Kammergericht Berlin
Az: 12 U 175/08
Beschluss vom 30.07.2009
In dem Rechtsstreit hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts am 30. Juli 2009 beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Gründe:
I.
Die Klägerin, eine eingetragene Partnerschaft, nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch aus einem Verkehrsunfall vom 24. November 2007 in Berlin, Bundesallee 104/105; die Kollision zwischen dem in ihrem Eigentum stehenden, von ihr gehaltenen und dem Partner …geführten sowie am rechten Straßenrand im Bereich einer Bushaltestelle stehenden Pkw Saab-Cabriolet (um eine Mitfahrerin aussteigen zu lassen) und dem von der Zweitbeklagten gehaltenen und von dem Busfahrer … geführten, von der Haltestelle anfahrenden Linienbus ereignete sich beim Vorbeifahren des Beklagtenfahrzeugs an dem mit geöffneter oder sich öffnender Fahrertür rechts stehenden Klägerfahrzeug; dessen Fahrertür sowie die mittlere Seitenwand und die zweite Tür des Busses wurden beschädigt.
Der Haftpflichtversicherer der Zweitbeklagten regulierte den Schaden nach einer Quote von 1/3.
Das Landgericht hat die Klage auf die restlichen 2/3 des Schadens nach Beweisaufnahme (Zeugnis der Mitfahrerin im Klägerfahrzeug sowie persönliche Anhörung des Fahrzeugführers der Klägerin und des Erstbeklagten) abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Vor dem Hintergrund der Sorgfaltspflichten aus § 14 StVO spräche gegen den Klägerfahrer … der Beweis des ersten Anscheins; diesen habe die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht in solchem Maße entkräftet, dass eine Mithaftung der Beklagten nach eine Quote von über 1/3 gerechtfertigt sei.
Es sei nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, dass der Seitenabstand vom Bus zum stehenden Klägerfahrzeug so gering gewesen sei, dass eine höhere Mithaftung geboten sei; der Fahrer des Klägerfahrzeugs hätte es unterlassen müssen, die Fahrertür zu öffnen und auszusteigen bis der von ihm wahrgenommene, an der Haltestelle stehende Bus vorbeigefahren sei.
Es könne auch nicht festgestellt werden, dass der Bus mit einem Seitenabstand von weniger als 50 cm den klägerischen Pkw passiert habe.
Das von der Klägerin beantragte Sachverständigengutachten zum Beweise der Richtigkeit ihrer Unfalldarstellung sei nicht einzuholen gewesen, weil ein Abstand von etwa 50 cm nicht zu einer Mithaftung von über 1/3 führen würde; zudem sei die Frage, ob die Tür bereits vor dem Vorbeifahren des Busses geöffnet gewesen sei, nicht durch einen Sachverständigen zu klären.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin die Verurteilung der Beklagten wie in erster Instanz nach der restlichen Haftungsquote von 2/3 erstrebt.
Sie macht im Wesentlichen geltend:
Das angefochtene Urteil enthalte sowohl im Tatbestand als auch in den Gründen, insbesondere im Bereich der Beweiswürdigung, Fehler.
Die Ausführungen zum Anscheinsbeweis gegen die Klägerin würden unberücksichtigt lassen, dass der Erstbeklagte vom Fahrbahnrand angefahren sei und einen Spurwechsel vollzogen habe; es sei nach wie vor davon auszugehen, dass unfallursächlich allein der zu geringe Sicherheitsabstand des Busses vom stehenden Klägerfahrzeug gewesen sei, wobei Herr … bereits in der geöffneten Fahrertür gestanden habe, als der Bus von der Haltestelle losgefahren sei.
Dem Landgericht sei auch insoweit zu widersprechen, dass Herr … mit einer Weiterfahrt des etwa 10 – 20 m entfernt an der Haltestelle stehenden Busses habe rechnen und bis dahin ein Aussteigen habe unterlassen müssen.
Unter Berücksichtigung des Fotos K 7 habe sich der Unfall nur ereignen können, weil der Bus nicht vollständig in der mittleren Fahrspur, sondern in die rechte Haltestellenspur gefahren sei.
II.
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beides ist nicht der Fall.
1. Tatsachenfeststellungen
a) Zwar trifft die Darstellung der Klägerin auf S. 2 f. der Berufungsbegründung zu, dass im Bereich der Unfallstelle auf der Bundesallee die Busspur erst nach dem Bereich der Bushaltestelle beginnt, weil auf der Vorderseite des mit seiner Rückseite auf dem Foto K 7 erkennbaren Verkehrsschildes das Zeichen 245 („Linienomnibusse“) zu § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO abgebildet ist. Das ist dem Senat durch Ortskenntnis aus eigener Anschauung bekannt, also bei dem Gericht offenkundig (§ 291 ZPO) und wird der Entscheidung zugrunde gelegt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten auf S. 1 ihres Schriftsatzes vom 18. Dezember 2008 bedurfte es dafür keines Antrages auf Tatbestandsberichtigung nach § 320 ZPO.
Denn durch entsprechende Berufungsrüge nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO kann die Bindungswirkung an die Feststellungen im Ersturteil (vgl. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) angegriffen werden (vgl. Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 320 Rn 3), so dass das Berufungsgericht die Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen zu prüfen hat.
b) Die Beanstandungen der Klägerin hinsichtlich des streitigen Klägervorbringens auf S. 3, Abs. 4 und 5 der Berufungsbegründung sind für die Entscheidung unerheblich; denn die beanstandete Zusammenfassung ist die nach § 313 Abs. 2 Satz 1 ZPO gebotene knappe Darstellung des wesentlichen Inhalts, wobei das Landgericht auf S. 5 des angefochtenen Urteils wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens nach § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen hat. Wenn das Landgericht im unstreitigen Teil des Tatbestandes festgestellt hat, der Busfahrer habe wahrgenommen, dass der Klägerfahrer sich außerhalb seines Fahrzeugs befand, so trifft dies auch nach der Klägerdarstellung zu.
2. Anscheinsbeweis
Die Klägerin wendet sich auf S. 4 der Berufungsbegründung gegen die Ausführungen des Landgerichts, dass der Anscheinsbeweis dafür spräche, dass der Klägerfahrer, Herr …, beim Öffnen der Fahrertür nicht die ihm nach § 14 StVO obliegenden Sorgfaltspflichten beachtet habe, sowie die sich daraus ergebende Beweislastverteilung.
Dies verhilft der Berufung nicht zum Erfolg.
a) Der Hinweis der Klägerin, das Landgericht habe dabei zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, dass der Bus vom Fahrbahnrand angefahren sei und einen Fahrstreifenwechsel vollzogen habe, geht fehl.
Denn die Sorgfaltspflichten beim Anfahren vom Fahrbahnrand nach § 10 StVG und beim Fahrstreifenwechsel aus § 7 Abs. 5 StVO schützen allein den nachfolgenden fließenden Verkehr, gelten jedoch nicht im Verhältnis zum ruhenden Verkehr, also nicht im Verhältnis zu einem am Fahrbahnrand stehenden Pkw (vgl. Senat, DAR 2004, 387; NZV 2006, 369; NZV 2008, 413; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, StVO § 10 Rn 10, 11; § 7 Rn 17). Daher spricht auch nur bei einer Kollision mit einem im fließenden Verkehr nachfolgenden Fahrzeug der Anscheinsbeweis gegen den Anfahrenden oder Fahrstreifenwechsler (vgl. Hentschel, aaO, m. w. N.).
b) Entgegen der Zweifel der Klägerin, ob die in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze zum Beweis des ersten Anscheins für eine Sorgfaltspflichtverletzung des Aussteigenden im Streitfall gelten, ist das Landgericht (UA 6) zutreffend unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung (u.a. Senatsurteil vom 9.Mai 1985 – 12 U 3780/84 – VersR 1986, 1132 = VRS 69, 98 sowie KG, Urteil vom 26. September 1985 – 22 U 3234/84 – VM 1986, 20 Nr. 24) von diesen Grundsätzen ausgegangen.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob Herr … die Fahrertür erst geöffnet hat, als der Bus das Klägerfahrzeug bereits zur Hälfte passiert hatte. Entscheidend für den Anscheinsbeweis ist allein, dass sich der Unfall in unmittelbarem örtlichen und zeitlichem Zusammenhang mit dem Aussteigen des Klägerfahrers ereignet hat.
Dies entspricht der einheitlichen obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. Senat, Beschluss vom 22. November 2007 – 12 U 199/06 – KGR 2008, 375 = NZV 2008, 245 = VRS 114, 14 = MDR 2008, 261 L; Hans OLG Hamburg, Urteil vom 30. Januar 2002
– 14 U 85/01 – OLGR Hamburg 2002, 472; auch KG, Urteil vom 26. September 1985
– 22 U 3234/84 – VM 1986, 20 Nr.24, wo der Zusammenhang mit dem Aussteigen nach Schließen der Tür bejaht wurde).
Dieser örtliche und zeitliche Zusammenhang ist nach dem Klägervortrag und dem Ergebnis der Beweisaufnahme zweifellos gegeben. Denn nach der persönlichen Darstellung des Klägerfahrers und der Zeugin vor dem Landgericht war im Zeitpunkt der Kollision sein Aussteigen weder beendet noch die Fahrertür geschlossen. Die Angaben des erstbeklagten Busfahrers stehen dem nicht nachhaltig entgegen, da dieser keine sichere Erinnerung hinsichtlich des Aufenthalts des Klägerfahrers kurz vor oder bei dem Unfall hatte.
Im Übrigen kommt es auf den von der Klägerin beanstandeten Anscheinsbeweis zu ihren Lasten nicht entscheidend an, weil – wie nachstehend ausgeführt wird – sowohl Sorgfaltspflichtverletzungen des Fahrers ihres Pkw als auch des erstbeklagten Busfahrers positiv festzustellen sind.
3. Sorgfaltspflichtverletzungen
Die Klägerin meint auf S.4 der Berufungsbegründung, es sei allein unfallursächlich gewesen, dass der Erstbeklagte mit dem von ihm gelenkten Bus keinen ausreichenden Sicherheitsabstand gegenüber dem stehenden Fahrzeug der Klägerin eingehalten hat und widerspricht auf S.5 dem Landgericht (UA 8), Herr … habe mit einer Weiterfahrt des Busses rechnen und daher ein Aussteigen unterlassen müssen.
Dieser Argumentation vermag sich der Senat so nicht anzuschließen.
a) Der notwendige Mindestabstand eines Vorbeifahrenden zu einem haltenden Fahrzeug richtet sich nach den Umständen der Situation.
Nach einschlägiger obergerichtlicher Rechtsprechung reicht ein Seitenabstand von nicht unter 50 cm eines vorbeifahrenden Pkw zu einem geparkten Pkw regelmäßig aus (vgl. Senat, Urteil vom 9. Mai 1985 – 12 U 3780/84 – VRS 69, 98 = VersR 1986, 1123; Urteil vom 24. November 2005 – 12 U 151/04 – DAR 2006, 149 = KGR 2006, 215 = zfs 2006, 200 = NZV 2006, 258 L; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., StVO § 14 Rn.8). Ein Abstand von weniger als 50 cm zu einem haltenden Pkw, in dem sich eine Person aufhält, ist – jedenfalls regelmäßig – zu knapp (Senat, VRS 69, 98; DAR 2006, 149).
Der Senat unterstellt auf der Grundlage des Klägervortrags zu Gunsten der Klägerin, dass der Bus an ihrem stehenden Saab in einem Abstand von etwa 50 cm vorbeigefahren ist und dies unter den von der Klägerin vorgetragenen Umständen (Klägerfahrer steht mit dem Rücken zum Fahrzeug in der geöffneten Fahrertür) sorgfaltswidrig und unfallursächlich war (davon geht im Ergebnis auch das Landgericht aus, vgl. S.9 des angefochtenen Urteils).
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin war allerdings das Verhalten des Klägerfahrers – schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin und den Angaben ihrers Fahrers als Partei und dessen Mitfahrerin als Zeugin – gleichfalls sorgfaltswidrig und unfallursächlich.
Denn – unabhängig vom gegen den Klägerfahrer sprechenden Anscheinsbeweis, dass er im Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür nicht eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen hat (höchste Sorgfaltsstufe) – hat er schon nach seinen eigenen Angaben gegen seine Pflichten eindeutig verstoßen.
aa) So hat das Landgericht (UA 8) zutreffend ausgeführt, dass Herr , der persönlich erklärt hatte, den Bus an der Haltestelle bemerkt zu haben, jederzeit mit der Weiterfahrt des Busses hat rechnen und daher zunächst ein Aussteigen nach links hat unterlassen müssen. Er hätte auch jedes Öffnen der Fahrertür unterlassen müssen, bis der Bus vorbeigefahren war. Denn er musste sich nach § 14 Abs.1 StVO so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer – insbesondere des potentiell herannahenden fließenden Verkehrs – ausgeschlossen war.
Im konkreten Fall durfte er insbesondere nicht darauf vertrauen, dass der Bus so lange an der Haltestelle stehen bleiben würde, bis er seine hinten im Saab-Cabrio sitzende Mitfahrerin hat aussteigen lassen, wofür zunächst der Fahrer aussteigen und der Fahrersitz nach vorne geklappt werden musste. Er konnte nicht davon ausgehen, dass dies alles gefahrlos möglich sein würde, ohne dass der Bus wieder anfahren würde (vgl. Senat, Beschluss vom 6. März 2008 – 12 U 59/07 – KGR 2009, 52 = VRS 115, 263, für den Fall des Öffnen der Fahrertür trotz dahinter in zweiter Spur stehenden Müllfahrzeugs).
Der Klägerfahrer war daher – jedenfalls nach Wahrnehmung des von der Haltestelle anfahrenden Busses – verpflichtet, nach dem Aussteigen nach links sofort die Fahrertür zu schließen und sich nicht noch links neben seinem Fahrzeug aufzuhalten, sondern die Fahrbahn zu verlassen oder jedenfalls in einen Bereich zu treten, wo er weder sich noch andere gefährdet. Denn Herr … hatte sowohl das Anfahren des Busses gesehen als auch eine „knappe“ Vorbeifahrt befürchtet. So hat er vor dem Landgericht am 14. Mai 2008 erklärt:
„Ich habe den Bus etwa 10-20 m hinter mir wahrgenommen. Er stand an der Haltestelle. Ich bin dann ausgestiegen und habe die Fahrertür soweit geöffnet, dass ich bequem aussteigen konnte. Als ich neben dem Fahrzeug stand und gerade die Lehne des Vordersitzes zurückklappen wollte, habe ich gesehen, dass der Bus losfuhr. Aus meiner Sicht fuhr der Bus ziemlich zügig los und für mich entstand auch der Eindruck, dass der Bus knapp an meinem Fahrzeug vorbeifahren würde. Ich habe mich dann mit dem Rücken zu dem Klägerfahrzeug gestellt und die Fahrertür ganz dicht an mich herangezogen.“…
Diese Reaktion des Klägerfahrers auf das von ihm im Abstand von 10-20 m erkannte Anfahren des Busses war nachhaltig sorgfaltswidrig und unfallursächlich.
bb) Auch wenn der Senat aufgrund eigener Ortskenntnis (vgl. oben sub II. 1. A) nicht mit dem Landgericht davon ausgeht, dass der klägerische Saab auf einer „Busspur“ abgestellt war, sondern noch im Haltestellenbereich gehalten hat (kein Parken), war das Verhalten des Klägerfahrers auch insoweit sorgfaltswidrig; wird nämlich durch das Halten (bis zu 3 Minuten, § 12 Abs.2 StVO) in der Parkverbotszone an Haltestellen (§ 12 Abs.3 Nr.4 StVO) ein Omnibus beim Abfahren behindert, kann ein Verstoß gegen § 1 Abs.2 StVO vorliegen (vgl. Hentschel, aaO, StVO § 12 Rn. 48).
Das war hier der Fall; denn der von der Haltestelle abfahrende unfallbeteiligte Bus der Zweitbeklagten wurde durch den im Haltestellenbereich stehenden Pkw der Klägerin gehindert, ohne jeden Fahrstreifenwechsel und Probleme mit dem links fließenden Verkehr einfach geradeaus auf die sich unmittelbar an den Haltestellenbereich anschließende Busspur (vgl. Foto K 7, 8) zu gelangen.
cc) Schließlich war nach den unstreitigen und von der Klägerin vorgetragenen Umständen auch der Versuch des Klägerfahrers, die hinten im Cabrio sitzende Mitfahrerin nach links aussteigen zu lassen, sorgfaltswidrig und unfallursächlich.
Herrscht nämlich Fahrverkehr auf der Fahrbahnseite des haltenden oder parkenden Kfz oder muss mit derartigem Verkehr gerechnet werden, so gehört es zur Gefahren-minderungspflicht des nach links hin Aussteigenden, dass er die Tür nicht länger als unbedingt nötig offen läßt und sich auch nicht länger als unbedingt nötig auf der Fahrbahn aufhält (Senat, Beschluss vom 22. November 2007 – 12 U 199/06 – KGR 2008, 375 = NZV 2008, 245 = VRS 114, 14 = MDR 2008, 26 L; Beschluss vom 3. November 2008 – 12 U 185/08 -; Hentschel, aaO, § 14 Rn. 6).
So ist der Fahrer eines Pkw, der rechts angehalten hat, um einen herabgefallenen Schlüssel zu suchen, verpflichtet, nach dem Aussteigen nach links die Fahrertür zu schließen und seine Suchaktion von der Beifahrerseite aus durchzuführen (Senat, Beschluss vom 3. November 2008 – 12 U 185/08 -; vgl. auch Senat, aaO, für das Herausholen einer auf der Rückbank im Fahrzeug befindlichen Tasche).
Nach diesen Grundsätzen hätte Herr … – zur Vermeidung jeder Gefährdung des fließenden Verkehrs und anfahrender Omnibusse, in deren Haltestellenbereich er gehalten hatte – seine Mitfahrerin, die vom Landgericht als Zeugin vernommene Zahnarzthelferin …, nach der rechten Seite hin aussteigen lassen müssen.
War das hier – wegen des sich auf der rechten Seite des Fahrzeugs in einem entsprechenden Sitz befindlichen Säuglings nicht möglich – war das Aussteigen nach links so lange zurückzustellen, bis kein Bus mehr an der Haltestelle stand oder sich sonst Verkehr näherte, der gefährdet werden konnte.
Jedenfalls war zum Zwecke des Aussteigenlassens jede Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere des links vom haltenden Fahrzeug fließenden Verkehrs, auszuschließen. Dies ist nicht geschehen.
c) Abwägung, § 17 StVG
Weil der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter als Eigentümer entstanden ist, hängt die Verpflichtung zum Ersatz von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, § 17 Abs.1, 2 StVG.
Beruht der Schaden sowohl auf Sorgfaltspflichtverletzungen beim unvorsichtigen Verhalten im Zusammenhang mit einem Türöffnen und Aussteigen als auch auf einem deutlich zu geringen Sicherheitsabstand des Vorbeifahrenden kann der Schaden hälftig zu teilen sein (vgl. Senat, Urteil vom 9. Mai 1985 – 12 U 3780/84 -, aaO; Senat, Urteil vom 24. November 2005 – 12 U 151/04 – DAR 2006, 149 = KGR 2006, 215 = zfs 2006, 200 = NZV 2006, 258 L).
Im Streitfall überwiegen die vorstehend dargestellten Sorgfaltspflichtverletzungen des Klägerfahrers deutlich den vom Erstbeklagten eingehaltenen zu geringen seitlichen Sicherheitsabstand.
Denn es erscheint schon grob verkehrswidrig, beim Bemerken des Anfahrens eines Linienomnibusses im Abstand von 10 – 20 m, dessen durchgehenden Fahrstreifen in Richtung Busspur man durch Anhalten im Haltestellenbereich verstellt hat, nach Aussteigen nach links nicht die Fahrertür vollständig zu schließen und sich von der Fahrbahn zu entfernen oder sich wenigstens nicht in der geöffneten Fahrertür links vom Fahrzeug aufzuhalten, sondern davor oder dahinter zu treten.
Die vom Landgericht für angemessen gehaltene Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten der Klägerin ist daher nicht zu beanstanden.
4. Soweit die Klägerin auf S.7 der Berufungsbegründung beanstandet, das Landgericht sei nicht ihrem Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweise der Richtigkeit ihrer Unfalldarstellung nachgekommen, führt dies nicht zum Erfolg. Die Begründung des Landgerichts auf S.9 des angefochtenen Urteils ist zutreffend und hinreichend. Der Senat geht davon aus, dass der vom Bus eingehaltene Abstand von etwa 50 cm nach den Umständen zu gering war.
5. Auf die übrigen Angriffe der Klägerin, insbesondere im Rahmen der Beweiswürdigung durch das Landgericht kommt es danach nicht an.
III.
Es wird angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.