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Treppenhaus Mehrfamilienhaus – Anforderung an Erhaltungszustand

AG München

Az: 424 C 778/09

Urteil vom 26.08.2009


I. Die Beklagte wird verurteilt, in dem Anwesen V straße in München die Verschmutzungen an den Wänden des Treppenhauses vom Erdgeschoss bis mindestens einschließlich 2. Obergeschosses zu beseitigen und in der von der Klägerin bewohnten Wohnung im 2. Stock links einen Schallschutz gegenüber der Nachbarwohnung, 2. Obergeschoss rechts, von mindestens 48 dB zu gewähren.

II. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Kosten ihrer Rechtsanwälte gem. Rechnung vom 17.12.2008 in Höhe von EUR 229,55 freizustellen.

III. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 1/3, die Beklagte 2/3.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich der Beseitigung der Verschmutzungen an den Wänden des Treppenhauses für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 5.000,00.

Die Vollstreckung aus Ziffer II. und III. können die Parteien jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 11/10 des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 11/10 des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 1.710,00.

Tatbestand

Mit Mietvertrag vom 26.06.1975 mietete die Klägerin die Wohnung in der V straße in München, 2. Stock links von der Rechtsvorgängerin der Beklagten.

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Das Treppenhaus wurde letztmalig 1989 durch Abschliff und Neuversiegelung der Treppen und Neuanstrich der Wände in Stand gesetzt. Im Rahmen eines Schriftwechsels bezüglich eines Mieterhöhungsverlangens der Beklagten machte die Klägerin verschiedene Mängel geltend. Sie rügte die mangelhafte Isolierung zur Nachbarwohnung und den Zustand des Treppenhauses. Dem Mieterhöhungsverlangen stimmte die Klägerin letztlich zu. Zuletzt setzte die Klägerin mit Schreiben vom 14.08.2008 der Beklagten eine Frist zur Behebung der gerügten Mängel.

Die Klägerin trägt vor, der Zustand des Treppenhauses des Anwesens stelle einen Mangel dar. Die Beklagte sei zur Instandsetzung verpflichtet. Die Treppen müssten abgeschliffen und neu versiegelt werden. Die Wände müssten neu gestrichen werden. An den Wänden seien zahlreiche Verschmutzungen zu sehen. Sie selbst habe schon versucht diese zu entfernen, dies sei aber ergebnislos gewesen.

Die Klägerin hat zunächst auch beantragt, eine zerbrochene Treppenhauslampe im 2. Obergeschoss zu reparieren. Nach erfolgter Reparatur haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt.

Zuletzt beantragt die Klägerin:

Die Beklagte wird verurteilt, in der Wohnung Vo…straße in München folgende Mängel zu beseitigen:

Verschmutzungen an den Wänden des Treppenhauses vom Erdgeschoss bis mindestens einschließlich 2. Obergeschoss, beschädigte Versiegelung der Treppe, des Treppenhauses vom Erdgeschoss bis einschließlich 2. Obergeschoss, Nichtgewährung eines Schallschutzes gegenüber der Nachbarwohnung 2. Obergeschoss rechts von mindestens 48 dB.

Die Beklagte hat den Anspruch auf Gewährung eines ausreichenden Schallschutzes anerkannt. Im Übrigen beantragt die Beklagte:

Klageabweisung.

Die Beklagte trägt vor, der Gebrauchswert des Treppenhauses sei nur unerheblich beeinträchtigt. Die Klägerin hätte keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Vornahme dieser Renovierungsmaßnahmen.

Es wurde Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme verschiedener Lichtbilder in den öffentlichen Sitzungen vom 29.04.2009 (Blatt 29 der Akten) und vom 26.08.2009.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die Protokolle der öffentlichen Sitzung vom 29.04.2009 (Blatt 29 der Akten) sowie vom 26.08.2009 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Beseitigung der Verschmutzungen im Treppenhaus, jedoch nicht auf eine Neuversiegelung der Treppenstufen.

Gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Auch ohne besondere Erwähnung im Wohnungsmietvertrag gelten Flure, Treppen und andere gemeinschaftliche Hausteile, die dem Mieter zur Ausübung seines Mietrechts zur Verfügung stehen und von ihm begangen werden müssen und können, als mitvermietet. Die dem Vermieter nach § 535 BGB obliegende Pflicht zur Instandhaltung erstreckt sich demgemäß auch auf diese Hausteile.

Der für den vertragsmäßigen Gebrauch geeignete Zustand ist im einzelnen Fall nach den gesamten Umständen, insbesondere nach der Ortssitte, dem Zweck und dem Preis der Mieträume zu beurteilen (Kammergericht, WuM 1984, 42). Die von der Klägerin gemieteten Räumlichkeiten sind lediglich zu Wohnzwecken angemietet. Das Betreiben einer Arztpraxis oder Rechtsanwaltskanzlei beispielsweise ist in diesen Räumlichkeiten nicht vorgesehen. Das Treppenhaus hat also keinerlei repräsentative Funktionen. Es dient den Bewohnern als Zugang zu ihren Wohnungen. Zu der Ortssitte haben die Parteien nichts vorgetragen, dem Gericht ist auch keine besondere Ortssitte bezüglich des üblicherweise geschuldeten Erhaltungszustandes eines Treppenhauses in vergleichbaren Wohngebäuden bekannt.

Das Kammergericht stellt in der zitierten Entscheidung bezüglich des Zustandes, den die Mieter von den stillschweigend mitvermieteten Hausteilen verlangen können, maßgeblich auf den Zustand dieser Hausteile im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ab. Dabei ist der Preis der Wohnung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages auch mit dem Zustand der gemeinschaftlichen Flächen in Beziehung zu setzen. Der Zustand des Treppenhauses im Zeitpunkt der Anmietung durch die Klägerin ist dem Gericht nicht bekannt und wurde auch von den Parteien nicht vorgetragen. Nach Ansicht des Gerichts, kommt es auf diesen in vorliegendem Fall auch nicht an.

Das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, also von dem Standard der überlassenen Mietsache zu der Miethöhe, können sich im Laufe des Mietverhältnisses ändern. Für den jetzigen Anspruch ist daher das Gegenseitigkeitsverhältnis von 1975 nicht erheblich. Eine Wohnung, deren Ausstattung weit unterdurchschnittlich ist, kann durch beständige Sanierung zu einer Hochpreissegmentwohnung gemacht werden. Genauso kann der Mietpreis von einem Preis deutlich und bewusst unterhalb der ortsüblichen Miete auf das ortsübliche Niveau angehoben werden und dann auch dem Mietpreis für eine überdurchschnittliche Wohnung entsprechen. Für das Gericht entscheidungserheblich ist daher die Entwicklung der letzten Jahre und der jetzige Zustand der Anlage und das Verhältnis der vermieteten Gegenstände für den dafür entrichteten Preis.

Erhöht ein Vermieter unter Rückgriff auf den Mietspiegel die vormals günstige Miete beständig auf das Niveau der ortsüblichen Miete und verschiebt sich damit die Einordnung der Wohnung aufgrund der Quadratmetermiete in ein höheres Preissegment, muss der allgemeine Zustand des Anwesens dieser Entwicklung angepasst werden. Dies betrifft insbesondere solche Umstände, die bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch den Mietspiegel nicht berücksichtig werden. Dabei werden behebbare Mängel grundsätzlich bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht berücksichtigt. Auch der Gesamteindruck des Anwesens, der beispielsweise auf eine Vernachlässigung durch den Vermieter oder eine Zurückhaltung des Vermieters bezüglich laufender Instandsetzung schließen lässt, findet nur in seltenen Ausnahmefällen Eingang in die Berechnung der Miethöhe nach dem Mietspiegel. Ansonsten würden diese Umstände schon die Mieterhöhung begrenzen. Dies ist aber bei dem Erhaltungszustand des Treppenhauses, wie er hier streitentscheidend ist, nicht der Fall. Die Klägerin rügt auch grundsätzlich bei der Mieterhöhung nicht zu beachtende Mängel.

Die Beklagte hat in den letzten Jahren im Abstand von jeweils drei Jahren die Miete zweimal um ca. 20 % erhöht. Das allgemeine Mietniveau ist längst nicht in diesem Umfang gestiegen. Der Mietpreis für die Wohnung der Klägerin steht daher nunmehr in einem anderen Verhältnis zu der durchschnittlichen Miete und liegt nicht mehr unterhalb der ortsüblichen Miete, sondern entspricht der ortsüblichen Miete. Sie ist damit auch einem anderen Preissegment zuzuordnen. Die Beklagte als Vermieterin schuldet damit letztlich auch einen höheren Standard des Anwesens auch bezüglich der gemeinschaftlichen Räume als vor den Mieterhöhungen.

Dieser Umstand ist erheblich für die Beurteilung, ob der sich aus der Inaugenscheinnahme der Lichtbilder ergebende Zustand des Treppenhauses einen Mangel darstellt, der zu einer Instandsetzungspflicht der Beklagten führt.

Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles entspricht der durch die Beweisaufnahme festgestellte Zustand des Treppenhauses nicht mehr dem für den vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand hinsichtlich der zahlreichen Verschmutzungen der Wände. Hier liegt offensichtlich ein Renovierungsstau vor. Die Wände sind übersät mit Flecken und sog. „Fahrern“. Im Hinblick auf die von der Klägerin zu zahlende Miete beeinträchtigen die zahlreichen Verschmutzungen der Wände des Treppenhauses den vertragsmäßigen Gebrauch.

Etwas anderes gilt jedoch für die Holztreppen. Nach Auffassung des Gerichtes sind hier die Anforderungen an die Instandhaltung und Instandsetzung niedriger. Bekanntlich ist der Renovierungsturnus bezüglich von Holzböden weitaus länger als bei dem Anstrich von Wänden. Der von der Klägerin gerügte Zustand der Holztreppen, wie er sich auch aus den Lichtbildern ergibt, führt nicht dazu, dass das Treppenhaus nicht mehr zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignet ist. Schäden in der Versiegelung der Holztreppe führen längst nicht zu einer Beeinträchtigung in demselben Maße, wie die zahlreichen Verschmutzungen der Wände. Nach Auffassung des Gerichtes ist bei Altbauwohnungen in der preislichen Kategorie der Wohnung der Klägerin eine fehlerhafte und schadhafte Versiegelung des Treppenhauses in einem Altbau eher hinzunehmen als die offensichtliche Vernachlässigung der Instandsetzung der Wände und die daraus folgende hier gegebene Verschmutzung der Wände.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 286, 288 BGB. Der Anspruch auf Freistellung war nicht herabzusetzen, weil das teilweise Unterliegen nicht zu einer gebührenrechtlich relevanten Herabsetzung des Gegenstandswertes führt.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 a, 92 ZPO.

Die Beklagte hat die Kosten zu tragen, soweit das Verfahren für erledigt erklärt worden ist und soweit sie den Anspruch der Klägerin anerkannt hat.

Den Streitwert hat das Gericht mit den Angaben der Klägerin auf EUR 1.710,00 geschätzt, §§ 3 ZPO, 41 GKG.

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