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Umtausch EU-Fahrerlaubnis – Anerkennung

VGH München

Az: 11 BV 10.711

Urteil vom 22.11.2010


I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Das Landratsamt Schwandorf erteilte dem Kläger am 25. Juni 1980 eine Fahrerlaubnis der damaligen Klasse 1b, am 22. März 1982 eine Fahrerlaubnis der damaligen Klasse 3, am 29. Oktober 1982 eine Fahrerlaubnis der damaligen Klasse 1 und am 20. Juli 1989 eine Fahrerlaubnis der damaligen Klasse 2. Diese Fahrerlaubnisse wurden dem Kläger durch rechtskräftig gewordenes Urteil des Amtsgerichts Regensburg vom 8. März 1995, durch das gegen ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr eine Geldstrafe verhängt wurde, entzogen.

Am 8. Mai 1996 erteilte ihm das Landratsamt eine Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 2.

Durch Urteil vom 25. März 2002 erkannte das gleiche Gericht gegen den Kläger wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr auf eine Freiheitsstrafe von drei Monaten und entzog ihm die Fahrerlaubnis. Damit wurde geahndet, dass der Kläger am 26. November 2001 mit einer mittleren Blutalkoholkonzentration von 2,08 ‰ ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt hatte. Das Urteil vom 25. März 2002 wurde rechtskräftig, nachdem das Landgericht Amberg die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers verworfen hatte.

Einen am 1. April 2003 gestellten Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis nahm der Kläger zurück, nachdem das Landratsamt von ihm die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens verlangt und er die von ihm beauftragte Begutachtungsstelle für Fahreignung nicht von der Schweigepflicht gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde entbunden hatte.

Auf einen am 11. November 2003 gestellten Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis hin legte er ein am 26. Januar 2004 über ihn erstelltes medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten vor, das zu dem Ergebnis gelangte, es sei trotz der aktenkundigen Straftaten des Klägers zu erwarten, dass er nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde; auch erfülle er die körperlichen und geistigen Anforderungen an das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs der Klassen A und CE. Zu erwarten sei jedoch, dass er auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Am 20. Februar 2004 nahm der Kläger daraufhin auch den Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis vom 11. November 2003 zurück.

Mit Schreiben vom 28. Januar 2009 übersandte das Landratsamt dem Kläger einen Auszug aus der ihn betreffenden Führerscheinkartei. Auf der Seite 1 dieses Schreibens werden die von ihm in der Vergangenheit erworbenen Fahrerlaubnisse unter Angabe des jeweiligen Erteilungsdatums aufgeführt. Außerdem findet sich dort unterstrichen und in Fettdruck der Vermerk: „Die Fahrerlaubnis ist zur Zeit entzogen!“. Auf der Seite 2 dieses Schreibens heißt es wörtlich: „Herrn … wurde am 25.03.2002 durch das Amtsgericht Schwandorf entzogen. Eine Fahrerlaubnis ist ihm seither nicht mehr erteilt worden.“

Mit Schreiben vom 14. April 2009 teilte die Driver and Vehicle Licensing Agency dem Kraftfahrt-Bundesamt mit, die Fahrerlaubnis des Klägers sei in Großbritannien in Übereinstimmung mit Art. 8 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (ABl L 237 vom 24.8.1991, S. 1) umgetauscht worden.

Der Beklagte stellte in der Folgezeit fest, dass die Driver and Vehicle Licensing Agency dem Kläger einen sich auf die Klassen A, B, BE, B1, F, K und P beziehenden britischen Führerschein ausgestellt hatte. Im Feld 4.a dieses Dokuments ist das Datum „14-02-09“ eingetragen. Das Feld 8 nennt eine Adresse in London. Auf der Rückseite des Führerscheins findet sich in der Spalte 10 in Bezug auf die Klassen B, B1, F, K und P jeweils das Datum „22-03-82“, in Bezug auf die Klasse A das Datum „29-10-82“ und in Bezug auf die Klasse BE das Datum „<01-01-97“. Die Spalte 12 enthält in Bezug auf die Klassen A, B und BE den Vermerk „70D“.

Durch Bescheid vom 28. Oktober 2009 stellte das Landratsamt fest, dass der vorgenannte Führerschein den Kläger nicht berechtige, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Kraftfahrzeuge der Klassen A, B, BE, B1, F, K und P zu führen (Nummer 1 des Bescheidstenors). Unter der Nummer 2 des Tenors verpflichtete das Landratsamt den Kläger, diesen Führerschein spätestens am fünften Werktag ab der Zustellung des Bescheids beim Landratsamt zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen. Unter der Nummer 3 des Bescheidstenors ordnete die Behörde die sofortige Vollziehung der vorstehenden Verpflichtung an. Für den Fall, dass der Kläger den Führerschein nicht fristgerecht vorlegen sollte, wurde ihm unter der Nummer 4 des Bescheidstenors ein Zwangsgeld angedroht. Auf die Bescheidsgründe wird verwiesen.

Da der Kläger der Vorlagepflicht nicht innerhalb der ihm im Bescheid vom 28. Oktober 2009 gesetzten Frist nachkam, sprach das Landratsamt mit Schreiben vom 11. November 2009 aus, dass das in jenem Bescheid angedrohte Zwangsgeld fällig geworden sei. Durch Bescheid vom 11. November 2009 drohte es dem Kläger für den Fall, dass er der ihm in der Nummer 2 des Bescheids vom 28. Oktober 2009 auferlegten Pflicht nicht bis zum fünften Werktag nach der Zustellung des Bescheids vom 11. November 2009 nachkomme, die Anwendung unmittelbaren Zwanges in der Gestalt der Einziehung des Führerscheins durch die Polizei an.

Spätestens am 23. November 2009 brachte das Landratsamt auf dem britischen Führerschein des Klägers ein durchgestrichenes „D“ an und händigte ihm dieses Dokument wieder aus.

Mit der am 30. November 2009 zum Verwaltungsgericht Regensburg erhobenen Klage beantragte der Kläger die Aufhebung der Bescheide vom 28. Oktober 2009 und vom 11. November 2009. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, § 28 Abs. 4 FeV in der ab dem 19. Januar 2009 geltenden Fassung finde seine europarechtliche Grundlage in Art. 11 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl L 403 vom 30.12.2006, S. 18). Aus dem fünften Erwägungsgrund sowie aus Art. 13 Abs. 2 und Art. 16 Abs. 2 dieser Richtlinie ergebe sich jedoch, dass Art. 11 Abs. 4 Satz 2 erst auf Führerscheine und Fahrerlaubnisse anwendbar sei, die nach dem 19. Januar 2013 im Ausland erworben worden seien. Damit aber sei nur zu prüfen, ob ein Ausnahmetatbestand im Sinn von Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG vorliege. Das sei nicht der Fall, da keine Sperrfrist missachtet worden sei, der britische Führerschein zudem keinen deutschen Wohnsitz des Klägers ausweise und es keine aus Großbritannien stammenden (unbestreitbaren) Informationen gebe, die auf eine Verletzung des Wohnsitzerfordernisses hindeuteten. Ergänzend bezog sich der Kläger auf die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Dezember 2009 (Blutalkohol Bd. 47 [2010], S. 154).

Durch Gerichtsbescheid vom 17. Februar 2010 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Der Bescheid vom 28. Oktober 2009 finde seine Rechtsgrundlage in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV. Da die Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers durch das Amtsgericht Regensburg noch im Verkehrszentralregister eingetragen sei, sei der Tatbestand dieser Norm erfüllt. Der Grundsatz, dass von anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erteilte Fahrerlaubnisse anzuerkennen seien, stehe der unter der Nummer 1 des Bescheids vom 28. Oktober 2009 getroffenen Feststellung nicht entgegen, da dieser Grundsatz in Art. 11 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG eine Durchbrechung erfahre. Sei der Kläger aber zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland jedenfalls angesichts der Nummer 1 des angefochtenen Bescheids nicht berechtigt, begegne die Anordnung, den Führerschein zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen, keinen rechtlichen Bedenken.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung beantragt der Kläger:

Der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. Februar 2010 wird dahin abgeändert, dass die beiden Bescheide des Landratsamts Schwandorf vom 28. Oktober 2009 und vom 11. November 2009 aufgehoben werden.

Zur Begründung macht er – ergänzend zu seinem Vorbringen im ersten Rechtszug, auf das er sich bezieht – geltend, die Frage der Anwendbarkeit des Art. 11 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG auf seine britische Fahrerlaubnis stelle sich umso mehr, als diese Fahrerlaubnis, wie sich aus der auf dem zugehörigen Führerschein eingetragenen Schlüsselnummer ergebe, auf einer Umschreibung beruhe. Wende man den Grundsatz, wonach es für die Frage der Gültigkeit einer Fahrerlaubnis auf deren ursprüngliche Erteilung ankomme, konsequent an, verbleibe es vorliegend bei der Anwendbarkeit des Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, die britische Behörde habe den deutschen Führerschein des Klägers, in dem die ihm am 22. März 1982 und am 29. Oktober 1982 erteilten Fahrerlaubnisse ausgewiesen gewesen seien, nur umtauschen wollen. Da ihm diese Fahrerlaubnisse jedoch bereits 1995 entzogen worden seien, könne er aus ihnen keine Rechte mehr herleiten. Die Nicht-Existenz der deutschen Fahrerlaubnisse vom 22. März 1982 und vom 29. Oktober 1982 setze sich in dem britischen Führerschein fort. Damit seien im Fall des Klägers bereits die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 FeV nicht erfüllt.

Auf Anfrage des Verwaltungsgerichtshofs hat der Beklagte mitgeteilt, aus seiner Sicht hätten sich die Nummer 4 des Bescheids vom 28. Oktober 2009 und die unter der Nummer 1 des Bescheids vom 11. November 2009 enthaltene Androhung unmittelbaren Zwanges erledigt. Das gelte jedoch nicht für die unter der Nummer 2 des Bescheids vom 11. November 2009 enthaltene Kostengrundentscheidung und den dort außerdem vorgenommenen Gebührenansatz. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 6. Oktober 2010 hat der Kläger den Rechtsstreit in dem Umfang, in dem der Beklagte von einer Erledigung der streitgegenständlichen Bescheide ausgegangen ist, für erledigt erklärt; der Beklagte hat dem bereits vorab zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und den vom Verwaltungsgericht beigezogenen Vorgang des Landratsamts verwiesen.

Entscheidungsgründe

Über die Berufung konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da sich beide Beteiligte mit einer solchen Verfahrensgestaltung einverstanden erklärt haben.

Gegenstand des Rechtsstreits bildet, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit im Übrigen übereinstimmend für erledigt erklärt haben, nur noch das Begehren des Klägers auf Aufhebung der Nummern 1 und 2 des Bescheids vom 28. Oktober 2009 sowie der Nummer 2 des Bescheids vom 11. November 2009. Da der Kläger sowohl im ersten als auch im zweiten Rechtszug die im Schreiben des Landratsamts vom 11. November 2009 enthaltenen Erklärungen dieser Behörde nur insoweit zur gerichtlichen Überprüfung gestellt hat, als er die Aufhebung des an jenem Tag erlassenen „Bescheids“ beantragt, ist davon auszugehen, dass der in diesem Schreiben enthaltene, mit einer Zahlungsaufforderung verbundene Hinweis auf die eingetretene Fälligkeit des im Bescheid vom 28. Oktober 2009 angedrohten Zwangsgelds nicht zum Verfahrensgegenstand gemacht wurde. Diese Annahme ist umso mehr gerechtfertigt, als das Landratsamt auf Seite 1 unten des Schreibens vom 11. November 2009 ausdrücklich festgehalten hat, die Fälligkeitsmitteilung sei nicht Bestandteil des nachfolgend erlassenen Bescheids. Nur ergänzend ist deshalb festzuhalten, dass der Kläger Rechtsschutz gegen die Fälligkeitsmitteilung, da sie keinen Verwaltungsakt darstellt, nicht im Wege der Anfechtungs-, sondern nur mit einer Feststellungsklage hätte erreichen können.

Die Berufung ist, soweit sie sich nicht erledigt hat, zulässig, aber nicht begründet. Sowohl die Nummern 1 und 2 des Bescheids vom 28. Oktober 2009 als auch die im Bescheid vom 11. November 2009 getroffene Kostenlastentscheidung und der dort vorgenommene Gebührenansatz sind rechtmäßig.

1. Das Landratsamt hat in der Nummer 1 des Bescheids vom 28. Oktober 2009 zu Recht festgestellt, dass der dem Kläger am 14. Februar 2009 in Großbritannien ausgestellte Führerschein ihm nicht die Befugnis verschafft, in der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge der in jenem Führerschein bezeichneten Klassen zu führen.

a) Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinn von § 7 Abs. 1 oder 2 FeV im Bundesgebiet haben, vorbehaltlich der sich aus § 28 Abs. 2 bis 4 FeV ergebenden Einschränkungen im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Der Kläger besitzt aber jedenfalls keine gültige Fahrerlaubnis der Klassen A, B und BE. Vielmehr wurde ihm insoweit lediglich im Wege eines Führerscheinumtausches im Sinn von Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG und von Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG anstelle eines deutschen Führerscheins, von dessen Besitz durch den Kläger die Driver und Vehicle Licensing Agency entweder irrig ausging oder über dessen Nichtexistenz sie bewusst oder aus Nachlässigkeit hinweggesehen hat, ein britischer Führerschein ausgestellt. Dass die Driver und Vehicle Licensing Agency insoweit nur den Umtausch eines Führerscheins vornehmen, aber keine neue Fahrerlaubnis erteilen wollte, folgt aus der Tatsache, dass in der Spalte 12 des am 14. Februar 2009 ausgestellten britischen Führerscheins des Klägers in den Zeilen, die sich auf die Fahrerlaubnisklassen A, B und BE beziehen, die Zahlen-Buchstaben-Kombination „70D“ eingetragen ist. Der harmonisierte Gemeinschaftscode „70“ bedeutet sowohl nach dem Anhang Ia zur Richtlinie 91/439/EWG als auch nach dem Anhang I zur Richtlinie 2006/126/EG, dass der Führerschein, auf dem dieser Gemeinschaftscode angebracht wurde, im Weg eines Umtausches ausgestellt wurde. Der diesem Code nachgestellte Buchstabe „D“ bringt nach dem Wortlaut des Anhangs Ia zur Richtlinie 91/439/EWG und des Anhangs I zur Richtlinie 2006/126/EG (vgl. dort jeweils die Erläuterungen zum Code 70) zum Ausdruck, dass der umgetauschte Führerschein durch eine Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellt wurde.

Spätestens seit der am 12. Oktober 2002 eingetretenen Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts Schwandorf vom 25. März 2002 hat der Kläger jedoch keine deutsche Fahrerlaubnis mehr inne. Desgleichen kann er seither keinen deutschen Führerschein mehr besessen haben. Denn der ihm am 8. Mai 1996 ausgestellte Führerschein wurde unbrauchbar gemacht und zwischen Blatt 19 und Blatt 20 der den Kläger betreffenden Fahrerlaubnisakte eingeheftet.

Die Ausstellung der Beweisurkunde „Führerschein“ bewirkt nicht, dass der Betroffene allein dadurch eine Fahrerlaubnis erlangt. Vielmehr liegt in der Aushändigung eines solchen Dokuments nur dann die Erteilung einer Fahrerlaubnis, wenn der handelnde Amtsträger damit zumindest konkludent zum Ausdruck bringt, dass er einen dahingehenden Verwaltungsakt erlassen will. Durch das Anbringen des Codes „70“ hat der im Fall des Klägers tätig gewordene Bedienstete der Driver und Vehicle Licensing Agency auch nach außen hin zu erkennen gegeben, dass er hinsichtlich der Klassen A, B und BE nur einen Führerscheinumtausch vornehmen, nicht aber insoweit eine Fahrerlaubnis erteilen wollte.

Dahinstehen kann, ob die Driver and Vehicle Licensing Agency dem Kläger am 14. Februar 2009 eine Fahrerlaubnis der Klassen B1, F, K und P mit konstitutiver Wirkung erteilt hat, und ob diese Berechtigungen nach dem insoweit maßgeblichen britischen Recht auch dann Bestand haben können, wenn der Inhaber solcher Fahrerlaubnisklassen nicht über eine Fahrberechtigung anderer Klassen verfügt. Denn auch dann, wenn beide Fragen zu bejahen sein sollten, könnte der Kläger aus den Klassen B1, F, K und P keine Fahrberechtigung in Deutschland herleiten.

Bei den drei letztgenannten Kategorien handelt es sich um nationale Klassen britischen Rechts (vgl. die Ausführungen zu dem angesichts des Ausstellungsdatums „14.2.2009“ hier allein in Betracht kommenden „Modell Vereinigtes Königreich 6 [UK 6]“ im Anhang I zur Entscheidung vom 25.8.2008 der Kommission über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen, ABl L 270 vom 10.10.2008, S. 31/71). Für nationale Führerscheinklassen aber gilt nach Art. 3 Abs. 4 der Entscheidung vom 25. August 2008 der Kommission über Äquivalenzen zwischen Führerscheinen (a.a.O.) in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FeV der Gemeinschaftsgrundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Führerscheinen (Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG) nicht. Nicht anders kann sich die Rechtslage mit Blickrichtung auf die mit Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG wortgleich übereinstimmende Vorschrift des Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG darstellen. Wenn in Art. 3 Abs. 4 der Entscheidung der Kommission vom 25. August 2008 (a.a.O.) nur Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG erwähnt wird, erklärt sich das daraus, dass sich diese Entscheidung ausweislich ihrer Eingangsformel ausschließlich auf diese Richtlinie stützt.

Eine Fahrerlaubnis der Klasse B1 ist zwar gemeinschaftsrechtlich vorgesehen; es handelt sich jedoch nur um eine Klasse, die durch die Mitgliedstaaten fakultativ eingeführt werden kann (vgl. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG und Art. 4 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2006/126/EG). Die Entscheidung vom 25. August 2008 der Kommission über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (a.a.O., S. 71) führt bei Führerscheinen, die in Großbritannien seit dem 18. Juni 2007 ausgestellt wurden, die Klasse B1 – anders als das bei bis zum 17. Juni 2007 ausgestellten Führerscheinen der Fall war – nicht mehr als harmonisierte Klasse auf. Es kann dahinstehen, ob der Kläger schon aus diesem Grund in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FeV aus der Klasse B1 keine Fahrberechtigung in Deutschland herzuleiten vermag. Denn unabhängig davon bestimmt Art. 4 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2006/126/EG, dass in Mitgliedstaaten, die diese Führerscheinklasse nicht eingeführt haben (dazu gehört auch Deutschland), ein Führerschein der Klasse B erforderlich ist, um Fahrzeuge führen zu dürfen, die der Klasse B1 unterfallen. Der Kläger aber besitzt – wie dargestellt – weder eine deutsche noch eine britische Fahrerlaubnis der Klasse B.

b) Wenn der Kläger nach alledem gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV aus dem am 14. Februar 2009 ausgestellten britischen Führerschein im Bundesgebiet keine Befugnisse herleiten kann, so steht das mit dem Recht der Europäischen Union in Einklang.

Nach Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG und Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG werden zwar die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt. Wurde dem Inhaber eines solchen Dokuments jedoch vor dessen Ausstellung – wie beim Kläger der Fall – die Fahrerlaubnis entzogen, so erstreckt sich die Anerkennungspflicht nur auf neu erworbene Fahrerlaubnisse, bei denen es Sache des Ausstellerstaates ist zu prüfen, ob die sich aus dem Recht der Europäischen Union ergebenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (BVerwG vom 29.1.2009 NJW 2009, 1687/1689). Diese Prüfung hat sich namentlich auf die Eignung und die Befähigung des Bewerbers sowie das Vorhandensein eines ordentlichen Wohnsitzes im ausstellenden Staat zu beziehen (vgl. jeweils Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG und der Richtlinie 2006/126/EG). Eine solche Prüfung findet nicht statt, wenn lediglich das Dokument über eine bestehende Fahrerlaubnis erneuert wird (BVerwG vom 29.1.2009, ebenda). Denn nach Art. 8 Abs. 1 Halbsatz 2 der Richtlinie 91/439/EWG hat sich der Ausstellerstaat des neuen Führerscheins, wenn eine solche Urkunde – wie hier – lediglich im Umtauschwege ausgehändigt wird, nur darüber zu vergewissern, ob der vorgelegte Führerschein tatsächlich gültig ist. Eine dahingehende Prüfung schreibt Art. 8 Abs. 1 Halbsatz 2 der Richtlinie 91/439/EWG zudem nicht lückenlos, sondern nur „gegebenenfalls“, d.h. dann vor, wenn Gründe die Annahme nahelegen, dass der umzutauschende Führerschein nicht mehr gültig sein könnte. Nach Art. 11 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG ist zwar stets eine Überprüfung der Gültigkeit des umzutauschenden Führerscheins durchzuführen; sie hat sich zudem auch auf den Fortbestand und den Umfang der darin dokumentierten materiellen Berechtigung (nämlich darauf, welche „Fahrzeugklassen“ die zugrunde liegende Fahrerlaubnis umfasst) zu erstrecken. Auch nach Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG verbleibt es jedoch dabei, dass eine Eignungsprüfung im Sinn von Art. 7 Abs. 1 Buchst. a und d dieser Richtlinie bei einem Führerscheinumtausch nicht stattfindet.

Die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts, die Pflicht zur Anerkennung von im EU-Ausland ausgestellten Führerscheinen bestehe in Fällen, in denen gegen den Inhaber eines solchen Dokuments vorher eine Entziehung der Fahrerlaubnis verfügt wurde, nur dann, wenn dem ausländischen EU-Führerschein die mit einer Eignungsüberprüfung einhergehende Neuerteilung einer Fahrerlaubnis zugrunde liege, findet auch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Stütze. Es kann dahinstehen, ob diese rechtliche Gegebenheit, wie das vom Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 29.1.2009, a.a.O., RdNr. 20) angenommen wurde, bereits in den beiden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Juni 2008 (Rechtssache C-329/06 und C-343/06, Slg. 2008 I-04635, RdNr. 52; Rechtssache C-334/06 bis C-336/06, Slg. 2008 I-04691, RdNr. 49) zum Ausdruck kam. Denn jedenfalls im Urteil vom 19. Februar 2009 (Rechtssache C-321/07, Slg. 2009 I-1113) hat der Europäische Gerichtshof die Befugnis der Bundesrepublik Deutschland, einen ausländischen Führerschein nicht anzuerkennen, den ein anderes der Europäischen Union angehörendes Land ausgestellt hat, u. a. daraus hergeleitet, dass der Inhaber des in Frage stehenden Führerscheins „nach der Entziehung seiner deutschen Fahrerlaubnis keiner von den Behörden eines anderen Mitgliedstaats angeordneten Überprüfung seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen unterzogen“ wurde. Folglich sei „nicht der Beweis erbracht, dass dieser Inhaber entsprechend den Anforderungen an die Eignung aus der Richtlinie 91/439 zum Führen von Kraftfahrzeugen und zur Teilnahme am Straßenverkehr geeignet ist“ (EuGH vom 19.2.2009, a.a.O., RdNr. 95). Da eine solche Überprüfung im Vorfeld eines bloßen Führerscheinumtausches ebenfalls nicht stattfindet, sind diese Erwägungen auf den vorliegenden Fall übertragbar.

Auf die in der Klage- und der Berufungsbegründung thematisierten Fragen der Anwendbarkeit des Art. 11 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG und der inhaltlichen Reichweite dieser Vorschrift kommt es nach alledem nicht entscheidungserheblich an.

2. Besitzt der Kläger aber keine in Deutschland gültige Fahrerlaubnis, so durfte ihn das Landratsamt – wie unter der Nummer 2 des Bescheids vom 28. Oktober 2009 geschehen – auffordern, den britischen Führerschein zur Eintragung eines Vermerks vorzulegen, durch den der Rechtsschein beseitigt wird, den dieses Dokument hervorruft. Die hierfür erforderliche Befugnisnorm sieht der Bayerische Verwaltungsgerichtshof – ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG vom 11.12.2008 DAR 2009, 212/215) – in einer entsprechenden Anwendung des § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG und des § 47 Abs. 2 Satz 1 FeV.

3. Die unter der Nummer 2 des Bescheids vom 11. November 2009 vorgenommene Überbürdung der Kosten dieses Bescheids auf den Kläger war deswegen nach Art. 41 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 VwZVG geboten, weil er Vollstreckungsschuldner war. Da er der ihm im Bescheid vom 28. Oktober 2009 auferlegten, sofort vollziehbaren Vorlageverpflichtung nicht fristgerecht nachgekommen war, hat er zudem im Sinn von Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KG die im Bescheid vom 11. November 2009 ausgesprochene Androhung unmittelbaren Zwanges veranlasst. Die auf 50,– € festgesetzte Amtshandlungsgebühr hält sich innerhalb des durch die Tarif-Nummer 1.I.8/1 des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz vorgegebenen Rahmens.

Soweit die Berufung zurückzuweisen war, ergibt sich die Kostentragungspflicht des Klägers aus § 154 Abs. 2 VwGO. Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, entspricht es billigem Ermessen im Sinn von § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die anteilig auf diese Teile des Streitgegenstandes entfallenden Kosten ebenfalls dem Kläger aufzuerlegen. Denn sowohl die unter der Nummer 4 des Bescheids vom 28. Oktober 2009 ausgesprochene Zwangsgeldandrohung als auch die am 11. November 2009 verfügte Androhung unmittelbaren Zwanges waren rechtmäßig.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

I. Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt; der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. Februar 2010 ist insofern unwirksam.

II. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis zum Eingang des Schriftsatzes der Klagebevollmächtigten vom 6. Oktober 2010 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am 11. Oktober 2010 auf 14.062,50 €, von da an auf 12.500,– € festgesetzt.

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