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Parken auf Privatgrundstück (unberechtigtes) – Abschleppen

Kammergericht Berlin

Az: 13 U 31/10

Urteil vom 07.01.2011


In dem Rechtsstreit hat der 13. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2010 für R e c h t erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Juli 2010 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 9 O 150/10 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Entscheidungsgründe

I. Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Folgendes wird ergänzt:

In der Anlage 2 des zwischen der Zedentin und der Beklagte geschlossenen Rahmenvertrages vom 10./25. Juni 2005 sind unter der Bezeichnung „Bestandsaufnahme“ die einzelnen Tätigkeiten aufgeführt, die dem Abschleppvorgang vorausgehen. Die Anlage 3 enthält eine Preisliste über die Grundgebühr ohne und mit Versetzung für verschiedene Fahrzeugklassen. Gemäß § 1 Abs. 1 des Vertrages haben die Vertragsparteien vereinbart, dass der Auftragnehmer auf der Fläche, die Gegenstand des Vertrages ist, abgestellte Fahrzeuge gemäß der Anlage 2 zum Umsetzen vorbereitet, entfernt und auf den nächstmöglichen öffentlichen Parkplatz umsetzt. Auf den Vertrag und den Inhalt der Anlagen 2 und 3 wird Bezug genommen (Anlage B 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 5. Juni 2010).

Der Zahlungsaufforderung der Beklagten an die Klägerin vom 6. Januar 2010 war eine der Zedentin gestellte Rechnung desselben Datums beigefügt, die den quer aufgedruckten Aufdruck „Fälligkeit: Nettobetrag“ enthielt (Fotokopien Bl. 89 f d.A.).

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe zunächst ein Angebot vom 15. Januar 2010 unterbreitet, die Angelegenheit gegen Zahlung von 90 EUR abzuschließen. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11. Februar 2010 ließ sie die Beklagte unter Fristsetzung zum 22. Februar 2010 auffordern, das Fahrzeug herauszugeben, wobei sie bereit sei, einen Gesamtbetrag von 149 EUR zu zahlen (Fotokopie Bl. 122 d. A.).

Der Zeitwert ihres PKW im Zeitpunkt der Klageerhebung ist von der Klägerin mit 3.000 EUR angegeben worden.

Die Beklagte hat geltend gemacht, sie habe eine Teilleistung von der Klägerin nicht annehmen müssen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Klägerin sei im Rahmen der Schadensminderungspflicht gehalten gewesen, entweder den geforderten Betrag unter Vorbehalt zu zahlen oder aber gemäß § 273 Abs. 3 BGB in Form der Hinterlegung Sicherheit zu leisten.

Mit dem am 15. Juli 2010 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Auskunft über den Standort ihres Fahrzeuges zu. Jedoch mache die Beklagte zu Recht ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund eines ihr abgetretenen Anspruchs auf Schadensersatz gemäß §§ 823 Abs. 2, 858 BGB geltend. Der Forderung stehe nicht die Nichtigkeit der Abtretung gemäß § 138 Abs. 2 BGB entgegen. Der erforderliche Grad einer Überschreitung des Angemessenen sei im Vergleich zu dem Betrag von 129 EUR, der in Berlin für die polizeiliche Umsetzung gefordert werde, bei einem geforderten Nettobetrag von 219,50 EUR nicht erreicht. Der geforderte Betrag sei nicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB zu kürzen. Der Geschädigte, der sich zur Beseitigung einer Rechtsgutsverletzung berechtigtermaßen eines Dritten bediene, könne vom Schädiger nur ausnahmsweise darauf verwiesen werden, sich mit dem Auftragnehmer über die Höhe des Vergütunganspruchs auseinanderzusetzen. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch die Beklagte sei nicht unverhältnismäßig. Die Maßstäbe des § 320 Abs. 2 BGB seien nicht anzuwenden. Der Klägerin hätte die Möglichkeit zur Verfügung gestanden, die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts durch Hinterlegung der geforderten Summe abzuwenden. Die Klägerin habe nicht einmal die von ihr für berechtigt gehaltenen 150 EUR hinterlegt. Der Klägerin stehe kein Schadensersatzanspruch zu. Es liege keine verbotene Eigenmacht vor. Da die Beklagte zu Recht ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt habe, könne die Klägerin keinen Verzögerungsschaden gemäß § 280 BGB geltend machen. Die Klägerin hätte im Übrigen durch Hinterlegung des geforderten Betrages den Streit auf die Frage beschränken können, ob die geforderten 219,50 EUR erstattet werden müssten oder nicht.

Gegen das ihr am 15. Juli 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. Juli 2010 die Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Sie macht geltend:

Entgegen der Ansicht des Landgerichts habe die Zedentin nur die reinen Abschleppkosten fordern können, da nur diese erstattungsfähig seien. Die weiteren Maßnahmen würden die Kosten einer typischerweise zu erbringenden Mühewaltung bei der Schadensfeststellung und Rechtsverfolgung nicht überschreiten. Im Vergleich zu den vom Land Berlin geforderten Gebühren liege bei einem Bruttobetrag von 261 EUR durchaus eine sittenwidrige Überschreitung des Angemessenen vor. Tatsächlich würden sich Abschleppkosten nur auf 60 EUR belaufen (SV-Gutachten). Nach einer Studie des ADAC würden die Kosten allenfalls bei 100 bis 150 EUR liegen. Die Klägerin hat sich weiter auf von ihr eingeholte Vergleichsangebote von drei Abschleppunternehmen bezogen, die nach ihrer Ansicht belegen würden, dass Kosten von nicht mehr als ca. 100 EUR angemessen seien (Bl. 111/113 f).

Bei der gegebenen unverhältnismäßigen Überschreitung des Angemessenen werde das Zurückbehaltungsrecht durch die Beklagte zu Unrecht ausgeübt. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts sei auch im Verhältnis zum Wert des ihr entzogenen PKW unverhältnismäßig. Eine Verpflichtung zur Abwendung des Zurückbehaltungsrechts durch Hinterlegung bestehe nicht.

Die Beklagte hat der Klägerin am 4. August 2010 den Standort des Fahrzeuges mitgeteilt. Die Parteien haben im Hinblick darauf den Rechtsstreit zu Ziffer 1) der Klageforderung übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt nunmehr noch, die Beklagte in Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie 345,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Februar 2010 bis zum 09.03.2010 zu verurteilen, die Beklagte in Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie weitere Nutzungsentschädigung ab dem 10.03.2010 bis zur Herausgabe des Fahrzeuges von täglich 23,00 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie ist der Ansicht, die Klägerin habe weiterhin nicht hinreichend dargelegt, dass der von ihr geforderte Betrag sittenwidrig überhöht sei. Da die Klägerin nicht einmal die für angemessen gehaltenen 150 EUR gezahlt habe, sei sie, die Beklagte, berechtigt gewesen, die Bekanntgabe des Standorts des Fahrzeuges der Klägerin zu verweigern. Die Klägerin habe auch nicht dargelegt, dass sie auf die Nutzung des PKW angewiesen sei. Gegenstand des Streits zwischen den Parteien sei nur die Differenz zwischen dem von ihr geforderten und dem von der Klägerin angebotenen Betrag. Ihr, der Beklagten, sei es zuzubilligen, dass sie den Standort des PKW nicht mitteilen möchte, ohne befürchten zu müssen, ihre verbleibende Forderung letztendlich nicht durchsetzen zu können. Die Klägerin hätte zumindest den für angemessen gehaltenen Betrag hinterlegen können, um den Standort ihres Fahrzeuges zu erfahren.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die gemäß §§ 511, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Klage auf Zahlung von Nutzungsentschädigung, über die nach Erledigungserklärung noch streitig zu entscheiden ist, ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB zu. Denn die Beklagte befand sich nicht mit der Herausgabe des Fahrzeuges oder auch nur einem Anspruch auf Bekanntgabe dessen Standortes in Verzug.

1. Ob ein Herausgabeanspruch gegen die Beklagte gemäß § 985 BGB bestand, kann dem Grunde nach zweifelhaft sein. Dabei ist davon auszugehen, dass der Klägerin der Besitz durch den Abschleppvorgang entzogen worden ist und weiterhin entzogen bleibt, denn ohne die Bekanntgabe des Standorts des Fahrzeuges ist sie tatsächlich nicht in der Lage, die Sachherrschaft an dem Fahrzeug auszuüben, auch wenn sie weiterhin in Besitz des Fahrzeugschlüssels geblieben ist. Allerdings setzt der Herausgabeanspruch gegen die Beklagte voraus, dass diese ihrerseits (noch) in Besitz des Fahrzeuges ist, also ihrerseits in der Lage und willens ist, die tatsächliche Sachherrschaft auszuüben. Dies wird teilweise in Zweifel gezogen, wenn das Fahrzeug nach dem Abschleppvorgang auf öffentlichem Straßenland abgestellt wird (vgl. Lorenz, NJW 2009, 1025, 1029; Stöber, DAR 2008, 72, 74). Allerdings setzt die tatsächliche Sachherrschaft nicht eine ständige räumliche Beziehung zu der Sache voraus; ausreichend ist, dass die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit ohne erhebliche Schwierigkeiten möglich ist (vgl. Joost in MK BGB 5. Aufl., § 854 Rn 5 f, 34; Fritzsche in Bamberger/Roth, BeckOK,§ 854 Rn 21 f). Die Beklagte war die einzige, die Kenntnisse über den Standort des Fahrzeuges hatte, was Voraussetzung für die Ausübung der Sachherrschaft ist. Auch war bis zur Bekanntgabe des Standorts der Wille der Beklagten vorhanden, die Klägerin vom Besitz an ihrem Fahrzeug auszuschließen. Letztlich kann die Frage allerdings dahinstehen. Jedenfalls bestand ein aus Treu und Glauben folgender Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Bekanntgabe des Standortes ihres Fahrzeuges, denn zwischen ihr und der Klägerin ist durch die mit dem Abschleppvorgang verbundene Besitzentziehung eine Rechtsbeziehung entstanden, die Klägerin ist auf die Auskunft angewiesen und die Beklagte unschwer in der Lage, die Auskunft zu erteilen (vgl. BGHZ 10, 385; OLG Hamm, NJW 1993, 2623; Palandt/Bassenge, BGB 70. Aufl. § 987 Rn 15; Palandt/Grüneberg aaO. §§ 259, 260 Rn 4 f m.w.N.; vgl. auch Stöber aaO. S. 74).

2. Der Verzug ist ausgeschlossen, wenn der Schuldner berechtigtermaßen ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB ausübt. Denn in diesem Fall ist die Forderung nicht durchsetzbar (vgl. BGH WM 1971, 1020, 1021f; BGH NJW, 2001, 3114, 3115 [BGH 04.07.2001 – VIII ZR 279/00]; Ernst in MK aaO. § 286 Rn 21, 28). Das Zurückbehaltungsrecht stellt ein Recht zum Besitz im Sinne von § 286 BGB dar (vgl. BGH WM 1985, 1421, 1422; BGH NJW 2002, 1050 zu C I. 1c).

Die Beklagte hat zu Recht ein Zurückbehaltungsrecht wegen einer ihr aus abgetretenem Recht der ………..zustehenden Forderung aus § 823 Abs. 2, 858 Abs. 1 BGG auf Schadensersatz wegen der durch die Umsetzung entstandenen Kosten ausgeübt.

a. Das unbefugte Abstellen auf einem Privatgrundstück stellt eine verbotene Eigenmacht dar, der sich der Grundstücksbesitzer erwehren darf, indem er das Fahrzeug abschleppen lässt. Die ihm dabei durch die Beauftragung eines Abschleppdienstes entstehenden Kosten darf er gemäß §§ 823 Abs. 2, 249 BGB im Wege des Schadensersatzes geltend machen (vgl. BGH, V ZR 144/08, Urteil vom 5.6.2009, NJW 2009, 2530 [BGH 05.06.2009 – V ZR 144/08]; vgl. auch OLG Karlsruhe, OLGZ 1978, 206). Dass der Eigentümer gehalten ist, das Abschleppunternehmen zu beauftragen, stellt eine Folge dar, die sich der unbefugt Parkende nach dem Sachzusammenhang zurechnen lassen muss (BGH aaO.). Der zunächst bestehende Anspruch auf Befreiung von der Forderung des Abschleppunternehmens wandelt sich in der Person des Zessionars in einen Zahlungsanspruch um (vgl. BGHZ 12, 136, 141; Krüger in MK aaO. § 257 Rn 8 m.w.N.).

Dass die Klägerin widerrechtlich auf dem Grundstück der Firma K######### AG geparkt hat, und dass diese dem Grunde nach befugt war, die ihr durch das Abschleppen entstehenden Kosten ersetzt zu verlangen, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Streitig ist allein die Angemessenheit der in Rechnung gestellten Kosten. Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung vom 5. Juni 2009 keine Entscheidung dazu getroffen, in welchem Umfang die Kosten angemessen sind, sondern lediglich die im entschiedenen Fall angesetzten Kosten in Höhe von 150 EUR gebilligt. Anhaltspunkte dazu, ob auch höhere Kosten erstattungsfähig wären, ergeben sich aus der Entscheidung nicht.

b. Gemäß § 249 Abs 2 BGB kann der Geschädigte Ersatz der zur Schadensbeseitigung erforderlichen Aufwendungen ersetzt verlangen. Die Ersatzpflicht besteht insoweit nur für Aufwendungen, die ein wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (vgl. BGH NJW 1990, 2060 [BGH 24.04.1990 – VI ZR 110/89]; BGH NJW 2003, 2085 [BGH 29.04.2003 – VI ZR 393/02]; BGH NJW 2005, 1041; zu sog. Unfallersatztarif bei Mietwagentarifen: BGH NJW 2005, 1933 [BGH 19.04.2005 – VI ZR 37/04]; BGH NJW 2008, 2920; BGH NJW 2009, 58 = VersR 2008, 1706 [BGH 14.10.2008 – VI ZR 308/07]; BGH VersR 2010, 494 [BGH 19.01.2010 – VI ZR 112/09]; zur Heranziehung dieser Rechtsprechung s. auch Wilhelm, LMK 2009, 291008, vgl. auch Lorenz, aaO. S. 1027 zu II 2). Es handelt sich insoweit um eine dem Schadensersatzanspruch immanent innewohnende Anforderung, die nicht erst im Rahmen der Schadensminderungspflicht Beachtung findet (BGH NJW 1990 aaO. Tz 23 nach juris). Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit herzuleitenden Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg einzuschlagen (BGH VersR 2008 aaO. Tz 9). Die Angemessenheit der geltend gemachten Kosten hat grundsätzlich der Geschädigte darzulegen und zu beweisen. Der Geschädigte hat daher gegebenenfalls darzulegen und zu beweisen, dass der geforderte Tarif (in den entschiedenen Fällen: Unfallersatztarif) betriebswirtschaftlich gerechtfertigt ist. Dabei muss nicht die Kalkulation im Einzelnen nachvollzogen werden, sondern die Prüfung kann sich auch darauf beschränken, ob spezifische Leistungen des Unternehmers allgemein einen Aufschlag rechtfertigen. Bei deren Beurteilung kann sich das Gericht der Schätzung bedienen (vgl. BGH NJW 2008 aaO., Tz. 15; BGH VersR 2010 aaO. Tz 5, 6). Auch wenn ein höherer Tarif an sich gerechtfertigt ist, kann von dem Geschädigten, soweit ihm dies zumutbar ist, gefordert werden, Vergleichsangebote einzuholen, wenn es einen zeitlich und örtlich relevanten Markt gibt und die Höhe des geforderten Entgelts Anlass hierzu gibt (vgl. BGH NJW 2009 aaO. Tz 14, BGH VersR 2010 aaO. Tz 12). Ist die Erforderlichkeit nach diesen Maßstäben hinreichend dargelegt, hat der Gegner darzulegen und zu beweisen, dass dem Geschädigten ein niedrigerer Tarif ohne weiteres zugänglich gewesen wäre (vgl. BGH NJW 2008 aaO. Tz 26; BGH NJW 2009 aaO. Tz 14; BGH VersR 2010 aaO. Tz 12).

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aa. Der Grundstücksbesitzer wäre, wenn er jeweils im Einzelfall einen Abschleppunternehmer beauftragen würde, gehalten, sich an das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu halten und dürfte nicht den teuersten Anbieter wählen. Von dieser Verpflichtung kann er nicht ohne weiteres dadurch entbunden sein, dass er im Vorhinein einen Pauschalauftrag erteilt. Der Geschädigte kann aber aufgrund der besonderen Fallgestaltung berechtigt sein, Leistungen in Anspruch zu nehmen, die über die bloße Schadensbeseitigung hinausgehen, nämlich dann, wenn mit diesem Tarif besondere Leistungen angeboten werden und der Geschädigte auf diese angewiesen ist (vgl. BGH NJW 2005, 1933 [BGH 19.04.2005 – VI ZR 37/04]; BGH VersR 2008, 1706, [BGH 14.10.2008 – VI ZR 308/07] BGH VersR 2010, 494 [BGH 19.01.2010 – VI ZR 112/09]), aber auch dann, wenn die Inanspruchnahme sonst aufgrund der Interessenlage gerechtfertigt ist. Auch der Grundstücksbesitzer, der für seine Kunden Parkplätze bereit stellt, ist berechtigt, sich gegen eine häufig auftretende missbräuchliche Nutzung dieser Parkplätze durch Nichtkunden wirksam präventiv zu wehren. Es stellt eine angemessene betriebswirtschaftliche Erwägung dar, den Aufwand für die Feststellung der nicht berechtigten Parkplatznutzer, die Veranlassung der Umsetzung und deren Durchführung zu bündeln und mit diesen Aufgaben ein darauf spezialisiertes Unternehmen zu beauftragen. (vgl. BGH Urteil vom 5. Juni 2009 Tz 18). Dies beinhaltet, dass der Eigentümer auch die Feststellung der Besitzstörung und die Einleitung der erforderlichen Maßnahmen bis zur Durchführung des Umsetzvorgangs diesem Auftraggeber übertragen kann.

Die Angemessenheit der von der Beklagten in Rechnung gestellten Kosten ist daher nicht allein daran zu messen, welche Kosten für den Abschleppvorgang als solchen entstehen würden. Vielmehr sind auch die Kosten mit einzubeziehen, die für die Vorbereitung dieses Vorgangs entstehen und von der Beklagten berechtigtermaßen in Rechnung gestellt werden. Allein soweit es sich hierbei um Maßnahmen handelt, die die von einem privat Geschädigten typischerweise anfallende Mühewaltung nicht überschreitet, können deren Kosten nicht dem Schädiger aufgebürdet werden (vgl. BGHZ 76, 216 = NJW 1518; BGHZ 133, 155 = NJW 1996, 2924).

bb. Welche Tätigkeiten der Beklagten mit dem vereinbarten Entgelt abgegolten werden, ergibt sich aus der Anlage 2 zum Rahmenvertrag. Es handelt sich durchgehend um Handlungen, die erst durch die Feststellung einer unbefugten Nutzung des Parkplatzes veranlasst sind. Der Grundstücksbesitzer ist richtigerweise nicht darauf zu verweisen, den damit verbundenen Aufwand, den er ohne die unberechtigte Nutzung nicht hätte, selbst zu tragen (vgl. Lorenz aaO. S. 1026; Goering, DAR 2009, 603, 604). Bei den aufgeführten Tätigkeiten geht es um die Feststellung der Voraussetzungen für die Umsetzung, indem geprüft wird, ob der Fahrer ausfindig gemacht werden kann, ob das Fahrzeug gesichert ist, und um deren Einleitung und Durchführung einschließlich der Beweissicherung vor Ort im Zeitpunkt und am Ort der Besitzstörung sowie der Anforderung eines geeigneten Fahrzeugs. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um Tätigkeiten, die erst durch die unberechtigte Nutzung des Parkplatzes zur Beseitigung der Besitzstörung und deren Abwicklung bis zur Herausgabe des Fahrzeugs an den Schädiger veranlasst sind und die die normale Mühewaltung eines Geschädigten überschreiten (vgl. auch AG Lichtenberg, 5 C 316/08, Urteil v. 13.03.2009 S. 6, Anlage nach B 12, Ordnungsnummer 14) Es handelt sich auch nicht um Tätigkeiten, die ein Abschleppunternehmen von sich aus vornehmen würde. Diese Maßnahmen werden ebenso wie die Prüfung von Vorschäden in der Regel bei einer durch die Polizei veranlassten Umsetzung von dieser vorgenommen. Dazu kommen der eigentliche Abschleppvorgang und die Ermittlung des Halters. Die Gesamtheit dieser Maßnahmen darf der geschädigte Eigentümer im Hinblick auf den ihm sonst entstehenden allein durch die unberechtigte Nutzung bedingten Eigenaufwand berechtigterweise einem Drittunternehmen überlassen. Insoweit ist auch die subjektive Lage des Geschädigten zu berücksichtigen, dem es bei einer gehäuft auftretenden Problematik der unberechtigten Nutzung des Privatparkplatzes nicht zumutbar ist, sich um die Schadensabwicklung in jedem Einzelfall selbst zu kümmern. Ist der Geschädigte zu dieser Maßnahme berechtigt, sind auch die Vorhaltekosten des Dritten, die in das Entgelt einkalkuliert sind, zu erstatten.

cc. Die Beklagte hat durch die Vorlage des Rahmenvertrages hinreichend dargelegt, dass die in Rechnung gestellten Kosten angemessen sind. Aus der Anlage zum Rahmenvertrag ergeben sich die Leistungen, die von ihr erbracht werden. Die Kosten hierfür sowie für den Abschleppvorgang sind in der Anlage 3 zum Vertrag aufgeschlüsselt. Diese Kosten erscheinen nach einer Schätzung als angemessen. Dabei ist auf die Nettopreise abzustellen, denn für diese wurden von der Klägerin, wie aus der dem Anforderungsschreiben der Beklagten beigefügten Rechnung hinreichend klar hervorgeht, verlangt. Für die gesamte Leistung werden 219,50 EUR gefordert, ohne eine Umsetzung 71,60 EUR. Somit entfällt auf die Umsetzung als solche ein Anteil von 147,90 EUR. Dieser Betrag hält sich noch im Rahmen der Beträge, die in der von der Klägerin in Bezug genommenen Veröffentlichung des ADAC (www.adac.de „Abschlepp-Nepp“) genannt werden, nämlich zwischen 100 und 150 EUR. Dabei ergibt sich aus dem weiteren Kontext dieser Veröffentlichung, dass es sich dabei um die Abschleppkosten ohne weitere Dienstleistungen handelt, die der Verfasser für unberechtigt hält. Der Anteil der Abschleppkosten hält sich auch im Rahmen dessen, welche Beträge in den Vergleichsangeboten genannt werden, die die Klägerin vorgelegt hat (Bl. 113 f). Gemäß den Angeboten werden Gebühren nach Zeitaufwand zuzüglich Wegekosten (eine Stunde 83 EUR zuzüglich 0,30 EUR pro km), pauschal 120 EUR für die Umsetzung eines Falschparkers oder die Gebühren genannt, die die Polizei verlangt (129 EUR). Dabei ist auch bezüglich dieser Angebote davon auszugehen, dass diese sich ausschließlich auf den Umsetzvorgang beziehen, wie sich insbesondere aus dem Angebot der Firma S###, ergibt. Hinzuzurechnen sind, wie ausgeführt, die Vorbereitungsmaßnahmen. Der dafür veranschlagte Anteil von 71,60 EUR erscheint im Hinblick auf die hierfür durchzuführenden Maßnahmen ebenfalls als angemessen, wobei, wie ausgeführt, diese Maßnahmen eben nicht der allgemeinen Mühewaltung zuzuordnen sind. Der Umfang der vorbereitenden Maßnahmen rechtfertigt nach einer Schätzung den angegebenen Betrag durchaus. Dabei verfängt der Einwand nicht, dass es sich um Maßnahmen handeln würde, die ein Abschleppunternehmen stets mit durchführen würde. Das gilt insbesondere für die Vorkehrungen, die der Anforderung eines geeigneten Fahrzeuges vorausgehen wie auch die Beweissicherung, die bei einer polizeilich veranlassten Umsetzung von dieser vorgenommen wird. In einem vom AG Mitte entschiedenen Fall ist das Amtsgericht dem Umfang der Tätigkeit nachgegangen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fiel allein für die Vorbereitung ein zeitlicher Aufwand von etwa eineinhalb Stunden an (Urteil vom 26.05.2010, 15 C 588/08, Anlage nach B 12, Ordnungsnummer 13). Es ist insoweit davon auszugehen, dass die Beklagte, die sich auf das Urteil bezogen hat, sich diese Feststellungen im vorliegenden Prozess zueigen gemacht hat. Die Klägerin hat die Feststellungen nicht in Abrede gestellt. Insgesamt ergibt sich, dass die von der Beklagten erhobene Forderung zusammen genommen mit der in der Veröffentlichung des ADAC genannten Kosten für den Abschleppvorgang von bis zu 150 EUR nicht überhöht ist.

dd. Die Einwendungen der Klägerin sind auch im Übrigen nicht geeignet, die Angemessenheit der Forderung der Beklagten in Frage zu stellen. Ohne Erfolg macht sie geltend, die Beklagte habe die Kosten nicht hinreichend aufgeschlüsselt. Die von der Beklagten zu erbringenden Leistungen ergeben sich hinreichend aus der Anlage 2 zu dem Rahmenvertrag. Sie ermöglichen hinreichend eine Schätzung der Angemessenheit der Gegenleistung. Entgegen der Ansicht der Klägerin können auch nicht ohne weiteres die Gebühren zum Vergleich herangezogen werden, die von der Polizei für eine Umsetzung gefordert werden. Denn diese Gebühren werden nach verwaltungsrechtlichen Kriterien ermittelt und die Vorbereitungsmaßnahmen sind Bestandteil der allgemeinen polizeilichen Tätigkeit. Die Vergütung der Beamten wird von der Allgemeinheit getragen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kosten, die der Polizei für einen Umsetzvorgang in Rechnung gestellt werden, den Kosten entsprechen, die von einem privaten Auftraggeber gefordert werden. Selbst wenn die von den für die polizeiliche Umsetzung geforderten Gebühren von 129 EUR zugrunde gelegt werden, wäre diesen ein weiteres Entgelt für die Vorbereitungsmaßnahmen hinzuzurechnen. Auch dann ergibt sich keine unverhältnismäßig hohe Forderung der Beklagten, wobei die Nettobeträge zu vergleichen sind, denn diese werden von der Klägerin auch nur verlangt. Die Veröffentlichung des ADAC ist zum Vergleich ebenfalls nicht geeignet, da diese ausdrücklich die Vorbereitungskosten ausnimmt. Schließlich sind auch die von der Klägerin vorgelegten Vergleichsangebote nicht geeignet, da diese, soweit ersichtlich, ebenfalls nur den reinen Abschleppvorgang betreffen, wie insbesondere aus der Auskunft der Firma …….hervorgeht.

ee. Die Beklagte hat auch hinreichend dargelegt, dass die von der Beklagten in Rechnung gestellten Kosten insofern erforderlich waren als für die Zedentin ein anderes günstigeres Angebot nicht verfügbar war. Der Komplementär der Beklagten hat insoweit in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, die Beklagte sei in Berlin und überhaupt in Deutschland das einzige Unternehmen, dass die hier in Rede stehende Leistung gebündelt in dieser Form anbieten würde. Sofern überhaupt andere Unternehmen ein Leistungspaket anbieten würde, würde dies im Umfang nicht dem Angebot der Beklagten entsprechen. Dies hat die Klägerin nicht in Abrede gestellt. Wie ausgeführt, ergibt sich etwas anderes nicht aus den von der Klägerin vorgelegten Vergleichsangeboten, bezüglich derer nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese dem Umfang nach überhaupt mit der von der Beklagten angebotenen Leistung vergleichbar sind. Jedenfalls sind die Vergleichsangebote nicht hinreichend aussagekräftig, denn da die Klägerin ihr Auskunftsschreiben nicht vorgelegt hat, kann nicht nachvollzogen werden, ob die Klägerin überhaupt nach Angeboten in einem den Leistungen der Beklagten vergleichbaren Umfang gefragt hat. Das Antwortschreiben der Firma S### spricht eher dagegen. Die Klägerin hat hiermit auch nicht hinreichend dargelegt, dass die Zedentin ein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 2 BGB bei der Auswahl des zu beauftragenden Unternehmens getroffen hätte.

ff. Die Beklagte hat nicht in Bezug auf die Mehrwertsteuer eine überhöhte Forderung gestellt. Aus der dem Anforderungsschreiben vom 6. Januar 2010 beigefügten Rechnung ergibt sich deutlich, dass nur der Nettobetrag gefordert wird.

c. Die Voraussetzungen für die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts lagen hiermit dem Grunde nach vor. Der Beklagten stand gegen die Klägerin ein Anspruch auf Schadensersatz aus abgetretenem Recht zu, das in unmittelbarem Zusammenhang mit der Forderung der Klägerin auf Herausgabe des Fahrzeugs steht. Beides ist durch einen einheitlichen Vorgang entstanden (vgl. im Einzelnen Lorenz, NJW 2009, 1025, 1029; Koch, NZV 2010, 336, 338 zu Rn 27; zur Frage der Konnexität vgl. Dörner, DAR 1980, 102, 106).

Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts war nicht wegen Unverhältnismäßigkeit ausgeschlossen.

aa. Das Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB ist ein Anwendungsfall des Verbots der unzulässigen Rechtsausübung, es ist aber seinerseits durch dieses Verbot begrenzt. Es darf daher nicht in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise ausgeübt werden. Insbesondere widerspricht es dem Gebot von Treu und Glauben, wenn eine hochwertige Leistung zum Zwecke der Durchsetzung eines verhältnismäßig geringfügigen, möglicherweise sogar unsicheren, Rechts zurückgehalten wird. Es handelt sich insoweit um einen Rechtsgedanken, der auch der Regelung des § 320 Abs. 2 BGB zugrunde liegt und der auch im Rahmen des § 273 BGB durchaus herangezogen wird (vgl. RGZ 61, 128, 133; RGZ 152, 71, 74; BGH NJW 1988, 2607 [BGH 17.02.1988 – IVa ZR 262/86]; BGH NJW 2004, 3496; Krüger in MK aaO. § 273 Rn 72; Staudinger/Bittner, BGB Neubarb. 2009, § 273 Rn 101). Ferner kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts unangemessen sein, wenn der Gegner auf die Leistung angewiesen ist oder ihm ein unverhältnismäßiger Schaden droht (vgl. BGH NJW 1988 aaO., BGH NJW 2004 aaO.) oder die Durchsetzung der Hauptforderung auf lange Zeit vereitelt wäre, weil die Gegenforderung einer besonders umfangreichen zeitraubenden Klärung bedarf (vgl. BGH NJW 1990, 1171). Ob die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts angemessen ist, ist stets nach den Verhältnissen des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Recht auf Zurückbehalten nicht notwendig eine Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung voraussetzt, denn das Recht würde seinem Zweck, Druck ausüben zu können, nicht gerecht werden, wenn stets eine Gleichwertigkeit vorausgesetzt würde (vgl. BGH NJW 2004, aaO. Tz 11). Bei der Abwägung ist auch zu berücksichtigen, ob die geltend gemachte Gegenforderung überhöht und ob der Gegner auf die Leistung angewiesen ist (vgl. BGH aaO.). Ebenfalls ist aber auch die dem Gläubiger – anders als im Fall des § 320 BGB – zur Verfügung stehende Möglichkeit der Abwendung des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 Abs. 3 BGB zu berücksichtigen (vgl. BGH MDR 1972, 936; Dörner aaO. S. 107). Gegebenenfalls kann der Gläubiger mangels geeigneter Möglichkeiten zur Sicherheitsleistung gehalten sein, andere Sicherheit zur Verfügung zu stellen (vgl. BGH MDR 1972 aaO.). Dem Recht auf Sicherung des Schuldners wegen seiner Forderung ist also möglichst Rechnung zu tragen.

bb. Vorliegend geht es um eine Gegenforderung von 219,50 EUR. Auch wenn die Klägerin die Forderung in Höhe von 150 EUR letztlich nicht mehr in Frage stellt, letztlich also nur über eine Differenz von 61,50 EUR Streit besteht, hat die Klägerin bisher die Zahlung insgesamt verweigert, weil die Beklagte sich auf ihre Angebote einer geringeren Zahlung nicht eingelassen hat. Dazu war die Beklagte auch nicht verpflichtet, denn die Klägerin hat die angebotenen Beträge jeweils als abschließende Zahlung angeboten mit der Folge, dass die Beklagte bei Annahme des Angebots auf die Restforderung verzichtet hätte. Ob nun der Forderung der Beklagten der Substanzwert des Fahrzeuges als solches entgegen zu setzen ist, der von der Klägerin mit 3.000 EUR angegeben wird, oder der Wert der entgangenen Nutzungsmöglichkeit, die die Klägerin mit 23 EUR kalendertäglich in Rechnung stellt, steht der Forderung der Beklagten eine bei zunehmendem Zeitablauf erheblich höhere Forderung der Klägerin gegenüber.

Dennoch war die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch die Beklagte nicht unangemessen. Insoweit sind die beiderseitigen Interessen gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass sie gegen die Klägerin eine berechtigte Forderung innehat. Da die von ihr zu erbringende Leistung nicht teilbar ist, konnte sie nur entweder den Standort des PKW preisgeben und ihrerseits gegen die Klägerin ihre Forderung, notfalls gerichtlich, verfolgen oder aber die Preisgabe des Standorts weiter zurückzuhalten. Zu berücksichtigen ist auch der Gegenstand der Forderung, die ursprünglich auf einer Verletzung des Besitzrechts der Zedentin beruht und an die Beklagte lediglich abgetreten ist. Es handelt sich um einem Anspruch, der sich aus der Verwirklichung des Selbsthilferechts gemäß § 859 BGB ergibt. Dieses gestattet es dem Besitzer, sich der verbotenen Eigenmacht mit Gewalt zu erwehren. Das Recht würde aber leer laufen, würde der Besitzer die Kosten, die durch die Ausübung des Rechts entstehen, nicht effektiv durchsetzen können (vgl. Schwarz/Ernst, NJW 1997, 2530, 2552). Dieser Gedanke gewinnt vor allem dadurch an Bedeutung, dass es sich bei der unbefugten Inanspruchnahme von einem Unternehmen für ihre Kunden bereitgestellten kostenfreien Parkplätzen um ein Massenphänomen handelt, dem auch die Zedentin ausgesetzt war. Die Abwehr dieser unbefugten Nutzung wäre nicht effektiv wahrzunehmen, wenn die Unternehmen ihre Forderungen nicht auch effektiv durchsetzen könnten, sondern ihrerseits gehalten wären, unter Verzicht auf jede Sicherheit ihre Forderung nachträglich notfalls klageweise – mit der Folge eines entsprechenden Aufwandes und entsprechender Kosten – geltend zu machen. Diese Erwägung verliert nicht dadurch an Bedeutung, dass das Unternehmen den Schadensersatzanspruch an ein anderes Unternehmen abtritt. Der Störer seinerseits muss mit der Inanspruchnahme auf die Kosten und wegen dieser mit der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts durchaus rechnen, das mangels anderer Sicherungsmöglichkeiten nur in der Zurückbehaltung des Fahrzeugs selbst bestehen kann. Er wird nicht unverhältnismäßig belastet, wenn er darauf verwiesen wird, entweder die Forderung, die in der Regel nicht schwer aufzubringen ist, unter Vorbehalt zu zahlen oder für sie, etwa durch Hinterlegung, Sicherheit zu leisten. Die Möglichkeit der Sicherheitsleistung gemäß § 273 Abs. 3 BGB ist gerade für den Fall, dass eine Gegenforderung streitig ist, vorgesehen. Sofern diese nicht unverhältnismäßig erschwert ist, etwa weil die Gegenforderung besonders hoch ist, ist die Inanspruchnahme dieser Möglichkeit zumutbar, auch wenn sie lästig sein mag (so Dörner aaO.). Dies mag anders sein, wenn die Gegenleistung, wegen derer das Zurückbehaltungsrecht ausgeübt wird, besonders hoch und somit schwer aufzubringen oder wenn der Gläubiger auf den Besitz angewiesen ist (so im Fall des BGH NJW 2004, 3484).

cc. Ist die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts an sich zulässig, so kann es auch durch Zeitablauf wegen des fortschreitenden Nutzungsausfalls nicht unzulässig werden. Dies wäre schon im Hinblick darauf nicht praktikabel, dass das Unternehmen nicht in der Lage sein wird, zu bewerten, welchen Wert ein Fahrzeug hat oder in welcher Höhe eine Nutzungsentschädigung anfallen würde, was von dem Alter, der Bauart und der Ausstattung des jeweiligen Fahrzeuges abhängig ist. Eine andere Bewertung mag geboten sein, sofern sich nachträglich ein dringendes Bedürfnis für die sofortige Herausgabe ergibt.

Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie auf den Besitz des Fahrzeuges besonders angewiesen wäre. Ihr hätten mehrere Möglichkeiten zur Verfügung gestanden, die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts abzuwenden. So hätte sie zumindest den unstreitigen Betrag als Teilleistung anbieten können, sodass die Beklagte die Möglichkeit gehabt hätte, die Restforderung weiter geltend zu machen, oder sie hätte den Gesamtbetrag, den streitigen Betrag aber unter Vorbehalt, zahlen können. Dies wäre im Hinblick auf den relativ geringen Betrag zumutbar gewesen. Hätte sie diesen Weg nicht gehen wollen, hätte sie gemäß § 273 Abs. 3 BGB Sicherheit leisten können.

d. Ebenso wie sie der Beklagten die Unzulässigkeit wegen Unverhältnismäßigkeit der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts entgegen hält, müsste sich die Klägerin im Übrigen ihrerseits im Rahmen der Schadensminderungspflicht entgegen halten lassen, dass sie es zu dem hohen Schaden hat kommen lassen, obwohl sie diesen selbst durch die Aufwendung relativ geringer Mittel zur Abwendung des Zurückbehaltungsrechts hätte vermeiden können.

Das Mitverschulden im Sinne von § 254 Abs. 2 BGB setzt nicht das Bestehen einer Rechtspflicht zu einem bestimmten Verhalten voraus, sondern es umfasst jeden Verstoß gegen Treu und Glauben, mithin ein Unterlassen derjenigen Maßnahmen, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach Lage der Sache ergreifen würde, um Schaden von sich abzuwenden (vgl. BGH NJW 1989, 290 [BGH 26.05.1988 – III ZR 42/87] m.w.N.). Die Obliegenheit kann auch dahin gehen, dass der Geschädigte eigene Mittel einsetzen und gegebenenfalls sogar kreditieren lassen muss, um den Schaden nach seinen Möglichkeiten abzuwenden (vgl. Staudinger/Schiemann, BGB Neubearb. 2005, § 254 Rn 91; BGH NJW 1989, aaO.). Er darf im Falle eines Ausfallschadens der Schadensentwicklung nicht tatenlos zusehen, sondern muss ihm mögliche und zumutbare Gegenmaßnahmen ergreifen (Staudinger/Schiemann aaO. Rn 90; BGH aaO.). Im Falle eines Nutzungsersatzes kann der Geschädigte gehalten sein, zur Vermeidung weiterer hoher Kosten Ersatz zu beschaffen; dies gilt insbesondere auch im Rahmen des Nutzungsersatzes für einen PKW (vgl. Staudinger/Schiemann aaO. Rn 92 und § 251 Rn 68, 84). Schließlich kann der Geschädigte auch gehalten sein, zur Schadensminderung Rechtsbehelfe zu nutzen (vgl. BGHZ 89, 296f; BGH NJW-RR 1991, 1458 [BGH 23.05.1991 – III ZR 73/90]) bzw. von ihm zustehenden materiellrechtlichen Befugnissen Gebrauch zu machen (vgl. OLG Hamm, OLGR 1995, 254: Verjährungseinrede; dagegen allerdings OLG Hamburg, VersR 2001, 1430). Das Verhalten der Klägerin, die einen Nutzungsausfall von mehreren tausend Euro in Kauf nimmt, weil sie einen Betrag von 69,50 EUR für unberechtigt hält, ist bei einer wirtschaftlichen Betrachtung nicht nachvollziehbar.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war die Entscheidung nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage dahingehend zu treffen, dass die Klägerin die Kosten zu tragen hat. Denn ihr Hauptantrag auf Herausgabe des Fahrzeuges war im Hinblick auf das von der Beklagten rechtmäßig ausgeübte Zurückbehaltungsrecht unbegründet.

Gemäß § 543 Abs. 2 Ziff. 1, 2 ZPO ist die Revision zuzulassen, denn bei der Frage, in welchem Umfang der Besitzer im Falle der unbefugten Nutzung seines Privatparkplatzes die ihm entstehenden Kosten erstattet verlangen kann und die Frage, ob er bzw. das mit der Umsetzung beauftragte Unternehmen ein Zurückbehaltungsrecht wegen dieser Kosten ausüben kann, ist von allgemeiner Bedeutung und bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt. Der Bundesgerichtshof hat sich bisher mit der Entscheidung vom 9. Juni 2010 (V ZR 144/08) grundlegend nur mit dem Bestehen eines Schadensersatzanspruchs dem Grunde nach befasst und dabei die in dem konkreten Fall geltend gemachten Kosten gebilligt. Nicht höchstrichterlich entschieden ist ferner bisher, ob der geschädigte Besitzer oder wie im vorliegenden Fall das von ihm beauftragte Unternehmen, welchem der Anspruch abgetreten worden ist, ein Zurückbehaltungsrecht wegen der Kosten geltend machen darf.

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