Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- BGH Urteil: Überfahrtbaulast begründet kein automatisches zivilrechtliches Wegerecht
- Der Fall: Streit um Instandhaltung und Nutzung eines Zufahrtswegs
- Erfolglos vor Amts- und Landgericht: Klägerin zieht vor den BGH
- BGH bestätigt: Überfahrtbaulast ist kein zivilrechtliches Wegerecht
- Bedeutung des Urteils für Betroffene mit Überfahrtbaulast
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was ist eine Überfahrtbaulast und welche rechtliche Wirkung hat sie?
- Wie kann ich mir ein rechtssicheres Wegerecht über ein Nachbargrundstück sichern?
- Welche Unterschiede bestehen zwischen einer Überfahrtbaulast und einer Grunddienstbarkeit?
- Wer ist für die Instandhaltung eines Weges verantwortlich, der durch eine Überfahrtbaulast gesichert ist?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Bundesgerichtshof
- Datum: 24.01.2025
- Aktenzeichen: V ZR 51/24
- Verfahrensart: Revisionsverfahren
- Rechtsbereiche: Zivilrecht (Nachbar- und Grundstücksrecht)
- Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Eigentümerin eines zu Wohnzwecken genutzten Grundstücks mit Hof und zwei Garagen; sie beantragt die fachgerechte Instandsetzung und Instandhaltung des über das Nachbargrundstück führenden gepflasterten Wegs, die Entfernung von Gegenständen, die die Überfahrt behindern, sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltsgebühren.
- Beklagte: Eigentümerin des angrenzenden Grundstücks, auf dem der Weg verläuft und auf dem eine Überfahrtbaulast zur Gewährleistung des Zugangs der Klägerin ruht; sie bestreitet eine Pflicht, den Weg instand zu halten oder behindernde Gegenstände zu entfernen, da sie die Nutzung der Zufahrt nicht dulden muss.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Parteien sind Eigentümerinnen benachbarter Grundstücke, die durch eine Grundstücksteilung entstanden sind. Das Wohngrundstück der Klägerin verfügt über Hof und Garagen, deren einzige Zufahrt über einen gepflasterten Weg erfolgt, der über das Grundstück der Beklagten führt und einer Überfahrtbaulast unterliegt.
- Kern des Rechtsstreits: Es besteht Streit darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Nutzung der Zufahrt zu dulden und daher den Weg instand zu halten sowie Gegenstände zu entfernen, die die Überfahrt behindern.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe – Zivilkammer XX – vom 9. Februar 2024 wurde auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
- Begründung: Das Gericht begründet die Zurückweisung damit, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, die Nutzung der Zufahrt zu dulden, wodurch eine Pflicht zur Instandhaltung des Wegs und zur Entfernung behindernder Gegenstände entfällt.
- Folgen: Das Urteil bestätigt die Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe; die Klägerin trägt die anfallenden Kosten, da ihr Revisionsantrag abgewiesen wurde.
Der Fall vor Gericht
BGH Urteil: Überfahrtbaulast begründet kein automatisches zivilrechtliches Wegerecht

In einem richtungsweisenden Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) unter dem Aktenzeichen V ZR 51/24 entschieden, dass eine im Grundbuch eingetragene Überfahrtbaulast allein kein Zivilrechtliches Wegerecht zugunsten des begünstigten Grundstückseigentümers begründet. Diese Entscheidung vom 24. Januar 2025 schränkt die Rechte von Eigentümern ein, die sich auf eine solche Baulast verlassen, um den Zugang zu ihrem Grundstück zu sichern. Der BGH stellte klar, dass die Baulast primär eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung darstellt und nicht automatisch private Ansprüche zwischen Grundstücksnachbarn entstehen lässt.
Der Fall: Streit um Instandhaltung und Nutzung eines Zufahrtswegs
Dem Urteil lag ein Nachbarschaftsstreit in Baden-Württemberg zugrunde. Die Klägerin und die Beklagte sind Eigentümerinnen benachbarter Grundstücke, die ursprünglich ein gemeinsames Grundstück waren. Bei der Teilung entstand das Grundstück der Klägerin, welches zu Wohnzwecken genutzt wird und über einen Hof sowie zwei Garagen verfügt. Die Zufahrt zu diesen Garagen führt über einen gepflasterten Weg, der über das Grundstück der Beklagten verläuft. Für diese Zufahrt war zugunsten des Grundstücks der Klägerin eine Überfahrtbaulast im Grundbuch des Grundstücks der Beklagten eingetragen.
Als der Weg in Mitleidenschaft gezogen wurde und Gegenstände die Zufahrt behinderten, forderte die Klägerin von der Beklagten die Instandsetzung des Weges, dessen Instandhaltung, die Beseitigung von Hindernissen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten. Sie argumentierte, die Überfahrtbaulast begründe eine entsprechende Duldungspflicht und Instandhaltungspflicht der Beklagten.
Erfolglos vor Amts- und Landgericht: Klägerin zieht vor den BGH
Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Karlsruhe wiesen die Klage der Klägerin ab. Die Richter sahen in der Überfahrtbaulast keine Grundlage für die von der Klägerin geltend gemachten zivilrechtlichen Ansprüche. Das Landgericht ließ jedoch die Revision zum Bundesgerichtshof zu, um die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung klären zu lassen. Die Klägerin verfolgte ihr Klageziel vor dem BGH weiter, scheiterte aber erneut.
BGH bestätigt: Überfahrtbaulast ist kein zivilrechtliches Wegerecht
Der V. Zivilsenat des BGH bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen und wies die Revision der Klägerin zurück. Die obersten Richter stellten in ihrem Urteil unmissverständlich fest, dass eine Überfahrtbaulast als öffentlich-rechtliche Baubeschränkung nicht automatisch ein zivilrechtliches Wegerecht begründet. Die Baulast verpflichte zwar gegenüber der Baubehörde, sicherzustellen, dass die Zufahrt zu dem begünstigten Grundstück möglich ist, sie schaffe aber keine direkten Ansprüche zwischen den Grundstückseigentümern im Zivilrecht.
Keine automatische Duldungspflicht aus der Baulast
Das Gericht argumentierte, dass die Baulast primär dem öffentlichen Baurecht diene und sicherstellen solle, dass baurechtliche Vorgaben eingehalten werden, beispielsweise im Hinblick auf Rettungswege oder eben Zufahrten. Sie richte sich an den Grundstückseigentümer als Träger der Baulast und die Baubehörde, begründe aber keine unmittelbare Duldungspflicht des belasteten Grundstückseigentümers gegenüber dem begünstigten Grundstückseigentümer im Sinne eines zivilrechtlichen Wegerechts. Somit könne aus der Baulast allein keine Pflicht zur Instandhaltung des Weges oder zur Beseitigung von Hindernissen abgeleitet werden.
Kein Anspruch auf Notwegerecht nach § 917 BGB
Der BGH prüfte auch, ob der Klägerin ein Notwegerecht gemäß § 917 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zustehen könnte. Ein Notwegerecht kann entstehen, wenn einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung zu einem öffentlichen Weg fehlt. Das Gericht stellte jedoch fest, dass dies im vorliegenden Fall nicht zutrifft.
Zwar räumte der BGH ein, dass zur ordnungsmäßigen Benutzung eines Wohngrundstücks in der Regel die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen gehört. Allerdings sei dies nicht gleichbedeutend mit der Möglichkeit, Fahrzeuge auf dem Grundstück selbst abstellen zu können, insbesondere in Garagen. Da das Grundstück der Klägerin direkten Zugang zu einer öffentlichen Straße hatte und dort Parkmöglichkeiten bestanden, sah der BGH keine Notwendigkeit für ein Notwegerecht, um die Zufahrt zu den Garagen über das Nachbargrundstück zu erzwingen. Die Richter betonten, dass es bei der Beurteilung des Notwegerechts auf die grundsätzliche Erreichbarkeit des Grundstücks ankomme und nicht auf die Bequemlichkeit des Abstellens von Fahrzeugen in Garagen auf dem eigenen Grundstück.
Nachbarrechtliches Gemeinschaftsverhältnis begründet kein Wegerecht
Auch aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis leitete der BGH im vorliegenden Fall kein Wegerecht ab. Da die Voraussetzungen für ein Notwegerecht nach § 917 BGB nicht gegeben waren, sah das Gericht auch keine Grundlage für ein Wegerecht aufgrund allgemeiner nachbarlicher Rücksichtnahmepflichten. Das nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis könne zwar in bestimmten Konstellationen zu Duldungspflichten führen, jedoch nicht, wenn – wie hier – bereits die grundlegenden Voraussetzungen für ein gesetzliches Wegerecht fehlen.
Bedeutung des Urteils für Betroffene mit Überfahrtbaulast
Dieses Urteil des BGH hat erhebliche Bedeutung für Grundstückseigentümer, deren Zufahrt über eine Überfahrtbaulast auf dem Nachbargrundstück gesichert ist. Es macht deutlich, dass eine Überfahrtbaulast allein kein verlässliches zivilrechtliches Wegerecht garantiert. Betroffene sollten sich nicht darauf verlassen, dass sie aufgrund einer solchen Baulast automatisch Ansprüche auf Duldung, Instandhaltung oder Beseitigung von Hindernissen gegenüber dem Nachbarn haben.
Um Rechtssicherheit zu erlangen, ist es ratsam, zusätzlich zur Überfahrtbaulast eine private Vereinbarung mit dem Nachbarn zu treffen, in der die konkreten Nutzungsrechte, Duldungspflichten, Instandhaltungspflichten und gegebenenfalls Kostentragungsregelungen zivilrechtlich verbindlich festgelegt werden. Eine solche Vereinbarung, idealerweise in Form einer Grunddienstbarkeit, kann im Grundbuch eingetragen werden und bietet eine deutlich stärkere Rechtsposition als die Überfahrtbaulast allein. Eigentümer, die sich auf eine Überfahrtbaulast verlassen, sollten daher dringend prüfen, ob eine solche zivilrechtliche Absicherung in ihrem Fall existiert oder geschaffen werden sollte, um zukünftige Streitigkeiten zu vermeiden und ihre Zufahrt dauerhaft zu sichern.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil klärt, dass eine auf einem Nachbargrundstück liegende Baulast zur Überfahrt keine zivilrechtliche Duldungspflicht erzeugt und keinen Anspruch auf Instandhaltung des Weges begründet. Ein Notwegrecht nach § 917 BGB besteht für ein zu Wohnzwecken genutztes Grundstück nicht, wenn es bereits eine Verbindung zur öffentlichen Straße hat, auch wenn Garagen über den Nachbarsweg erreichbar wären. Die Ordnungsmäßige Nutzung eines Wohngrundstücks erfordert nur dessen Erreichbarkeit, nicht aber die Möglichkeit, Fahrzeuge auf dem eigenen Grundstück abzustellen.
Benötigen Sie Hilfe?
Klarheit in Fragen der Zufahrt und Baulast
Die Frage, ob eine im Grundbuch vermerkte Überfahrtbaulast tatsächlich einen Anspruch auf Wegerecht begründet, wirft in der Praxis häufig Unsicherheiten auf. Gerade bei der Nutzung von Zufahrten und der Instandhaltung gemeinschaftlich genutzter Wege können sich komplexe Sachverhalte ergeben, die ohne eine sorgfältige Überprüfung schnell zu Streitigkeiten zwischen Grundstückseigentümern führen.
Unsere Kanzlei bietet Ihnen eine sachliche und präzise Analyse, um die vertraglichen und rechtlichen Rahmenbedingungen Ihrer Zufahrt zu beleuchten. Mit fachkundiger Beratung helfen wir Ihnen, Ihren individuellen Fall zu klären und alternative Lösungswege zu erwägen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist eine Überfahrtbaulast und welche rechtliche Wirkung hat sie?
Eine Überfahrtbaulast ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Grundstückseigentümers gegenüber der Baubehörde. Sie stellt sicher, dass ein Grundstück über ein anderes erreicht werden kann, insbesondere für Einsatzfahrzeuge wie Feuerwehr oder Krankenwagen.
Rechtliche Wirkung
Die Überfahrtbaulast wirkt primär im Verhältnis zwischen dem Grundstückseigentümer und der Baubehörde. Sie verpflichtet den Eigentümer, die Überfahrt über sein Grundstück zu dulden und die dafür vorgesehene Fläche nicht zu bebauen oder durch Tore und Türen einzuschränken.
Wenn Sie als Grundstückseigentümer von einer Überfahrtbaulast betroffen sind, bedeutet dies, dass Sie die festgelegte Fläche freihalten müssen. Dies dient dem öffentlichen Interesse, indem es die Zugänglichkeit für Rettungskräfte sicherstellt.
Abgrenzung zu zivilrechtlichen Ansprüchen
Wichtig zu verstehen ist, dass die Überfahrtbaulast kein zivilrechtliches Wegerecht begründet. Sie gibt dem Nachbarn oder Dritten kein direktes Recht, Ihr Grundstück zu überqueren. Stattdessen kann nur die Baubehörde die Einhaltung der Baulast durchsetzen.
Für ein gegenseitiges Überfahrtsrecht zwischen Nachbarn wäre eine separate Grunddienstbarkeit erforderlich, die im Grundbuch eingetragen wird. Im Gegensatz zur Baulast wirkt diese zivilrechtlich zwischen den Grundstückseigentümern.
Eintragung und Wirksamkeit
Die Überfahrtbaulast wird im Baulastenverzeichnis der zuständigen Behörde eingetragen. Sie bleibt auch bei einem Verkauf des Grundstücks bestehen und verpflichtet somit auch neue Eigentümer.
Wenn Sie ein Grundstück erwerben möchten, sollten Sie neben dem Grundbuch auch das Baulastenverzeichnis einsehen. So können Sie feststellen, ob eine Überfahrtbaulast oder andere Baulasten auf dem Grundstück lasten.
Wie kann ich mir ein rechtssicheres Wegerecht über ein Nachbargrundstück sichern?
Um sich ein rechtssicheres Wegerecht über ein Nachbargrundstück zu sichern, ist die Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch der effektivste Weg. Dies gewährleistet langfristige Rechtssicherheit, auch bei einem Eigentümerwechsel des Nachbargrundstücks.
Schritte zur Sicherung eines rechtssicheren Wegerechts:
- Vereinbarung mit dem Nachbarn: Zunächst müssen Sie mit Ihrem Nachbarn eine Einigung über das Wegerecht erzielen. Besprechen Sie den genauen Verlauf des Weges, die Art der Nutzung und eventuelle Einschränkungen.
- Notarielle Beurkundung: Die getroffene Vereinbarung muss von einem Notar beurkundet werden. Der Notar erstellt eine rechtsgültige Urkunde, die alle Details des Wegerechts enthält.
- Grundbucheintragung: Der Notar beantragt die Eintragung der Grunddienstbarkeit beim zuständigen Grundbuchamt. Das Wegerecht wird in Abteilung II des Grundbuchs des belasteten (dienenden) Grundstücks eingetragen.
- Lageplan und Bewilligung: Für die Eintragung sind ein detaillierter Lageplan, der den Verlauf des Wegerechts zeigt, sowie eine Bewilligungserklärung des Grundstückseigentümers erforderlich.
Rechtliche Grundlagen und Vorteile:
Die Grunddienstbarkeit basiert auf § 1018 BGB. Sie bietet mehrere Vorteile gegenüber anderen Formen der Wegerechtssicherung:
- Dingliche Wirkung: Das Recht ist an das Grundstück gebunden, nicht an die Person des Eigentümers. Es bleibt auch bei Verkauf oder Vererbung bestehen.
- Rechtssicherheit: Die Eintragung im Grundbuch schafft eine klare rechtliche Situation und vermeidet spätere Streitigkeiten.
- Langfristigkeit: Eine Grunddienstbarkeit ist in der Regel unbefristet und kann nur unter bestimmten Umständen gelöscht werden.
Wenn Sie ein Wegerecht benötigen, weil Ihr Grundstück sonst nicht zugänglich wäre, kommt auch ein Notwegerecht nach § 917 BGB in Betracht. Dieses entsteht kraft Gesetzes, sollte aber zur Absicherung ebenfalls im Grundbuch eingetragen werden.
Beachten Sie, dass eine Überfahrtbaulast im öffentlichen Baurecht kein zivilrechtliches Wegerecht begründet. Für eine rechtssichere Lösung ist daher die Eintragung einer Grunddienstbarkeit unerlässlich.
Die Kosten für die Eintragung eines Wegerechts hängen vom Wert der Dienstbarkeit ab. Bei einem angenommenen Wert von 5.000 Euro belaufen sich die Notar- und Grundbuchgebühren auf etwa 50 bis 60 Euro.
Durch diese Schritte sichern Sie sich ein rechtlich verbindliches und dauerhaftes Wegerecht, das Ihnen langfristig den Zugang über das Nachbargrundstück garantiert.
Welche Unterschiede bestehen zwischen einer Überfahrtbaulast und einer Grunddienstbarkeit?
Überfahrtbaulast und Grunddienstbarkeit unterscheiden sich grundlegend in ihrer rechtlichen Natur, ihrem Zweck und den daraus resultierenden Rechtsfolgen.
Rechtliche Natur
- Überfahrtbaulast: Sie ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die ausschließlich im Verhältnis zwischen dem Grundstückseigentümer und der Bauaufsichtsbehörde wirkt. Sie wird in das Baulastenverzeichnis eingetragen (außer in Bayern, wo sie ins Grundbuch kommt) und dient der Sicherstellung bauordnungsrechtlicher Anforderungen, wie z. B. der Erreichbarkeit eines Grundstücks durch Rettungsfahrzeuge.
- Grunddienstbarkeit: Sie ist ein privatrechtliches Recht, das zwischen zwei Grundstücken besteht – dem belasteten (dienenden) und dem begünstigten (herrschenden) Grundstück. Sie wird im Grundbuch des dienenden Grundstücks eingetragen und regelt Nutzungsrechte wie Wegerechte oder Leitungsrechte zugunsten des herrschenden Grundstücks.
Zweck
- Überfahrtbaulast: Ihr Zweck liegt darin, öffentlich-rechtliche Anforderungen zu erfüllen, etwa um die Erschließung eines Grundstücks sicherzustellen. Sie verpflichtet den Eigentümer des belasteten Grundstücks, bestimmte Flächen freizuhalten, damit diese z. B. als Zufahrt für Rettungsfahrzeuge genutzt werden können. Ein privates Nutzungsrecht für Nachbarn entsteht dadurch jedoch nicht.
- Grunddienstbarkeit: Sie dient der Absicherung privater Vereinbarungen zwischen Nachbarn. Beispielsweise kann durch eine Grunddienstbarkeit ein Wegerecht eingeräumt werden, das dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks erlaubt, das dienende Grundstück zu betreten oder zu befahren.
Rechtsfolgen
- Überfahrtbaulast:
- Begründet kein zivilrechtliches Wegerecht für den Nachbarn. Der Nachbar kann die Nutzung der Fläche nicht direkt gegenüber dem Eigentümer einklagen.
- Die Durchsetzung erfolgt ausschließlich durch die Bauaufsichtsbehörde, die bei Verstößen Maßnahmen wie Zwangsgelder oder Ersatzvornahmen ergreifen kann.
- Grunddienstbarkeit:
- Verleiht dem begünstigten Grundstückseigentümer ein dingliches Nutzungsrecht, das gegenüber dem Eigentümer des belasteten Grundstücks durchsetzbar ist.
- Dieses Recht bleibt auch bei einem Eigentümerwechsel bestehen und kann bei Verstößen zivilrechtlich eingeklagt werden.
Beispiele zur Verdeutlichung
- Überfahrtbaulast: Ein Feuerwehrzufahrtsweg auf einem Grundstück muss freigehalten werden, damit Rettungsfahrzeuge im Notfall ein dahinterliegendes Gebäude erreichen können. Der Nachbar darf diesen Weg jedoch nicht privat nutzen, z. B. um regelmäßig mit seinem Auto über das Grundstück zu fahren.
- Grunddienstbarkeit: Ein Wegerecht erlaubt es dem Eigentümer eines Hinterliegergrundstücks, über das vordere Grundstück zu fahren, um sein eigenes Grundstück zu erreichen. Dieses Recht ist im Grundbuch eingetragen und rechtlich einklagbar.
Wichtige Hinweise für Grundstückseigentümer
- Wenn Sie eine Überfahrtbaulast eintragen lassen, bedenken Sie, dass dies keine privat nutzbaren Rechte für Ihren Nachbarn begründet.
- Eine Grunddienstbarkeit hingegen schafft dauerhafte Rechte und Pflichten zwischen den beteiligten Grundstücken und sollte daher sorgfältig verhandelt werden.
Diese Unterschiede sind entscheidend, um Missverständnisse zu vermeiden und sicherzustellen, dass Ihre Rechte und Pflichten klar geregelt sind.
Wer ist für die Instandhaltung eines Weges verantwortlich, der durch eine Überfahrtbaulast gesichert ist?
Eine Überfahrtbaulast begründet nicht automatisch eine Instandhaltungspflicht des belasteten Grundstückseigentümers. Die Baulast ist lediglich eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung gegenüber der Baubehörde, die die Nutzung des Weges sicherstellt, aber keine zivilrechtlichen Ansprüche zwischen den Grundstückseigentümern regelt.
Wenn Sie als Eigentümer eines Grundstücks mit einer Überfahrtbaulast konfrontiert sind, sollten Sie beachten, dass die Verantwortung für die Instandhaltung des Weges nicht automatisch festgelegt ist. In der Praxis führt dies häufig zu Streitigkeiten zwischen den beteiligten Parteien.
Regelung der Instandhaltungspflicht
Um Konflikte zu vermeiden, ist es ratsam, die Instandhaltungspflicht vertraglich zu regeln. Dies kann beispielsweise durch eine Grunddienstbarkeit geschehen, die im Grundbuch eingetragen wird. In einer solchen Vereinbarung können Sie festlegen:
- Wer für die regelmäßige Pflege des Weges verantwortlich ist
- Wie die Kosten für Reparaturen und Erneuerungen verteilt werden
- Welche Qualitätsstandards für den Weg gelten sollen
Wichtig: Eine klare vertragliche Regelung schafft Rechtssicherheit und kann spätere Auseinandersetzungen vermeiden.
Kostenverteilung bei gemeinschaftlich genutzten Wegen
Wird der Weg von mehreren Parteien genutzt, bietet sich eine Kostenverteilung nach dem Verursacherprinzip an. Dabei könnten die Kosten beispielsweise nach der Häufigkeit oder Intensität der Nutzung aufgeteilt werden. Eine mögliche Formel könnte lauten:
Kostenanteil = Gesamtkosten × (Eigene Nutzungsintensität ÷ Gesamtnutzungsintensität)
Rechtliche Grundlagen und Handlungsmöglichkeiten
Besteht keine vertragliche Regelung, kann sich die Instandhaltungspflicht aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis ergeben, das durch die Grunddienstbarkeit begründet wird. In diesem Fall müssen die Interessen beider Parteien gegeneinander abgewogen werden.
Sollten Sie sich in einer Situation befinden, in der die Instandhaltung eines Weges mit Überfahrtbaulast strittig ist, haben Sie folgende Möglichkeiten:
- Verhandeln Sie mit dem anderen Grundstückseigentümer über eine einvernehmliche Lösung.
- Lassen Sie eine Vereinbarung über die Instandhaltungspflicht notariell beurkunden und im Grundbuch eintragen.
- Bei Uneinigkeit können Sie eine gerichtliche Klärung anstreben, um die Verantwortlichkeiten festzulegen.
Bedenken Sie, dass eine frühzeitige und klare Regelung der Instandhaltungspflicht Ihnen langfristig Zeit, Geld und Ärger ersparen kann. Eine faire und praktikable Lösung berücksichtigt die Interessen aller Beteiligten und trägt zu einem guten nachbarschaftlichen Verhältnis bei.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Überfahrtbaulast
Eine Überfahrtbaulast ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die im Baulastenverzeichnis der Bauaufsichtsbehörde eingetragen wird. Sie verpflichtet den Eigentümer eines Grundstücks, die Überfahrt über sein Grundstück für ein anderes Grundstück zu dulden, damit dieses die bauordnungsrechtlichen Anforderungen erfüllen kann. Dies betrifft insbesondere die Erschließung gemäß § 4 der jeweiligen Landesbauordnungen. Wichtig: Die Baulast wirkt nur im öffentlichen Recht und begründet keine privatrechtlichen Ansprüche zwischen den Grundstückseigentümern.
Beispiel: Eine Überfahrtbaulast könnte festlegen, dass das Grundstück A überfahren werden darf, damit das dahinterliegende Grundstück B die bauordnungsrechtlich erforderliche Zufahrt erhält.
Zivilrechtliches Wegerecht
Ein zivilrechtliches Wegerecht ist eine privatrechtliche Berechtigung zur Nutzung eines fremden Grundstücks als Weg oder Zufahrt. Es kann durch verschiedene Rechtsinstitute wie Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB), beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) oder durch vertragliche Vereinbarungen begründet werden. Im Gegensatz zur öffentlich-rechtlichen Baulast ist es im Grundbuch eingetragen und vermittelt dem Begünstigten einen unmittelbar durchsetzbaren Anspruch gegen den Eigentümer des belasteten Grundstücks auf Duldung der Wegenutzung.
Beispiel: Wenn im Grundbuch eine Grunddienstbarkeit eingetragen ist, die dem Eigentümer von Grundstück A das Recht gibt, über Grundstück B zu fahren, kann er dies zivilrechtlich durchsetzen.
Notwegrecht
Das Notwegrecht nach § 917 BGB ist ein gesetzlicher Anspruch, der entsteht, wenn einem Grundstück die notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt und die ordnungsgemäße Benutzung des Grundstücks dadurch ausgeschlossen ist. Der Eigentümer kann dann von den Nachbarn die Duldung eines Notwegs verlangen, muss dafür jedoch eine angemessene Entschädigung zahlen. Das Notwegrecht ist subsidiär und greift nur, wenn keine andere ausreichende Verbindung zum öffentlichen Wegenetz besteht.
Beispiel: Wenn ein Grundstück vollständig von anderen Grundstücken umschlossen ist (sog. „eingeschlossenes Grundstück“) und keine Zufahrt zur Straße hat, kann der Eigentümer ein Notwegrecht über ein Nachbargrundstück beanspruchen.
Baulastenverzeichnis
Das Baulastenverzeichnis ist ein von der Bauaufsichtsbehörde geführtes öffentliches Register, in dem Baulasten eingetragen werden. Diese Eintragungen dokumentieren öffentlich-rechtliche Verpflichtungen von Grundstückseigentümern gegenüber der Bauaufsichtsbehörde. Das Verzeichnis dient der Transparenz und Rechtssicherheit für alle Beteiligten, insbesondere bei Grundstücksverkäufen. Es ist nach § 83 der Musterbauordnung bzw. entsprechenden Regelungen der Landesbauordnungen gesetzlich vorgeschrieben und von jedermann einsehbar.
Beispiel: Ein Bauherr möchte vor dem Kauf eines Grundstücks wissen, ob dieses mit einer Baulast belastet ist, und kann dies durch Einsicht ins Baulastenverzeichnis bei der zuständigen Behörde erfahren.
Ordnungsmäßige Nutzung
Die ordnungsmäßige Nutzung eines Grundstücks bezeichnet die bestimmungsgemäße Verwendung entsprechend seiner Widmung und den rechtlichen Rahmenbedingungen. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist besonders im Kontext des § 917 BGB (Notwegrecht) relevant, da er bestimmt, welche Nutzungsformen durch eine fehlende Verbindung zum öffentlichen Wegenetz beeinträchtigt sein müssen, um einen Anspruch zu begründen. Gerichte legen diesen Begriff im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände aus.
Beispiel: Bei einem Wohngrundstück gehört zur ordnungsmäßigen Nutzung die Erreichbarkeit für Bewohner und Besucher, nicht zwingend jedoch die Möglichkeit, mit Fahrzeugen auf das Grundstück zu fahren und dort zu parken.
Grundstücksteilung
Eine Grundstücksteilung ist die rechtliche und katastermäßige Aufteilung eines bestehenden Grundstücks in zwei oder mehrere neue selbständige Grundstücke. Sie erfordert eine Vermessung durch einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur sowie die Eintragung im Grundbuch und Liegenschaftskataster. Bei Grundstücksteilungen entstehen oft komplexe Rechtsfragen bezüglich der Erschließung und Zugänglichkeit der neuen Grundstücke gemäß §§ 4, 5 der Landesbauordnungen.
Beispiel: Eine Person teilt ihr großes Grundstück in zwei Parzellen auf, um auf einer Hälfte ein neues Haus zu errichten und die andere Hälfte zu verkaufen. Dabei müssen Fragen der Zufahrt und Erschließung für beide neu entstehenden Grundstücke geklärt werden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB (Notwegrecht): Diese Vorschrift regelt den Anspruch eines Grundstückseigentümers auf Nutzung eines Nachbargrundstücks, wenn seinem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt. Die Bestimmung der „ordnungsmäßigen Benutzung“ erfolgt nach objektiven Gesichtspunkten unter Berücksichtigung der Benutzungsart, Größe des Grundstücks und der Umgebung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin kann sich nicht auf ein Notwegrecht berufen, da ihr Wohngrundstück bereits über eine Verbindung zur öffentlichen Straße verfügt und die fehlende Zufahrt zu den Garagen nicht zur „notwendigen Verbindung“ im Sinne des § 917 BGB zählt.
- Baulasten (öffentlich-rechtliches Instrument): Eine Baulast ist eine freiwillig übernommene öffentlich-rechtliche Verpflichtung eines Grundstückseigentümers gegenüber der Baubehörde, die im Baulastenverzeichnis eingetragen wird und primär baurechtliche Wirkung entfaltet. Sie dient der Sicherstellung bestimmter baulicher Zustände oder Nutzungsmöglichkeiten, hat jedoch keine unmittelbare zivilrechtliche Wirkung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die auf dem Grundstück der Beklagten lastende Überfahrtbaulast begründet keine privatrechtliche Duldungspflicht gegenüber der Klägerin und vermittelt dieser keinen Nutzungsanspruch für die gepflasterte Zufahrt.
- Nachbarrechtliches Gemeinschaftsverhältnis: Dieses ungeschriebene Rechtsinstitut verpflichtet benachbarte Grundstückseigentümer zu gegenseitiger Rücksichtnahme und kann in bestimmten Fällen ergänzende Rechte und Pflichten begründen, die über die gesetzlichen Regelungen hinausgehen. Die Anwendung setzt jedoch in der Regel besondere Umstände voraus, die eine erweiterte Rücksichtnahme erfordern. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Voraussetzungen des § 917 BGB nicht erfüllt sind und keine besonderen Umstände vorliegen, kann die Klägerin auch aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis kein Wegerecht ableiten.
- Grundstücksteilung und Erschließungsfragen: Bei der Teilung von Grundstücken müssen Fragen der Erschließung und Zugänglichkeit rechtlich gesichert werden, was durch verschiedene Rechtsinstitute wie Dienstbarkeiten, Reallasten oder öffentlich-rechtliche Baulasten geschehen kann. Die bloße Teilung begründet jedoch keine automatischen Zugangs- oder Nutzungsrechte. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl die Grundstücke der Parteien durch Teilung entstanden sind und die Zufahrt zu den Garagen der Klägerin historisch über das Nachbargrundstück erfolgt, wurde offenbar keine privatrechtliche Absicherung dieses Zustands vorgenommen, sodass kein zivilrechtlicher Anspruch besteht.
Das vorliegende Urteil
BGH – Az.: V ZR 51/24 – Urteil vom 24.01.2025
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz