AG Bad Hersfeld – Az.: 13 M 980/19 – Beschluss vom 16.10.2019
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Gründe
I.
Die Gläubigerin und Erinnerungsführerin beantragte mit Zwangsvollstreckungsauftrag vom 18.02.2019 unter Vorlage des Versäumnisurteils vom 05.01.2018 zum Az. 10 C 832/17 des Amtsgericht Bad Hersfeld die Durchführung der sogenannten Stromsperre bei dem zuständigen Gerichtsvollzieher.
Der Gerichtsvollzieher lehnte die Durchführung mit der Begründung ab, dass der Netzbetreiber nicht bezeichnet sei und eine Vollstreckung daher für ihn nicht möglich sei. Eine sodann beantragte Ergänzung/Berichtigung des Versäumnisurteils wurde durch den zuständigen Richter mit der Begründung, dass der Netzbetreiber nicht namentlich genannt werden müsse, abgelehnt.
Den erneuten Vollstreckungsantrag der Gläubigerin lehnte der Gerichtsvollzieher ab.
Mit Schriftsatz vom 10.04.2019 hat die Gläubigerin Erinnerung gegen die Ablehnung des Gerichtsvollziehers eingelegt und beantragt, den Gerichtsvollzieher anzuweisen, die beantragte Stromsperre beim Schuldner durchzuführen.
Der Gerichtsvollzieher hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Die Gläubigerin ist der Auffassung, dass die Verweigerung rechtswidrig sei, weil nur ein örtlicher Netzbetreiber existiere und vorliegend als einziger Netzbetreiber zuständig und bekannt sei. Der jeweils zuständige Netzbetreiber sei bei der Bundesnetzagentur prüfbar veröffentlicht. Die Ladung des Netzbetreibers zum Sperrtermin erfolge nach Mitteilung des Gerichtsvollziehers sodann auch nicht durch diesen sondern durch die Gläubigerin. Der Mitarbeiter des Netzbetreibers sei anhand des Dienstausweises überprüfbar.
II.
Die Erinnerung ist grundsätzlich statthaft und zulässig gegen Maßnahmen des Gerichtsvollziehers hinsichtlich der Art und Weise der Zwangsvollstreckung, insbesondere auch gegen die Weigerung des Gerichtsvollziehers zur beantragten Vollstreckung, § 766 ZPO.
Die Erinnerung ist zulässig, derzeit aber unbegründet.
Der vollstreckungsfähige Inhalt eines Urteils ist nach §§ 704, 887 ff ZPO anhand des Tenors und ergänzend anhand des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe zu ermitteln, vgl. BGHZ 122, 16.
Auf der Grundlage des Tenors des Versäumnisurteils des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 05.01.2018, Az. 10 C 832/17 ist eine Vollstreckung der Stromsperre daher möglich und zulässig. Insoweit ist der Tenor und der damit vollstreckungsfähige Inhalt im Sinne der §§ 322, 887, 892 ZPO dahingehend konkret benannt, dass der Beklagte eine Stromsperre durch den Netzbetreiber zu dulden hat, welches bei widerstand durch den Gerichtsvollzieher erzwungen werden kann.
Dass der konkret zuständige Netzbetreiber, hier derzeit nach den Kenntnissen des Gerichts, nicht benannt worden ist, ist hinsichtlich der Vollstreckung im Sinne der §§ 704, 887, 892 ZPO unschädlich, da dieser nach den Mitteilungen der Gläubigerin aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen sowie anhand der Veröffentlichung der Bundesnetzagentur eindeutig zuordbar und damit ausreichend bestimmt ist. Insoweit handelt es sich hierbei um eine zulässige Auslegung des Tenors selbst, da sich der konkrete Netzbetreiber aufgrund der gesetzlichen Vorschriften des EnWG und den hierzu veröffentlichen Verteilnetzbetreibern bereits aus dem Tenor ergibt. Folglich hat das Versäumnisurteil grundsätzlich einen vollstreckbaren Tenor.
Der Gerichtsvollzieher hat sodann die Vollstreckung des Tenors durchzuführen, wobei ihm im Rahmen seines Auftrags die Prüfungspflicht obliegt, dass eine dem Tenor entsprechende (rechtmäßige) Vollstreckung durchgeführt wird. Hierbei müssen dem Gerichtsvollzieher alle erforderlichen Informationen vorgelegt werden.
Soweit die Gläubigerin in diesem Sinne die Durchführung der Stromsperre durch einen beauftragten Mitarbeiter der .. begehrt, hat die Gläubigerin dem Gerichtsvollzieher nachprüfbar darzulegen, dass der zuständige Netzbetreiber im Zeitpunkt der Vollstreckung ist und daher der beauftragte Mitarbeiter als die im Tenor genannte zur Stromsperre befugt Person ist.
Soweit diese Umstände und insbesondere die Zuständigkeit als lokaler Netzbetreiber nicht für den Gerichtsvollzieher überprüfbar dargelegt worden ist (zum Beispiel u.a. durch eine veröffentlichte Auskunft der Bundesnetzagentur), darf der Gerichtsvollzieher die Vollstreckung verweigern, auch wenn bisher stets im Rahmen der Vollstreckung einer Stromsperre im streitgegenständigen Bezirk als zuständiger Netzbetreiber benannt worden war.
Nachdem derzeit die Zuständigkeit nicht nachvollziehbar anhand prüfbarer Unterlagen dargelegt worden ist, war die Erinnerung als derzeit unbegründet abzuweisen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Erinnerungsführer zu tragen, §§ 91, 97 ZPO.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.