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Sperrfrist für Arbeitslosenhilfe aufgrund wiederholten Alkoholkonsums bei Umschulung

LANDESSOZIALGERICHT RHEINLAND-PFALZ

Az.: L 1 AL 128/00

Verkündet am: 23.8.2001

Vorinstanz: Sozialgericht Koblenz – Az.: S 11 Ar 261/98 Ko


In dem Rechtsstreit hat der 1. Senat des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz in Mainz aufgrund der mündlichen Verhandlung am 23.8.2001für Recht erkannt:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 27.7.2000 – S 11 Ar 261/98- wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 15.8.1997 bis 6.11.1997, für die die Beklagte den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit festgestellt hat.

Der 1948 geborene Kläger bezog mit Unterbrechungen seit März 1994 Anschluss-Arbeitslosenhilfe (Alhi). Aufgrund eines 1988 erlittenen Arbeitsunfalls bewilligte ihm die für die berufliche Rehabilitation (Reha) zuständige Berufsgenossenschaft (BG) für den Einzelhandel eine Integrationsmaßnahme für Schwerbehinderte für die Zeit vom 2.6.1997 bis 30.11.1997 bei der Kölner Wirtschaftsfachschule und förderte diese Maßnahme mit der Gewährung von Überbrückungsgeld (Übg). Gegenüber der BG verpflichtete sich der Kläger, für einen reibungslosen Ablauf der Umschulung zu sorgen, um das Umschulungsziel zu erreichen. Der BG war zum Zeitpunkt der Bewilligung eine Alkoholproblematik des Klägers bekannt. Aufgrund dessen verlangte sie vor der Gewährung der Reha-Maßnahme den Nachweis, dass der Kläger „trocken“ sei.

Während der Teilnahme an der Maßnahme stellte die Seminarleitung bei dem Kläger wiederholt eine Alkoholfahne fest, was zu mündlichen Abmahnungen gegenüber dem Kläger Anlass gab. Am 5.8.1997 scheiterte die Aufnahme eines Praktikumsplatzes bei dem ebenfalls an einer deutlich wahrnehmbaren Alkoholfahne. Daraufhin schloss die BG mit Wirkung zum 14.8.1997 den Kläger von der weiteren Teilnahme an der Maßnahme aus.

Am 15.8.1997 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alg.. Mit Bescheid vom 19.3.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.6.1998 versagte die Beklagte für die Zeit vom 15.8.1997 bis 6.11.1997 die beantragte Leistung, weil der Anspruch wegen Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit ruhe. Außerdem minderte die Beklagte die Alg-Anspruchsdauer um 72 Tage. Der Kläger habe durch ein maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Abbruch der Maßnahme gegeben. Ab dem 7.11.1997 bewilligte die Beklagte Alg in Höhe von 282,– DM wöchentlich (Bescheid vom 18.11.1997).

Am 9.7.1998 hat der Kläger Klage vor dem SG Koblenz erhoben und vorgetragen, er sei während der Maßnahme nicht alkoholisiert im Unterricht erschienen; er habe lediglich das Medikament Wick MediNait genommen.

Das SG hat bei dem behandelnden Arzt Dr. einen Befundbericht eingeholt. Danach besteht bei dem Kläger ein Alkoholmissbrauch, der eine stationäre Entzugsbehandlung angezeigt erscheinen lässt. Nach Auskunft des Arztes ist der Kläger dort am 12.6.1997 in stark alkoholisiertem Zustand erschienen. In einer ärztlichen Stellungnahme der Beklagten ist ausgeführt, es sei unwahrscheinlich, dass aufgrund der bestimmungsgemäßen Einnahme des Medikamentes Wick MediNait eine Alkoholfahne bemerkbar sei.

Das SG hat die Seminarleiterin der Kölner Wirtschaftsfachschule , den Teilnehmer an der Maßnahme und den Serviceleiter des als Zeugen vernommen.

Mit Urteil vom 27.7.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe sich maßnahmewidrig verhalten. Er sei alkoholisiert im Maßnahmeunterricht und bei der Vorstellung für einen Praktikumsplatz erschienen. Daher sei zu Recht eine zwölfwöchige Sperrzeit eingetreten:

Gegen das ihm am 21.8.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.09.2000 Berufung eingelegt.

Er trägt vor: Auch bei leichter Alkoholisierung sei er in der Lage gewesen, in dem erforderlichen Umfang am Unterricht teilzunehmen. Alkoholbedingte Ausfallerscheinungen habe die Zeugin nicht feststellen können. Ein maßnahmewidriges Verhalten habe daher nicht vorgelegen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 27.7.2000 – S 11 Ar 261/98 und den Bescheid der Beklagten vom 19.3.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.6.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 15.8.1997 bis 6.11.1997 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Ausführungen des SG.

Der Senat hat eine Stellungnahme der Kölner Wirtschaftsfachschule eingeholt und die Unterlagen der BG für den Einzelhandel bezüglich der Integrationsmaßnahme beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und die den Kläger betreffende Leistungsakte (Stamm-Nr: 069042) Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Koblenz vom 27.7.2000 ist zulässig. Der Kläger begehrt für die Zeit vom 15.8.1997 bis 6.11.1997 Alg in Höhe von 262,– DM wöchentlich. Damit wird der für die Zulässigkeit der Berufung erforderliche Beschwerdewert in Höhe von 1.000,– DM überschritten (§ 144 Abs 1 Satz 1 SGG).

Die Berufung des Klägers ist aber nicht begründet. Der Anspruch des Klägers auf Alg hat für die Zeit vom 15.8.1997 bis 6.11.1997 wegen des Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit geruht.

Gemäß §§ 119 Abs 1 Satz 1 Nr 4, 119a AFG, die auf den geltend gemachten Anspruch für die Zeit vom 15.8.1997 bis 6.11.1997 weiterhin Anwendung finden, ruht der Anspruch auf Alg wegen Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit, wenn der Arbeitslose durch ein maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer Maßnahme im Sinne des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 2b AFG gegeben hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.

Der Kläger hat seit dem 2.6.1997 an einer Maßnahme im Sinne der genannten Vorschriften teilgenommen. Nach § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 2b AFG sind dies ua Maßnahmen zur beruflichen Reha. Davon erfasst werden auch Rehabilitationsmaßnahmen ariderer Maßnahmeträger (Niesel, Kommentar zum AFG § 119 Rdz 55). Die Reha-Maßnahme der BG mit dem Ziel der beruflichen Reintegration Schwerbehinderter war dem Kläger auch zumutbar, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

Der Kläger hat durch ein maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus dieser zumutbaren Maßnahme gegeben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht auch der Senat in Übereinstimmung mit dem SG davon aus, dass der Kläger während der Teilnahme an der Maßnahme Alkohol konsumierte und mit deutlich wahrnehmbarer Alkoholfahne zum Unterricht und bei der Vorstellung zum Praktikum erschien. Die Einlassung des Klägers, er sei während der Maßnahme „trocken“ gewesen, ist widerlegt durch den Befundbericht des behandelnden Arztes, der am 12.6.1997, mithin während der Maßnahme, einen stark alkoholisierten Zustand des Klägers feststellte.

Der Genuss von Alkohol während der Teilnahme an dem Integrationsseminar störte den reibungslosen Ablauf der Maßnahme und deutet auf ein disziplinloses Verhalten des Klägers hin. Dabei ist unerheblich, ob es aufgrund des Alkoholkonsumes zu deutlichen, alkoholbedingten Ausfallerscheinungen gekommen ist.

Da sich der Kläger gegenüber dem Maßnahmeträger ausdrücklich verpflichtet hat, disziplinloses Verhalten und Störungen vom Unterricht fernzuhalten, stellt die Vorgehensweise des Klägers ein maßnahmewidriges Verhalten dar, das auch Anlass für den Ausschluss aus der Maßnahme war. Dies gilt um so mehr, als die BG vor Förderung der Maßnahme im Hinblick auf die Alkoholproblematik des Klägers ausdrücklich den Nachweis verlangte, dass dieser „trocken“ ist. Die Alkoholabstinenz des Klägers war daher wesentliche Voraussetzung für die Maßnahme. Da der Kläger bereits zuvor mehrfach mündlich abgemahnt wurde -wie die Vernehmung der Seminarleiterin ergab- war der Ausschluss aus der Maßnahme auch gerechtfertigt.

Der Kläger kann sich für sein Verhalten nicht auf einen wichtigen Grund berufen. Anhaltspunkte für die Annahme, der Kläger habe zum Zeitpunkt des Maßnahmebesuches wegen einer Alkoholerkrankung sein Verhalten nicht mehr willentlich steuern können, bestehen nicht zumal bei Annahme eines solchen Sachverhaltes der Kläger nach Abbruch der Maßnahme wegen seiner Erkrankung der Arbeitsvermittlung auch nicht zur Verfügung stehen könnte und bereits deshalb die Gewährung von Alg für den streitigen Zeitraum nicht in Betracht käme.

Anhaltspunkte für die Annahme einer besonderen Härte sind ebenfalls nicht gegeben.

Demzufolge ist wegen des Ausschlusses aus der Maßnahme mit Wirkung zum 14.8.1997 für die Zeit vom 15.8.1997 bis 6.11.1997 eine zwölfwöchige Sperrzeit eingetreten. Diese hat zu Recht den Alg-Anspruch des Klägers zum Ruhen gebracht und zur Minderung der Alg-Anspruchsdauer um 72 Tage gemäß § 110 Satz 1 Nr 2 AFG geführt.

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