Oberlandesgericht Naumburg, Az.: 2 Ws 213/15, Beschluss vom 05.11.2015
Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts Haldensleben vom 10. August 2015 wird als unbegründet verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsbeschwerde und die dem Betroffenen dadurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb einer geschlossenen Ortschaft um 35 km/h die Regelgeldbuße von 160,00 € verhängt, indes von der Verhängung des Regelfahrverbots abgesehen, weil der Betroffene, der seinen Pkw mit einer Geschwindigkeit von 65 km/h führte, das Schild, durch welches eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h angeordnet wurde, lediglich übersehen habe, hierin liege eine „normale Fahrlässigkeit“.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, mit welcher die Verhängung eines Fahrverbots erstrebt wird. Die Staatsanwaltschaft hat die Rechtsbeschwerde lediglich damit begründet, dass in Fällen wie dem vorliegenden regelmäßig ein Fahrverbot zu verhängen sei. Davon abgesehen hätte beim Absehen vom Fahrverbot das Regelbußgeld angemessen erhöht werden müssen.
Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Rechtsbeschwerde beigetreten. Sie hat ergänzend ausgeführt, dass die Feststellungen des Amtsgerichts unzureichend seien, weil sich keine Ausführungen dazu fänden, ob die Messstelle bzw. die Überwachungsstrecke nicht auf Grund der örtlichen Gegebenheiten als Unfallbrennpunkt bzw. Unfallgefahrenpunkt erkennbar sei, weshalb sich für den Betroffenen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h aufgedrängt hätte.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Das Amtsgericht ist mit nicht zu beanstandender Begründung davon ausgegangen, dass der Betroffene das Verkehrszeichen, durch welches eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h angeordnet wurde, schlicht übersehen hat, was in diesem Fall auf einem Augenblicksverfahren beruhe. Dies sei lediglich eine momentane Unaufmerksamkeit und keine grobe Pflichtwidrigkeit, die die Verhängung eines Fahrverbotes rechtfertigen könne.
Die Wertung des Amtsgerichts ist nicht zu beanstanden. Ein im nahen örtlichen Zusammenhang mit dem Ortsschild aufgestelltes Verkehrsschild, durch welches die zulässige Geschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt wird, kann leicht übersehen werden. Es bedurfte hier entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft auch nicht, wie im Regelfall beim Absehen von einem Fahrverbot wegen Übersehens einer Geschwindigkeitsbegrenzung, keiner Ausführungen dahingehend, ob sich aufgrund der örtlichen Gegebenheiten für den Betroffenen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h aufdrängen musste. Aus dem Urteil ergibt sich nämlich, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht wegen der örtlichen Gegebenheiten des Straßenabschnitts angeordnet worden war, sondern allein aufgrund der Tatsache, dass der Straßenabschnitt von Ortskundigen wegen einer Teilsperrung der aus dem Ort F. heraus führenden L … anstelle einer ausgeschilderten weiträumigen Umleitung genutzt wurde, also vorübergehend das Verkehrsaufkommen erhöht war. Deswegen bestand die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h auch nur vom 6. Oktober bis zum 7. November 2014, also gut einen Monat. Deshalb gab es offensichtlich keine für den Betroffenen wahrnehmbare Umstände, aufgrund derer sich die Begrenzung auf 30 km/h aufdrängte.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war hier trotz des Absehens von der Verhängung des Regelfahrverbots auch keine Erhöhung der Regelgeldbuße angezeigt, weil eine solche bei Augenblicksversagen nicht in Betracht kommt (vgl. Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, 3. Aufl., Rn. 50, S. 303, zu § 6).