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Trennungsunterhalt und Immobilienkauf mit neuem Partner

OLG SAARBRÜCKEN

Az.: 9 WF 19/09 PKH

Beschluss vom 18.2.2009


Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarlouis vom 28. Juli 2008 – 22 F 223/08 UE – in Form des Nichtabhilfebeschlusses vom 20. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Die Trennung erfolgte 1996. Bis einschließlich Februar 2008 erbrachte der Antragsgegner an die Antragstellerin regelmäßig freiwillige Unterhaltsleistungen. Zuletzt erfolgte im Monat März 2008 eine Zahlung in Höhe von 250 EUR.

Die Antragstellerin ist neben einem Herrn G. L. – dieser zu ¾, die Antragstellerin zu ¼ – Miteigentümerin eines Hausanwesens, das von beiden erworben wurde und bewohnt wird. Die Antragstellerin bewohnt in dem Hausanwesen die im Obergeschoss gelegenen Wohnräume, die nicht über eine Küche verfügen, sie nutzt jedenfalls u.a. die Küche der im Erdgeschoss der Anwesens gelegenen Wohnung des Miteigentümers L. mit (Anlage Wohnungsmietvertrag PKH- Beiheft).

Die Antragstellerin hat vorliegend um Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren und ein Verfahren auf einstweilige Anordnung, gerichtet auf die Zahlung monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von 350,00 EUR, nachgesucht. Sie hat dies damit begründet, nur über den Anteil an dem fremdfinanzierten Hausanwesen zu verfügen und damit völlig mittellos zu sein. Sie lebe nicht in einer verfestigten nichtehelichen Lebensgemeinschaft und verfüge in dem Hausanwesen über eine eigenständige Wohnung.

Der Antragsgegner hat darauf verwiesen, dass mit Blick auf die Trennungszeit, aber auch auf die 2004 von der Antragstellerin mit Herrn L. eingegangene und mittlerweile verfestigte Lebensgemeinschaft, die nicht nur durch den gemeinsamen Erwerb der Immobilie, sondern auch durch das Erbringen von Versorgungsleistungen der Antragstellerin für Herrn L., gemeinsame Urlaubsfahrten sowie deren gemeinsames Auftreten als Paar in der Öffentlichkeit belegt werde, der Antragstellerin keine Unterhaltsansprüche zustünden.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird (Bl. 18, 19 d.A.) hat das Familiengericht den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin für das Haupt – und das EA- Verfahren zurückgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Antragstellerin bereits nicht dargelegt habe, aus welchen Gründen sie die Zahlung von Trennungsunterhalt anstrebe. Auch sei mit Blick auf die Trennung seit 1996 von einer weitgehenden Verselbständigung der Lebensverhältnisse auszugehen mit der Folge, dass die Antragstellerin grundsätzlich selbst für ihren Unterhalt sorgen müsse. Die in der Vergangenheit von dem Antragsgegner freiwillig erbrachten geringen Leistungen änderten hieran nichts. Zudem sei der Einwand der Verwirkung im Hinblick auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft nicht ausgeräumt, wobei angesichts des gemeinsamen Erwerbs der Immobilie und hiermit im Zusammenhang stehend der unklaren Finanzierung des Anteils der Antragstellerin wegen ihrer behaupteten Einkommenslosigkeit an das Zeitmoment keine hohen Anforderungen zu stellen seien.

Gegen den ihr am 14. August 2008 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 5. September 2008 eingegangenen Faxschreiben Beschwerde eingelegt. Sie hat darauf verwiesen, wegen ihres Alters – geboren 1948 -, fehlender beruflicher Qualifikation (ungelernt) und multipler gesundheitlicher Beschwerden und Beeinträchtigungen (Herzprobleme, Magen-Darm- Beschwerden, Osteoporose) keiner Erwerbstätigkeit nachgehen zu können. Das Bestehen einer verfestigten Lebensgemeinschaft beruhe auf reinen Mutmaßungen. Zwecks Erwerbs ihres Miteigentumsanteils habe sie vollständig eine Erbschaft in Höhe von 37.000 EUR eingebracht, daneben lasteten auf der Immobilie Verbindlichkeiten. Auch erhalte sie nunmehr von der ARGE D. Hilfe zum Lebensunterhalt (Bl. 23 ff31 ff d.A.).

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Es hat dies damit begründet, dass die Antragstellerin angesichts der mittlerweile eingeräumten Mitbenutzung der Küche nicht über eine „eigene Wohnung“ in dem Hausanwesen verfüge und die angesichts der Eigentumsverhältnisse gewählte Konstruktion eines Untermietverhältnisses ausweislich des Schriftsatzes vom 12. August 2008 erst 2007 gewählt worden sei. Auch habe die Antragstellerin ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend dargetan, weil die Pflicht, eine Beschäftigung aufzunehmen, nicht erst im Laufe des Verfahrens, sondern nach Ablauf des Trennungsjahres 1997 entstanden sei. Hinzu komme, dass ein Unterhaltsanspruch zumindest für die Vergangenheit teilweise auf die ARGE übergegangen sei (Bl. 34 d.A.).

II.

Das als gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen als zulässige sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel der Antragstellerin, dem das Familiengericht nicht abgeholfen hat, bleibt ohne Erfolg.

Das Familiengericht hat zu Recht die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung – Klage auf Zahlung von Trennungsunterhalt und einstweiliges Anordnungsverfahren – verspricht nämlich jedenfalls derzeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

a. Zunächst spricht viel dafür, dass, wovon das Familiengericht unter eingehender Würdigung des Parteivorbringens ausgeht, die Voraussetzungen für die vom Antragsgegner gewünschte Anwendung der Härteklausel § 1579 Nr. 2 BGB vorliegen.

Nach dieser Bestimmung kann der Unterhaltsanspruch versagt werden, wenn der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt. Die Beurteilung des Vorliegens einer verfestigten Lebensgemeinschaft ist nicht schematisch, sondern nach den Umständen des Einzelfalles vorzunehmen. Zwar wird, orientiert an der Rechtsprechung des BGH (so BGH, NJW 1997, 1851; BGH, FamRZ 2002, 810), von einer dauerhaften, an die Stelle der Ehe getretenen Gemeinschaft in der Regel erst dann ausgegangen werden können, wenn die Gemeinschaft zwei bis drei Jahre besteht (Mindestdauer). Das Zeitmoment ist jedoch nicht das alleinige Kriterium, an dem die Verfestigung einer Lebensgemeinschaft zu messen ist. Vielmehr kann, je fester die Verbindung nach außen in Erscheinung tritt, eine kürzere Zeitspanne ausreichen. Dabei kommt beispielsweise dem Umstand, dass die neuen Partner gemeinsam Immobilieneigentum, insbesondere ein Wohnzwecken dienendes Hausgrundstück, erworben haben, wegen der wirtschaftlichen Bedeutung dieses Vorgangs zentrale Bedeutung für die Annahme zu, dass die Partner sich für eine langjährige gemeinsame Zukunft entschieden haben, so dass bereits das Zusammenleben in der gemeinsam erworbenen Immobilie während der Dauer eines Jahres genügen kann, eine verfestigte eheähnliche Lebensgemeinschaft anzunehmen (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 2006, 706; OLG Schleswig, FamRZ 2006, 954; OLG Köln, FamRZ 2000, 290; vgl. auch BGH, FamRZ 2002, 810).

Auch vorliegend liegen hinreichende Umstände für das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft der Antragstellerin mit Herrn G. L. vor. So ist die Antragstellerin neben Herrn L. – dieser zu ¾, die Antragstellerin zu ¼ – Miteigentümerin eines gemeinsam genutzten Hausanwesens, das mit Mitteln beider Parteien erworben wurde. Ohne den finanziellen Beitrag des Herrn L. wäre die Antragstellerin auch nicht in der Lage gewesen, ein Hausanwesen zu erwerben. Die Antragstellerin bewohnt Räumlichkeiten im Obergeschoss des Hausanwesens, Herr L. im Erdgeschoss gelegene Wohnräume, wobei die Küche incl. Waschmaschine, der Garten und ein Kellerraum von der Antragstellerin, deren Wohnräume nicht über eine Küche verfügen, mitbenutzt werden dürfen, und diese räumliche Aufteilung offensichtlich erst im Januar 2007 gewählt worden ist (Anlage Wohnungsmietvertrag PKH- Beiheft). Die finanziellen Verflechtungen, aber auch die tatsächliche Ausgestaltung der Nutzung des Hausanwesens, bei der die Antragstellerin für ihre Versorgung zumindest teilweise auf eine Mitbenutzung der Wohnung des Herrn L., insbesondere der Küche, angewiesen ist, lassen bei vernünftiger Betrachtung keine Zweifel daran aufkommen, dass die Beziehung der neuen Partner für die Zukunft und auf Dauer angelegt ist. Bei der gegebenen Sachlage spricht nach der allgemeinen Lebenserfahrung alles dafür, dass die Antragstellerin in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt.

b. Ferner hat die Antragstellerin nicht hinreichend dargetan, zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit außer Stande (gewesen zu) sein, also bedürftig zu sein.

Anerkanntermaßen besteht eine Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten in der Regel nach Ablauf des Trennungsjahres. Der zeitliche Beginn einer Erwerbsobliegenheit ist dabei immer nach den Umständen des Einzelfalles festzulegen. Entscheidend hierbei ist, ob der nicht erwerbstätige Ehegatte nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten darauf verwiesen werden kann, seinen Unterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (§1361 Abs. 2 BGB).

Die Antragstellerin hat zu der Frage der Erwerbsobliegenheit und hiermit in Zusammenhang stehend zu von ihr unternommenen Erwerbsbemühungen nach Ablauf des Trennungsjahres 1997 nichts Rechtserhebliches vorgetragen. Soweit sie sich im Schriftsatz vom 5. September 2008 (Bl. 23 ff d.A.) auf das Vorliegen multipler gesundheitlicher Beschwerden und Erkrankungen stützt, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, zu belegen, dass sie 1997 nicht in der Lage war, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Auch ihr Hinweis darauf, keinen Beruf erlernt zu haben, verfängt nicht, weil es ungeachtet der nicht von vorneherein auszuschließenden Möglichkeit einer Qualifizierung, und zwar auch im Alter der Antragstellerin von damals 49 Jahren, der Antragstellerin grundsätzlich angesonnen werden kann, auch solche Tätigkeiten auszuüben, die einer besonderen beruflichen Qualifizierung nicht bedürfen. Es gibt auch keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass der Arbeitsmarkt ungelernten Arbeitsuchenden von vorneherein verschlossen ist. Letztlich kann auf der Grundlage der von ihr vorgetragenen Erkrankungen und Beschwerden auch nicht festgestellt werden, dass es ihr auch nunmehr unmöglich ist, einer – unter Umständen auch nur stundenweise auszuübenden – Tätigkeit nachzugehen.

Dem steht auch nicht entgegen, dass der Antragsgegner jahrelang freiwillig Unterhaltszahlungen erbracht hat. Dies entband die Antragstellerin nicht von ihrer Pflicht, eine Erwerbstätigkeit nach Ablauf des Trennungsjahres aufzunehmen. Denn es liegen auf der Grundlage des Parteivorbringens keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Antragstellerin erkennbar auf die monatlichen Unterhaltsleistungen verließ und gerade deswegen keine Notwendigkeit sah, sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bemühen. Bei der gegebenen Sachlage ist die Annahme eines Vertrauenstatbestandes nicht gerechtfertigt. Ebenso spricht nichts dafür, dass der Antragsgegner die Antragstellerin durch Fortzahlung des Unterhalts bewusst von Erwerbsbemühungen abgehalten, sie also in Sicherheit gewiegt hätte (vgl. hierzu auch BGH, FamRZ 1990, 496, sowie FamRZ 2006, 769; OLG Köln, FamRZ 1999, 853). Hinzu kommt, dass, was unstreitig ist, der Antragsgegner Zahlungen lediglich in einem den Unterhaltsbedarf der Antragstellerin nicht deckenden Umfang erbracht hat. Auch von daher bestand für die Antragstellerin, die ihren Lebensunterhalt nicht allein mit den Zahlungen des Antragsgegners bestreiten konnte, keine Veranlassung anzunehmen, sie sei nicht gehalten, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (vgl. BGH, aaO).

c. Soweit die Antragstellerin, wie sie mit Schriftsatz vom 5. September 2008 vorgetragen hat, nunmehr Hilfe zum Lebensunterhalt von der ARGE D. erhält, liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragstellerin ab dem Zeitpunkt der Unterstützungsleistungen berechtigt ist, Unterhaltsansprüche gerichtlich geltend zu machen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein Forderungsübergang stattgefunden hat (§ 33 SGB II, vgl. Scholz in: Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 8, Rz. 228 ff/232ff, m.w.N.).

III.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin war daher mit dem auf § 127 Abs. 4 ZPO beruhenden Kostenausspruch zurückzuweisen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nicht gegeben sind (§ 574 ZPO).

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