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„Durchgecheckt“ und „top fit“ als Zusicherungen beim Pkw-Kauf?

Oberlandesgericht Bamberg

Az.: 8 U 68/00

Verkündet am 20.12.2000

Vorinstanz: LG Hof – Az.: 13 O 333/99


In dem Rechtsstreit wegen Forderung. hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2000 für Recht erkannt:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Hof vom 25. Mai 2000 wird zurückgewiesen

II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Das Urteil beschwert den Kläger mit 20.551,94 DM.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 511 ff. ZPO), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht Hof hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger erhebliche Fehler (§ 459 Abs. 1 BGB) des verkauften Pkw Jaguar zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht bewiesen hat und somit weder Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§ 463 BGB), noch Wandlung (§ 462 BGB) verlangen kann. Dem Pkw fehlte zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs auch keine zugesicherte Eigenschaft (§ 459 Abs. 2 BGB).

1. Mängel:

a) Soweit der Kläger das Nichtfunktionieren des von der Beklagten zwischenzeitlich in Stand gesetzten Tempomats sowie das Fehlen des Tankdeckels rügt, greift § 459 Abs. 1 S. 2 BGB ein, wonach eine unerhebliche Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit außer Betracht zu bleiben hat.

b) Der vom Kläger gerügte Heckschaden ist nach dem vom Landgericht erholten Sachverständigengutachten fachmännisch behoben (Gutachten S. 8). Die klägerseits angesprochene Feuchtigkeitsbildung ist danach einer porösen Dichtung im Radhausbereich zuzuordnen. Nachdem der Sachverständige keine massive Nässebildung im gesamten Kofferraumbereich feststellen konnte, handelt es sich insoweit ebenfalls nicht um einen erheblichen Fehler i.S. von 459 Abs. 1 S. 1 BGB.

Den vom Kläger reklamierten Benzingeruch hat der Sachverständige nicht festgestellt.

Bedenken gegen die Beweisverwertung des Sachverständigengutachtens vom 24.1.2000 hat der Senat nicht gesehen.

c) Bei dem vom Sachverständigen festgestellten Motorölverlust handelt es sich unter Berücksichtigung des Fahrzeugalters und der Motorlaufleistung sowie der Motorenbaureihe um „normalen Verschleiß“ (Gutachten S. 9, 12).

Gehen Abnutzungs- und Verschleißerscheinungen nicht über das hinaus, was bei einem Fahrzeug des betreffenden Typs angesichts seines Alters und seiner Laufleistung normalerweise zu beobachten ist, so kann von einem Fehler i.S. von § 459 BGB nicht gesprochen werden. Normale Verschleiß-, Abnutzungs- und Alterungserscheinungen sind somit von vornherein aus dem Fehlerbegriff auszuklammern (vgl. Reinking/Eggert, 7. Aufl., Rdnr. 1562 unter Hinweis auf OLG Karlsruhe NJW-RR 1988, 1138 = DAR 1988, 162).

d) Auch bezüglich des vom Sachverständigen festgestellten Getriebeölverlustes handelt es sich nach Auffassung des Senats um natürlichen, altersbedingten Verschleiß.

Nach dem Gutachten des Sachverständigen ist davon auszugehen, daß der Getriebeölverlust zwar erst nach Gefahrübergang aufgetreten ist, die betreffenden Dichtungen am Wandler jedoch schon zum Zeitpunkt der Übergabe abgenützt waren.

Abgenutzte Dichtungen bzw. Dichtringe stellen allerdings nach Auffassung des Senats bei einem Gebrauchtwagen keinen Mangel im Sinn des § 459 Abs. 1 BGB dar, da es in der Natur der Sache liegt, daß Dichtungen (aus welchem Grund auch immer) irgendwann einmal undicht werden. Dabei handelt es sich um den natürlichen Verlauf der Dinge, mithin um „natürlichen Verschleiß“, nicht um einen Gewährleistungsmangel.

Der Verkäufer ist auch nicht verpflichtet, den Käufer auf natürliche Verschleißerscheinungen hinzuweisen, da deren Eintritt selbstverständlich ist, weshalb auch der Käufer damit rechnen mußte.

Zwar ist anerkannt, daß der gewerbsmäßige Gebrauchtwagenverkäufer das zu verkaufende Kraftfahrzeug untersuchen muß. Es kann aber von ihm nicht erwartet werden, daß er ohne jeden Anhaltspunkt Motor und Getriebe zerlegt, um Dichtringe auf Verschleiß zu überprüfen. Insoweit folgt der Senat dem Vortrag im Berufungserwiderungsschriftsatz vom 29.9.2000 (dort S. 5, Bl. 129 d.A.).

Auch ist nicht bewiesen, daß die Beklagte einen Verschleiß der Dichtringe am Wandler vor Gefahrübergang erkennen konnte, da nach den Feststellungen des Sachverständigen der massive Getriebeölverlust erst nach Fahrzeugübergabe aufgetreten ist.

2. Selbst wenn man die Äußerungen des Verkäufers, das Fahrzeug sei „durchgecheckt“ worden und „top fit“, als bewiesen ansieht, liegen darin bezüglich des festgestellten Motor- und Getriebeölverlustes keine relevanten Zusicherungen.

Insoweit folgt der Senat der Auffassung des Landgerichts Hof, wonach diese Angaben in ihrem Aussagegehalt zu vage und zu wenig konkret bestimmbar sind, weshalb es sich um reine Werbeanpreisungen ohne rechtlichen Gehalt handele (vgl. auch OLG Hamm, NJW-RR 97, 429 f.; sowie die bei Reinking/Eggert, a.a.O., Rdnrn. 557 ff. geschilderten Fälle).

Es kann den Äußerungen nicht entnommen werden, daß die Beklagte gerade für den Nichteintritt von Ölverlust einstehen will bzw. dafür, daß alle Dichtungen überprüft und – falls porös – erneuert seien.

Die vom Klägervertreter im Termin vom 6.12.2000 zitierte Entscheidung des BGH (BGH NJW 78, 2241 f.) betrifft einen anderen Sachverhalt: Im dort zugrundeliegenden Kaufvertrag war handschriftlich vermerkt, daß das Kraftfahrzeug in einwandfreiem technischen Zustand übergeben wird. Tatsächlich waren Reifen aufgezogen, die der Betriebserlaubnis nicht entsprachen, so daß das Fahrzeug nicht mehr betriebssicher war. Die zitierte Entscheidung läßt sich auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragen: Der nach dem Gutachten des Sachverständigen bei Übergabe wohl bereits vorhandene gewisse Verschleiß der Dichtungen im Getriebebereich war, da der massive Ölverlust erst nach Übergabe einsetzte, noch kein die Betriebstauglichkeit des Pkw berührender Mangel. Im übrigen unterscheidet sich der Sachverhalt auch insofern, als in dem dort entschiedenen Fall der Kaufvertrag einen ausdrücklichen handschriftlichen Vermerk „in technisch einwandfreiem Zustand“

enthält, während im vorliegenden Verfahren der schriftliche Vertrag keine als Zusicherungen auszulegenden Vermerke ausweist. Die Kaufvertragsurkunde enthält vielmehr den fettgedruckten Hinweis, dass Zusicherungen schriftzlich niderzulegen sind. Die mündlichen Erklärungen des Zeugen X konnten daher nur als unverbindliche Anpreisungen verstanden werden.

3. Die Frage, ob ein Gewährleistungsausschluß wirksam vereinbart worden war, kann somit dahingestellt bleiben.

Die Aussage des Zeugen X, Y vor dem Landgericht stimmt allerdings mit den vorgelegten Anlagen nicht überein, da offensichtlich die Formulierung des Gewährleistungsausschlusses in das ursprüngliche Vertragsformular vor der bereits enthaltenen Unterschrift des Klägers eingefügt wurde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 ZPO, die festgesetzte Beschwer (§ 546 Abs. 2 S. 1 ZPO) entsprach dem Streitwert.

 

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