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Tierpensions- und Einstellungsvertrag – Wirksamkeit Kündigungsklausel

LG Essen . Az.: 10 S 170/17 – Urteil vom 25.10.2018

Die Berufung des Klägers gegen das am 15.11.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Essen – 15 C 113/17 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Essen (15 C 113/17) vom 15.11.2017 sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger betreibt eine Reitanlage auf dem Hofgut T. Die Beklagte ist Eigentümerin der Pferde C und D. Seit Februar 2012 waren diese Pferde auf dem Hof des Klägers zu einem Pensionspreis von 650,- EUR monatlich eingestellt. Die Einzelheiten der Einstellung und die Vertragsbedingungen sind geregelt in zwei, für jedes Pferd getrennt geschlossenen Verträgen, wegen deren Inhalt auf Blatt 6 bis 13 d.A. Bezug genommen wird. Die Verträge waren vom Kläger vorformuliert und wurden nur um Namen und Anschrift des Einstellers, den Namen des Pferdes und den Zeitpunkt des Vertragsbeginns ergänzt.

Die sich auf den Vertragsgegenstand und den Pensionspreis beziehenden Vertragsbedingungen lauten auszugsweise:

§ 1 Vertragsgegenstand

Für die Einstellung des Pferdes (…) wird in dem Stallgebäude der Reitanlage Hofgut T eine Box gemietet. Der Vermieter ist berechtigt, dem Einsteller während der Vertragsdauer eine andere Box auf der Reitanlage zuzuteilen. Dem Einsteller ist die Benutzung der Reithalle, der Außenplätze und des Longierplatzes der Reitanlage Hofgut T im Rahmen der aktuellen Betriebs- und Reitordnung gestattet.

§ 3 Pensionspreis

Der Pensionspreis für eine Box beträgt monatlich netto 546,22 EUR, zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer (103,78 EUR), gesamt: 650,- EUR.

(…)

Folgende Leistungen sind im Pensionspreis enthalten:

  • Vermietung der Pferdebox und Nutzung gemäß § 1
  • Lieferung von Einstreu (Häckselstroh)
  • Lieferung von Kraftfutter (Hafer, Pellets, Müsli) bis zu 5 kg pro Tag
  • Lieferung von Heu ca. 6-8 kg tgl. oder Silage und Wasser
  • Entmistung

Bei Einstreu mit Leinstroh wird monatlich ein Kontingent von 8 Ballen Leinstroh zur Verfügung gestellt. Der darüber hinausgehende Bedarf wird dem Einsteller gesondert in Rechnung gestellt. Weitere eventuelle Sonderleistungen des Vermieters werden gesondert berechnet. Die weiteren Kosten, soweit sie nicht vorstehend genannt sind, insbesondere Kosten des Hufbeschlags und Tierarztkosten für das Pferd, trägt der Einsteller selbst.

§ 2 der Vertragsbedingungen befasst sich mit der Vertragsdauer und dem jeweiligen Kündigungsrecht und lautet wie folgt:

Der Vertrag beginnt am (…) und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Der Vertrag kann von jedem Vertragspartner mit einer Frist von 8 Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Für die Einhaltung der Frist ist der Zugang des Kündigungsschreibens maßgebend.

Der Vertrag kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. (…)

Der Einsteller ist berechtigt, sein Pferd jederzeit (bereits vor Vertragsablauf) wieder an sich zu nehmen. Die vorzeitige Abholung berührt nicht die Verpflichtung, den Mietpreis in voller Höhe bis zum Ende des Vertragsverhältnisses zu zahlen.

Mit Schreiben vom 20.08.2014 kündigte die Beklagte den Einstellvertrag bezüglich des Pferdes C. Als Grund wurde die Lahmheit des Pferdes angegeben. Daneben beanstandete die Beklagte, dass das Pferd D nicht mit genässtem Futter gefüttert werde. Hintergrund war, dass das Pferd D an einer Allergie litt und nur mit Nassfutter versorgt werden durfte. Im Dezember 2015 zog die Beklagte auch mit dem Pferd D aus dem Hofgut des Klägers aus.

Der Kläger widersprach der Vertragsbeendigung und forderte die Beklagte mit Schreiben vom 04.07.16 zur Zahlung der ausstehenden Pensionspreise für C für die Monate September und Oktober 2014 und für D für die Monate Januar und Februar 2016 auf. Dabei wurden um 180,- EUR monatlich reduzierte Kosten pro Pferd geltend gemacht für eingespartes Futter und sonstige Kosten.

Der Kläger ist der Ansicht, es handele sich bei dem Pferdepensionsvertrag um einen Mietvertrag bzw. um einen Dienstvertrag.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.880,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 650,- EUR ab dem 05.09.2016, dem 04.10.2016, dem 04.01.2017 und dem 04.02.2017 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Tierpensions- und Einstellungsvertrag - Wirksamkeit Kündigungsklausel
(Symbolfoto: Von Alla-Berlezova/Shutterstock.com)

Die Beklagte ist der Ansicht, dass es sich beim Pensionsvertrag um einen Verwahrungsvertrag handele. Die Kündigungsbestimmung in § 2 des Vertrages verstoße als allgemeine Geschäftsbedingung gegen § 307 BGB, da sie dem Leitgedanken des § 695 BGB widerspreche.

Darüber hinaus behauptet die Beklagte, bezüglich des Pferdes C sei individualvertraglich ein jederzeitiges Kündigungsrecht vereinbart worden. Bezüglich D habe die Vereinbarung bestanden, dass das Pferd nur mit nassem Futter versorgt werden dürfe, wogegen der Kläger mehrfach verstoßen habe. Schließlich seien die streitgegenständlichen Pferdeboxen innerhalb von 3 bis 4 Tagen wieder vermietet worden.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bei dem vorliegenden Pferdepensionsvertrag um einen Verwahrungsvertrag handele, den die Beklagte gemäß § 695 BGB jederzeit habe kündigen können Die Kündigungsbeschränkung in § 2 der Verträge verstoße als formularmäßige Regelung gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB und sei daher unwirksam.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Kündigungsregelung in § 2 der Verträge einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhalte. Es müsse zwischen der Kündigung des Vertragsverhältnisses und dem Rückholrecht des Hinterlegers nach § 695 BGB unterschieden werden. Durch die Beschränkung der Kündigung werde das jederzeitige Rückholrecht der Beklagten in keiner Weise ausgeschlossen. § 2 der Verträge bestimme dies sogar ausdrücklich. Die Regelung stelle auch keine unangemessene Benachteiligung der Beklagten dar, da sie auch diese vor einer jederzeitigen Kündigung durch den Kläger schütze. Eine individualvertragliche Vereinbarung einer jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit in Bezug auf das Pferd C habe es nie gegeben. Ebenso wenig sei vereinbart worden, das Pferd D nur mit nassem Futter zu füttern.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die angefochtene Entscheidung sowie auf den Inhalt der im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Tierpensions- und Einstellungsvertrag handelt es sich um einen entgeltlichen Verwahrungsvertrag i.S.d. § 688 BGB. Nach dem Vertrag schuldete der Kläger der Beklagten neben der Überlassung der Pferdeboxen u.a. auch die Fütterung und die Übernahme der Fürsorge und Obhut für die eingestellten Tiere. Der Einstellvertrag ist danach ein gemischter Vertrag, der sich aus Elementen des Mietvertrages, des Kaufvertrages, des Dienstvertrages und des Verwahrungsvertrages zusammensetzt. Ungeachtet dessen bildet nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich die Kammer anschließt, ein gemischter Vertrag ein einheitliches Ganzes und kann deshalb bei der rechtlichen Beurteilung nicht in dem Sinn in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden, dass etwa auf den Mietvertragsanteil Mietrecht, auf den Dienstvertragsanteil Dienstvertragsrecht und auf den Kaufvertragsanteil Kaufrecht anzuwenden wäre. Der Eigenart des Vertrags wird vielmehr grundsätzlich nur die Unterstellung unter ein einziges Vertragsrecht gerecht, nämlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Vertrags liegt (vgl. statt aller: BGH, Urteil vom 12. Januar 2017, III ZR 4/16, juris, m.w.N.).

Der rechtliche Schwerpunkt des zwischen den Parteien geschlossenen Pferdepensions- und Einstellvertrages fällt in den Bereich des Verwahrungsrechts und nicht in den Bereich eines Dienst- oder Mietvertrages.

Wie das Amtsgericht in jeder Hinsicht zutreffend ausgeführt hat, kann ein Schwerpunkt im Dienstvertrag nicht angenommen werden, da Pflegeelemente, die über die Obhut des Pferdes hinausgehen, keine maßgebliche Rolle spielen. In § 1 der Verträge werden dem Einsteller die Benutzung der Reithalle, der Außenplätze und des Longierplatzes der Reitanlage gestattet. Das Reiten und Führen der Pferde auf dem Longierplatz wurden hingegen vertraglich nicht vom Kläger übernommen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.01.2017 (III ZR 4/16, juris), in der der Schwerpunkt des dort zu beurteilenden Pferdepensionsvertrages im Dienstvertragsrecht gesehen wurde, ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall standen im Vordergrund der geschuldeten Leistungen die Ausbildung des noch jungen Pferdes für den Einsatz bei Turnieren und die Vorführung bei Prüfungen.

Ebenso kann auch ein Schwerpunkt im Mietvertrag nicht angenommen werden. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Pferdepensions- und Einstellvertrag stand zum einen nicht etwa die Überlassung einer konkreten Pferdebox im Vordergrund. Dies wird aus § 1 der Vertragsbedingungen deutlich, der dem Kläger ausdrücklich die Befugnis einräumt, dem Einsteller während der Vertragsdauer eine andere Box auf der Reitanlage zuzuteilen. Zum anderen geht der konkrete Vertragsinhalt – anders als etwa in dem vom Amtsgericht Essen mit Urteil vom 31. August 2007 (Az.: 20 C 229/06, juris) entschiedenen Fall – über die bloße Offenhaltung des Pferdes hinaus. Vielmehr hat der Kläger die Pflicht zur Fürsorge und Obhut über das Pferd übernommen. Dies ergibt sich aus dem in § 3 geregelten Leistungskatalog. Darin ist vorgesehen, dass der Kläger Leistungen wie Ausmisten und Lieferung von Futter übernimmt, wodurch ihm eine vertragliche Obhutspflicht auferlegt wird. Diese Pflicht ist vertragswesentlich und typusbildend. Der rechtliche Schwerpunkt des Vertrages fällt daher in den Bereich des Verwahrungsrechts mit der Folge, dass der Vertrag als Verwahrungsvertrag anzusehen ist (so auch: OLG Oldenburg, Urteil vom 04. Januar 2011, 12 U 91/10, BeckRS 2011, 9054; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 23. März 2000, 5 U 73/97, juris; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 28. Juni 2006, 13 U 138/05, juris; LG Ulm, Beschluss vom 19. April 2004, 1 S 184/03, juris; AG Lehrte, Urteil vom 11. Mai 2010, 9 C 857/09, juris).

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Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung besteht nicht, da die Beklagte die Verträge durch ihr Rückgabeverlangen wirksam gekündigt hat. Durch die Rückforderung der Pferde, spätestens aber durch die tatsächliche Rücknahme der Pferde, wurde der jeweilige Pferdepensions- und Einstellvertrag gekündigt. Entsprechend der vorstehend dargelegten Einordnung der Verträge als Verwahrungsverträge konnten diese durch die Beklagte gem. § 695 S. 1 BGB jederzeit gekündigt werden. Dies gilt auch beim entgeltlichen Verwahrungsvertrag (Palandt/Sprau, 77. Aufl., § 695 Rn. 1; LG Ulm, Beschluss vom 19. April 2004, 1 S 184/03, juris). Zwar wird von einigen Land- und Amtsgerichten die Auffassung vertreten, dass bei einem gemischter Vertrag mit dem Schwerpunkt im Verwahrungsrecht das Kündigungsrecht nicht nach Maßgabe des § 695 BGB zu handhaben sei, sondern vielmehr nach derjenigen Regelung beurteilt werden solle, die nach der jeweiligen Interessenabwägung dem Vertragszweck am besten entspreche. So hat das Landgericht Wuppertal mit Urteil vom 23. Mai 2017 (16 S 63/16, juris) ausgeführt, dass das Verwahrungsrecht, soweit es um die Kündigungsfrage gehe, keine die Interessen der Parteien angemessen zum Ausgleich bringende Regelung biete. Der Einsteller werde vor erhebliche Probleme gestellt, wenn der Stall jederzeit die sofortige Rücknahme des Pferdes verlangen könne. Ebenso sei ein berechtigtes Interesse des Stalls anzuerkennen, durch Kündigungsfristen disponieren zu können. Daher sei es sachgerecht, jedenfalls das Kündigungsregime nach Mietrecht zu beurteilen. Auch das Amtsgericht Solingen hat in seinem mit Urteil vom 31. Mai 2016 (14 C 480/15, juris) entschiedenen Fall den dort zwischen den Parteien geschlossenen Pferdepensions- und Einstellvertrag zwar als Verwahrungsvertrag eingeordnet, für die Bewertung der vereinbarten Kündigungsfrist jedoch „im Hinblick auf die wirtschaftlichen Interessen des Pensionsgebers“ auch die Regelungen des Mietvertragsrechts herangezogen. Ebenso hat auch das Amtsgericht Grünstadt (Urteil vom 22. Juli 2010, 3 C 116/10, juris) entschieden. Die Kammer vermag sich den vorgenannten Auffassungen indes nicht anzuschließen. Wie bereits eingangs dargelegt, ist ein gemischter Vertrag als einheitliches Ganzes zu behandeln und kann deshalb bei der rechtlichen Beurteilung nicht in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden. Vielmehr ist der Schwerpunkt des Vertrages zu ermitteln (vgl. statt aller: BGH, Urteil vom 12. Januar 2017, III ZR 4/16, juris, m.w.N.). Zwar hat der Bundesgerichtshof weiter ausgeführt, dass eine solcherart getroffene rechtliche Einordnung nicht von vornherein ausschließe, auch Bestimmungen des Vertragsrechts heranzuziehen, bei dem der Schwerpunkt des Vertrags nicht liege, wenn allein hierdurch die Eigenart des Vertrags richtig gewürdigt werden könne. Daraus kann aber – entgegen der mit der Berufung vertretenen Auffassung – nicht abgeleitet werden, dass ausgerechnet die Kündigungsfrage nicht nach Verwahrungsrecht beurteilt wird, welches gerade die Eigenart des Vertrages bestimmt. Das jederzeitige Rückforderungsrecht gem. § 695 BGB folgt aus dem Wesen des Verwahrungsvertrages. Bei Abbedingung dieses Kernelements liegt schon kein Verwahrungsvertrag mehr vor (so auch Palandt/Sprau, 77. Aufl., § 695 Rn. 1).

Die von dem Kläger vorformulierte, für eine Vielzahl von Verträgen verwendete und deshalb einer Inhaltskontrolle unterfallende Kündigungsklausel (§ 2) ist wegen eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Hiernach ist eine Klausel unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, wovon im Zweifel auszugehen ist, wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Kündigungsklausel in § 2 der jeweiligen Verträge sieht vor, dass (auch) für den Einsteller eine Kündigung nur mit einer Frist von acht Wochen zum Monatsende möglich ist und der Vertrag im Übrigen nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Diese Klausel weicht entscheidend von der Regelung des § 695 BGB ab. Die darin bestimmter jederzeitige Rückforderungsmöglichkeit gehört nach Auffassung der Kammer zu den wesentlichen Grundgedanken eines Verwahrungsvertrages. Die in § 2 enthaltene Einschränkung des Kündigungsrechts verstößt daher, wie vom Amtsgericht zutreffend angenommen, gegen § 307 Abs. 1 BGB und ist unwirksam. Eine Differenzierung zwischen dem Recht der jederzeitigen Rückforderung und der Kündigung des Verwahrungsvertrages ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht möglich. Eine fortbestehende Bindung an den geschlossenen Vertrag über die festgesetzte Kündigungsfrist würde das Recht des Hinterlegers aus § 695 BGB praktisch aushöhlen. Die Verpflichtung, das vereinbarte Pensionsentgelt, wenn auch vermindert um ersparte Aufwendungen, weiterhin zahlen zu müssen, wird den Hinterleger unter Umständen bei seiner Entscheidung, ob er von seinem Recht aus § 695 BGB Gebrauch machen will, in unangemessener Weise unter Druck setzen.

Soweit der Kläger argumentiert, dass die formularmäßige Regelung einer Kündigungsfrist im Interesse beide Parteien liege, so übersieht er die gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Privilegierung des Hinterlegers gegenüber dem Verwahrer. Der Hinterleger kann gem. § 695 BGB die hinterlegte Sache jederzeit zurückfordern, auch wenn für die Aufbewahrung eine Zeit bestimmt ist. Demgegenüber kann der Verwahrer die Rücknahme der hinterlegten Sache gem. § 696 BGB nur dann jederzeit verlangen, wenn eine Zeit für die Aufbewahrung nicht bestimmt ist. Ist eine Zeit bestimmt, so kann er die vorzeitige Rücknahme nur verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die mit der Berufung vertretene Auffassung, dass ohne Kündigungsfrist auch die Beklagte mit einem jederzeitigen Rücknahmeverlangen des Klägers rechnen müsse, ist mithin unzutreffend. Wie auch bereits das Amtsgericht ausgeführt hat, erfolgt die Verwahrung im Dispositionsinteresse des Hinterlegers (vgl. LG Ulm, Beschluss vom 19. April 2004, 1 S 184/03, juris; AG Lehrte, Urteil vom 11. Mai 2010, 9 C 857/09, juris). Der Sinn und Zweck des Vertrages beinhaltet den Schutz und die Dispositionsfreiheit bezüglich der hinterlegten Sache. Insbesondere bei einer Krankheit des Tieres – wie hier bei dem Pferd D – entspricht es dabei dem Interesse des Hinterlegers, das Pferd umgehend herauszufordern und den Vertrag kündigen zu können.

Auch die weitere Argumentation des Klägers ist nicht durchgreifend. In Anlehnung an zwei bislang unveröffentlichte Entscheidungen des Landgerichts Düsseldorf (Urteil vom 15.06.2018, 20 S 203/17, Bl. 204 ff.; Beschluss vom 20.06.2018, Bl. 222 ff.) vertritt der Kläger die Auffassung, dass auch der Rechtsgedanke des § 699 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen sei. Bei einem vorzeitigen Ende der Aufbewahrung könne der Verwahrer einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen, sofern nicht aus der Vereinbarung über die Vergütung sich ein anderes ergebe. Angesichts der in § 699 Abs. 2 BGB bereits gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der Vereinbarung einer Vergütung, die nicht anteilig an der tatsächlichen Aufbewahrung bemessen werde, handele es sich bei der anteiligen Vergütung schon nicht um einen wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Diese Argumentation übersieht jedoch, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 699 Abs. 2 BGB die lediglich anteilige Vergütung den gesetzlichen Regelfall darstellt. Daraus folgt, dass der Verwahrer grundsätzlich die Vergütung nach erfolgter Kündigung nur noch bis zu dem Tag verlangen kann, an dem das Pferd tatsächlich in seinem Stall untergestellt war und der Verwahrer insoweit auch tatsächlich Leistungen erbracht hat. Die Verpflichtung, das vereinbarte Pensionsentgelt auch nach Beendigung der Verwahrung zahlen zu müssen, würde bedeuten, das vorgenannte Regel-Ausnahme-Verhältnis umzukehren.

Nach alledem ist die streitgegenständliche Vertragsklausel (§ 2) unwirksam. Eine Unwirksamkeit ist auch nicht unbillig für den Verwahrer, da er die Möglichkeit hat, Kündigungsfristen individuell auszuhandeln und zu vereinbaren.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1 ZPO, 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Die Kammer hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache gemäß § 543 Abs. 2 ZPO grundsätzliche Bedeutung hat. Die Anwendung des § 307 BGB im Rahmen von Pferdeeinstellungsverträgen mit Kündigungsfristen ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt.

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