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Trunkenheitsfahrt im Ausland – MPU in Deutschland?

VG München

Az: M 1 K 09.1830

Urteil vom 11.08.2009


I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Dem am … 1954 geborenen Kläger wurde am …. Oktober 2007 erstmals die Fahrerlaubnis der Klasse B (samt Unterklassen) erteilt.

Am …. November 2008 gegen 9.15 Uhr wurde der Kläger von Beamten der Polizeiinspektion …, Land Oberösterreich, einer Atemkontrollmessung unterzogen. Festgestellt wurden Werte von 0,7 bzw. 0,72 mg/l. Die Kontrolle wurde durchgeführt, weil der Kläger mit seinem Fahrzeug rechts von der Fahrbahn abgekommen war. Dabei wurden das Fahrzeug, ein Leitpfosten und eine Hecke beschädigt. Vor den Polizeibeamten gab der Kläger an, er habe in Grieskirchen „bei privaten Personen durchgezecht“ und sei gegen 7.00 Uhr mit seinem Wagen verunglückt. Die Bezirkshauptmannschaft … untersagte dem Kläger mit Bescheid vom …. November 2008 für die Dauer von 5 Monaten, von seiner deutschen Fahrerlaubnis in Österreich Gebrauch zu machen. Der Bescheid wurde nach Aktenlage bestandskräftig.

Das Landratsamt … (Landratsamt) forderte den Kläger mit Schreiben vom …. Januar 2009 auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten bis …. Februar 2009 vorzulegen. Das Gutachten solle zu der Frage Auskunft geben, ob trotz der aktenkundigen Tat unter Alkoholeinfluss im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr zu erwarten sei, dass der Kläger ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1 im Verkehr sicher führen könne. Weiterhin sei dazu Stellung zu nehmen, ob erwartet werden könne, dass der Kläger künftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Als Rechtsgrundlage für die Gutachtensanforderung wurde auf § 2a Abs. 4 StVG Bezug genommen. Aufgrund der Umstände, die zum Verbot der Lenkberechtigung in Österreich geführt hätten, bestehe Anlass zu der Annahme, dass Fahrungeeignetheit bestehe. Da für Fahranfänger gemäß § 24c StVG ein absolutes Alkoholverbot bestehe, sei die Trunkenheitsfahrt als besonders gewichtig anzusehen.

Der Kläger legte das geforderte Gutachten nicht vor.

Durch Bescheid vom …. April 2009 wurde dem Kläger sofort vollziehbar die Fahrerlaubnis der Klassen B, L, M und S entzogen. Ihm wurde aufgegeben, den Führerschein unverzüglich beim Landratsamt abzugeben. Für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung dieser Verpflichtung wurde ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 750,– € angedroht. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Nichtvorlage des zu Recht geforderten Gutachtens habe gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die Ungeeignetheit des Klägers geschlossen werden können. Bei einer derartigen Weigerung sei in der Regel davon auszugehen, dass Eignungsmängel verborgen werden sollen. Eine Ausnahme von dieser Regelvermutung bestehe nicht. Der Bescheid wurde dem Kläger am …. April 2009 zugestellt.

Am 23. April 2009 hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben mit dem Antrag,

den Bescheid des Beklagten vom …. April 2009 aufzuheben.

Eine Klagebegründung erfolgte nicht.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Ein Verfahren zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes blieb ohne Erfolg (Beschl. v. 28.5.2009, Az. M 1 S 09.1832).

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet ist nach § 11 Abs. 8 FeV, wer ein von der Fahrerlaubnisbehörde zu Recht gefordertes Gutachten nicht fristgerecht beibringt.

Rechtsgrundlage dafür, vom Kläger ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu verlangen, ist § 2a Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz StVG. Danach kann die zuständige Behörde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anordnen, wenn der Inhaber einer Fahrerlaubnis innerhalb der Probezeit Zuwiderhandlungen begangen hat, die nach den Umständen des Einzelfalls Anlass zu der Annahme geben, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Hierbei handelt es sich um eine eigenständige Anspruchsgrundlage, die neben den allgemeinen Regelungen in §§ 11 bis 14 FeV steht. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Fall vorliegt, der keine Veranlassung gibt, das gestufte Verfahren bei Verkehrszuwiderhandlungen eines Inhabers einer Fahrerlaubnis auf Probe durchzuführen. Zutreffend hat das Landratsamt darauf hingewiesen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Denn das Maßnahmesystem des § 2a Abs. 2 FeV greift nur dann ein, wenn innerhalb der Probezeit Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen werden, die nach § 28 Abs. 3 Nrn. 1 bis 3 StVG in das Verkehrszentralregister einzutragen sind. Eine Straftat im Ausland wird aber nicht nach den vorgenannten Bestimmungen zum Inhalt des Verkehrszentralregisters. Eine Eintragung erfolgt vielmehr nach § 28 Abs. 2 Nr. 10 StVG. Der Wortlaut des Gesetzes ist insoweit eindeutig. Dem Beklagten war es deshalb verwehrt, den Kläger zur Teilnahme an einem Aufbauseminar aufzufordern.

Es ist auch nicht angezeigt, die Anordnung eines Fahreignungsgutachtens auf der Grundlage von § 2 a Abs. 4 StVG deshalb zu verneinen, weil § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV eine MPU erst bei einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l zwingend vorschreibt. Wie erwähnt, stellt § 2 a Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz StVG eine eigenständige, von den allgemeinen Regelungen der Fahrerlaubnisverordnung unabhängige Grundlage dafür dar, ein Fahreignungsgutachten zu verlangen. Von den allgemeinen Regelungen abzuweichen rechtfertigt sich auch deshalb, weil ein Fahrerlaubnisinhaber auf Probe anders zu behandeln ist als ein geübter Kraftfahrer. Bei den Erstgenannten gilt es, den Anfängen zu wehren. Hierfür spricht auch die Regelung in § 24 c StVG, die bei Inhabern einer Fahrerlaubnis auf Probe hinsichtlich einer Alkoholauffälligkeit deutlich strengere Anforderungen stellt als bei anderen Fahrerlaubnisinhabern. Im Übrigen kann bei einem so abnormen Trinkverhalten, wie es der Kläger gezeigt hat, kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass der Kläger erhebliche Probleme hat, Alkoholkonsum und Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen. Wer die ganze Nacht „durchzecht“ und sich unmittelbar nach Ende des Trinkgelages in den Morgenstunden ans Steuer setzt, zeigt, dass ihm das nötige Verständnis für die Anforderungen an eine sichere Verkehrsteilnahme fehle. Das abzuprüfen ist Aufgabe eines medizinisch-psychologischen Gutachtens.

Rechtsgrundlage für die Verpflichtung, den Führerschein vorzulegen, ist § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung wurden weder vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Beschluss:

Der Streitwert beträgt EUR 5.000,– nach § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog NVwZ 2004, 1367.

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