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Übergangsversorgung: Schadensersatz wegen unterlassener Aufklärung

BUNDESARBEITSGERICHT

Az.: 8 AZR 497/01

Urteil vom 12.12.2002


Das Bundesarbeitsgericht hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom XXX für Recht erkannt:

1. Zu Schadensersatzansprüchen wegen eines Übergangsversorgungsschadens.

2. Auslegung von § 7 des Tarifvertrages über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers für Verteidigung vom 30. November 1991.

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 16. Mai 2001 – 6 Sa 1093/99 B – aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 13. Oktober 1998 – 5 Ca 157/98 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlußberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin insgesamt zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen eines Übergangsversorgungsschadens.

Die am 24. April 1940 geborene Klägerin – behindert mit einem GdB von 60 % – war seit 1. Januar 1971 zunächst bis 15. April 1974 und ab 1. November 1980 bis 31. Oktober 1982 als Verwaltungsangestellte mit der Hälfte der tariflichen Arbeitszeit und ab 1. November 1982 bis 30. Juni 1997 176 Monate mit voller tariflicher Arbeitszeit zuerst in der Standortverwaltung A der Beklagten als Schreibkraft der VergGr. VII BAT beschäftigt, wegen der Auflösung der Standortverwaltung A zum 31. Dezember 1996 allerdings zuletzt bei der Standortverwaltung O.

Die Parteien hatten die Geltung des BAT und der diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge vereinbart. Auf das Arbeitsverhältnis fand auch der Tarifvertrag über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung vom 30. November 1991 (im folgenden: „TV“) Anwendung.

Dieser Tarifvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

“ § 7 Übergangsversorgung

(1) Kann einem Arbeitnehmer, der im Zeitpunkt des

Wegfalls des Arbeitsplatzes (§ 1)

a) das 55. Lebensjahr vollendet hat,

b) unter § 53 Abs. 3 BAT/§ 58 MTB II fällt und

c) mindestens 240 Umlagemonate (§ 29 Abs. 10 der

Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der

Länder – VBL -) zurückgelegt hat,

kein Arbeitsplatz nach § 2 angeboten werden und wird

das Arbeitsverhältnis deswegen im dienstlichen

Interesse durch Auflösungsvertrag (§ 58 BAT/§ 56 MTB

II) bis zum 31. Dezember 1997 beendet, erhält der

Arbeitnehmer im Rahmen der hierfür festgelegten

Höchstzahl Übergangsversorgung in entsprechender

Anwendung der Nr. 9 a SR 2 e I BAT. Dies gilt nicht,

wenn der Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz entgegen §

2 Abs. 8 abgelehnt hat oder der Arbeitgeber zu einer

nicht betriebsbedingten Kündigung berechtigt wäre.“

Diese Übergangsversorgung wird von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (im folgenden: „VBL“) berechnet und ausgezahlt.

Der Verwaltungsrat der VBL hatte nach Abschluß des Tarifvertrages am 21. Januar 1992 auf Vorschlag der Tarifpartner folgenden Beschluß gefaßt (BAnZ Nr. 112 vom 20. Juni 1992):

„Als bei Eintritt des Versicherungsfalles pflichtversichert gilt ein beitragsfrei Versicherter, der nach § 7 des Tarifvertrages über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung vom 30. November 1991 mit Anspruch auf Übergangsversorgung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. § 37 Abs. 4 Satz 3 der Satzung gilt entsprechend.“

Die Beklagte beriet die Klägerin am 22. Mai 1996 durch den Personalmitarbeiter B über die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses und über die Übergangsversorgung. Herr B übergab dabei der Klägerin ein Merkblatt und wies sie darauf hin, daß sie die Voraussetzungen der Übergangsversorgung – 240 Umlagemonate – nach § 7 Abs. 1 TV bei einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. Juni 1997 erfüllen werde. Ein Hinweis, ob sie nach 180 Beschäftigungsmonaten in Vollzeit, die sie vier Monate später, nämlich zum 31. Oktober 1997 erreicht hätte, eine Versorgung entsprechend dem Mindestruhegehalt nach § 14 Abs. 4 Satz 2 und 3 BeamtVG eines kinderlos verheirateten Bundesbeamten beanspruchen könne, unterblieb. Die Parteien vereinbarten sodann am 25. September 1996 auf Veranlassung der Beklagten wegen Reduzierung des Personalumfangs der Bundeswehr einen Vertrag über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 1997.

Ab 1. Juli 1997 erhielt die Klägerin von der VBL eine monatliche Übergangsversorgung von 1.879,25 DM, die sich ab 1. September 1999 auf monatlich 2.047,59 DM und ab 1. Januar 2001 auf 2.109,83 DM erhöhte. Da die VBL der Auffassung war, daß eine Beamtenmindestversorgung eines kinderlos verheirateten Bundesbeamten nur bei 180 Umlagemonaten in Vollzeit beansprucht werden könne, zahlte sie keine Beamtenmindestversorgung aus. Unter Berücksichtigung des persönlichen Beschäftigungsquotienten der Klägerin iHv. 0,87 betrug die Differenz zwischen der Übergangsversorgung und dem Mindestruhegehalt, wie zuletzt von der Beklagten nicht mehr in Abrede gestellt worden ist:

202,19 DM seit 1. Juli 1997,

197,16 DM seit 1. Januar 1998,

194,69 DM seit 1. Juni 1999,

123,87 DM seit 1. September 1999 und

97,74 DM seit 1. Januar 2001.

Mit der Klage hat die Klägerin die Differenzbeträge für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 31. Mai 2001 geltend gemacht und einen Feststellungsantrag hinsichtlich zukünftiger Schäden gestellt.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.619,51 DM nebst 4 % Zinsen auf je 202,19 DM seit dem 1. Juli, 1. August, 1. September, 1. Oktober, 1. November, 1. Dezember 1997

sowie auf je 197,16 DM seit dem 1. Januar, 1. Februar, 1. März, 1. April, 1. Mai, 1. Juni, 1. Juli, 1. August, 1. September, 1. Oktober, 1. November, 1. Dezember 1998,

1. Januar, 1. Februar, 1. März, 1. April und 1. Mai 1999

sowie auf je 194,69 DM seit dem 1. Juni, 1. Juli und 1. August 1999

sowie auf je 123,86 DM seit dem 1. September, 1. Oktober, 1. November, 1. Dezember 1999,

1. Januar, 1. Februar, 1. März, 1. April, 1. Mai 2000

sowie Zinsen iHv. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG auf je 123,86 DM seit 1. Juni, 1. Juli, 1. August, 1. September, 1. Oktober, 1. November, 1. Dezember 2000

und auf je 97,74 DM seit dem 1. Januar, 1. Februar, 1. März, 1. April und 1. Mai 2001 zu zahlen,

2. im Wege der Anschlußberufung

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 1. Juni 2001 denjenigen Schaden zu ersetzen, der in dem Differenzbetrag zwischen der Höhe der Mindestversorgung nach § 98 IV 1 lit.b VBL-Satzung und der Höhe der Übergangsversorgung nach der VBL-Satzung besteht.

Die Beklagte hat Abweisung der Klage und Zurückweisung der Anschlußberufung beantragt.

Sie hat geltend gemacht, daß sie die Klägerin richtig beraten habe. Gem. § 41 Abs. 4 der VBL-Satzung idF vom 1. Januar 1992 komme es für den Anspruch auf Gesamtversorgung in Höhe des Mindestruhegehalts eines kinderlos verheirateten Bundesbeamten nämlich nur darauf an, daß das Arbeitsverhältnis während der letzten 180 Monate vor Eintritt des Versicherungsfalls ununterbrochen bei demselben Beteiligten oder dessen Rechtsvorgänger bestanden habe und in diesem Zeitraum mindestens 156 Umlagemonate zurückgelegt worden seien. Eine Vollzeittätigkeit sei nicht erforderlich. Daher schulde die VBL der Klägerin eine Gesamtversorgung entsprechend dem Mindestruhegehalt eines kinderlos verheirateten Bundesbeamten. Die Frage einer Vollzeit- bzw. Teilzeittätigkeit sei nur noch für die Berechnung der Höhe der Mindestversorgung erheblich. Die Klägerin falle nicht in den Geltungsbereich des § 37 Abs. 4 Satz 1 der VBL-Satzung, weil diese Bestimmung nur Fälle erfasse, in denen ein Beschäftigter auf Grund einer gesetzlichen oder tarifvertraglichen vorzeitigen Altersgrenze ausscheide, nicht aber ein Ausscheiden auf Grund eines Aufhebungsvertrags. Der Tarifvertrag über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung enthalte keine Regelung darüber, wann ein Mitarbeiter ausscheiden müsse, sondern regele die soziale Absicherung auf Grund eines Ausscheidens, das auf anderem Rechtsgrund beruhe. Der Beschluß des Verwaltungsrates der VBL vom 21. Januar 1992 habe nur dann einen Sinn, wenn das Ausscheiden im Zusammenhang mit dem Tarifvertrag gerade nicht als Fall des § 37 Abs. 4 Satz 1 der VBL-Satzung verstanden werde. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin habe deshalb nicht „aufgrund eines Tarifvertrages“ geendet. Die Klägerin falle damit in den Geltungsbereich des § 37 Abs. 4 Satz 2 der VBL-Satzung. Hierfür gelte nicht die Übergangsvorschrift des § 98 Abs. 4 der VBL-Satzung, so daß für den Anspruch auf die Mindestversorgung nicht nach Vollzeit- und Teilzeitumlagemonaten zu unterscheiden sei.

Die Klägerin hat zweitinstanzlich der VBL den Streit verkündet. Die Streitverkündungsschrift ist am 25. August 1999 zugestellt worden. Die Streitverkündete ist dem Rechtsstreit nicht beigetreten.

Das Arbeitsgericht hat der Klage nach den erstinstanzlich gestellten Anträgen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und der Klage damit im zuletzt gestellten Umfang sowie der Anschlußberufung im wesentlichen (bis auf einen kleinen Zeitraum des Zinsantrags) stattgeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage und die Zurückweisung der Anschlußberufung.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, daß die Beklagte den ihr entstandenen Übergangsversorgungsschaden ausgleicht.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß der Klägerin auf Grund einer unvollständigen Unterrichtung der Beklagten ein Schaden in Höhe der Differenzbeträge zwischen der Übergangsversorgung und der Mindestbeamtenversorgung für die Zeit vom 1. November 1997 bis 31. Mai 2001 entstanden sei. Die Übergangsversorgung hätte sich der Höhe nach nach der Mindestbeamtenversorgung gerichtet, wenn die Klägerin nach vollständiger Unterrichtung durch die Beklagte weitere vier Umlagemonate, dh. bis zum 31. Oktober 1997 in Vollzeit zurückgelegt hätte. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, bei der Aufklärung der Klägerin die Rechtsansicht der VBL zur Auslegung der Satzung zugrunde zu legen. Ein Mitverschulden der Klägerin liege nicht vor. Dem zukunftsgerichteten Feststellungsantrag hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls stattgegeben.

II. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

1. Die Revision ist bzgl. der Feststellungsklage bereits deshalb begründet, weil diese unzulässig ist.

a) Das besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO muß als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen. Dabei hat das Gericht den Sachverhalt nicht selbständig zu untersuchen, vielmehr muß die Klägerin die erforderlichen Tatsachen für ihr fortbestehendes Interesse darlegen und ggf. beweisen (BAG 21. September 1993 – 9 AZR 580/90 – BAGE 74, 201, 203 = AP ZPO 1977 § 256 Nr. 22; 23. April 1997 – 5 AZR 727/95 – BAGE 85, 347 = AP ZPO 1977 § 256 Nr. 40; 24. September 1997 – 4 AZR 429/95 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Reichsbund Nr. 1 = EzA ZPO § 256 Nr. 48; 3. März 1999 – 5 AZR 275/98 – AP ZPO 1977 § 256 Nr. 53 = EzA ZPO § 256 Nr. 50). Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist das Feststellungsinteresse zu bejahen, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts besteht (BAG 5. März 1981 – 3 AZR 335/78 – nv., zu 8 a der Gründe; BGH 3. Dezember 1951 – III ZR 119/51 – BGHZ 4, 133; 9. März 1961 – VII ZR 145/50 – NJW 1961, 1165 f.).

b) Die Klägerin hat die tatsächlichen Voraussetzungen, die für die Ableitung von gegenwärtigen oder zukünftigen Rechtswirkungen erforderlich sind, nicht dargelegt. Sie hat mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1999 in der Berufungsinstanz den Zahlungsantrag, der sich zu diesem Zeitpunkt auf den Zeitraum bis 31. Dezember 1999 erstreckte, um den Feststellungsantrag erweitert. Zu diesem Zeitpunkt hat sie ihr Feststellungsinteresse daraus hergeleitet, daß sich der Schaden für die Zukunft wegen der Erhöhungen der Mindestversorgung nicht beziffern ließe. Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung hat die Klägerin aber beziffert die Differenzen für den gesamten Zeitraum der Übergangsversorgung geltend gemacht und dabei die endgültigen Zahlungen der VBL berücksichtigt. Sie hat nicht erklärt, welche weiteren Schäden im Hinblick auf die Übergangsversorgung durch eine Pflichtverletzung der Beklagten in Zukunft noch entstehen könnten. Solche sind nach dem Akteninhalt auch nicht ersichtlich.

2. Die Zahlungsklage ist unbegründet, auch insoweit hat die Revision Erfolg.

a) Es kann dahinstehen, ob die Beklagte beim Abschluß des Aufhebungsvertrages ihre arbeitsvertraglichen Informationspflichten durch ein ihr zuzurechnendes, schuldhaftes Verhalten ihrer Mitarbeiter verletzte.

aa) Erteilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Auskünfte, so müssen sie richtig und vollständig sein (st. Rspr. seit BAG 24. Mai 1963 – 1 AZR 66/62 – BAGE 14, 193, 195 = AP BGB § 611 Öffentlicher Dienst Nr. 5; 23. Mai 1989 – 3 AZR 257/88 – AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 28, zu 2 b der Gründe mwN). Die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten des Arbeitgebers beschränken sich aber nicht darauf, den Arbeitnehmern keine falschen Auskünfte zu erteilen. Den Arbeitgeber können bei einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses vielmehr auch Hinweis- und Aufklärungspflichten treffen. Voraussetzungen und Umfang der Hinweis- und Aufklärungspflichten ergeben sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Sie beruhen auf den besonderen Umständen des Einzelfalles und sind das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung (BAG 11. Dezember 2001 – 3 AZR 339/00 – zVv.; 13. November 1984 – 3 AZR 255/84 – BAGE 47, 169, 173 = AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 5; 10. März 1988 – 8 AZR 420/85 – AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 99 = EzA BGB § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 6, zu II 2 a der Gründe). Jeder Vertragspartner hat grundsätzlich selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen zu sorgen. Der jeder Partei zuzubilligende Eigennutz findet seine Grenze jedoch an dem schutzwürdigen Lebensbereich des Vertragspartners (BAG 13. November 1984 – 3 AZR 255/84 – BAGE 47, 169, 175 = AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 5). Die erkennbaren Informationsbedürfnisse des Arbeitnehmers einerseits und die Beratungsmöglichkeiten des Arbeitgebers andererseits sind stets zu beachten (vgl. ua. BAG 13. Dezember 1988 – 3 AZR 322/87 – AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 23, zu 1 a der Gründe). Gesteigerte Hinweispflichten können den Arbeitgeber vor allem dann treffen, wenn der Aufhebungsvertrag auf seine Initiative hin und in seinem Interesse zustande kommt (vgl. BAG 3. Juli 1990 – 3 AZR 382/89 – AP BetrAVG § 1 Nr. 24 = EzA BGB § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 7, zu II 2 a der Gründe). Durch das Angebot eines Aufhebungsvertrages kann der Arbeitgeber auch den Eindruck erwecken, er werde bei der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch die Interessen des Arbeitnehmers wahren und ihn nicht ohne ausreichende Aufklärung erheblichen, atypischen Versorgungsrisiken aussetzen (vgl. BAG 3. Juli 1990 – 3 AZR 382/89 – aaO; zuletzt 17. Oktober 2000 – 3 AZR 605/99 – AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 116 = EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 59). Eine Belehrungspflicht entsteht bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Veranlassung des Arbeitgebers nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts schließlich dann, wenn der Arbeitnehmer wegen besonderer Umstände darauf vertrauen durfte, der Arbeitgeber werde sich um die Versorgung kümmern, oder wenn er darauf vertrauen darf, der Arbeitgeber werde bei der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch den Interessen des Arbeitnehmers an einer optimalen Versorgung Rechnung tragen (BAG 23. Mai 1989 – 3 AZR 257/88 – AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 28; 13. November 1984 – 3 AZR 255/84 – BAGE 47, 169, 174 ff. = AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 5, zu I 3 b der Gründe; 10. März 1988 – 8 AZR 420/85 – aaO).

bb) Für eine umfassende Aufklärungspflicht könnte im Streitfall sprechen, daß der Aufhebungsvertrag – wie in ihm ausdrücklich festgehalten worden ist – auf Veranlassung der Beklagten wegen Reduzierung des Personalumfangs der Bundeswehr zustande kam. Durch das vorzeitige Ausscheiden der Klägerin konnte die Beklagte das von ihr erstrebte Ziel der Rationalisierung verwirklichen. Dies lag im betrieblichen Interesse. Die Beklagte schuf mit ihrem Vertragsangebot deshalb eine außergewöhnliche Gefahrenquelle.

Ob die Klägerin, wie die Beklagte erstmals in der Revisionsinstanz vorgetragen hat, zu dieser Situation zu einem früheren Zeitpunkt beigetragen hat, weil sie selbst habe ausscheiden wollen und deshalb bei der Beklagten 1995 einen Antrag auf Rückversetzung in die gefährdete Standortverwaltung A beantragte, um mit einer Übergangsversorgung nach dem Tarifvertrag ausscheiden zu können, ist ohne Belang. Zum einen handelt es sich um unbeachtlichen neuen Sachvortrag, den die Klägerin in der Revisionserwiderung auch im wesentlichen in Abrede gestellt hat. Zum anderen war die Klägerin Mitarbeiterin der zu schließenden Standortverwaltung und es lag vor allem im Interesse der Beklagten, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Außerdem hat die Klägerin auch immer zu erkennen gegeben, daß sie nicht um jeden Preis habe ausscheiden wollen, sondern nur dann, wenn sie eine angemessene Versorgung bezieht. Schließlich haben die Parteien im Aufhebungsvertrag ausdrücklich festgehalten, daß Anlaß für die Beendigung der Wunsch der Beklagten war. Daran ist die Beklagte festzuhalten.

Die Beklagte konnte unschwer erkennen, daß die Klägerin ein außergewöhnliches Informationsbedürfnis hatte und Hinweise der Beklagten erwartete. Wie sich aus dem von der Klägerin unterzeichneten Formularschreiben der Beklagten und der Niederschrift ergibt, war Anlaß des Gesprächs am 22. Mai 1997 eine „ausführliche Beratung über die finanzielle Tragweite für die künftige Einkommensentwicklung“ und damit entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur die Erörterung der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Übergangsversorgung im Falle des Ausscheidens. Die Klägerin hatte bis auf ihre frühere – insoweit unstreitige – Korrespondenz mit der VBL im Jahre 1995 keine Kenntnisse über den Anlaß und den Umfang einer Übergangsversorgung. Die Kenntnisse aus 1995 reichten erkennbar nicht aus, daß die Klägerin eine eigene sachgerechte Entscheidung über den Zeitpunkt des Aufhebungsvertrages treffen konnte, was schon daraus deutlich wird, daß die Beklagte die Voraussetzungen der Übergangsversorgung ermittelt hat, dh. festgestellt hat, wann 240 Umlagemonate vorlagen.

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Gegen eine umfassende Aufklärungspflicht spricht allerdings, daß im Rahmen eines derartigen Beratungsgesprächs keine Detailfragen zur Höhe der Übergangsversorgung geklärt werden konnten. Diese Angaben wurden von der Klägerin nicht tatsächlich erwartet. Die Beklagte wies die Klägerin mit dem übergebenen Merkblatt auch allgemein auf die Auskunftserteilung durch die VBL hin. Außerdem ist jedem Arbeitnehmer erkennbar, daß sich ein Weniger an Umlagemonaten versorgungsschädlich auswirken wird. Die durch kürzere Dienstzeiten bedingte Minderung von Versorgungsansprüchen versteht sich von selbst und bedarf keiner Erwähnung (BAG 13. November 1984 – 3 AZR 255/84 – BAGE 47, 169, 177 = AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 5). Im Streitfall handelt es sich außerdem bei der Frage der Anrechnung der Teilzeitmonate angesichts der Übergangsregelungen in § 98 Abs. 3 und 4 der VBL-Satzung um eine komplizierte Frage, deren Beantwortung von einem Personalsachbearbeiter der Beklagten unter Umständen nicht erwartet werden kann. Dies gilt auch und gerade für die Frage, wie sich ein Ausscheiden unter Anwendung des Tarifvertrages über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung vom 30. November 1991 nach den Bestimmungen der VBL-Satzung auswirkt. Letztlich ist auch fraglich, ob die Beklagte verpflichtet war, die Klägerin über die Risiken einer von der Beklagten selbst für satzungswidrig gehaltenen Vorgehensweise der VBL zu informieren. Das Unterlassen einer Belehrung des Arbeitnehmers über das nicht erkennbare Risiko einer falschen Auslegung durch die VBL, wäre in der Regel zumindest nicht schuldhaft.

b) Der Klägerin ist ein Mitverschulden zur Last zu legen, das zum Untergang eines möglichen Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagte führt.

aa) Ein Mitverschulden ist zu berücksichtigen, wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat bzw. er es unterlassen hat, den Schaden abzuwenden (§ 254 Abs. 2 BGB). Die Einwendung des Mitverschuldens ist von Amts wegen zu berücksichtigen, sofern eine Partei die entsprechenden Tatsachen vorträgt oder diese unstreitig sind. Nach § 254 Abs. 2 BGB ist ein Ersatzanspruch zu kürzen, wenn der Geschädigte Maßnahmen unterlassen hat, die ein gewissenhafter und verständiger Mensch zur Verhinderung oder Begrenzung des Schadens ergriffen hätte. Dabei ist in Abwägung der Interessen im Einzelfall unter Berücksichtigung von Treu und Glauben zu beurteilen, welche Maßnahmen dem Geschädigten zumutbar sind. Die Schadensabwendungs- und -minderungspflicht kann dem Geschädigten den Gebrauch von Rechtsmitteln gebieten (RG 22. April 1920 – VI 64/20 – RGZ 98, 345, 347; BGH 9. Dezember 1965 – II ZR 177/63 – VersR 1966, 340, 341; BSG 13. Oktober 1967 – 12 RJ 456/65 – BSGE 27, 171; vgl. auch BGH 26. Januar 1984 – III ZR 216/82 – BGHZ 90, 17, 32; 23. Mai 1991 – III ZR 73/90 – EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 42; 3. Mai 2001 – IX ZR 46/00 – NJW 2001, 2169); erforderlichenfalls hat er Klage zu erheben (BGH 5. Mai 1988 – III ZR 116/87 – BGHR BGB § 254 Abs. 2 Satz 1 – enteignender Eingriff 1; MünchKomm/Grunsky BGB 3. Aufl. § 254 Rn. 56; Palandt/Heinrichs BGB 61. Aufl. § 254 Rn. 42). Voraussetzung hierfür ist, daß die in Betracht kommende Maßnahme Aussicht auf Erfolg verspricht (BGB-RGRK – Alff 12. Aufl. § 254 Rn. 49; Staudinger/Schiemann BGB 13. Bearbeitung § 254 Rn. 93; Grunsky aaO; Lange Schadensersatz 2. Aufl. § 10 X 3 S 586 f.; vgl. auch BGH 9. Dezember 1965 – II ZR 177/63 – VersR 1966, 340, 341) und ihr nicht im Einzelfall Gesichtspunkte der Zumutbarkeit entgegenstehen (Grunsky aaO).

bb) Im Streitfall muß die Klägerin ein Mitverschulden verantworten, da die VBL bei korrekter, satzungsgemäßer Vorgehensweise eine Beamtenmindestversorgung auch schon im Zeitpunkt des Ausscheidens zum 30. Juni 1997 hätte zahlen müssen und die Klägerin die für sie ungünstige Behandlung einfach hingenommen hat.

(1) Die Klägerin hatte dem Grunde nach Anspruch auf eine Übergangsversorgung nach § 7 Abs. 1 TV, da sie im Zeitpunkt des Ausscheidens, welches bis zum 31. Dezember 1997 erfolgte, 55 Jahre alt und über 15 Jahre beschäftigt war (§ 7 Abs. 1 b TV, § 53 Abs. 3 BAT) sowie 240 Umlagemonate zurückgelegt hatte (§ 7 Abs. 1 c TV, § 29 Abs. 10 VBL-Satzung). Das ist zwischen den Parteien und der VBL auch nicht im Streit. § 7 Abs. 1 Satz 1 TV verweist hinsichtlich der Art und Berechnung der Übergangsversorgung auf eine entsprechende Anwendung des Nr. 9 a SR 2 e I BAT. Die Übergangsversorgung ist danach wie eine Versorgungsrente in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Satzung der VBL mit weiteren Maßgaben zu berechnen und zu zahlen (Nr. 9 a Abs. 2 Satz 1 SR 2 e I BAT).

(2) Entgegen der Auffassung der Klägerin und der Streitverkündeten stand der Klägerin nicht ein höherer Anspruch auf Übergangsversorgung entsprechend einer Gesamtversorgung in Höhe des Mindestruhegehalts, das eines kinderlos verheirateten Bundesbeamten nach § 14 Abs. 4 Satz 2 und 3 des Beamtenversorgungsgesetzes erst nach Zurücklegung weiterer vier Monate in Vollzeit gemäß § 98 Abs. 3 Satz 1 b cc VBL-Satzung zu, sondern schon zum tatsächlichen Ausscheidenszeitpunkt gemäß § 41 Abs. 4 der VBL-Satzung idF vom 1. Januar 1992.

Im Streitfall ist die Übergangsversorgung nämlich nach § 41 Abs. 4 der VBL-Satzung idF vom 1. Januar 1992 zu ermitteln.

Diese Norm lautet:

„(4) Für den Versorgungsrentenberechtigten,

a) bei dem der Versicherungsfall wegen

Erwerbsunfähigkeit nach Vollendung des 40.

Lebensjahres eingetreten ist oder bei dem der

Versicherungsfall nach § 39 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a

bis e und h oder Abs. 2 Satz 1 Buchst. a bis e

eingetreten ist und

b) der

aa) während der letzten 180 Monate vor Eintritt des

Versicherungsfalles ununterbrochen im

Arbeitsverhältnis bei demselben Beteiligten oder

dessen Rechtsvorgänger gestanden und in diesem

Zeitraum mindestens 156 Umlagemonate

zurückgelegt hat oder

bb) während der letzten 300 Monate vor Eintritt des

Versicherungsfalles ununterbrochen

pflichtversichert gewesen ist und in diesem

Zeitraum mindestens 264 Umlagemonate

zurückgelegt hat,

ist Gesamtversorgung mindestens das

Mindestruhegehalt, das einem kinderlos verheirateten

Bundesbeamten nach § 14 Abs. 4 Satz 2 und 3 des

Beamtenversorgungsgesetzes im Zeitpunkt des Beginns

der Versorgungsrente (§ 62) zustehen würde.

…“

Nach dieser Norm wird für den Anspruch auf die Mindestversorgung seit 1. Januar 1992 nicht mehr unterschieden, ob die Umlagemonate in Vollzeit oder Teilzeit zurückgelegt worden sind. Über die Auslegung des § 41 VBL-Satzung besteht zwischen den Parteien kein Streit.

§ 98 VBL-Satzung findet entgegen der Auffassung der Klägerin keine Anwendung.

Diese Norm lautet auszugsweise wie folgt:

„(3 Für den Versorgungsrentenberechtigten … gelten für

) die Anwendung der §§ 55 a und 56

a) …

b) § 41 mit der Maßgabe, daß

cc) Absatz 4 Satz 1 in der folgenden Fassung

anzuwenden ist:

„(4) Für den Versorgungsrentenberechtigten,

a) bei dem der Versicherungsfall wegen

Erwerbsunfähigkeit nach Vollendung des

40. Lebensjahres eingetreten oder bei

dem der Versicherungsfall nach § 39 Abs.

1 Satz 1 Buchst. a bis e oder Abs. 2

Satz 1 Buchst. a bis e eingetreten ist

und

b) der

aa) während der letzten 180 Monate vor

Eintritt des Versicherungsfalles

ununterbrochen im Arbeitsverhältnis

bei dem selben Beteiligten oder

dessen Rechtsvorgänger gestanden

und in diesem Zeitraum mindestens

168 Umlagemonate zurückgelegt hat

oder

bb) während der letzten 360 Monate vor

Eintritt des Versicherungsfalles

ununterbrochen pflichtversichert

gewesen ist und in diesem Zeitraum

mindestens 336 Umlagemonate

zurückgelegt hat

und

c) mit dem in den in Buchstabe b genannten

180 bzw. 336 Monaten keine kürzere als

die jeweilige durchschnittliche

regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit

eines entsprechenden Vollbeschäftigten

vereinbart gewesen ist,

ist Gesamtversorgung mindestens das

Mindestruhegehalt, das einem kinderlos

verheirateten Bundesbeamten nach § 14 Abs. 4

Satz 2 und 3 des Beamtenversorgungsgesetzes

im Zeitpunkt des Beginns der Versorgungsrente

(§ 62) zustehen würde,“

…“

Da die Klägerin bis zum 30. Juni 1997 nur 176 Monate in Vollzeit zurückgelegt hat, fehlen ihr bei Zugrundelegung dieser Norm vier Monate für den Anspruch auf Mindestversorgungsrente. Die Regelung des § 41 Abs. 4 VBL-Satzung mit der niedrigeren Hürde der Umlagemonate als Anspruchsvoraussetzung ist dagegen für die Klägerin günstiger, da sie zum Ausscheidenszeitpunkt 30. Juni 1997 weit mehr als 156 Umlagemonate zurückgelegt hat.

Die (ungünstigere) Übergangsregelung des § 98 Abs. 3 VBL-Satzung ist auf die Klägerin nicht direkt anzuwenden. Auch hierüber streiten die Parteien nicht mehr. § 98 VBL-Satzung enthält Übergangsregelungen, wobei die Absätze 3 bis 6 durch die 25. Satzungsänderung vom 15. November 1991 zum 1. Januar 1992 eingefügt worden sind. Ziel der Vorschriften war es, für bestimmte Personengruppen das bis zum 31. Dezember 1991 geltende Recht ganz zu erhalten sowie stufenweise Übergänge zu schaffen (Abs. 6) (so Berger/Kiefer/Langenbrinck Das Versorgungsrecht für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes Stand Juni 2002 Teil B § 98 VBL-Satzung Erl. 11; Gilbert/Hesse Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes Stand 1. Dezember 2001 Teil B § 98 VBL-Satzung Anm. 11, 12). Absatz 3 gilt danach nur für die Versorgungsrentner und Hinterbliebene, deren Versorgungsrente spätestens am 31. Dezember 1991 begonnen hat. Dies folgt ausdrücklich aus der Formulierung des Einleitungssatzes und dem weiteren Hinweis in Absatz 3 Einleitungssatz auf die §§ 55 a und 56 der VBL-Satzung. Eine „Neu“berechnung iSd. § 55 a findet nur bei Rentenempfängern statt (Zum Inhalt der Übergangsregelung nach § 98 Abs. 3 vgl. Berger/Kiefer/Langenbrinck aaO Erl. 12, 12 b und Gilbert/Hesse aaO Anm. 12). Da die Klägerin am 31. Dezember 1991 noch nicht Rentnerin (bzw. Übergangsversorgungsberechtigte) war, gilt § 98 Abs. 3 der VBL-Satzung somit nicht.

§ 98 Abs. 3 VBL-Satzung mit der Folge der Nichtberücksichtigung von Umlagemonaten in Teilzeit gilt weiter nicht auf Grund einer Verweisung in § 98 Abs. 4 VBL-Satzung.

§ 98 Abs. 4 VBL-Satzung lautet:

„Hat die Pflichtversicherung spätestens am 31. Dezember 1991 begonnen und bis zum Eintritt des Versicherungsfalles ununterbrochen fortbestanden, gilt

a) für Pflichtversicherte der Geburtsjahrgänge vor 1937 und

b) für Pflichtversicherte, die vor dem 1. Januar 2002 unter den Voraussetzungen des § 37 Abs. 4 Satz 1 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden,

Absatz 3 – auch für die Erstberechnung – entsprechend; …“

§ 98 Abs. 4 Satz 1 a trifft für die Klägerin nicht zu, da sie am 20. April 1940 geboren ist. § 98 Abs. 4 Satz 1 b trifft ebenfalls nicht zu. Die Klägerin ist zwar vor dem 1. Januar 2002 ausgeschieden, ihr Ausscheiden stellt aber keinen Fall des § 37 Abs. 4 Satz 1 VBL-Satzung dar.

§ 37 Abs. 4 Satz 1 VBL-Satzung lautet:

„Als bei Eintritt des Versicherungsfalles pflichtversichert gilt ein beitragsfrei Versicherter, der aufgrund gesetzlicher Vorschrift oder aufgrund eines für die Beteiligten nach § 19 Abs. 2 Buchst. a bis d geltenden Tarifvertrages oder einer entsprechenden Vorschrift eines für sonstige Beteiligte geltenden Tarifvertrages, aus seiner Beschäftigung ausscheiden mußte, wenn er aus demselben Grund auch aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist.“

Da die Klägerin nicht auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift ausgeschieden ist, kommt nur ein Ausscheiden auf Grund eines Tarifvertrages in Betracht. Die Klägerin ist jedoch nicht „aufgrund“ des Tarifvertrages über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung vom 30. November 1991 ausgeschieden. Das ergibt die Auslegung.

Satzungen dürfen nur aus sich heraus und nur einheitlich ausgelegt werden (vgl. BGH 11. November 1985 – II ZB 5/85 – BGHZ 96, 245, 250; 21. Januar 1991 – II ZR 144/90 – BGHZ 113, 237, 240). Die Satzung gilt nicht nur für die Gründer, sondern auch für künftige Mitglieder und für die Rechtsbeziehungen der juristischen Person zu Dritten. Die Vorstellungen der Gründer und die Entstehungsgeschichte sind deshalb im allgemeinen nicht zu berücksichtigen, es sei denn, sie haben im Satzungswortlaut einen deutlichen Niederschlag gefunden (vgl. BAG 27. November 1964 – 1 ABR 13/63 – BAGE 16, 329, 337 = AP TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 1, zu II 2 der Gründe). Außerhalb der Satzung liegende Umstände dürfen nur berücksichtigt werden, wenn deren Kenntnis bei den Betroffenen allgemein erwartet werden kann, wie dies etwa bei einer ständigen, allgemein anerkannten Übung bei der Anwendung der Satzung der Fall ist (vgl. BGH 2. Dezember 1974 – II ZR 78/72 – BGHZ 63, 282, 290; BAG 3. November 1998 – 3 AZR 474/97 – nv.; Palandt/Heinrichs BGB 61. Aufl. § 25 Rn. 4).

„Aufgrund“ bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch: begründet, veranlaßt durch, wegen (Wahrig Deutsches Wörterbuch 6. Aufl. Stichwort: aufgrund; Duden Das große Wörterbuch der Deutschen Sprache 2. Aufl. Stichwort: Grund/auf Grund). „Grund“ in diesem Zusammenhang bedeutet ein Umstand oder ein Tatbestand, durch den sich jemand bewogen fühlt, etwas Bestimmtes zu tun, oder der ein aus ihm folgendes Ereignis oder einem aus ihm folgenden Tatbestand erklärt; oder Motiv, Beweggrund (Duden aaO Stichwort: Grund/auf Grund).

In diesem Sinne war das Ausscheiden der Klägerin nicht durch den Tarifvertrag veranlaßt. Ein Ausscheiden ist nur dann durch einen Tarifvertrag veranlaßt oder begründet, wenn der Tarifvertrag selbst Beendigungstatbestände enthält, wie es beispielsweise bei tariflichen Altersgrenzen der Fall ist (zB in Nr. 12 zu SR 2 e I und Nr. 9 SR 2 h zum BAT: 53. Lebensjahr für Angestellte der Flugverkehrskontrolle; Nr. 7 SR 2 n zum BAT: Angestellte im Justizvollzugsdienst – Verweis auf die entsprechenden Altersgrenzen für Beamte; Nr. 5 SR 2 x zum BAT: Angestellte im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst – Verweis auf die entsprechenden Altersgrenzen für Beamte).

Der Tarifvertrag über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung vom 30. November 1991 enthält selbst keine Beendigungstatbestände, sondern regelt nur die sozialen Folgen bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen von Arbeitnehmern, deren Arbeitsplätze aus Anlaß der Verringerung der Bundeswehr durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen wegfallen. Der Tarifvertrag bildet damit noch nicht einmal den Anlaß für das Ausscheiden. Dies wird durch den Wortlaut der §§ 7, 8 TV gestützt. In beiden Normen wird nämlich ausdrücklich als Beendigungstatbestand der Auflösungsvertrag oder die betriebsbedingte Kündigung genannt.

Daß ein Ausscheiden nach dem Tarifvertrag über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung vom 30. November 1991 satzungsgemäß nicht als ein Ausscheiden „aufgrund Tarifvertrages“ anzusehen ist, wird schließlich durch den von der Klägerin angeführten Beschluß des Verwaltungsrats der VBL vom 21. Januar 1992 gestützt. Der Verwaltungsrat faßte kurz nach Inkrafttreten der neuen Regelungen ab 1. Januar 1992 auf Anregung der Tarifparteien zur Pflichtversicherung folgenden Beschluß:

„Als bei Eintritt des Versicherungsfalles pflichtversichert gilt ein beitragsfrei Versicherter, der nach § 17 (gemeint ist § 7, § 17 gibt es nicht) des Tarifvertrages über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung vom 30. November 1991 mit Anspruch auf Übergangsversorgung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. § 37 Abs. 4 Satz 3 der Satzung gilt entsprechend.“

Dieser Beschluß läßt nur den Schluß zu, daß die beteiligten Kreise gerade nicht davon ausgegangen sind, daß das Ausscheiden im Zusammenhang mit dem TV über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung vom 30. November 1991 ein direkter Anwendungsfall des § 37 Abs. 4 Satz 1 oder 2 ist, da sie hierzu eine Fiktion („gilt“) für nötig gehalten und hinsichtlich § 37 Abs. 4 Satz 3 nur auf eine entsprechende Anwendung verwiesen haben. Auch die Kommentarliteratur verweist darauf, daß nach diesem Beschluß offen ist, ob denn für die Frage der Pflichtversicherung ein Ausscheiden nach dem TV als ein Ausscheiden nach Satz 1 oder 2 gelten soll (worauf auch Gilbert/Hesse aaO § 37 VBL-Satzung Anm. 9 a S 123 ausdrücklich und zutreffend hinweisen), was im Streitfall, dh. für die Frage der Anwendbarkeit des § 98 Abs. 4 VBL-Satzung gerade entscheidend ist. Anlaß für diesen Beschluß war die Erstreckung der Pflichtversicherung auf die zwischen 55 und 58 Jahre alten Arbeitnehmer. Auch diese Arbeitnehmer sollten nach dem Willen der Tarifpartner im späteren Versicherungsfall als pflichtversichert gelten, um eine Versorgungsrente nach § 36 VBL-Satzung (und nicht nur eine Versicherungsrente nach § 44 VBL-Satzung) zu erhalten, auch wenn sie zuvor – mit einer Übergangsversorgung – ausgeschieden waren (vgl. Gilbert/Hesse aaO § 37 VBL-Satzung Anm. 9 a S 122 b). Erst der Beschluß ermöglicht deshalb bezüglich der Versorgungsrente nach der VBL-Satzung eine für die Arbeitnehmer günstigere Regelung. Die Satzung selbst versperrt den Weg zu dem (für die Übergangsversorgungsberechtigten günstigeren) § 41 VBL-Satzung jedenfalls nicht. Sie enthält also keine weitergehenden Einschränkungen für die Übergangsversorgung.

§ 98 Abs. 3 VBL-Satzung mit der für die Klägerin ungünstigen Differenzierung nach Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung gilt auch nicht auf Grund des Beschlusses der VBL vom 21. Januar 1992. Hiergegen spricht zunächst schon der Wortlaut und das Ziel des Beschlusses. Wie dargelegt, sollte hiermit nur die Pflichtversicherung im Zeitpunkt des Versicherungsfalls fingiert werden, da die Arbeitnehmer ohne diese Regelung nur Versicherungsrente im späteren Versicherungsfall (Erreichen der Altersgrenze) erhalten würden. Ziel des Beschlusses war also die Zubilligung der Versorgungsrente im (eingetretenen) Versorgungsversicherungsfall. Nicht sollte dagegen mit dem Beschluß die Höhe einer Übergangsversorgung geregelt werden, für die lediglich auf Grund der Verweisung auf Nr. 9 a SR 2 e I BAT im Tarifvertrag über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung vom 30. November 1991, wonach die Übergangsversorgung wie eine Versorgungsrente in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Satzung der VBL mit weiteren Maßgaben zu berechnen und zu zahlen ist, die Regeln der VBL-Satzung entsprechend gelten (Nr. 9 a Abs. 2 Satz 1 SR 2 e I BAT). Auch wird die Besitzstandsregelung nach § 98 VBL-Satzung, der auf § 37 VBL-Satzung verweist, in dem Beschluß vom 21. Januar 1992 gerade nicht angesprochen, was sich schon daraus ergibt, daß der Verwaltungsrat nicht festgelegt hat, ob § 37 Abs. 4 Satz 1 oder Satz 2 VBL-Satzung gelten soll. Demgemäß ist mit diesem Beschluß nicht festgelegt, ob Umlagemonate nur berücksichtigungsfähig sind, wenn sie in Vollzeit zurückgelegt worden sind. Schließlich könnte ein Beschluß des Verwaltungsrats, selbst wenn er den streitgegenständlichen Problemkreis betreffen würde, die tariflichen und satzungsmäßigen Rechte der Klägerin nicht beschränken, denn nach § 7 Abs. 1 Satz 1 TV, Nr. 9 a SR 2 e I BAT hat sie Anspruch auf eine Übergangsversorgung, die wie eine Versorgungsrente in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Satzung der VBL mit weiteren Maßgaben zu berechnen und zu zahlen ist. Wenn sich also Einschränkungen nicht aus der Satzung selbst ergeben, muß die Klägerin diese nicht hinnehmen.

(3) Da damit gemäß § 41 Abs. 4 VBL-Satzung die Frage der Teilzeitbeschäftigung für die Ermittlung der Anzahl der Umlagemonate unerheblich ist, hatte die Klägerin ab 1. Juli 1997 Anspruch auf eine Beamtenmindestversorgung im Rahmen der Übergangsversorgung, weil sie zu diesem Zeitpunkt 176 Umlagemonate erbracht hatte. Hätte die Klägerin (rechtzeitig) gegen die VBL Klage erhoben, wäre kein Schaden entstanden, so daß das Mitverschulden – auch unter Berücksichtigung des Hinweises der Beklagten auf die Auskunftserteilung durch die VBL – mit 100 % zu bewerten ist. Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder und nicht die Beklagte war richtiger Anspruchsgegner, da nach § 7 Abs. 1 TV, Nr. 9 a Abs. 2 SR 2 e I BAT die Übergangsversorgung wie eine Versorgungsrente in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Satzung der VBL zu berechnen und zu bezahlen ist und nach Nr. 9 a Abs. 7 SR 2 e I BAT die Übergangsversorgung von der VBL zu zahlen ist. Von diesem zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt geht auch die Klägerin selbst aus, denn sie macht gegen die Beklagte einen sekundären Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Aufklärungspflichten und nicht einen ursprünglichen Erfüllungsanspruch geltend. Die Klage hätte nach dem oben Dargelegten auch Erfolg gehabt und es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die Erhebung einer solchen Klage unzumutbar war. Die Nichterhebung der Klage ist schließlich nicht deshalb als unverschuldet anzusehen, weil die Klägerin die Rechtslage nicht hätte überblicken können, denn die Klägerin war anwaltlich vertreten.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

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