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Treppensturz in der Mietwohnung – Schadensersatzansprüche gegenüber Vermieter?

OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

Az.: 10 U 64/00

Verkündet am 7. Juni 2001

Vorinstanz: LG Düsseldorf – Az.: 2 aO 203/99


In dem Rechtsstreit hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2001 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 3. März 2000 verkündete Urteil der 2 a.Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 14.000 DM, die auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse erbracht werden kann, abzuwenden, falls nicht die Beklagten vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leisten, zu der ebenfalls Bank- oder Sparkassenbürgschaft zugelassen wird.

T a t b e s t a n d

In der Zeit von März 1997 bis Mitte 1999 war die Klägerin aufgrund einer mit dem Erblasser getroffenen mündlichen Vereinbarung Mieterin einer Wohnung im Erdgeschoß und 1. Obergeschoß des Hauses S.straße 23 in N. Die Mieträume waren durch eine Geschoßtreppe miteinander verbunden, deren Stufen ausweislich eines in dem Verfahren 7 OH 13/99 AG Neuss von dem Sachverständigen vom H. unter dem 23.3.1999 erstatteten Gutachtens eine unterschiedliche Auftrittsbreite hatten und die im Bereich der 7. Stufe lediglich über eine Kopfhöhe von 1,54 m verfügte, so daß eine erhöhte Sturzgefahr bestand.

Am 10.1.1999 kam die Klägerin auf der vorstehend beschriebenen Treppe zu Fall, als sie sich vom 1. Obergeschoß zum Erdgeschoß begeben wollte. Bei dem Sturz zog sie sich ihrem Vorbringen nach erhebliche Verletzungen zu. Sie erlitt insbesondere einen Mehrfragmentbruch des linken Oberarmknochenkopfes, der stationäre Behandlungen in der Zeit vom 14.1. bis zum 25.1. und vom 30.3. bis zum 10.4.1999 erforderlich machte.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin die Beklagten als Gesamtschuldner auf Ersatz ihres materiellen unfallbedingten Schadens in Höhe von 5.743,92 DM und auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 75.000 DM in Anspruch genommen. Außerdem hat sie die Feststellung begehrt, daß die Beklagten verpflichtet sind, ihr sämtlichen weiteren materiellen und immateriellen Schaden aufgrund des Unfalls vom 10.1.1999 zu ersetzen.

Die Beklagten haben eine Schadensersatzverpflichtung zu ihren Lasten nach Grund und Höhe in Abrede gestellt und Klageabweisung beantragt.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Aus dem Mietvertrag resultierende Ansprüche der Klägerin auf der Grundlage des § 538 BGB seien ausgeschlossen, weil sie Kenntnis von der Beschaffenheit der Treppe gehabt habe, so daß § 539 BGB zur Anwendung komme. Aufgrund der ständigen Benutzung über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren sei ihr die unterschiedliche Stufenbreite allenfalls infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben. Gleichwohl habe sie den gefahrenträchtigen Zustand.zu keiner Zeitbemängelt, sondern den Mietgebrauch vorbehaltlos fortgesetzt. Aus dem gleichen Grunde müsse sie sich ein derart umfassendes Mitverschulden zurechnen lassen, daß auch eine Haftung der Beklagten aus unerlaubter Handlung nicht in Betracht komme.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihr Klagebegehren unter Erhöhung des Zahlungsanspruchs nach Maßgabe einer Haftungsquote von 75 % weiterverfolgt.

Sie beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 11.172,43 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 1. August 1999 zu zahlen;

2.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an’sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Senats gestellt wird, mindestens jedoch 56.250 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 10. November 1999 zu zahlen;

3.

festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, ihr 75 % ihres materiellen und immateriellen Schadens zu ersetzen, soweit er nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Versicherungsträger übergegangen ist.

Die Beklagten beantragen, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Auch sie wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen erster Instanz, dem das Landgericht zu Recht gefolgt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze der Parteien und die bei den Akten befindlichen schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.

Die Akten 7 OH 13/99 AG Neuss lagen vor und waren zu Informationszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist sachlich nicht gerechtfertigt. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Auch das zweitinstanzliche Vorbringen der Klägerin rechtfertigt keine für sie günstigere Entscheidung.

Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch zu, so daß weder ihren Zahlungsanträgen noch ihrem Feststellungsbegehren stattgegeben werden kann. Das Landgericht hat mit durchweg zutreffenden Erwägungen zu Recht angenommen, daß sowohl einer vertraglichen Haftung im Hinblick auf die Regelung des § 539 BGB als auch deliktischen Ansprüchen aus dem Gesichtspunkt mitwirkenden Verschuldens gemäß § 254 BGB die Tatsache entgegensteht, daß die Klägerin die streitgegenständliche Treppe im Unfallzeitpunkt seit fast zwei Jahren täglich mehrmals benutzte, so daß ihr deren bauordnungswidriger Zustand, wie ihn der Sachverständige vom H. festgestellt hat, allenfalls infolge grober Fahrlässigkeit verborgen geblieben sein kann. Gleichwohl hat sie den Gebrauch vorbehaltlos fortgesetzt und nicht einmal in der ihr von der Hausverwaltung aus Anläß des Todes des ursprünglichen Vermieters mit Schreiben vom 10.3.1998 übersandten Mängelliste (Bl. 64/65 d.A.) einen diesbezüglichen Vermerk eingetragen, so daß eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten nach § 538 BGB nur unter den zweifelsfrei nicht vorliegenden Voraussetzungen der §§ 460, 464 BGB in Betracht käme. Aus dem gleichen Grunde müßte ein etwaiges Verschulden der Beklagten im Rahmen der ihnen obliegenden Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des Mietobjekts gegenüber dem weit überwiegenden Eigenverschulden der Klägerin zurücktreten (so in vergleichbaren Fällen auch OLG Koblenz VersR 1987, 125 = NJWE-MietR 1996, 13, OLG Hamm VersR 1978, 64 sowie 1997, 2000 und LG Hamburg ZMR 1999, 404 = DWW 1999, 150 = NZM 1999, 663 = WM 1999, 364; vgl. auch OLG Hamm NJW-RR 2000, 695 = MDR 2158, das selbst dann ein Mitverschulden von immerhin 1/3 zu Lasten des Geschädigten angenommen hat, der innerhalb einer Gaststätte auf einer Treppe zu Fall gekommen war, die er (lediglich) „zumindest ein weiteres Mal benutzt hatte“).

Insgesamt ist das Landgericht demnach zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, daß die Klägerin die Folgen ihres bedauerlichen Unfalls nicht den Beklagten anlasten kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz und die Beschwer der Klägerin werden auf jeweils 11.172,43 DM + 56.250 DM + 7.500 DM = 74.922,43 DM festgesetzt.

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