Zusammenfassung:
Im anliegenden Beschluss setzte sich das Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit dem Gegenstandswert eines Vergleiches in einer kündigungsschutzrechtlichen Angelegenheit auseinander. Insbesondere verneinte das Landesarbeitsgericht die Frage, ob eine so genannte Turboklausel, die dem Arbeitnehmer das Recht gewährt das Arbeitsverhältnis während der Kündigungfrist kurzfristig zu beenden und aus diesem Grunde eine Abfindung anstelle des weiteren Lohns in Anspruch zu nehmen, den Streitwert des Vergleiches erhöht.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Az: 4 Ta 513/16
Beschluss vom 25.08.2016
Tenor
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen den Streitwertbeschluss vom 08.06.2016 in Gestalt des Teilabhilfebeschlusses vom 15.08.2016 wird zurückgewiesen.
Der Teilabhilfebeschluss wird in Bezug auf die Festsetzung des Vergleichswertes von Amts wegen abgeändert und der Vergleichswert auf 22.961,04 EUR herabgesetzt.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
I. Die zulässige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist unbegründet. Der Gegenstandswert für den Vergleich vom 08.06.2016 war abweichend von der Festsetzung des Arbeitsgerichts (23.217,23 EUR) richtigerweise auf 22.961,04 EUR zu ermäßigen (dazu 1). Das Begehren der Beschwerdeführer auf höhere Festsetzung des Vergleichswertes auf 28.110,30 EUR ist unbegründet (dazu 2).
1. Abweichend von der Festsetzung des Arbeitsgerichts war für die Freistellungsvereinbarung in Ziff. 2 des Vergleichs nur ein Betrag von 4.136,76 EUR anzusetzen. Der Freistellungszeitraum betrug lediglich 113 Kalendertage und damit nicht volle vier Monate (08.06. bis 30.09.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts, von der auch die Parteien ausgehen, ist für die Regelung einer – ausschließlich künftigen – Freistellung in einem Vergleich je Monat ¼ einer Monatsvergütung, höchstens aber eine volle Monatsvergütung anzusetzen; dabei ist der Wert einer Beschäftigungsklage anzurechnen (LAG Düsseldorf 31.05.2016 – 3 Ta 183/16; ähnlich Streitwertkatalog Nr. I.22.1.4).
Im Beschwerdeverfahren nach § 32 RVG iVm. § 68 GKG (vgl. LAG Düsseldorf 27.06.2012 – 6 Ta 280/12) gilt kein Verschlechterungsverbot (arg. § 63 Abs. 3 GKG). Ausgehend von 4.393,02 EUR Monatsvergütung ergab sich der oben genannte anteilige ermäßigte Wert.
2. Ein höherer Mehrwert ist auch mit Blick auf die sonstigen Regelungen des Vergleichs nicht gegeben.
a. Die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine sogenannte „Turboklausel“ (Ziff. 4 des Vergleichs) findet streitwertmäßig keine Berücksichtigung. Sie ist mit der Wertfestsetzung für den Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Arbeitsverhältnisses abgedeckt (LAG Düsseldorf 31.05.2016 – 3 Ta 183/16; 25.02.2009 – 6 Ta 92/09). Die Regelung ist unmittelbarer Teil der Beendigungs- und Abfindungsvereinbarung des Vergleichs. Der Umstand, dass die Klägerin eine solche Klausel bei den Vergleichsverhandlungen der Parteien „gefordert“ hat, ist nicht gleichzusetzen mit einem „Streit oder einer Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis“ (Nr. 1000 VV Anlage 1 RVG). Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin einen Rechtsanspruch auf eine Turboklausel geltend gemacht hätte. Vielmehr handelte es sich um eine „Forderung“, die ausschließlich als Gegenleistung für die Einwilligung der Klägerin in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhoben wurde und über die unabhängig davon keinerlei Streit oder Ungewissheit zwischen den Parteien bestanden hätte. Eine solche Regelung ist von der Wertfestsetzung gemäß § 42 Abs. 1 Satz 2 GKG umfasst.
b. Die Zeugnisregelung in Ziffer 5 des Vergleichs ist bereits beim Verfahrenswert berücksichtigt und somit im Vergleichswert enthalten.
c. Eine Ausgleichsklausel erhöht nach der ständigen Rechtsprechung der Streitwertkammer den Vergleichswert nur, wenn darin ausdrücklich Streit oder Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis erledigt werden (LAG Düsseldorf 15.08.2006 – 6 Ta 436/06; 28.02.2011 – 2 Ta 68/11; ebenso Streitwertkatalog Stand 4/16, Ziff. I 22.1.5). Dies ist hier nicht der Fall.
II. Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 32 Abs. 1 RVG, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).