinterlassenschaften Ihres Hundes im öffentlichen Raum zu entfernen. Ein Verstoß kann mit einem Bußgeld geahndet werden.
Auslaufpflicht
Nach der Tierschutz-Hundeverordnung muss jedem Hund ausreichend Auslauf im Freien gewährt werden. Während des Spaziergangs sollte der Hund die Möglichkeit haben, sein Bewegungsbedürfnis zu befriedigen und Sozialkontakte zu anderen Hunden aufzunehmen, sofern keine gesundheitlichen Gründe dagegensprechen.
Ordnungswidrigkeiten und Bußgelder
Bei Verstößen gegen diese Pflichten drohen Bußgelder. Diese können je nach Schwere des Verstoßes und Bundesland bis zu 50.000 Euro betragen. Die Überwachung erfolgt durch Ordnungs- und Veterinärämter.
Wann haftet der Hundehalter bei Verletzungen durch seinen Hund?
Die Haftung des Hundehalters basiert auf § 833 Satz 1 BGB und greift bei jeder Verletzung, die durch das Tier verursacht wird – unabhängig von einem Verschulden des Halters.
Grundsätzliche Haftung
Stellen Sie sich vor, Ihr Hund verletzt einen Menschen oder beschädigt eine Sache. In diesem Fall müssen Sie als Halter für alle entstehenden Schäden aufkommen, auch wenn Sie selbst keine Schuld trifft. Diese sogenannte Gefährdungshaftung gilt selbst dann, wenn der Hund angeleint war und Sie alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen haben.
Besonderheiten bei nicht angeleinten Hunden
Wenn Ihr Hund nicht angeleint ist, verschärft sich die Haftungssituation noch. In diesem Fall haften Sie als Halter uneingeschränkt für alle Schäden, die entstehen – auch wenn sich jemand bei der Abwehr Ihres Hundes verletzt. Ein Spaziergänger darf nämlich effektive Abwehrmaßnahmen gegen einen nicht angeleinten, herannahenden Hund ergreifen, ohne das Verhalten des Tieres erst analysieren zu müssen.
Umfang der Haftung
Die Haftung erstreckt sich auf:
- Personenschäden wie Verletzungen durch Bisse oder Stürze
- Sachschäden an Kleidung oder anderen Gegenständen
- Folgeschäden wie Behandlungskosten oder Verdienstausfall
Ein Mitverschulden des Geschädigten kann die Haftung mindern, etwa wenn dieser den Hund provoziert hat. Die Beweislast für ein solches Mitverschulden liegt beim Hundehalter.
Haftung bei mittelbaren Schäden
Auch wenn Ihr Hund jemanden nicht direkt verletzt, können Sie haften. Wenn beispielsweise die Leine Ihres Hundes einen Sturz verursacht oder sich jemand bei der Trennung einer Hundebeißerei verletzt, greift die Haftung ebenfalls. Die Rechtsprechung sieht hier eine Verwirklichung der spezifischen Tiergefahr, selbst wenn der Hund auf Kommandos hört.
Wie hoch sind die typischen Schmerzensgeldforderungen bei Hundebissen?
Die Höhe des Schmerzensgeldes bei Hundebissen richtet sich nach der Schwere der Verletzung und weiteren individuellen Faktoren. Wenn Sie von einem Hund gebissen wurden, können die Schmerzensgeldzahlungen je nach Verletzungsart erheblich variieren.
Typische Schmerzensgeldhöhen nach Verletzungsart
Bei leichten Verletzungen wie oberflächlichen Bisswunden mit Bluterguss werden etwa 300-800 Euro zugesprochen. Mittelschwere Verletzungen mit Wundinfektionen oder kurzzeitigen Krankenhausaufenthalten werden meist mit 1.000-5.000 Euro entschädigt.
Schwere Verletzungen werden deutlich höher entschädigt:
- Bissverletzungen im Gesicht: bis zu 16.400 Euro
- Brustverletzungen mit Folgeschäden: bis zu 40.000 Euro
- Schwere Genitalverletzungen: bis zu 51.100 Euro
Einflussfaktoren auf die Höhe
Die konkrete Schmerzensgeldhöhe wird von mehreren Faktoren bestimmt:
- Verletzungsschwere und Heilungsdauer
- Dauerhafte Folgeschäden wie Narben oder Nervenschäden
- Lokalisation der Verletzung (besonders sichtbare Stellen werden höher bewertet)
- Dauer der Arbeitsunfähigkeit
- Psychische Folgen wie Angstzustände oder Traumata
Mitverschulden und Haftung
Wenn Sie den Hund provoziert haben oder bei einer Hundebeißerei eingreifen, kann sich das Schmerzensgeld reduzieren. Der Hundehalter haftet grundsätzlich nach § 833 BGB, auch wenn ihn kein Verschulden trifft. Bei einer Mitverantwortung des eigenen Hundes kann die Haftung geteilt werden.
Welche Rolle spielt ein Mitverschulden des Geschädigten bei Hundeunfällen?
Bei Hundeunfällen kann ein Mitverschulden des Geschädigten nach § 254 BGB die Haftung des Hundehalters erheblich mindern oder sogar vollständig ausschließen.
Typische Fälle des Mitverschuldens
Eingreifen in Hundekämpfe: Wenn Sie in eine Auseinandersetzung zwischen Hunden eingreifen, kann dies zu einem Mitverschulden von bis zu 80% führen.
Provokation des Hundes: Stellen Sie sich vor, Sie reizen einen Hund absichtlich oder nehmen ihm sein Futter weg – in solchen Fällen tragen Sie ein erhebliches Mitverschulden.
Missachtung von Warnhinweisen: Ignorieren Sie deutliche Warnschilder oder Hinweise des Hundehalters, wird dies als Mitverschulden gewertet.
Rechtliche Bewertung des Mitverschuldens
Die Höhe des Mitverschuldens richtet sich nach zwei Faktoren:
Erkennbarkeit der Gefahr: Konnten Sie die konkrete Gefährlichkeit des Hundeverhaltens erkennen?
Vermeidbarkeit: War es Ihnen möglich und zumutbar, die Gefahr zu vermeiden?
Besondere Konstellationen
Eigener Hund: Wenn Sie selbst einen Hund dabei haben, kann sich dessen Tiergefahr als Mitverschulden auswirken. Bei einem Gerangel zwischen zwei Hunden wird typischerweise eine Haftungsquote von 50% angenommen.
Hundespielplätze: Auf Hundespielplätzen wird ein höheres Mitverschulden angenommen, da Sie sich dort bewusst einer typischen Gefahr aussetzen.
Beweislast: Der Hundehalter muss Ihr Mitverschulden nachweisen. Wenn Sie beispielsweise einen Ihnen bekannten, bisher friedlichen Hund streicheln und dieser Sie überraschend beißt, wird in der Regel kein Mitverschulden angenommen.
Sorgfaltspflichtverletzung des Halters: Wenn der Hundehalter seine Sorgfaltspflichten verletzt hat, etwa durch mangelnde Beaufsichtigung, tritt Ihr Mitverschulden zurück.
Welche Beweise sind für Schadensersatzansprüche nach einem Hundeunfall wichtig?
Medizinische Dokumentation
Nach einem Hundeunfall sollten Sie umgehend einen Arzt aufsuchen. Die ärztliche Dokumentation ist der wichtigste Beweis für Ihre Ansprüche. Ein ärztliches Attest dokumentiert nicht nur die Verletzungen, sondern kann auch spätere Komplikationen und Folgeschäden nachweisen. Selbst bei scheinbar leichten Verletzungen ist eine medizinische Untersuchung ratsam, da sich Verletzungen erst später verschlimmern können.
Fotodokumentation
Fotografieren Sie alle sichtbaren Verletzungen direkt nach dem Vorfall und während des gesamten Heilungsverlaufs. Die Fotos sollten gut ausgeleuchtet sein und das Ausmaß der Verletzungen klar erkennen lassen. Dokumentieren Sie auch beschädigte Kleidungsstücke oder andere Gegenstände.
Unfallprotokoll
Erstellen Sie ein detailliertes Gedächtnisprotokoll mit folgenden Informationen:
- Datum, Uhrzeit und genauer Ort des Vorfalls
- Name und Kontaktdaten des Hundehalters
- Beschreibung des Hundes
- Genauer Hergang des Unfalls
- Kontaktdaten möglicher Zeugen
Zeugenaussagen
Wenn Personen den Vorfall beobachtet haben, notieren Sie deren Kontaktdaten. Zeugen können nicht nur den Unfallhergang bestätigen, sondern auch Auskunft über die Auswirkungen der Verletzungen geben. Dies ist besonders wichtig, wenn der Hundehalter den Vorfall anders darstellt oder bestreitet.
Polizeiliche Dokumentation
Bei schweren Verletzungen kann es sinnvoll sein, die Polizei hinzuzuziehen. Die polizeiliche Dokumentation des Vorfalls stellt einen weiteren wichtigen Beweis dar.
Finanzielle Aufwendungen
Bewahren Sie sämtliche Belege für unfallbedingte Kosten auf. Hierzu gehören:
- Arzt- und Behandlungsrechnungen
- Fahrtkosten zu Arztterminen
- Beschädigte Kleidung oder Gegenstände
- Verdienstausfälle durch Arbeitsunfähigkeit
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Tierhalterhaftung
Die gesetzliche Haftung des Tierhalters für Schäden, die durch sein Tier verursacht werden, basierend auf § 833 BGB. Anders als bei normaler Haftung muss kein Verschulden des Halters vorliegen – er haftet auch wenn ihn keine Schuld trifft (sogenannte Gefährdungshaftung). Der Halter trägt das Risiko für typische tierische Verhaltensweisen, die zu Schäden führen können. Beispiel: Ein Hund reißt beim Spaziergang einen Radfahrer um – der Halter haftet, auch wenn er den Hund ordnungsgemäß angeleint hatte.
Mitverschulden
Ein rechtliches Konzept nach § 254 BGB, bei dem der Geschädigte selbst eine Mitschuld am entstandenen Schaden trägt. Dies führt dazu, dass sich sein Anspruch auf Schadensersatz entsprechend seinem Verschuldensanteil reduziert oder sogar ganz entfällt. Bei der Bestimmung des Mitverschuldens wird geprüft, inwieweit der Geschädigte selbst fahrlässig gehandelt hat. Beispiel: Ein unachtsamer Fußgänger wird von einem zu schnell fahrenden Auto angefahren.
Tiergefahr
Das spezifische Risiko, das von einem Tier aufgrund seiner natürlichen, unberechenbaren Verhaltensweisen ausgeht. Dies umfasst alle tierischen Reaktionen und Instinkte, die sich der menschlichen Kontrolle entziehen können. Die Tiergefahr ist der zentrale Grund für die strenge Haftung des Tierhalters nach § 833 BGB. Beispiel: Ein sonst friedlicher Hund reagiert plötzlich aggressiv auf einen anderen Hund oder erschrickt sich und springt einen Menschen an.
Aufsichtspflicht
Die rechtliche Verpflichtung des Tierhalters, sein Tier angemessen zu beaufsichtigen und Schäden durch das Tier zu verhindern. Sie ergibt sich aus §§ 833, 834 BGB und umfasst alle zumutbaren Maßnahmen zur Gefahrenabwehr wie Anleinpflicht oder Beaufsichtigung. Die konkrete Ausgestaltung hängt von Art, Größe und Charakter des Tieres ab. Beispiel: Ein Hundehalter muss seinen aggressiven Hund in der Öffentlichkeit anleinen und einen Maulkorb verwenden.
Haushaltsführungsschaden
Ein Vermögensschaden, der entsteht, wenn eine Person aufgrund einer Verletzung ihre üblichen häuslichen Tätigkeiten nicht mehr ausführen kann. Dieser Schaden ist nach §§ 249 ff. BGB ersatzfähig, auch wenn keine Ersatzkraft eingestellt wurde. Die Berechnung erfolgt nach dem Zeitaufwand für die Haushaltsführung und einem pauschalen Stundensatz. Beispiel: Nach einem Unfall kann jemand 3 Monate lang nicht kochen, putzen oder Wäsche waschen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 833 BGB – Tierhalterhaftung: Dieser Paragraph regelt die Haftung des Tierhalters für Schäden, die durch sein Tier verursacht werden. Der Tierhalter haftet für die typische Tiergefahr, unabhängig davon, ob er die Aufsichtspflicht verletzt hat oder nicht. Ein Haftungsausschluss ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich, zum Beispiel wenn der Geschädigte eigene Einwirkungsmöglichkeiten auf das Tier hatte.
- Voraussetzungen für einen Haftungsausschluss nach § 833 BGB: Ein Haftungsausschluss kann stillschweigend vereinbart werden, wenn der Geschädigte besondere Einwirkungsmöglichkeiten auf das Tier hat, wie zum Beispiel als Trainer oder Dompteur. Solche Ausschlüsse sind jedoch nur gültig, wenn diese spezifischen Voraussetzungen erfüllt sind und der Geschädigte aktiv Einfluss auf das Tier ausübt.
- § 254 BGB – Mitverschulden: Nach diesem Paragraphen kann das Verschulden des Geschädigten die Haftung des Schädigers mindern oder ausschließen. Wenn der Geschädigte selbst zur Entstehung des Schadens beigetragen hat, wird die Schadensersatzforderung entsprechend reduziert.
- § 253 BGB – Schadensersatz einschließlich Schmerzensgeld: Dieser Paragraph ermöglicht den Ersatz sowohl des materiellen als auch des immateriellen Schadens, wie beispielsweise Schmerzensgeld. Der Geschädigte kann hierdurch für erlittene körperliche und seelische Verletzungen entschädigt werden.
- § 708 Nr. 13 ZPO – Vorläufige Vollstreckbarkeit: Diese Vorschrift regelt die Bedingungen, unter denen ein Urteil vorläufig vollstreckbar wird. Hierbei kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung erfolgen, um sicherzustellen, dass die geschuldete Leistung erbracht wird, auch bevor das Urteil endgültig rechtskräftig ist.
Das vorliegende Urteil
LG Köln – Az.: 2 O 207/23 – Urteil vom 10.07.2024
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